Zusammenfassung
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen die Darstellung zeitgenössischer Spiel-, Sport- und Bewegungskulturen und die Analyse aktueller Veränderungen im Kontext von Sportcentern und Fitnessstudios. Ausgangspunkt ist dabei die zu beobachtende Entgrenzung von Sportpraktiken im Freizeitbereich und die Herausbildung informeller Organisationsstrukturen. Neben einen Sport im engeren Sinne ist schon seit längerem eine breite Palette von Bewegungskulturen oder -feldern und Spielformen getreten, die in manchen Fällen Ähnlichkeiten zu genormten, teilweise wettkampforientierten „modernen“ Sportarten aufweisen (und teilweise als Trendsportarten firmieren), jedoch in vielen Fällen auch gänzlich andere Schwerpunkte setzen. Erkennbar erscheint auch eine Schwächung klassischer Sportinstitutionen. Insbesondere öffentliche Einrichtungen erleben einen Niedergang (Bäder) oder erleiden zumindest einen Bedeutungsverlust (Vereine), wohingegen die private Organisation körperlicher Aktivität im Kontext mobiler Lebensführungskonzepte immer neue Varianten hervorbringt. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für eine Erweiterung der sozialwissenschaftlichen Analysekonzepte. Eine wissenschaftliche Betrachtung freizeitlicher Bewegungsaktivitäten sollte nicht länger ausschließlich an den Gerüsten Verein, Verband und Sportstätte aufgehängt sein, da sich damit der sich weitaus dynamischer entwickelnde Anteil körperbezogener Freizeitaktivitäten nicht hinreichend erfassen ließe.
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Notes
- 1.
Ebensowenig vertrete ich die Sichtweise eines ‚Konsums‘ von Sport und zugehörigen Produkten und Dienstleistungen (wie etwa Rieger 2011, S. 107 ff).
- 2.
Bei der (deutschen) Rezeption Foucaultscher Begriffe ist zu berücksichtigen, dass französische Wörter wie le dispositif, le discours oder la généalogie etc. durchaus in der Alltagssprache vorkommen und dieser so gesehen auch entstammen – wenn auch Foucault sie wissenschaftlich ausarbeitet, definiert und kontextualisiert. Verständnis- und Abstimmungsprobleme deutscher WissenschaftlerInnen zu Foucaultschen Begrifflichkeiten resultieren zu einem gewissen Teil wohl auch aus der Schwierigkeit, sie eher als wissenschaftliche Kunst(be)griffe verstehen zu wollen/zu müssen denn als praktische Bezeichnungen zur Ordnung der Gedanken.
- 3.
http://rettet-das-unibad.de. Zugegriffen am 11. März 2014.
- 4.
Vgl. http://www.frisbeesportverband.de. Zugegriffen am 9. Juli 2013.
- 5.
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Renout, G. (2015). Sportliche Aktivitäten in und jenseits von Verein und Fitnessstudio. In: Freericks, R., Brinkmann, D. (eds) Handbuch Freizeitsoziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01520-6_25
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