Zusammenfassung
Das mir gestellte Thema lautet: „Die mathematikdidaktische Forschung aus erkenntnistheoretischer Perspektive“. Das klingt ebensowenig verfänglich wie so manches andere akademische Thema. Aber lassen Sie sich von der prosaischen Oberfläche nicht täuschen. Erkenntnistheoretische Überlegungen in die Erörterung von Ausbildungs- und Erziehungsfragen einzubringen, ist immer Dynamit gewesen. Sokrates hat es getan, und man hat ihn prompt gezwungen, den Schierlingsbecher zu leeren. Giambattista Vico hat es im 18. Jahrhundert getan, und das philosophische Establishment konnte ihn nicht schnell genug verdrängen und vergessen. In unserer Zeit gab es JeanPiaget. Er wollte eigenthch nichts mit Erziehung zu tun haben, ließ es aber zu, da hineingezogen zu werden, — und wir alle wissen, was Interpreten und Übersetzer mit seiner Erkenntnistheorie angerichtet haben. Es scheint fast, als wäre eine Erörterung der Erziehung aus erkenntnistheoretischer Perspektive ein sicherer Weg, intellektuellen Selbstmord zu begehen. Vielleicht aber hat sich die Welt der Erziehung in der letzten Zeit doch zu wandeln begonnen. Zumindest das besondere Fach, um das es hier geht, die Disziplin, die es mit Zahlen, mit Arithmetik, schließlich mit Mathematik schlechthin zu tun hat, zeigt Symptome einer Bereitschaft, sich zu ändern.
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© 1987 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig / Wiesbaden
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von Glaserfeld, E. (1987). Lernen als konstruktive Tätigkeit. In: Wissen, Sprache und Wirklichkeit. Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie, vol 24. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91089-9_22
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91089-9_22
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-528-08598-8
Online ISBN: 978-3-322-91089-9
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