Auszug
Das Interesse am Feld der ehrenamtlichen Tätigkeiten hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Dies indizieren prominent z.B. die Ausrufung des Jahres 2001 zum „Internationalen Jahr der Freiwilligen“ im Jahr 1997 oder die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bundestags im Jahr 2000. Bereits zuvor gab es eine ganze Reihe empirischer Befunde zum Ehrenamt, aber seither hat die Zahl der Untersuchungen und Publikationen nochmals deutlich zugenommen, und entsprechend häufig werden Engagementquoten und andere empirische Befunde zum Ehrenamt präsentiert und interpretiert. Die Ergebnisse weichen allerdings häufig erheblich voneinander ab — die ermittelten Engagementquoten variieren, mal sind Frauen stärker engagiert, mal Männer, mal Ostdeutsche, dann wieder Westdeutsche usw. —, so dass bei der Lektüre dieser Befunde schon gelegentlich der Eindruck entstand, man wisse „im Grunde nichts“ (Ziegler 1998: 42), noch nicht einmal zur Verbreitung solcher Tätigkeiten.
Die hier vorgestellten Überlegungen und Forschungsergebnisse gehen nicht nur auf den Vortrag am 27. Juni 2003 in Kiel zurück, sondern insbesondere auch auf eine langjährige Zusammenarbeit mit Martin Kohli, bei dem ich bereits meine Diplomarbeit mit einer gewissen N/:ahe zu diesem Themenbereich einreichen konnte — zur Validität von Retrospektivdaten in der qualitativ-biographischen Forschung zu Lebensläufen von Vorruheständlern. Ihm gilt daher an dieser Stelle mein ganz besonderer Dank für langjährige Zusammenarbeit, kritische Hinweise, Kommentare, Diskussionen und Ideen. Aufgrund dieser relativ langen Vorgeschichte ist es nicht zu vermeiden, dass einzelne Passagen und Argumente bereits an anderen Stellen vorgestellt und diskutiert wurden (insbesondere in Künemund 2001: 34ff.) und auch bestimmt — hoffentlich dann je weiterentwickelt — zukünftig weiter verwendet werden. Den Herausgebern dieses Bandes und dieser Reihe gilt mein Dank für den Anlass und die Gelegenheit, einige der Überlegungen und Ergebnisse hierzu auf meinem derzeitigen Kenntnisstand zusammenfassen zu können. Fehler, Inkonsistenzen und Fehlschlüsse liegen freilich allein in meiner Verantwortung.
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Künemund, H. (2006). Methodenkritische Anmerkungen zur Empirie ehrenamtlichen Engagements. In: Schroeter, K.R., Zängl, P. (eds) Altern und bürgerschaftliches Engagement. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90148-0_6
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