Zusammenfassung
Verbände als soziale Organisationen sind neben Parteien und Medien Bestandteil des intermediären Sektors. Dessen Aufgabe ist es, gesellschaftliche Erwartungen, Forderungen und Wünsche gegenüber dem zentralen politischen Entscheidungssystem (Regierung, Parlament, Verwaltung) zu bündeln und zu artikulieren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sich Partizipation auch zwischen den Wahlterminen realisieren lässt und Entscheidungen der politischen Entscheidungsträger gleichzeitig an die gesellschaftliche Realität rückgekoppelt sind. Organisierte Interessen haben in der Bundesrepublik dennoch ein schlechtes Image. In der Gesellschaft herrscht das Bild eines Verbandsvertreters vor, der in der Vorhalle des Parlaments („Lobby“) auf mehr oder minder transparente und undemokratische Weise versucht, sich die Stimmen von Abgeordneten zu erkaufen, damit seinem speziellen Interesse Rechnung getragen wird. Dieses negative Bild der modernen Interessenvertretung ist auch in der Publizistik und wissenschaftlichen Betrachtung der Thematik mittlerweile verankert oder wird zumindest subkutan angedeutet (vgl. Leif/Speth 2006; Leif/Speth 2003), während optimistischere einführende Publikationen (vgl. Sebaldt/Straßner 2004; Lösche 2007; Winter/Willems 2007; Woyke/Bandelow 2005) mehr den demokratiepraktischen Wert von Verbänden betonen: In einem offenen Gemeinwesen, in welchem jedes Interesse das Recht hat, sich zu organisieren und auf die politische Gestaltung Einfluss zu nehmen, ist das politische System und seine Entscheidungsträger darauf angewiesen, dass sich gesellschaftliche Teilbereiche artikulieren und ihr Spezialwissen einbringen.
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Straßner, A. (2010). Verbände: Funktionen und Strukturen. In: Hoffjann, O., Stahl, R. (eds) Handbuch Verbandskommunikation. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92028-3_2
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