Zusammenfassung
Viele moderne Freizeit- und Erlebniswelten sind im Prinzip ‚alte‘ Konzepte, die entweder im Verlauf der gesellschaftlichen Veränderungen durch Kreativität oder durch Kombination verschiedener wirtschaftlicher Bausteine versuchen, dem gestiegenen Erlebnisdrang und -hunger der Nachfrager gerecht zu werden. Häufig sind ihre Ursprünge mit der Geschichte von Kino, Gastronomie, Zoo, Einzelhandel etc. verbunden und somit wirtschaftlich begründet. Doch die Ursprünge aller künstlichen Welten-Konzepte beruhen stets auf dem menschlichen Wunsch nach Erfahrungen und Erlebnissen außerhalb des gewöhnlichen Alltags. Konzeption, Bau, Betrieb und Vermarktung von Freizeitparks sind in diesem Sinne mit allen Aspekten des Freizeit- und Erlebniskonsums der Gesellschaft verwoben, und erkennbar ist eine eher unübersichtliche, gewachsene Vielfalt im gesamten Marktsegment der Freizeit- und Erlebniswelten. Der Beitrag befasst sich in diesem Kontext, ausgehend von der Geschichte und der Entwicklung verschiedener Freizeitpark-Konzepte, mit einer Klassifikation und Typisierung von Freizeitparks auf der Basis „konstitutiver Merkmale“. Dies eröffnet auch den Blick auf Einordnung zukünftiger Parkkonzepte und die Erarbeitung von Marketingkonzepten. Als wichtige Dimensionen für eine Zuordnung zu drei Grundtypen werden die strategische Intention, die zu aktivierende Sensorik, der angestrebte Erlebnischarakter sowie die architektonischen und inhaltlichen Merkmale in den Blick genommen. Als drei Grundformen werden dabei die Konzepte Themenpark, Erlebnispark und Sportpark herausgearbeitet. Abschließend wird der praktische Bezug der gewonnenen Klassifizierung zu einer Markt- und Zielgruppensegmentierung sowie eine darauf bezogene Marketingplanung betont.
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Notes
- 1.
Die moderne Freizeitdefinition orientiert sich am Lebenszeit-Modell. Dabei teilt man die Lebenszeit in die sogenannte Determinations-, Obligations- und Dispositionszeit auf (Opaschowski 1990, S. 86; Prahl 2002, S. 140 f.). Während die Determinationszeit durch Zwänge von außen, wie dem Verdienen des Lebensunterhalts, Erziehung der Kinder, Schlafen, Essen usw. determiniert wird, grenzt sich die Obligationszeit dadurch ab, dass sie zwar frei von den äußeren Zwängen ist, aber nicht als wirklich frei disponible Zeit gelten kann. In der Obligationszeit fallen die Dinge an, die zum Führen des Lebens zwingend notwendig sind, und nur in der Nicht-Arbeitszeit erledigt werden können, wie zum Beispiel Kochen, Wäschewaschen, Elternabende, Einkäufe, Behördengänge etc. Im Gegensatz zur Determinationszeit unterliegen diese Pflichten jedoch einer gewissen Flexibilität, was den Zeitpunkt der Erfüllung anbelangt, da die Entscheidungszeit, wann etwas erledigt wird, größtenteils beim Individuum selbst liegt. Die Dispositionszeit ist hingegen völlig frei von jeglichen Zwängen und steht dem Individuum frei „disponibel“ zur Verfügung. Somit entspricht sie unserer heutigen Vorstellung von Freizeit.
- 2.
Der Name ,Tivoli‘ stammt aus Italien und leitet sich von einem Bergdorf in der Nähe Roms ab. Dort liegen die berühmten Renaissance-Gärten der Villa d’Este, die schon für die römischen Kaiser einen beliebten Erholungsort darstellten (Fichtner und Michna 1987, S. 200).
- 3.
Der Begriff des Edutainment kommt aus dem Angelsächsischen und stellt die Verbindung von Pädagogik bzw. (Selbst-)Bildung mit den Aspekten der Unterhaltung dar (Nahrstedt et al. 2002, S. 152). Edutainment setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern Education (Bildung) und Entertainment (Unterhaltung).
- 4.
Für das englische Suffix „-tainment“ konstatiert Probst, dass es ebenfalls – wie der Welt- oder Erlebnis-Begriff – als „äußeres Zeichen der Anpassung an Konsumentenbegehrlichkeiten“ betrachtet werden kann und der Phantasie auch hier „keine Grenzen gesetzt“ sind. Als Beispiele führt sie Happytainment, Eatertainment, Shopotainment, Infotainment etc. an (Probst 2000, S. 110; vgl. S. 54 und S. 109).
- 5.
Schäfer stellte bereits 1995 fest, dass sich die Freizeitparks in Deutschland einer wachsenden Popularität erfreuen, was sich in ständig steigenden Besucherzahlen widerspiegle (Schäfer 1995, S. 93).
- 6.
Vgl. Brunner, der feststellt, dass die Freizeitparks „auf zusätzliche Übernachtungsgäste und Besucher [hoffen], die gleich mehrere Tage zwischen Achterbahn und Zirkuszelt Urlaub machen wollen“ (Brunner 2011, o.S.). Ob dieses Konzept für die Parks jedoch aufgeht, muss sich erst noch beweisen. Auch Dierig spricht davon, dass die Freizeitparks nach und nach aufrüsten und ihr Angebot erweitern, um sich so für die Gäste interessanter zu machen. Denn inzwischen nutzen sie immer mehr Kombinationsangebote und verbinden einen Freizeitparkbesuch mit einem Hotelaufenthalt (Dierig 2009, o.S.).
- 7.
Vgl. dazu Machens: „Die deutschen Freizeitparks steigern die Anziehungskraft ihrer jeweiligen Destination und haben vielfach eine touristische Bedeutung, die über den Tagestourismus hinaus reicht“ (Machens 2011, S. 2). Ähnlich auch Leicht, der festhält, dass „eine Destination umso attraktiver erscheint, je größer und vielfältiger das Angebot ist“ (Leicht 2011, S. 3).
- 8.
Ähnlich auch Kreft, der auf eine holländische Studie verweist und festhält: „Tagesbesucher als auch die Mehrtagesgäste tätigen im Rahmen ihres Aufenthaltes zusätzliche Ausgaben in der Region“ (Kreft 2011, S. 3).
- 9.
Die Kurzreise beinhaltet maximal drei Übernachtungen und dauert somit zwei bis vier Tage (Rossmann und Donner 2007, S. 27).
- 10.
Auch Opaschowski sieht den Welt-Begriff häufig und gerne eingesetzt, wenn es darum geht eine „Vielzahl und Vielfalt von Themenwelten und Shoppingcentern, Freizeit- und Vergnügungsparks“ zu beschreiben (Opaschowski 2000, S. 33).
- 11.
So könnte z. B. die Agglomeration von diversen Parkmodellen (Freizeit-, Themen-, Badepark, usw.) in einem eng umgrenzten Raum insgesamt als Freizeit- oder Erlebniswelt bezeichnet werden.
- 12.
Kagelmann bezeichnet ihn als themenorientierten Freizeit-/Vergnügungspark (Kagelmann 1998, S. 62).
- 13.
Vgl. auch den Begriff „Freizeit- und Themenpark“, der ebenso versucht, möglichst viele Park-Konzepte mit dem Begriff aufzufangen.
- 14.
Beispiele dafür sind der Europapark Rust, das Phantasialand oder Euro Disney Paris.
- 15.
Ähnlich auch Kroeber-Riel, der beschreibt, dass die Konsumenten „die gekachelte Langeweile dieser Bäder“ meiden, weil sie Erlebnisbäder vorziehen „in denen ihr Bedürfnis nach emotionalen Eindrücken – nach ein bisschen Urlaubsillusion durch Palmen, nach musikalischer Unterhaltung, nach einem Drink – befriedigt wird“ (Kroeber-Riel 1986, S. 1140).
- 16.
Metonymie: altgr. Namensvertauschung. Sie bedeutet den übertragenden Gebrauch eines Wortes oder einer Fügung für einen verwandten Begriff (z. B. Stahl für „Dolch“, jung und alt für „alle“). In der Wirtschaft spricht man von einer Metonymie, wenn sich der eigenständige Name eines Produktes/einer Marke im allgemeinen Sprachgebrauch als Gattungsname etabliert hat. Beispiele für solche übertragenen Synonyme in die Umgangssprache bilden die Begriffe Tempo für Taschentücher, Tesa für Klebefilm oder Labello für Lippenpflegestift.
- 17.
Dieser Begriff wird dem des Urban Entertainment Center auch als übergeordnet betrachtet, weil er diverse Formen und Ausprägungen von Urban Entertainment Centern unter einem Dach zusammenfasst. Da es sich bei jedem Urban Entertainment Center um eine spezielle Form eines Mixed Use Center handelt, werden die Begriffe häufig synonym verwendet.
- 18.
Franck verweist auf eine begriffliche Unschärfe, da die meisten Urban Entertainment Center eher in peripherer Stadtlage zu finden sind, als in der Innenstadt, wie das Wort „Urban“ fälschlicherweise impliziert (Frank 2000a, S. 28).
- 19.
- 20.
Vgl. Doppelbegriffe wie Freizeit- und Erlebnisparks oder Freizeit- und Themenparks.
- 21.
Auch Kagelmann sieht, dass Freizeitparks inzwischen als ein „Sammelbegriff für alle großflächig angelegten“ Freizeitanlagen verstanden wird (Kagelmann 2004, S. 160).
- 22.
So spielt es bei Freizeitparks keine Rolle, ob Volkswagen z. B. für seine Autostadt Eintritt erhebt, denn grundsätzlich dient der VW-Markenpark der persönlichen Freizeitgestaltung von Menschen. Auch das Oktoberfest in München ist ein Freizeitpark, wenn auch ein temporärer. Es erhebt keinen Eintritt, die einzelnen Attraktionen müssen dagegen bezahlt werden (Einzelpreissystem).
- 23.
Vgl. Shop-in-Shop-Systeme, Volksfeste/Kirmes.
- 24.
Die am häufigsten vorkommenden Parkformen bzw. Parkgattungen waren dabei namengebend für den jeweiligen Parktypus bzw. die Subbranche.
- 25.
Diese zeigt sich auch in den bereits heute häufig vorzufindenden Doppelbegriffen wie Freizeit- und Themenparks oder Erlebnis- und Themenparks etc.
- 26.
Das Deutschen Museum in München stellt schon seit vielen Jahren ein sehr gutes und erfolgreiches Beispiel dafür da, auf welche Art und Weise den Besuchern Informationen unterhaltsam und interaktiv dargeboten werden können.
- 27.
Gemäß dem lateinischen Sprichwort von Juvenal „Mens sana in corpore sano“.
- 28.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Verwendung des Begriffs „Erlebnis“ zur Beschreibung dieses Parktypus nicht bedeutet, dass in den anderen beiden Parktypen nicht versucht wird Erlebnisse zu vermitteln. Auch bedeutet der Begriff Erlebnispark nicht, dass dieser Parktyp eine herausragende oder exklusive Stellung bei der Erlebnisvermittlung einnimmt. Die Absicht, den Besuchern Erlebnisse zu vermitteln, ist das primäre Ziel aller Freizeitparks. Doch die den jeweiligen Parktypen zugrunde liegende operative Intention, also welche Sensorik bei den Besuchern primär angesprochen werden soll, führte zur Namensgebung.
- 29.
Weichbold bezeichnet in diesem Zusammenhang die Natur als die wohl „älteste Erlebniswelt, war sie doch schon lange vor dem, Erlebnisboom‘ Ort, Gegenstand und Ziel der Projektion und (Nicht-) Erfüllung menschlicher Wünsche und Phantasien“ (Weichbold und Guterning 2004, S. 124).
- 30.
Der Begriff des Confertainment kommt aus dem Angelsächsischen und stellt die Verbindung von geschäftlichen Aspekten sowie der Unterhaltung dar. Confertainment setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern Conference (Konferenz/Tagung) und Entertainment (Unterhaltung).
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Rossmann, D. (2015). Freizeitparks – Entwicklung, Klassifizierung, Typisierung. In: Freericks, R., Brinkmann, D. (eds) Handbuch Freizeitsoziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01520-6_26
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