Zusammenfassung
Der Sozialphilosoph John Dewey (1859–1952) hat zentrale Argumentationsmuster, wie sie heute von Bruno Latour in seiner „symmetrischen Anthropologie“ oder von Paul Feyerabend in seiner „Naturphilosophie“ vertreten werden, vorweg genommen. „Erkennen“ heißt für Dewey „umgestalten“, ist also nicht kontemplative Anschauung, sondern praktisches Tun, Machen, Handeln. Nur in einer schon fertigen, in einer statischen Welt könnte, ihm zu Folge, Erkennen auf bloßes Anschauen reduziert werden. In einer dynamischen, durch Technik und Wissenschaft ständig umgeformten Welt, in einer Welt des Werdens hat Erkennen hingegen eine vermittelnde Funktion: Weil der Gegenstand der Erkenntnis kein fertiges Objekt ist, sondern in den Konsequenzen einer Handlung besteht, bekommt der Erkenntnisvorgang Experimentalcharakter. Für Dewey ist die überkommene abendländische Vorstellung, die eine Trennung macht zwischen dem betrachtenden Subjekt einerseits und einer an sich bestehenden objektiven Welt andererseits, die erkannt werden soll, Ausdruck einer dualistischen Ideologie vorwissenschaftlicher, vorindustrieller und vordemokratischer Klassengesellschaften, die ihre Wurzeln im frühen Griechentum hat.
… die drei bedeutendsten Philosophen unseres Jahrhunderts: Wittgenstein, Heidegger, Dewey. Richard Rorty (1987)
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Notes
- 1.
Vgl. hierzu den Beitrag von Berger i. d. Bd.
- 2.
Vgl. hierzu den Beitrag von Berger i. d. Bd.
- 3.
Vgl. hierzu die Beiträge von van Loon i. d. Bd.
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Bammé, A. (2014). Erkenntnis durch Handeln: John Deweys Erneuerung der Philosophie. In: Lengersdorf, D., Wieser, M. (eds) Schlüsselwerke der Science & Technology Studies. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19455-4_4
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