Zusammenfassung
Soziale Beziehungen stellen für jeden Menschen zentrale Bezugssysteme dar, die sowohl im Hinblick auf Integration in die (Teil-)Gesellschaft als auch vor dem Hintergrund von Anerkennung, Wohlbefinden und reflexiver Selbstvergewisserung eine wichtige Rolle einnehmen. Mit zunehmendem Alter, spätestens ab dem Beginn der Lebensphase Jugend, haben dabei soziale Beziehungen zu Gleichaltrigen eine entscheidende Bedeutung, nicht nur hinsichtlich der Freizeitgestaltung, sondern darüber hinaus auch bezogen auf die (kulturelle) Lebensführung und soziale Orientierung. Peers lösen in vielen Bereichen die Familie als primäre Bezugsinstanz ab und eröffnen damit neue Bildungs- und Sozialisationsräume in der Freizeit, die schulisches und informelles Lernen, wie z.B. den Erwerb von sozialen Kompetenzen, fördern (vgl. z.B. Fend 1998; Rauschenbach et al. 2004; Wetzstein et al. 2005; Harring 2007; Schröder 2007; Krüger et al. 2008). Das Lernen in der Freizeit bedeutet größtenteils auch Lernen mit und von Gleichaltrigen, womit laut Du Bois-Reymond (2000) – in Anlehnung an Bourdieu (1983) – die Entwicklung von „Peerkapital“ einhergeht. Die Wirksamkeit der Peerbeziehungen im Jugendalter kann auf das Konzept des „sozialen Lernens“ zurückgeführt werden, in welchem die Freundin bzw. der Freund als Modell fungiert, das unterschiedliche Bildungsprozesse auslöst (vgl. Krappmann in diesem Band) Auf diese Weise haben Peerbeziehungen – insbesondere Freundschaftsbeziehungen – einen bedeutsamen Einfluss auf den Erwerb von sozialen Kompetenzen und fördern die Internalisierung von Sach- und Fachkompetenzen. Die Gleichaltrigengruppe bietet unter dieser Perspektive vielfältige Lern-, Erfahrungs- und Experimentierchancen, welche zur Entwicklung eigener Lebensstile, Normen, Werte und Ausdrucksweisen dienen (vgl. Engel/Hurrelmann 1993, 82).
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Harring, M., Böhm-Kasper, O., Rohlfs, C., Palentien, C. (2010). Peers als Bildungs- und Sozialisationsinstanzen – eine Einführung in die Thematik. In: Harring, M., Böhm-Kasper, O., Rohlfs, C., Palentien, C. (eds) Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92315-4_1
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