Zusammenfassung
Thomas Schilling befasst sich in seiner Arbeit mit einem zentralen Strukturelement personenbezogener Dienstleistungsberufe. Ursula Rabe-Kleberg (1997) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Arbeit in Ungewißheit“.1 Dabei handelt es sich um ein Charakteristikum von Dienstleistungstätigkeiten wie beispielsweise jener mehrheitlich von Frauen ausgeübten Pflegeberufe, die in nur begrenztem Maße formalisierbar und standardisierbar sind und daher eigentümlich diffus bleiben. Damit stellt sich das Problem einer Professionalisierung nach den für Professionen gültigen Standardkriterien der Verwissenschaftlichung. Ich greife zwei Aspekte der Professionalisierungsdiskussion auf:
-
1.
Systematisch werden berufliche Qualifikationen der Trias „Wissen — Können — Einstellungen“ (knowledge, skills, attitudes) zugeordnet. Attitudes umfassen ethische Grundsätze der Ausübung des Berufs. Sie schließen auf fundamentaler Ebene der Persönlichkeitsbildung anzusiedelnde Motive und Einstellungen beruflicher Akteure mit ein.
-
2.
Anerkennungsfragen der Profession bemessen sich daran, inwieweit sie einen — in der Regel messbaren — Beitrag zum zentralen Wertesystem der Gesellschaft leisten (Hartmann 1972). Entscheidend scheint mir hierbei zu sein, dass sich reproduktive, naturgebundene, im Wesentlichen interaktiv erbrachte Leistungen sogenannter „hausarbeitsnaher“ Dienstleistungsberufe (z.B. der Kranken- oder Sozialpflege) den Standards der Objektivierbarkeit und Rationalisierbarkeit in hohem Maße entziehen (Ostner/BeckGernsheim 1979; Herder-Dorneich 1992). Daraus ergeben sich Probleme des gesellschaftlichen Prestiges dieser Berufe.
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Remmers, H. (2004). Attitudes — notwendiger oder hinreichender Bestandteil pflegerischer Professionen? — Kommentar zum Beitrag von Thomas Schilling . In: Fabel, M., Tiefel, S. (eds) Biographische Risiken und neue professionelle Herausforderungen. Biographie und Profession. Studien zur qualitativen Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung. ZBBS-Buchreihe, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80919-3_12
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