Zusammenfassung
Masken dienen bekanntlich immer der Beeinflussung anderer, ob im Theater, im Karneval oder im Alltag von Contenance und Kosmetik, und sei es nur, um andere neugierig zu machen oder zu amüsieren, und alle Masken erfüllen potenziell die gleichen Funktionen, nämlich verbergen durch zeigen, ablenken durch hinlenken, imponieren, anziehen oder abschrecken (was man übrigens schon in Simmeis „Exkurs über den Schmuck“ nachlesen kann; vgl. Simmel 1968: 490 f.). Immerhin bezeichnete das Wort „persona“ ursprünglich die Gesichtsmaske antiker Schauspieler, durch die deren Stimme „personierte“, also hindurchdrang, wobei freilich anzumerken ist, dass man selbstverständlich auch seine Stimme maskieren kann wie weiland Grimms Märchen-Wolf, der Kreide gefressen hatte, oder wie ein Politiker, der zu diesem Zweck vielleicht zum Logopäden geht. Doch die vielfältigen Masken der Mächtigen sind weit weniger durchschaubar als solche simplen Tricks, und deshalb sind sie besonders spannend und Besorgnis erregend. Schließlich riet bereits der berühmteSpin-Doctor Niccolò Machiavelli seinen adeligen Klienten:
„Ein Fürst braucht also nicht alle (…) Tugenden zu besitzen, muss aber im Rufe davon stehen. Ja, ich wage zu sagen, dass es sehr schädlich ist, sie zu besitzen und sie stets zu beachten; aber fromm, treu, menschlich, gottesfxirchtig und ehrlich zu scheinen, ist nützlich.”
„Täusche dich nicht”, sagte der Geistliche. „Worin sollte ich mich denn täuschen?“ fragte K. „In dem Gericht täuschst du dich“, sagte der Geistliche, „in den einleitenden Schriften zum Gesetz heißt es von dieser Täuschung:Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. (…)Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor ins Innere zu sehen.Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt:,Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meinem Verbot hineinzugehn. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr vertragen.’“
(Franz Kafka: Der Prozeß, 9. Kapitel: Im Dom)
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© 2004 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Westerbarkey, J. (2004). Illusionsexperten. Die gesellschaftlichen Eliten und die Verschleierung der Macht. In: Raupp, J., Klewes, J. (eds) Quo vadis Public Relations?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83381-5_2
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