Zusammenfassung
Die moderne Marktwirtschaft beruht auf der Institution des Eigentums, genauer: des Privateigentums. Doch was ist Eigentum eigentlich? Ist es primär eine Beziehung zwischen einer Person und einer Sache oder eine Beziehung zwischen Personen? Als Beziehung zwischen einer Person und einer Sache sieht das Eigentum John Locke, als Beziehung zwischen Personen begreift es Immanuel Kant. Diese Differenz ist nicht von bloß theoretischer oder akademischer Bedeutung. Politische Philosophie als Teil der praktischen Philosophie will über das rechte Handeln und über mögliche politische Optionen verständigen. In Bezug auf solche Optionen aber stehen Konzeptionen in der Lockeschen Tradition staatlicher Umverteilung oder Marktregulierung deutlich reservierter gegenüber als solche, die mehr oder weniger dem von Kant exponierten Paradigma folgen.
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Notes
- 1.
Daß dem Geld eine Schuldner-Gläubiger-Beziehung zugrunde, ist auch die zentrale These des Buches Schulden von David Graeber (2012). Karl Marx, der im Kapital zunächst auch von einer „Geldware“ spricht und Geld als Wertmaßstab und Tauschmittel sieht, kommt im 3. Kapitel dieses Buches am Ende doch zu der Auffassung, Geld sei erst als „Zahlungsmittel“ in einer Kreditbeziehung eigentliches Geld. Zu Marx siehe Petersen und Faber (2015, S. 88–100).
- 2.
Vgl. Gabler Volkswirtschaftslexikon, 3. Auflage 1990, S. 655.
- 3.
So ist es zum Beispiel gerade der Sinn nichtkooperativer Spiele wie des Fußballspiels, den Gegner um den „Ballbesitz“ zu bringen.
- 4.
Weil Allgemeingültigkeit die formale Eigenschaft eines jeden Gesetzes ist.
- 5.
Die genaue Herleitung dieser Grundsätze aus einer Idee des „Urzustands“ muss uns hier nicht beschäftigen. Siehe dazu Rawls (1975, S. 140 ff.).
- 6.
Hier verdient eine wirtschaftswissenschaftliche Staatskonzeption Erwähnung, die auf der Höhe philosophischer Positionen wie derjenigen Nozicks und Lockes argumentiert. Das ist die von James Buchanan in seinem Buch Die Grenzen der Freiheit (The Limits of Liberty) entworfene Konstitutionelle Politische Ökonomie. Buchanan geht wie Nozick und Locke von einem fiktiven Naturzustand aus, in dem es durch ursprüngliche Aneignung (Produktion) und Austausch zu einer bestimmten Verteilung kommt. Diese Verteilung nennt Buchanan (1984, S. 86) die „Position der direkten Produktion“. In Buchanans Naturzustand gibt es aber nicht nur Produktion und Austausch, sondern auch Raub- und Verteidigungsaktivitäten. Dadurch stellt sich ein (spieltheoretisches) Gleichgewicht her, in dem für niemanden ein Anreiz besteht, seine diversen Produktions-, Raub- und Verteidigungsaktivitäten zu steigern oder zu verringern. Das bezeichnet Buchanan als natürliches Gleichgewicht (Buchanan 1984, S. 83), dem auch eine natürliche Verteilung entspricht. Doch Buchanans natürliche Verteilung ist nicht die Nozicks oder Lockes; die Räuber sorgen dafür, dass diese natürliche Verteilung von der „Position der direkten Produktion“ zu ihren Gunsten abweicht. Das natürliche Gleichgewicht und die ihm entsprechende natürliche Verteilung bilden auch bei Buchanan die Basis, auf der nun ein hypothetischer Gesellschaftsvertrag geschlossen wird. Ökonomisch „legitim“ ist dieser Vertrag, weil er eine Pareto-Verbesserung darstellt, d. h. niemanden schlechter und mindestens einige besser stellt als vorher. Doch der Bezugspunkt dieser Besserstellung ist eben nicht die Position der direkten Produktion, sondern das natürliche Gleichgewicht und die ihm entsprechende natürliche Verteilung. Deswegen wird dieser Gesellschaftsvertrag nicht nur zur „Abrüstung“ (und zur Einstellung der kostspieligen Raub- und Verteidigungsaktivitäten) sowie zur Konstitution eines Staates führen, sondern auch direkte und indirekte Transfers (durch Bereitstellung öffentlicher Güter) vorsehen. – Buchanans Konstitutionelle Politische Ökonomie unterscheidet sich allerdings von Nozicks Konzeption darin, dass sie nur Besitzrechte, aber kein Eigentum kennt. Zu Buchanan siehe auch Petersen 1996.
Literatur
Arendt, Hannah (1981): Vita Activa oder Vom tätigen Leben, München.
Buchanan, James M. (1984): Die Grenzen der Freiheit. Tübingen: Mohr. (The Limits of Liberty. Between Anarchy and Leviathan. The University of Chicago Press. Chicago/London 1975).
Gabler Volkswirtschaftslexikon. 3. Auflage. Wiesbaden 1990.
Graeber, David (2012): Schulden. Die ersten 5000 Jahre. Stuttgart: Klett-Cotta.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1970): Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse (1821), Frankfurt am Main.
Heinsohn, Gunnar/Steiger, Otto (2009): Eigentum, Zins und Geld. Ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaft. Marburg: Metropolis.
Kant, Immanuel (1983): Die Metaphysik der Sitten. In: ders., Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Wilhelm Weischedel. Band IV, S. 303–634. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Locke, John (1983): Über die Regierung, Stuttgart: Reclam.
Marx, Karl (1969): Zur Judenfrage. In: Marx-Engels-Werke. Band 1, 347–377. Berlin: Dietz.
Nozick, Robert (1974): Anarchy, State and Utopia. New York 1974 (deutsch: Anarchie, Staat, Utopia. München 1976).
Petersen, Thomas (1996): Individuelle Freiheit und allgemeiner Wille. James Buchanans politische Ökonomie und die politische Philosophie. Tübingen: Mohr.
Petersen, Thomas/Faber, Malte (2015): Karl Marx und die Philosophie der Wirtschaft. Bestandsaufnahme – Überprüfung – Neubewertung. 3. Auflage. Freiburg: Alber.
Piketty, Thomas (2014): Das Kapital im 21. Jahrhundert. München.
Rawls, John (1975): Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main.
Rawls, John (2006): Gerechtigkeit als Fairness : ein Neuentwurf, Frankfurt am Main.
Rousseau, Jean-Jacques (1978): Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit. In: ders., Schriften in zwei Bänden. Herausgegeben von Henning Ritter. Band 1. München: Hanser, 165–302.
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Petersen, T. (2017). Was ist Eigentum?. In: Führung in Verantwortung. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16833-9_5
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