Zusammenfassung
Ist David wieder einmal dabei, über Goliath zu triumphieren? Erleben wir eine Neuauflage des mythischen Schaukampfes zwischen dem Starken und dem Schwachen? Der Schwache, bis zur Karikatur Erbärmliche, dessen Sieg über den Starken um so fürchterlicher ausfällt, weil es diesen Sieg eigentlich gar nicht geben kann; der Starke, dessen Niederlage der wahrhaften Vernichtung gleichkommt, ihn an der Wurzel seines Selbstwertgefühls trifft, weil es kein Gegner war, der sie ihm beibrachte, — haben nicht auch die aktuellen Schau-Kämpfe der Schwachen gegen den Starken etwas davon? Leben die schlagzeilenträchtigen Duelle um Mülldeponien, Autobahnen, Flughafenerweiterungen, Kernkraftwerke, Abschußrampen, die sich ad-hoc zusammengewürfelte Bürgerhaufen mit der organisierten Staatsmacht liefern, nicht alle auch von diesem bis zum Sensationellen ungleichgewichtigen Stärkeverhältnis? Und begründet nicht, nebenbei bemerkt, nach dem allgemeinen Kaufkraftschwund des Ideologischen gerade die strukturelle Ungleichgewichtigkeit und scheinbare Hoffnungslosigkeit solcher Gegnerschaftsverhältnisse, für Beteiligte wie für Betrachter, eine Attraktivität sui generis?
Teile dieses Aufsatzes sind erschienen in: Merkur (1983) 2, S. 49 ff.
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Anmerkungen
Vgl. K.-W. Brand, D. Büsser, D. Rucht, Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik, Frankfurt a.M. 1981; zu Anliegen und Aktionsbedingungen der Bürgerinitiativbewegung vgl. P. C. Mayer-Tasch, Die Bürgerinitiativbewegung, 4. Aufl., Reinbek b. Hamburg 1981 und B. Guggenberger, Bürgerinitiativen in der Parteiendemokratie, Stuttgart u.a. 1980.
Vgl. N. Gladitz (Hrsg.), Lieber heute aktiv, als morgen radioaktiv, Berlin 1976.
Vgl. B. Guggenberger, „Guerilla“ — Mythos und Wirklichkeit, in: K. E. Becker, H.P. Schreiner (Hrsg.), Anti-Politik. Terrorismus, Gewalt, Gegengewalt, Hannover 1979, S. 51 ff.
Vgl. E. Che Guevara, Der Partisanenkrieg — eine Methode, München 1968.
Vgl. F.A.Z. vom 4. Juni 1982 ( Mehr als ein Drittel der Bevölkerung soll nach der hier zitierten Umfrage bereits „Gewalt als Mittel der Politik“ akzeptieren).
Vgl. O. Rammstedt, Die Bürgerinitiativbewegung unter Ideologisierungszwang, in: V. Hauff (Hrsg.), Bürgerinitiativen in der Gesellschaft, Villingen 1980, S. 481 ff.
a Hierzu vor allem H. Marcuse, Repressive Toleranz, in: R.P. Wolff, B. Moore, H. Marcuse, Kritik der reinen Toleranz, 6. Auflage, Frankfurt a.M. 1968, S. 91 ff.
Grundlegend: G. Jellinek, Das Recht der Minoritäten, Wien 1898.
H. Bossel, Grundwerte und Orientierung, in: G. Altner u.a., Anders Denken — anders Handeln (Öko 1 ), Freiburg 1978, S. 22.
Vgl. H. Kitschelt, Kernenergiepolitik. Arena eines gesellschaftlichen Konflikts, Frankfurt 1980.
Als „locus classicus“ elitärer Kritik an der „Mehrheitstyrannei” vgl. A. de Tocqueville, De la Démocratie en Amérique, Paris 1836.
Exemplarisch noch immer: J. Agnoli, Die Transformation der Demokratie, Frankfurt a.M. 1968; vgl. auch: R. Roth (Hrsg.), Parlamentarisches Ritual und politische Alternativen, Frankfurt a.M. 1980, bes. die Arbeiten von W.D. Narr, C. Offe und H. Kitschelt.
So R. Spaemann in diesem Band; vgl. auch H. Lübbe, Zukunft ohne Verheißung?, H.sg. v. d. Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V., Köln 1975; und W. Hennis („Der Bau von Kernkraftwerken ist nicht zu verantworten“), F.A.Z. vom 30. April 1977.
Bes. J. Huber, Wer soll das alles ändern. Die Alternativen der Alternativbewegung, Berlin 1980.
Vgl. B. Guggenberger, Art. „Alternativbewegung“, in: R. Voigt (Hrsg.), Handwörterbuch zur Kommunalpolitik, Stuttgart 1984.
G. Kurz, Alternativ leben? Zur Theorie und Praxis der Gegenkultur, 2. Aufl. Berlin 1979.
Exemplarisch hierfür die zum „Modell“ gewordene „Volkshochschule Wyhler Wald”; vgl. W. Beer, Lernen im Widerstand, Hamburg 1978.
Ders., A Theory of Justice, London, Oxford, New York 1972.
Vgl. Die „klassische“ Rechtfertigung bei H. Schelsky, Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation, Köln u. Opladen 1961.
Hierzu: D. Birnbacher (Hrsg.), Ökologie und Ethik, Stuttgart 1980.
Vgl. die Auswertung der vorliegenden empirischen Befunde bei W. Rüdig, Bürgerinitiativen im Umweltschutz. Eine Bestandsaufnahme der empirischen Befunde, in: V. Hauff (Hrsg.), a.a.O., S. 119ff.; ebenso: U. Kempf, Der empirische Befund, in: B. Guggenberger, U. Kempf (Hrsg.), Bürgerinitiativen und repräsentatives System, 2. Aufl., Opladen 1984.
Zu diesem Aspekt: B. de Jouvenel, Über Souveränität. Auf der Suche nach dem Gemeinwohl, Neuwied und Berlin 1963.
Zu dieser Kritik ausführlich B. Guggenberger, Wem nützt der Staat?, Stuttgart u.a. 1974.
Zur Kritik vgl. bes. W. Streeck, S. Streeck, Parteiensystem und Status quo, Frankfurt a.M. 1971; W. D. Narr, C. Offe (Hrsg.), Wohlfahrtsstaat und Massenloyalität, Köln 1975.
Vgl. J. Weber, Die Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1977.
Zur Anwendung des Paradigmenkonzepts auf die neuen sozialen Bewegungen vgl. J. Raschke, Politischer Paradigmenwandel in den westlichen Demokratien, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 80/1982.
So die Kritik von H. Oberreuther, Die Bundesrepublik Deutschland vor einer neuen Epoche, in: W. Dettling (Hrsg.), Deutsche Parteien im Wandel, München 1983, S. 118f.
Vgl. W. Däubler, Rechtsprobleme des Widerstands gegen die Stationierung, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S u. F), 1(1983)1, S. 14ff.; B. Guggenberger, An den Grenzen der Verfassung, in: F.A.Z. vom 3. Dezember 1983.
R. Herzog, zit. nach H. Waffenschmidt, Rechtsstaat und Widerstandsrecht, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S u. F.), 1(1983)1, S. 29.
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Guggenberger, B. (1984). Die neue Macht der Minderheit. In: Guggenberger, B., Offe, C. (eds) An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91542-9_12
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