Zusammenfassung
Die Autoren setzen sich in ihrem Beitrag mit der Frage nach dem Recht auf Stadt in einer zunehmend diversen und mobilitätsgeprägten Gesellschaft auseinander. Dabei betrachten sie das Quartier als kleinste emergente Einheit der Stadtgesellschaft und als einen Ort in dem schon seit Jahrhunderten das Recht auf Stadt und damit die Frage – wer gehört dazu bzw. wer darf dazugehören – artikuliert und teils wie selbstverständlich ausgehandelt wird. Doch, so die Autoren, werden diese Prozesse der Aushandlung immer wieder durch ein gefestigtes Mobilitäts- und Diversitätsregime unterwandert, indem bestimmten Menschen oder konstruierten Gruppen mehr Recht auf Stadt zugesprochen wird als anderen. Doch gerade das Quartier, welches die Stadt zur Organisation eines erfolgreichen Alltagslebens bietet, stellt als ein Ort des Wohnens, Lebens, der Freizeit und ggf. der Arbeit und als ein Ort, der über eine spezifische intrinsische Basis verfügt, die allen zumindest ein Grundrecht auf Stadt einräumt, einen Möglichkeitsraum dar, welchen Jeder für sich rechtmäßig nutzen und das Recht auf Stadt immer wieder neu verhandelt werden kann.
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Notes
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FUTURZWEI Zukunftsalmanach 2017/2018 – Geschichten vom guten Umgang mit der Welt – Themenschwerpunkt Stadt, herausgegeben von Harald Welzer, Dana Giesecke und Saskia Hebert Die Autoren stellen verschiedene kreative Formen von Urbanität und des Umgangs mit städtischen Lebensräumen in den Mittelpunkt.
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In diesem Beitrag wird ‚Raum‘ im Sinne Lefebvres (1974) und in Anknüpfung an darauf aufbauende Raumtheorien u. a. von Edward Soja (1989) und Martina Löw (2001) jenseits eines territorial-physikalischen Verständnisses als ein loses Gefüge, das durch menschliches Handeln erst zum Stadtraum wird, betrachtet. Dabei unterliegt die Gestaltbarkeit des Raumes immer auch bestimmten Machtstrukturen, die zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten beitragen.
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Als empirische Basis der hier genannten Beispiele dient die von Nina Berding ethnografisch angelegte Quartiersstudie zum urbanen Zusammenleben im Stadtteil Düsseldorf-Oberbilk. Über einen Zeitraum von 16 Monaten (2015–2016) hat Nina Berding Beobachtungen im öffentlichen Raum, Teilnehmende Beobachtungen und leitfadengestützte Interviews mit Bewohner*innen des Stadtteils sowie Expert*innen durchgeführt, siehe dazu: Berding, Nina (2018a): Der urbane Raum Lessingplatz in Düsseldorf-Oberbilk. Städtischen Alltag arrangieren: Eine ethnografische Studie über ganz alltägliche Konflikte im Umgang mit urbaner Vielfalt. Noch unveröffentlichte Dissertation.
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In der kanadischen Debatte um das Zusammenleben in den Städten wird der Blick besonders auf die alltäglichen Bedürfnisse der Bewohner*innen der Stadt in ihrer lokalen Situation gerichtet. In kanadischen Stadtentwicklungsprozessen werden „Education“, „Employment“, „Housing“, „Health“ und „Culture“ als Grundbedürfnisse, „needs“ aller Stadtbewohner*innen definiert (vgl. Smith 2011).
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Berding, N. (2018b). Der urbane Raum Lessingplatz in Düsseldorf-Oberbilk. Städtischen Alltag arrangieren: Eine ethnografische Studie über ganz alltägliche Konflikte im Umgang mit urbaner Vielfalt. Unveröffentlichte Dissertation.
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Bukow, WD., Berding, N. (2019). Ein Recht auf Stadt für die Vielen als Viele. The inclusive city. In: Grünendahl, S., Kewes, A., Ndahayo, E., Mouissi, J., Nieswandt, C. (eds) Staatsbürgerschaft im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusion. Studien zur Migrations- und Integrationspolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25534-3_3
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