Zusammenfassung
Es gibt nur wenige wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Bereiche, in denen das Wort ‘Integration’ derart häufig fallt, wie wenn es um die Europäische Union und ihren aktuellen Erweiterungsprozess geht. Europäische Integration findet demnach bereits seit einem halben Jahrhundert statt, d.h. seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist eine „friedliche und freiwillige Annäherung bzw. Zusammenführung von Gesellschaften, Staaten und Volkswirtschaften über bislang bestehende Grenzen hinweg“ (Giering 2000: 262) in Teilen Europas zu beobachten. In diesem Sinne bezieht sich Integration zunächst allein auf die nationalstaatliche Ebene. Sie lässt darüber hinaus offen, welches Ziel sie hat und an welchem Punkt sich die Teilnehmer zur Zeit befinden. Betrachtet man die Ebene der Subsysteme, so können diese Fragen zumindest teilweise beantwortet werden: Unter zu Hilfenahme volkswirtschaftlicher Theorien, die fünf Integrationsstufen unterscheiden1, lautet die Diagnose, dass für zwölf der fünfzehn bislang teilnehmenden nationalen EU-VoIkswirtschaften die letzte Stufe der ökonomischen Integration mit Einführung des Euros erreicht ist. Mit Blick auf die politische Integration ist eine entsprechende Beurteilung aber schon beträchtlich schwieriger, da hier verschiedene theoretische Positionen mit ihren jeweiligen Integrationsverständnissen um die Deutungshoheit bemüht sind.2 Noch unübersichtlicher wird die Situation, wenn die gesellschaftliche oder kulturelle Dimension betrachtet wird, denn „für die Soziologie ist die europäische Integration bislang ein Randthema“ (Bach 2001: 147).
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Baier, D., Rippl, S., Kindervater, A., Boehnke, K. (2005). Die EU-Erweiterung als Herausforderung für nationalstaatliche Integrationsmodelle. In: Heitmeyer, W., Imbusch, P. (eds) Integrationspotenziale einer modernen Gesellschaft. Analysen zu gesellschaftlicher Integration und Desintegration. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80502-7_13
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