Einleitung

Die Aufrechterhaltung der Wasserhomöostase ist essenziell für das Überleben des Menschen. Dazu müssen ständige Verluste von Wasser über Niere, Darm und Perspiration durch Trinken ausgeglichen werden. Der Antrieb zu trinken erfolgt durch die Entwicklung eines Durstgefühls im Gehirn. Kann dieses Durstempfinden nicht befriedigt werden, so kann das Durstgefühl zu einer der unangenehmsten Empfindungen des Körpers werden. Nach Ausgleich des Wassermangels durch Zufuhr von Flüssigkeit muss das Durstgefühl wieder abklingen, um eine inadäquat hohe Zufuhr zu verhindern: es tritt ein Durstsättigungsgefühl ein. Interessanterweise kennt die deutsche Sprache kein Wort für dieses Durstsättigungsgefühl, welches beim Hunger dem Wort „satt“ entsprechen würde.

Sowohl eine Störung des Durstempfindens als auch des Durstsättigungsgefühls mit der Folge, dass in Relation zum tatsächlichen Bedürfnis inadäquate Mengen von Wasser zugeführt werden, führt zur Dysnatriämie und in der Folge zur Störung der Zellfunktion in verschiedenen Organen (v. a. zentrales Nervensystem). Der Wasserhaushalt repräsentiert die Aufrechterhaltung des Zellvolumens und wird über die Osmolalität des Extrazellularvolumens (welches v. a. dem Serum-Natrium entspricht) reguliert. Ein Anstieg der Osmolalität oder der Natriumkonzentration im Blut oder Liquor führt zu einer Stimulation des Durstzentrums. Davon zu unterscheiden, aber dennoch damit verknüpft, ist der Gesamtkörper-Natriumhaushalt, welcher dem Volumenhaushalt entspricht. Auch bei einer Hypovolämie kommt es zur Stimulation des Durstgefühls, aber gleichzeitig auch des Appetits auf Salz.

Verschiedene hormonelle Regulationssysteme, wie das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und das Vasopressinsystem helfen dem Körper, Natrium und Wasser zu konservieren und das zirkulierende Extrazellularvolumen aufrechtzuerhalten. Es kann aber die Wasserelimination über die Niere nicht auf null gesetzt werden, da laufend toxische Substanzen aus dem Eiweißstoffwechsel eliminiert werden müssen. Letztendlich ist das adäquate Durstempfinden und Trinkverhalten der wichtigste Bestandteil zur Aufrechterhaltung des Wasserhaushalts, da nur dadurch Verluste ersetzt werden können.

Ziel dieses Artikels ist es, die physiologischen Regulationsmechanismen von Durst, Trinken und Salzzufuhr zu erläutern und häufige pathologische Zustandsbilder zu erklären, bei welchen das Trinken eine zentrale Bedeutung hat.

Das Durstgefühl

Um den Wasser- und Natriumhaushalt aufrechtzuerhalten, bedarf es Sensoren, welche Änderungen des Wasserhaushalts (Osmolalitäts- und Natriumsensoren) und des Volumenstatus (Volumen- und Barorezeptoren) detektieren und die Signale an entsprechende Zentren weiterleiten. Die Sensoren des Wasserhaushalts liegen hauptsächlich im Bereich des zirkumventrikulären Organs der Lamina terminalis (LT), dem subfornikalen Organ (SFO) und Organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) und werden sowohl durch osmotische als auch durch natriämische Stimuli angeregt bzw. nach Wasserzufuhr auch rasch gehemmt. Diese Hirnregion ist prädestiniert für die Detektion dieser Veränderungen, da sie außerhalb der Bluthirnschranke liegt [1]. Die zentralen kortikalen Regionen, welche das eigentliche subjektive Durstempfinden auslösen, werden dabei in den Regionen des anterioren zingulären und des insulären Cortex (ACC/IC) vermutet. Zwischen den Sensoren und den ACC/IC ist die Region des medianen präoptischen Nukleus (MnPO) zwischengeschaltet, welche die eingehenden Informationen aus den SFO und OVLT mit den Signalen von den Volumen- und Barorezeptoren aus dem Hirnstamm (z. B. Nucleus tractus solitarius – NTS) integriert und erst danach nach zentral weitergibt. Die Aktivierung der kortikalen Strukturen des IC/ACC lösen das subjektive Empfinden von Durst aus und initiieren auch Verhaltensmuster wie z. B. die Suche nach Wasser ([1, 2]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Die komplexe Interaktion von peripheren und zentralen Regulationssystemen des Durstempfindens (vereinfachte Darstellung). Periphere und zentrale Osmosensoren messen die Osmolalität, zentrale Natriumrezeptoren die Natriumkonzentration in der Extrazellularflüssigkeit. Eine Hypovolämie oder Hypotonie wird über Barorezeptoren an den Hirnstamm übermittelt; die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems der Niere erhöht die Konzentration von Angiotensin II, welches in der Lamina terminalis den Durstmechanismus auslösen kann. Eine Hypervolämie wird ebenfalls über Barorezeptoren vermittelt und von der vermehrten Ausschüttung des atrialen natriuretischen Peptids (ANP) begleitet und soll das Durstempfinden reduzieren. Auch andere Hormone wie das Glukagon-like Peptide 1 (GLP-1) beeinflussen das Durstempfinden. Periphere Sensoren im Oropharynx und oberen Gastrointestinaltrakt messen die Menge und Zusammensetzung der zugeführten Flüssigkeit und verhindern eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr. Über die Lamina terminalis wird auch die Sekretion von Vasopressin und Oxytozin reguliert und somit die Wasserelimination über die Niere. Zentrales Integrationsorgan aller pro- und anti-dipsogenen Signale ist wahrscheinlich der mediane präoptische Kern (MnPO), welcher die Signale zur Auslösung eines bewussten Durstempfindens bzw. Durstsättigungsgefühl im vorderen zingulären und insulären Kortex (ACC/IC) vermittelt (weitere verwendete Abkürzungen siehe Glossar)

Neben dem Durstempfinden werden über den Hypothalamus auch andere Regulationsorgane des Natrium- und Wasserhaushalts koordiniert. Bei Hypovolämie wird über den MnPO zusätzlich das sympathische Nervensystem aktiviert, welches über die Niere die Renin-Ausschüttung stimuliert und auf das Gefäßsystem vasokonstriktorisch wirkt. Die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) kann wiederum über Angiotensin II ein Durstgefühl initiieren und über Aldosteron die Salzzufuhr und Salzrückresorption in der Niere stimulieren. Parallel dazu können bei Hypovolämie oder Hypernatriämie über die Lamina terminalis die neuroendokrinen Systeme des paraventrikulären Hypothalamus (PVH) und supraoptischen Nucleus (SON) aktiviert werden. Diese sezernieren Vasopressin und Oxytocin, welche vasokonstriktorisch und Wasser-retinierend wirken. Die drei bekannten Arten, das Durstgefühl anzuregen (osmotisch, natriämisch und volämisch), werden über unterschiedliche Mechanismen und in unterschiedlichen Hirnarealen vermittelt und dienen dazu, durch Anregung der Wasserzufuhr die physiologischen Verhältnisse wieder herzustellen. Ergänzend dazu gibt es Mechanismen, welche eine sich anbahnende Veränderung der physiologischen Verhältnisse verhindern sollen – das antizipatorisches Trinken.

Homöstatisches Durstgefühl

Osmotisches und natriämisches Durstgefühl

Ein Durstgefühl kann sowohl durch einen Anstieg der Natriumkonzentration als auch durch die Erhöhung der Konzentration anderer osmotischer Substanzen, wie Mannit, im Extrazellularraum (Blut und/oder Liquor) angeregt werden. Ab welcher Osmolalität im Serum es zu einem Durstempfinden kommt (Durstschwelle), ist individuell unterschiedlich und variiert in dem Bereich der normalen Serum-Osmolalität zwischen 270 und 280 mosmol/kg [3]. Umgekehrt wird auch ein Abfall der Osmolalität erkannt und führt in Folge zu einer Hemmung des Durstgefühls. Dabei werden verschiedene Regionen im Gehirn stimuliert bzw. inhibiert, welche die Änderung entweder der Osmolalität oder der Natriumkonzentration detektieren.

Osmotischer Durst

Ein Anstieg der Osmolalität im Extrazellularraum führt zum Transport von Wasser aus der Zelle, ein Abfall der Osmolalität zum Transport von Wasser in die Zelle. Da osmotisch aktive Substanzen nicht rasch über die Zellmembran transportiert werden können, kommt es durch die Änderung des Wassergehalts in der Zelle zu einer Schrumpfung oder Expansion des Zellvolumens. Diese Änderungen des Zellvolumens (Schwellung oder Schrumpfung) überträgt sich auf die Zellmembran in Form eines mechanischen Stresses. Deshalb wird vermutet, das Mechanosensoren, also dehnungsempfindliche Ionenkanäle in Neuronen, als Osmosensoren fungieren. Aktuell werden vor allem die TRPV(transient receptor potential vanilloid)-Kanäle 1 und 4, welche vor allem im Bereich des OVLT lokalisiert sind, als mögliche Osmosensoren angesehen. Aber dies konnte nicht von allen Forschungsgruppen bestätigt werden, sodass das Rätsel um die Osmosensoren aktuell als nicht vollkommen gelöst zu betrachten ist [4]. Steigt die Osmolalität an, kommt es zu einer Zellschrumpfung und die Neurone des OVLT und des SFO werden aktiviert und stimulieren den MnPO. Über den MnPO werden danach stimulierende Signale an zentrale Nervenzentren (ACC/IC) übermittelt, welche das subjektive Durstgefühl auslösen [2, 5]. Zusätzlich dürfte die Osmolalität (und Natriumkonzentration) auch außerhalb des Gehirns gemessen werden, z. B. in der V. portae, welche Signale über den N. vagus oder Spinalnerven und den NTS weiter an den MnPO übermitteln und das Durstgefühl ebenfalls beeinflussen können [6]. Neben dem OVLT kann die Osmolalität aber auch in anderen Gehirnregionen wie den SON gemessen werden. Dieser Mechanismus sowie die Stimulation des SON und PVH durch die osmotische Stimulation der LT initiieren die Freisetzung von Vasopressin und Oxytocin aus der Hypophyse, um die renale Wasserausscheidung zu reduzieren [7, 8].

Interessant ist, dass die Vasopressinausschüttung bereits bei einem geringen Anstieg der Osmolalität (entsprechend der Änderung der Osmolalität um ca. 1 %) erfolgt, es aber einen höheren Anstieg der Osmolalität benötigt, um das Durstgefühl zu stimulieren (um weitere ca. 8 mosmol/kg) [9]. Neuere Studien zeigen aber, dass die osmotische Schwelle für die Sekretion von Vasopressin bzw. die Stimulation des Durstgefühls enger beieinander liegen (ca. 3–5 mosmol/kg niedriger als die Durstschwelle) [3].

Natrium-getriggertes Durstgefühl

Natrium ist das wichtigste extrazelluläre Kation und die mengenmäßig wichtigste osmotisch aktive Substanz im Blut. Neben den Osmosensoren existieren auch Natriumsensoren, welche in denselben Hirnstrukturen lokalisiert sind (OVLT und SFO), aber nicht in Neuronen, sondern in Astrozyten exprimiert werden. Dabei handelt es sich um Natriumkanäle (Nax, NHE4 und ENaC), welche ausschließlich auf einen Anstieg der Natriumkonzentration, jedoch nicht auf eine Änderung der Osmolalität (z. B. durch Mannitol) reagieren. Nax-Kanäle in Gliazellen stimulieren benachbarte Neurone (wahrscheinlich über Lactat), welche danach Signale an die Neurone des MnPO weiterleiten. Bei Dehydratation vermitteln die Nax-Kanäle im OVLT eine Anregung des Durstgefühls, während dieselben Kanäle im SFO inhibierend auf den Salzappetit wirken [1, 4].

Hypovolämischer Durst

Bei einem Abfall des Extrazellularvolumens (Gesamtkörper-Natriumgehalt) kommt es zu einer verminderten Stimulation von Dehnungsrezeptoren im venösen Blutsystem (Volumenrezeptoren z. B. in den Vorhöfen des Herzens) bzw. einem Abfall des Blutdrucks (detektiert an Barorezeptoren der Carotis). Diese Signale der Hypovolämie werden über den N. vagus bzw. Spinalnerven an den NTS geleitet. Von dort gelangen die Reize über den parabranchialen Kern (PBN) weiter über den medialen Thalamus und den MnPO zu den zentralen Regionen des Durstempfindens (ACC und IC) [1]. Eine Hypervolämie wird über dieselben Sensoren detektiert, unterdrückt aber das Durstgefühl und führt zur vermehrten Sekretion von atrialem natriuretischem Peptid, welches ebenfalls antidipsogen wirkt und zusätzlich die renale Natriumelimination erhöht [4].

In der Niere führt die Hypovolämie zum Rückgang der Perfusion und zur vermehrten Produktion von Renin, welches letztendlich zur Aktivierung des gesamten Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems führt. Angiotensin II stimuliert dabei über AT1a-Rezeptoren, direkt Neurone im Bereich des OVLT und SFO und induziert damit sowohl ein Durstgefühl als auch Salzhunger [4]. Während bei normalem Serum-Natrium über Angiotensin II im SFO sowohl der Durst als auch der Appetit auf Salz stimuliert wird, kommt es bei der klassischen Dehydratation, bei der es durch Verluste einer hypotonen Lösung zur Hypovolämie und Hypernatriämie kommt, über Angiotensin II hingegen nur zur Stimulation des Durstzentrums, während die Hypernatriämie den Salzappetit unterdrückt. Bei Hyponatriämie (und Hypovolämie) wird hingegen das Durstzentrum unterdrückt und der Salzappetit angeregt. Dieser differenzierte Effekt von Angiotensin auf Trinken und Salzzufuhr wird über Cholezystokinin-positive Neuronen im SFO vermittelt, welche auf die Natriumkonzentration im Serum bzw. Liquor reagieren [10]. Dies zeigt eindeutig, dass die Volumenkontrolle und die Osmokontrolle des Körpers fein aufeinander abgestimmt sind [11].

Dipsogene Hormone

Neben dem zuvor erwähnten Angiotensin II haben auch noch andere Hormone einen direkten Einfluss auf das Durstempfinden.

Während des Menstruationszyklus und während der Schwangerschaft kommt es zu erheblichen Veränderungen in der Wasserhomöostase. Dafür verantwortlich sind verschiedene Hormone. Vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft kommt es durch eine systemische Vasodilatation zur Stimulation des RAAS und zur vermehrten Sekretion von Vasopressin und Oxytocin. Dies induziert die Entwicklung einer leichten Hyponatriämie und Hypervolämie [12, 13]. Zusätzlich kommt es während der Schwangerschaft zu einem sukzessiven Abfall der Durstschwelle um ca. 10 mosmol/kg. Dies wird den höheren Konzentrationen von Beta-HCG, Östrogen und Progesteron zugeschrieben [14]. Weiters steigert das in der Schwangerschaft gebildete Hormon Relaxin‑3 die Trinkmenge über eine Stimulation der Lamina terminalis in Anwesenheit von hohen Östrogen- bzw. Progesteronspiegeln; Rezeptoren für Relaxin‑3 sind im OVLT, SON und im paraventrikulären Nukleus (PVN) exprimiert [4]. Ebenfalls im letzten Drittel der Schwangerschaft kommt es zur vermehrten Bildung von Phoenixin im Hypothalamus, welches einerseits das Trinken und anderseits die Sekretion von Vasopressin stimuliert [15].

Auch während der lutealen Phase des Menstruationszyklus kommt es zu einem gesteigerten Durstgefühl, welches durch hohe Östrogen- und Progesteronspiegel ausgelöst wird. Östrogenrezeptoren konnten in verschiedene Regionen des Gehirns nachgewiesen werden, welche für das osmotische und Barorezeptor-assoziierte Durstempfinden und die Vasopressinsekretion verantwortlich sind [16].

Rezeptoren für das orexigene Hormon Ghrelin sind ebenfalls im SFO nachgewiesen worden, was einen Einfluss auf das Durstverhalten vermuten lässt. Die i.v. Verabreichung von Acyl-Ghrelin verursacht beim Menschen eine dipsogene Wirkung. Dies steht im Widerspruch zum Tierexperiment, wo Ghrelin (bei gleichzeitiger Hypovolämie oder Hypernatriämie) eine antidipsogene Wirkung hat [17]. Nachdem das Durstverhalten bei verschiedenen Wirbeltieren durchaus unterschiedlich sein kann, bleibt abzuwarten, ob der dipsogene Effekt von Ghrelin auch in anderen Studien bestätigt werden kann.

Die Bedeutung von Sekretin in der Regulation des Natrium- und Wasserhaushalts ist bereits sehr seiner Entdeckung 1902 durch Bayliss und Starling bekannt. Neue Daten zeigen, dass Sekretin auch eine Bedeutung für das Durstempfinden hat. Dabei führt die Bindung von Angiotensin II am PVN zu einer vermehrten Sekretinausschüttung, welche wiederum die Angiotensin-II-vermittelte Stimulation des Durstzentrums unterstützt (Bildung von Heterodimeren des AT1aR mit dem Sekretinrezeptor) und die Ausschüttung von Vasopressin fördert. Sekretinrezeptor-knock-out-Mäuse haben ein deutlich geringeres Durstempfinden auf Angiotensin II im Vergleich zum Wildtypus [18].

Antidipsogene Hormone

Das bedeutendste antidipsogene Hormon ist das atriale natriuretische Peptid (ANP), welches gleichzeitig auch die Salzzufuhr hemmt. Bei Hypernatriämie wird es ebenso aus hypothalamischen Neuronen ausgeschüttet wie bei Hypervolämie (via Stimulation von peripheren Barorezeptoren und NTS) und führt neben der Hemmung des Durstzentrums auch zu einer vermehrten Natriurese [4].

Das Glukagon-like Peptide 1 (GLP-1) wird postprandial sezerniert und unterdrückt das Hungerfühl. GLP‑1 dürfte aber auch inhibitorisch auf das Durstzentrum wirken. Rezeptoren für GLP‑1 konnten in der Lamina terminalis lokalisiert werden. Die Abnahme der Trinkmenge nach Verabreichung von GLP-1-Agonisten beträgt etwa 36 % und ist unabhängig von der Nahrungszufuhr [19]. Zusätzlich wirkt GLP‑1 natriuretisch über die Hemmung der Na-Resorption am proximalen Tubulus der Niere und durch die vermehrte Ausschüttung von ANP [20]. Auch der erfolgreiche therapeutische Einsatz von GLP-1-Analoga bei Polydipsie unterstützt die Relevanz dieses Hormons beim Durstempfinden [21] (siehe Abschnitt Therapie).

Weitere Faktoren, welche das Durstgefühl beeinflussen

Neben den oben genannten Faktoren der Hyperosmolalität und Hypovolämie haben auch Lebensgewohnheiten, Außentemperaturen und Essensgewohnheiten einen Einfluss auf das Durstgefühl des Menschen. Weiters spielen lokale Faktoren wie Mundtrockenheit eine relevante Rolle für das Durstempfinden. Zudem konnte gezeigt werden, dass Wassersensoren an der Zunge existieren. Diese vermitteln an das Durstzentrum des Gehirns, dass die richtige Flüssigkeit, nämlich Wasser getrunken wird. Werden diese Wassersensoren blockiert, kann der Körper nicht unterscheiden, ob Öl oder Wasser getrunken wird [22].

Auch eine Vielzahl von Medikamenten kann das Durstempfinden beeinflussen. Die Ursachen für das erhöhte Durstempfinden durch Medikamente sind mannigfaltig. Neben der direkten Stimulation des Durstzentrums können diese über die Induktion von Mundtrockenheit (Anticholinergika), aber auch durch Störung der Harnkonzentrationsmechanismen (Lithium-induzierter renaler Diabetes insipidus) zum verstärkten Durstgefühl führen. Zentrale Stimulanzien des Durstgefühls sind Opiate, Insulin und Katecholamine, während Dopamin-Antagonisten und Glukokortikoide es hemmen können [4].

Auch erhöhte Blutzuckerspiegel bei Diabetes mellitus erhöhen das Durstgefühl, jedoch deutlich schwächer als Natrium oder Mannit [9]. Bei hyperglykämischen Diabetikern haben deshalb die osmotische Diurese und der Verlust von elektrolytfreiem Wasser und damit der Anstieg der Serum-Osmolalität eine größere Bedeutung für das Durstgefühl als der Blutzuckerspiegel selbst [23].

Physiologie des Trinkens und der Durstsättigung

Der Großteil der Flüssigkeitszufuhr im Körper erfolgt durch habituelles und antizipatorisches Trinken und nur ein kleiner Teil durch homöostatisches Trinken.

Das homöostatische Trinken erfolgt durch die Erhöhung der Osmolalität im Serum oder Hypovolämie und das sich damit entwickelnde Durstgefühl. Es dient dazu, die physiologischen Verhältnisse des Wasser- und/oder Volumenhaushalts wiederherzustellen, indem Flüssigkeiten getrunken werden, welche die Osmolalität im Serum bzw. den Volumenstatus wieder normalisieren sollen. Die in der Regel vom Menschen zugeführten Flüssigkeiten sind dabei als elektrolytarm zu bezeichnen. Selbst Mineralwässer und Sportgetränke enthalten kaum mehr als 15 mmol Natrium/L. Nach der Flüssigkeitszufuhr stellt sich ein Durstsättigungsgefühl ein, welches ein überschießendes Trinken und damit eine Hyponatriämie verhindert. Das antizipatorische Trinken dient dazu, in gewissen Situationen (Nahrungszufuhr, Hitze) zu verhindern, dass es zu einer Störung der Homöostase kommt. Es wird z. B. bei Nahrungszufuhr automatisch getrunken, ohne dass die Entwicklung eines osmotischen Durstgefühls dafür notwendig ist. Habituelles Trinken erfolgt ohne einen der zuvor genannten Reize und ist von jedem Individuum „erlernt“ bzw. „antrainiert“, kann aber über die Zeit zum Teil von einem Durstgefühl unterhalb der normalen Durstschwelle begleitet werden (siehe psychogene Polydipsie).

Durstsättigung

Ähnlich wie beim Essen stellt sich nach der Zufuhr von Flüssigkeit ein Sättigungsgefühl ein. Würde dieses Sättigungsgefühl ausschließlich durch die Normalisierung der Osmolalität oder des Volumenstatus erzielt werden, so käme es zu einer deutlichen zeitlichen Verzögerung, da es mind. 10 min dauert, bis das oral zugeführte Wasser intestinal resorbiert wird. In der Praxis zeigt sich aber, dass das Durstsättigungsgefühl sehr rasch nach dem Trinken einsetzt.

Durch den Trinkvorgang gelangt Wasser in den Bereich des Oropharynx, von wo sofort Nervenimpulse über den N. trigeminus an das SFO und weiter an den MnPO geleitet werden. Von dort weg werden der ACC/IC und damit das Durstgefühl rasch gehemmt [24]. Diese Trinkhemmung hält jedoch nur wenige Minuten an, ist aber unabhängig von der Tonizität der zugeführten Flüssigkeit und kann auch durch andere Reize wie Kälte ausgelöst werden [25]. Das lässt sich gut mit der Beobachtung vereinbaren, dass kalte Getränke den Durst rascher löschen als warme und dass evtl. auch Temperaturrezeptoren am Prozess der Durstsättigung innvolviert sind [5]. Danach gelangt die getrunkene Flüssigkeit rasch in den oberen Gastrointestinaltrakt. Dort kommt es zur Dehnung des Magens, aber vor allem zum Abfall der Osmolalität des Mageninhalts. Im Magen und Duodenum vorhandene Osmorezeptoren können den Abfall der Osmolalität detektieren und senden inhibitorische Nervensignale über den N. vagus letztendlich an das SFO. Von dort werden diese an den ACC/IC weitergeleitet und damit das Durstgefühl gehemmt. Umgekehrt führt die Verabreichung einer hyperosmotischen Lösung in den Magen zu einem starken Durstgefühl [26].

Insgesamt führen die präabsorptiven Signale aus Oropharynx und Magen nur passager zu einer Unterdrückung des Durstgefühls und sollen vor allem das Trinken inadäquat hoher Mengen verhindern. Interessant ist, dass auch die Sekretion von Vasopressin durch eine Änderung der Osmolalität im oberen Gastrointestinaltrakt stimuliert bzw. gehemmt wird, und das wiederum lange bevor sich die Serum-Osmolalität ändert [27].

Jedoch erst die postabsorptiven Signale, welche durch den Abfall der Serum-Osmolalität oder durch Stimulation von Dehnungsrezeptoren durch die Wiederherstellung des normalen Volumenstatus ausgelöst werden, führen zu einem anhaltenden Durstsättigungsgefühl.

Um die Homöostase des Wasserhaushalts aufrechtzuerhalten, muss auch bei einer Hypoosmolalität bzw. Hypervolämie gegenreguliert werden, indem ein Durstsättigungsgefühl auftritt.

Bei Hypoosmolalität kommt es neben der Suppression der Vasopressinsekretion auch zu einer Hemmung des Durstgefühls [28]. In der Hyponatriämie werden dazu aus dem SFO inhibitorische Signale an den MnPO übermittelt [10]. Zusätzlich wird bei Hypoosmolalität auch die Oxytocinsekretion gehemmt und damit die Natriurese reduziert sowie der Salzhunger erhöht [28].

Bei Hypervolämie kommt es zur vermehrten Sekretion von ANP [29]. ANP wirkt im SFO antidipsogen und hemmt zusätzlich den Salzhunger [30].

Der MnPO ist eine zentrale Integrationsstelle verschiedener Nervenimpulse aus den zentralen und peripheren Osmorezeptoren bzw. den Volumen- und Druckrezeptoren. Dort können die getrunkene Menge an Wasser (Signale aus dem Oropharynx), dessen Zusammensetzung (Signale aus dem oberen Gastrointestinaltrakt) und die Menge an Wasser, welches benötigt wird, um die Serum-Osmolalität zu normalisieren (aktuelle Serum-Osmo, Volumenrezeptoren), abgeschätzt werden und dementsprechend hemmende bzw. stimulierende Reize an das Durstzentrum weitergegeben werden [26].

Während das Trinken bei Durst ein sehr angenehmes Gefühl im Körper auslöst, führt ein über das physiologische Ausmaß hinausgehendes übermäßiges Trinken zu einem aversiven Zustand. Im Stadium der Durstsättigung führt also eine weitere Zufuhr an Wasser zu einem Missempfinden, damit das weitere Trinken effektiv gehemmt werden kann. Dieses Missempfinden hemmt die motorische Aktivität des Schluckens und kann nur durch eine willentliche Anstrengung überwunden werden, wie es bei bestimmten Formen der Polydipsie beobachtet werden kann [24, 31].

Antizipatorisches Trinken bei Nahrungsaufnahme (prandiales Trinken)

Durch die Aufnahme von festen Nahrungsbestandteilen gelangen osmotisch aktive Substanzen (vor allem Natrium) in den Körper. Flüssige natriumreiche Lösungen werden hingegen als unangenehm zu Trinken empfunden (wahrscheinlich über die Salzdetektion an der Zunge über den Natriumkanal ENaC) und sind keine typische Quelle für die Salzzufuhr [32]. Die Nahrungszufuhr hätte einen Anstieg der Serum-Osmolalität zur Folge, wenn nicht gleichzeitig getrunken werden würde. Es konnte beobachtet werden, dass es beim Menschen parallel zur Nahrungszufuhr sehr rasch zum Trinken kommt, ohne dass dazu Zeit bleiben würde, dass sich die Serum-Osmolalität ändert (prandiales Trinken). Es wird also antizipatorisch so viel getrunken, wie notwendig ist, damit die Serum-Osmolalität stabil bleibt. Die Mechanismen dafür dürften wie zuvor beschrieben über die Detektion der Osmolalität im oberen Gastrointestinaltrakt erfolgen und über den N. vagus an das SFO übermittelt werden [26, 27]. Parallel zur Durstinduktion führt die Nahrungszufuhr auch zur Stimulation der Vasopressinsekretion über den SON, um unnötige renale Wasserverluste zu vermeiden [33]. Zusätzlich können Hormone, welche durch Hunger oder Sättigungsfühl ausgeschüttet werden, das Durstgefühl beeinflussen (z. B. GLP‑1, Ghrelin, Cholezystokinin, Insulin, Leptin) [11].

Die Bedeutung dieses prandialen Trinkens kann auch umgekehrt betrachtet werden. Wird das Trinken unterbunden, kommt es auch zu einem Stopp der Nahrungszufuhr, ein Phänomen, das auch als dehydratationsbedingte Anorexie bezeichnet wird. Dieses Phänomen kann bei jungen Patienten mit Diabetes insipidus beobachtet werden [11]. Durch Blockade des SFO kann dieser Mechanismus unterbunden werden und es wird trotz fehlender Flüssigkeitszufuhr weiter gegessen [27].

Die oben beschriebenen Regulationsfaktoren betreffen vor allem die kurzfristige Regulation des Trinkverhaltens nach Natriumzufuhr. In der Langzeitregulation des Natrium- und Wasserhaushalts sind das RAAS, die Glukokortikoide, die Nierenfunktion in Kombination mit der Vasopressinaktivität und der Nahrungszufuhr von zentraler Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, dass im Langzeitexperiment eine höhere Natriumzufuhr nicht zu einer Steigerung der Trinkmenge, aber zu einer vermehrten Wasserretention führt [34, 35].

Zirkadianes Trinken

Der größte Teil der Trinkmenge wird über Tag zugeführt. Um in der Nacht nicht wach zu werden, um zu trinken, existieren verschiedene regulatorische Mechanismen. Nervenverbindungen aus dem suprachiasmatischen Kern (SCN), der „inneren Uhr“ des menschlichen Körpers, verlaufen zum OVLT. Vor der Nachtruhe wird das OVLT und damit das Durstgefühl stimuliert (zirkadianer Durst). Es wird daraufhin in etwa so viel Wasser getrunken, wie notwendig ist, um den nächtlichen Anstieg der Serum-Osmolalität durch Perspiration und Diurese (ca. 1–2 %) zu verhindern. Parallel dazu wird in der Nacht auch der SON über den SCN angeregt, Vasopressin zu sezernieren und damit eine Antidiurese zu induzieren. Beide Mechanismen bewirken eine ungestörte Nachtruhe, da das Wachwerden sowohl durch Durst als auch durch eine volle Harnblase unterdrückt werden [5, 36]. Bei chronischen Nierenerkrankungen sind die Mechanismen der Harnkonzentrierung gestört und es kommt trotz adäquater Vasopressinspiegel zu einer verminderten Wirkung von Vasopressin am Sammelrohr, was die Nykturie (oft relativ große Harnmengen) erklärt und wahrscheinlich auch die Neigung zu Muskelkrämpfen, wenn in der Nacht nicht zusätzlich getrunken wird.

Thermaler Durst

Auch eine Erhöhung der Körpertemperatur führt zu einem antizipatorischen Trinken, bevor es noch zu einer Änderung der Serum-Osmolalität kommt. Hierfür dürften vor allem temperatursensitive Neurone im präoptischen Areal (Lokalisation des „Thermostats“) verantwortlich sein, während periphere Thermosensoren eine geringere Rolle spielen dürften [1, 36, 37].

Salzhunger und Sättigung

Beim Verlust von Körperflüssigkeiten kommt es neben dem Verlust von Wasser auch zum Verlust von Natrium. Der Verlust natriumreicher Köperflüssigkeiten wie Blut, aber auch Dünndarminhalt bei Diarrhö, können dabei zu erheblichen Natriumverlusten führen, welche ebenfalls ausgeglichen werden müssen. Im Gegensatz zum Durstmechanismus, der sehr rasch einsetzt, setzt der Salzhunger mit einer deutlichen zeitlichen Verzögerung von Stunden (z. B. nach Auftreten einer Hypovolämie) ein. Dies ist wahrscheinlich u. a. darauf zurückzuführen, dass es im Körper Natriumreservoire gibt (v. a. in der Haut), welche Schwankungen im Natriumhaushalt durch die Aufnahme bzw. Abgabe von Natrium steuern können [38]. Der klassische Stimulus für die Steigerung der Natriumzufuhr ist die Hypovolämie. Durch die Aktivierung des Renin-Angiotensin Aldosteron-Systems wird der Appetit auf Salz stimuliert. Angiotensin II aktiviert dabei über den AT1a-Rezeptor-Neurone im SFO und OVLT; parallel dazu stimuliert Angiotensin II auch das Durstgefühl über das SFO [5]. Der Salzhunger wird aber nicht über den MnPO, sondern über den Kern des vorderen Teils der Stria terminalis (vBNST) vermittelt, die Verbindung zwischen SFO und vBNST erfolgt über sogenannte „Salzneurone“, ähnlich wie die Signalübermittlung aus dem SFO/OVLT an den MnPO zur Durststimulation über „Wasserneurone“ erfolgt [4].

Synergistisch dazu wirkt Aldosteron, welches über den NTS den Appetit auf Salz anregt. Im NTS sind sowohl der Mineralokortikoidrezeptor als auch die 11-Beta-Hydroxysteroiddehydrogenase lokalisiert, was eine spezifische Wirkung von Aldosteron wahrscheinlich macht [39]. Eine Inaktivierung der 11-Beta-Hydroxysteroiddehydrogenase führt dazu, dass das in viel höherer Konzentration vorliegende Cortisol den Mineralokortikoidrezpetor stimuliert und es dadurch zu einem vermehrten Salzappetit kommt [40]. Auch vom NTS gelangen Signale zum vBNST, um den Salzhunger zu initiieren [4]. Neben dem SFO und dem NTS ist auch die Area postrema (ebenfalls ein zirkumventrikuläres Organ) in der Vermittlung von Salzhunger involviert [4].

Die Regulation des Salzappetits ist aber nicht nur vom Volumenstatus, sondern auch von der Natriumkonzentration im Serum abhängig (siehe hypovolämischer Durst). AT II stimuliert nur die Natriumzufuhr, aber nicht das Durstgefühl bei einer hyponatriämischen Hypovolämie (über das SFO) [6]. Die Salzdetektion im SFO erfolgt dabei über NaX-Kanäle. Diese vermitteln auch eine Suppression des Salzappetits bei Hypernatriämie trotz bestehender Hypovolämie [6]. Auch bei Hypervolämie wird der Salzhunger ebenso wie das Durstgefühl, v. a. durch die Wirkung von ANP unterdrückt. Neben ANP wirken auch Serotonin und Oxytocin inhibierend auf die Salzzufuhr [4].

Auch für die Salzzufuhr gibt es einen Feed-forward-Mechanismus: Bei hoher Salzzufuhr gelangen Signale aus dem Oropharynx (u. a. ENaC der Zunge) an den NTS, welche an den vBNST weitergeleitet werden, um die Salzzufuhr zu hemmen [4]. Dies soll eine überschießende Salzzufuhr verhindern; Amilorid, ein Blocker des ENaC, kann im Tierversuch diesen Mechanismus inhibieren [41].

Es gibt auch eine Art von antizipatorische Erhöhung der Salzzufuhr: So konnte bereits 1 h nach starker körperlicher Betätigung eine erhöhte Salzzufuhr beobachtet werden [42].

Durst und Trinken in der klinischen Praxis

Sowohl ein inadäquat hohes als auch ein fehlendes Durstempfinden sind in der täglichen Praxis häufig zu sehen und können zu einer Störung des Wasserhaushalts führen, welche sich durch eine Dysnatriämie äußert.

Die zuvor beschriebenen Mechanismen zur Kontrolle der Salz- und Wasserzufuhr führen auch zur Stimulation vieler zentral gelegener Hirnstrukturen, welche für die höheren kognitiven Funktionen verantwortlich sind [43]. Dies bedeutet, dass höhere kognitive Funktionen das Trinkverhalten unabhängig von den basalen Mechanismen zur Messung des Natrium- und Wasserhaushalts beeinflussen können.

Eine Hypernatriämie tritt deshalb häufiger bei bewusstseinsgetrübten Patienten auf oder bei Menschen, welche aus anderen Ursachen nicht trinken können. Isolierte Störungen des Durstempfindens sind dagegen seltener. Eine Hyponatriämie ist die Folge einer inadäquaten Zufuhr von Wasser in Relation zu den täglichen Verlusten. Bei normaler Nierenfunktion ist eine extrem hohe Flüssigkeitszufuhr (> 15 L/Tag) notwendig, um eine Hyponatriämie zu induzieren. Besteht zusätzlich eine Störung der Harndilution (z. B. durch eine erhöhte Vasopressinsekretion), so können auch geringere Flüssigkeitsmengen zu einer Hyponatriämie führen.

Im Folgenden werden einige Beispiele angeführt, bei denen eine Veränderung des Durstempfindens eine praktische Relevanz hat.

Objektivierung des Durstempfindens

Durst ist ein extrem unangenehmes Gefühl, welches nach einer raschen Befriedigung verlangt. Dabei können die Faktoren Häufigkeit, Dauer und Intensität des Durstgefühls und das subjektive Missempfinden durch den Durst objektiviert werden. Für Studien wird dafür gerne eine Durst-Stress-Skala als Ausdruck dafür, wie sehr der Patient unter dem Durstgefühl leidet, oder eine visuelle Analogskala (VAS) (ähnlich der Schmerzskala: 0–10) zur Quantifikation verwendet ([44]; siehe Tab. 1 nach [45]).

Tab. 1 Objektivierung des Durstgefühls

Essen und Trinken – maximale Trinkmenge

Neben dem Trinken ist auch die Zufuhr an osmotisch aktiven Teilchen (v. a. Natrium, Protein-Harnstoff) wichtig für die Ausscheidung von Wasser über die Niere. Bei einer normalen Ernährung werden in etwa 800 mosmol an osmotischen Substanzen täglich zugeführt. Bei einer maximalen Harnverdünnung (keine Vasopressinwirkung) ist die minimale Harnosmolalität bei ca. 50 mosmol/kg. In dieser Konstellation können ca. 16 L Wasser zugeführt und renal eliminiert werden, ohne dass sich das Serum-Natrium ändert. Bei höherer Trinkmenge, aber vor allem bei geringerer Nahrungszufuhr, kommt es hingegen zu einer Störung der Wasserelimination und damit zu einer Hyponatriämie [46].

Bei extrem hoher Wasserzufuhr in kurzer Zeit, aber auch bei hoher Flüssigkeitszufuhr mit geringer Zufuhr an osmotisch aktiven Nahrungsbestandteilen z. B. im Rahmen der Vorbereitung für eine Koloskopie kann es zu schweren und zum Teil fatalen Wasserintoxikationen kommen [47, 48]. Beiden Situationen liegt jedoch zugrunde, dass das Durstsättigungsgefühl willentlich unterdrückt werden muss, um trotz sinkenden Serum-Natriums weiter Wasser zuführen zu können.

Primäre Polydipsie

Bei der primären Polydipsie unterscheidet man eine psychogene Polydipsie mit einer primär psychiatrischen Erkrankung als Ursache von einer dipsogenen Polydipsie, welcher eine Störung des hypothalamischen Durstzentrums zugrunde liegt, zu der aber auch die habituelle Polydipsie hinzugezählt wird [49].

Die Pathophysiologie der primären psychogenen Polydipsie ist multifaktoriell und weitestgehend unbekannt. Bis zu 20 % der Patienten mit Schizophrenie zeigen Symptome einer Polydipsie [50]. Bei akuten Psychosen kommt es u. a. wahrscheinlich auch durch eine vermehrte Ausschüttung von Dopamin zu einer Stimulation des Durstzentrums [51]. Die zusätzliche Ausschüttung von Vasopressin bei psychotischen Zuständen erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Hyponatriämie zu entwickeln, da dieses die renale Wasserelimination behindert. Bei nichtpsychotischen psychiatrischen Erkrankungen steht das zwanghafte Trinken im Vordergrund, was durch eine Absenkung der Durstschwelle und ein verzögertes Einsetzen des Durstsättigungsgefühl bedingt ist. Wahrscheinlich führt eine Störung des oropharyngealen Feedbacks zu einer höheren Zufuhr an Flüssigkeit in Relation zu den Bedürfnissen [51]. Andererseits kann das Trinken auch Teil einer Coping-Strategie sein.

Die dipsogene Polydipsie inkludiert neben dem verstärkten Durstempfinden bei Läsionen im Hypothalamus auch das habituelle Trinken, eine Verhaltensweise, bei der großen Mengen an Flüssigkeit absichtlich getrunken werden, ohne dass ein verstärktes Durstgefühl vorhanden sein muss, z. B. als subjektiver Ausdruck für einen gesunden Lebensstil. Bei der dipsogenen Polydipsie wurde eine Verschiebung der Durstschwelle hin zu niedrigeren Serum-Osmolalitäten beobachtet. Die Schwelle der Vasopressinsekretion bleibt dabei unverändert, was zur Folge haben kann, dass die Vasopressinsekretion erst bei Serum-Osmolalitäten über der Durstschwelle einsetzt [52]. Dieses Verhalten ist erworben und von verschiedenen psychosozialen Umständen begleitet. Bei Ausdauersportlern kann diese Veränderung des Trinkverhaltens fatale Folgen haben. Inadäquat hohe Trinkmengen während des Marathonlaufens in Kombination mit der stressbedingten Vasopressinsekretion kann zu schweren und sogar tödlichen Hyponatriämien führen [53]. Offensichtlich kommt es bei diesen Sportlern zu einer willentlichen Überwindung des physiologischen Durstsättigungsgefühls, ebenfalls eine Form der dipsogenen Polydipsie [31].

Die Folge der Polydipsie ist eine Polyurie (Harnmengen > 40–50 ml/kg/d) mit niedriger Harnosmolalität (< 150 mosmol/kg). Differenzialdiagnostisch muss natürlich eine Polydipsie als Folge einer Polyurie (sekundäre Polydipsie), wie sie beim Diabetes insipidus oder mellitus vorkommt, ausgeschlossen werden [49]. Die Verwendung eines Copeptin-basierten Tests hilft bei der Differenzialdiagnose der Polyurie [54].

Adipsogener Diabetes insipidus

Ein Diabetes insipidus ist definiert durch die fehlende Sekretion oder Wirkung von Vasopressin an der Niere. Die Folge ist eine Wasserdiurese mit maximal verdünntem Harn (Harn-Osmolalität < 150 mosmol/kg), welche je nach zugeführter Menge an osmotischen Substanzen zu Harnmengen von 10–15 L/Tag führt. Betroffene Patienten zeigen ein normales Serum-Natrium, solange sie ausreichend trinken. Nachdem das Durstzentrum von dieser Erkrankung in der Regel nicht befallen ist, sind Trinkmengen von bis zu 15–20 L am Tag bei normonatriämischen Patienten mit komplettem Diabetes insipidus centralis nicht ungewöhnlich. Nur wenn die Aufnahme von Wasser behindert ist, entwickeln die Patienten eine Hypernatriämie [55].

Eine sehr seltene Form des Diabetes insipidus, bei der durch eine Schädigung im Hypothalamus sowohl das Durstzentrum als auch die Stimulation der Vasopressinsekretion an der Hypophyse geschädigt sind, ist der adipsogene Diabetes insipidus. In diesen Fällen kommt es durch den Vasopressinmangel zur Polyurie und zum Anstieg des Serum-Natriums bis auf 165 mmol/L, ohne dass Durst empfunden wird. Die Barorezeptor-bedingte Stimulation des Durstgefühls muss nicht davon betroffen sein. Am häufigsten ist der adipsogene Diabetes insipidus nach Ruptur oder Clipping eines Aneurysmas der A. communis anterior zu beobachten, seltener bei Kraniopharyngeomen [56]. Therapeutisch benötigen diese Patienten neben Desmopressin auch ein fixes Trinkprotokoll unter tgl. Kontrolle des Körpergewichts. Auch bei Patienten mit Autoantikörper gegen das SFO wurden Hypernatriämien und Adipsie, jedoch ohne Polyurie, beobachtet [57].

Durstgefühl im Alter

Ältere Menschen haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Dehydratation, welches auf ein reduziertes Durstempfinden zurückgeführt wurde [58]. Bei genauer Untersuchung zeigte sich aber, dass das Durstempfinden zwischen jungen und älteren, gesunden, Menschen nicht unterschiedlich ist, aber ältere Menschen deutlich weniger Flüssigkeit zuführen, nachdem Durst durch die Infusion einer hypertonen Lösung, nach Hitzeexposition oder vermehrter körperlicher Tätigkeit angeregt wurde. Es besteht somit offensichtlich ein schnelleres Auftreten eines Durstsättigungsgefühls beim älteren Menschen, welches verhindern kann, dass adäquate Mengen getrunken werden. Es wird vermutet, dass die Übertragung von peripheren Signalen aus dem Oropharynx und Magen bei älteren Menschen beeinträchtigt sind und damit z. B. die zugeführte Menge an Wasser falsch eingeschätzt wird, was wiederum das Durstgefühl inadäquat hemmt [59]. Ein reduziertes Durstempfinden, aber mit erheblichen interindividuellen Schwankungen der osmotischen Durstschwelle, wurde hingegen bei älteren Patienten im Krankenhaus beobachtet; die osmotische Schwelle für die Vasopressinsekretion blieb dabei jedoch unverändert [3]. Diese Daten zeigen, dass das Durstgefühl oft mehr von den Komorbiditäten abhängt als vom Alter selbst.

Durst beim Syndrom der inadäquaten Antidiurese (SIAD)

Das SIAD ist eine Erkrankung mit übermäßiger Wasserretention in der Niere, welche zumeist, aber nicht immer, durch eine erhöhte Vasopressinsekretion verursacht wird. Die Vasopressinsekretion erfolgt dabei ohne einen der beiden physiologischen Stimuli durch eine Hyperosmolalität oder Hypovolämie [60]. Die Folge ist die Entwicklung einer Hyponatriämie, vor allem dann, wenn eine hohe Flüssigkeitsmenge zugeführt wird. Patienten mit SIAD haben ein ähnliches Trinkverhalten, Durstempfinden bzw. Trinkmenge wie gesunde Menschen. Im SIAD kommt es aber zu einer Verschiebung der Durstschwelle hin zu einer niedrigeren Serum-Osmolalität (um ca. 20 mosmol/kg); die dafür verantwortlichen Mechanismen sind nicht bekannt [61]. Eine ähnliche Verschiebung der Durstschwelle konnte auch bei Patienten mit Nebennierenrindeninsuffizienz und Glukokortikoidmangel beobachtet werden [62]. Beim Reset-Osmostat, einer Subform des SIAD, kommt es zu einer parallelen Schwellenverschiebung der Vasopressinsekretion und des Durstempfindens hin zu einer niedrigeren Serum-Osmolalität. Unterhalb dieser Schwelle besteht aber eine normale Regulation des Wasserhaushalts, sodass eine Steigerung der Trinkmenge, im Gegensatz zum klassischen SIAD, nicht zu einem weiteren Abfall des Serum-Natriums führt. Ein Reset-Osmostat kann typischerweise im letzten Schwangerschaftsdrittel beobachtet werden. Bei der essenziellen Hypernatriämie ist der Schwellenwert für die Vasopressinsekretion und das Durstgefühl zu höheren Serum-Osmolalitäten verschoben [63, 64]. Beim Reset-Osmostat sind die pathophysiologischen Mechanismen ebenfalls nicht bekannt; evtl. sind Störungen im Bereich der Osmosensoren dafür verantwortlich.

Es wird beim SIAD zwar in Relation zum niedrigen Serum-Natrium relativ zu viel getrunken, aber dennoch bleibt eine Regulation des Durstempfindens vorhanden, was ein weiteres Absinken des Serum-Natriums verhindert. Zusätzliche Faktoren, wie i.v. Infusionstherapie, das habituelle Trinkverhalten oder eine niedrige Zufuhr an osmotisch aktiven Substanzen mit der Nahrung sind meistens die Ursache für einen weiteren Abfall der Serum-Natriumkonzentration bei Patienten mit bekanntem SIAD.

Auch ein fixes Desmopressin-Therapieschema bei Patienten mit zentralem Diabetes insipidus kann bei einer hohen Trinkmenge zu schweren Hyponatriämien führen. Diese Situation entspricht einem exogenen-iatrogenen SIAD und kann bei bis zu 32 % der Patienten im Rahmen von ambulanten Kontrollen beobachtet werden. Wird hingegen ein Desmopressin-Escape-Therapieschema verwendet, sind hyponatriämische Episoden deutlich seltener (ca. 17 %); dabei wird der Patient aufgefordert, ein- oder mehrmals pro Woche die Einnahme von Desmopressin zu verzögern, bis eine Polyurie auftritt [65].

Durst bei Herzinsuffizienz

Patienten mit Herzinsuffizienz haben ein stärkeres Durstgefühl als gesunde Menschen, vor allem wenn ihnen eine Flüssigkeitsrestriktion verordnet wurde. Patienten, welche unter einem Durstgefühl leiden, trinken größere Flüssigkeitsmengen, benötigen höhere Diuretikadosierungen und fühlen sich in ihrer Leistungsfähigkeit stärker beeinträchtigt als Patienten mit geringerem Durstgefühl [66]. Das Durstgefühl kann auch mit dem Schweregrad des NYHA-Stadiums korrelieren [67]. Auch Patienten mit kardialer Dekompensation leiden unter einem stärkeren Durstgefühl, was das Ausmaß der Gewichtszunahme durch Flüssigkeitsretention sicherlich negativ beeinflusst [44].

Für die Ursachen des stärkeren Durstempfindens gibt es mehrere mögliche Mechanismen. Da die Serum-Natriumkonzentrationen in dieser Population im normalen bzw. eher niedrigen Bereich liegen, ist eine osmotische Stimulation des Durstzentrums unwahrscheinlich. Vielmehr dürften eine massive RAAS-Stimulation und eine Aktivierung der Barorezeptoren (Hypotonie) dafür verantwortlich gemacht werden, da das Durstempfinden mit dem NYHA-Stadium ansteigt. Auch die Assoziation zwischen Einnahme von RAAS-Blockern und niedrigerer Trinkmenge unterstützt diese Hypothese [68]. Durch die Herzinsuffizienz kommt es auch zu einer vermehrten Ausschüttung des antidipsogenen ANP. Theoretisch sollte deshalb auch die Einnahme von Neprilysin-Inhibitoren durch eine verlängerte Wirkung von ANP ebenfalls das Durstgefühl reduzieren; Studien dazu existieren jedoch nicht [66].

Durst bei Dialyse

Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz können die zugeführte Menge an Wasser nicht komplett ausscheiden. Die Folge ist eine Akkumulation von Wasser, welches über das verwendete Dialyseverfahren eliminiert werden muss. Sowohl die Hypervolämie per se als auch die rasche Ultrafiltration des überschüssigen Wassers sind mit einer erheblichen Mortalität und eingeschränkten Lebensqualität assoziiert. Die Therapie ist eine strenge Flüssigkeitsrestriktion, welche in der Praxis nicht von allen Patienten eingehalten werden kann. Was sind nun die wesentlichen Faktoren für eine inadäquat hohe Flüssigkeitszufuhr bei Dialysepatienten, welche sowohl mit normalem als auch reduziertem Serum-Natrium beobachtet werden kann? Es konnte gezeigt werden, dass mehr als 90 % der Dialysepatienten über ein unangenehmes Durstgefühl klagen [69]. Patienten, welche zwischen den Hämodialysebehandlungen als Ausdruck einer hohen Flüssigkeitszufuhr viel Gewicht zunehmen, hatten eine niedrigere osmotische Durstschwelle und eine höhere Trinkmenge bzw. ein stärkeres Durstempfinden nach einer Salzbelastung. Da Dialysepatienten auch Salz nicht adäquat eliminieren können, korreliert auch die Salzzufuhr mit dem Durstempfinden und der Trinkmenge. Zusätzlich dürften die häufig anzutreffende Mundtrockenheit und andere Kofaktoren wie Diabetes und Herzinsuffizienz das Durstempfinden von Dialysepatienten negativ beeinflussen [70]. Effektive therapeutische Maßnahmen zur Verminderung des Durstempfindens existieren bislang nicht.

Therapeutische Beeinflussung des Durstgefühls und Trinkverhaltens

Primäres Behandlungsziel ist es, die Ursache des gesteigerten Durstempfindens oder des inadäquaten Durstsättigungsgefühls zu behandeln. Da dies oft nicht möglich ist, wurden verschiedene Therapiemöglichkeiten evaluiert für eine symptomatische Therapie. Dabei wurden Substanzen wie Clozapin, Lithium und Risperidon vor allem bei psychogener Polydipsie, jedoch mit nur geringem bzw. wechselnden Erfolg, eingesetzt [49].

Andere Substanzen wie ATII-Rezeptorblocker und Opiatantagonisten wie Naltrexon, welche direkt in die Physiologie des Durstmechanismus eingreifen, wurden ebenfalls bei primärer Polydipsie eingesetzt, aber es existieren nur Fallberichte, jedoch keine prospektiven Studien, welche die Effektivität nachweisen konnten [71, 72].

Neue Erkenntnisse in den Pathomechanismen des Durstempfindens öffnen neue Wege in der Behandlung der Polydipsie: Glukagon-like Peptid 1 (GLP-1) wird nach einer Mahlzeit ausgeschüttet und führt zu einem Hungersättigungsgefühl. Dieser Effekt beschränkt sich aber nicht nur auf die Nahrungsaufnahme, sondern auch auf das Durstgefühl und Trinkverhalten. Rezeptoren für GLP‑1 sind in der Lamina terminalis exprimiert und hemmen das Durstgefühl nach Aktivierung [73]. Die Gabe eines GLP-1-Rezeptoragonisten kann das Durstgefühl bei gesunden Probanden reduzieren [74]. In einer prospektiven randomisierten Pilotstudie bei Patienten mit psychogener Polydipsie (ca. die Hälfte mit dipsogener Polydipsie) konnte gezeigt werden, dass Dulaglutid in einer dreiwöchigen Behandlungsphase effektiv das Durstgefühl reduziert sowie die Trink- und Harnmenge um 17 % bzw. 1000 ml/Tag reduziert [21]. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Effekt der GLP-1-Agonisten auch bei anderen Indikationen (Dialysepatienten, Herzinsuffizienz) nachweisbar ist.

Beim SIAD stellen neben der Flüssigkeitsrestriktion und der Steigerung der Zufuhr an osmotischen Substanzen z. B. mit Harnstoff, die Therapie mit SGLT-2-Hemmern und Vasopressin-2-Rezeptorantagonisten neuere Behandlungsoptionen dar. SGLT-2-Inhibitoren induzieren über eine osmotische Diurese einen Verlust an freiem Wasser, sind aber auch bei einem Teil der Patienten mit einem erhöhten Durstgefühl assoziiert [75]. Im Tierversuch bei nichtdiabetischen Ratten führt die Verabreichung eines SGLT-2-Inhibitors zu einer kompensatorischen Erhöhung der Trinkmenge und stabilem Wasserhaushalt [76]. In einer klinischen Studie konnte hingegen ein positiver Effekt von 4 Tagen Behandlung mit Empaglifozin + Flüssigkeitsrestriktion auf den Serum-Natriumspiegel bei unterschiedlichen Formen des SIAD beobachtet werden. In dieser Untersuchung (unter Flüssigkeitsrestriktion in beiden Gruppen) war der Anteil an Patienten, welche ein Durstgefühl entwickelten, nicht unterschiedlich (ca. 40 %) [77]. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine längere Behandlungsdauer mit SGLT-2-Inhibitoren durch die Induktion des Durstgefühls den positiven Effekt auf das Serum-Natrium abschwächt.

Auch Tolvaptan wird in Langzeitbehandlung des SIAD eingesetzt. Während eine zu rasche Korrektur der Hyponatriämie in der Initialphase häufig zu beobachten ist, kommt es in der Langzeitanwendung nur zu relativ wenigen Nebenwirkungen wie vermehrtem Durstgefühl (ca. 2 %) [78].

Es bleibt aber zu beachten, dass bei einer Störung des Durstempfindens sowohl SGLT-2-Inhibitoren als auch Vaptane zu schweren Hypernatriämien führen können [79, 80].

Neben Tolvaptan sind auch erste Erfahrungen zur Behandlung des SIAD mit einem Apelin-Agonisten publiziert worden [81]. Apelin kann in Bezug auf den Wasserhaushalt als Gegenspieler zum Vasopressin bezeichnet werden. Es wird bei Hyperosmolalität supprimiert, bei Hypoosomolalität vermehrt sezerniert (SON und PVH) und hemmt zusätzlich die AQP2-Expression im renalen Sammelrohr. Durch die Gabe eines Apelin-Agonisten konnte bei Ratten mit SIAD das Serum-Natrium effektiv angehoben werden; im Gegensatz zu Tolvaptan war bei den mit Apelin behandelten Tieren die Trinkmenge etwas geringer, was einen hemmenden Einfluss auf das Durstgefühl vermuten lässt [81]. Apelin könnte auch ein Faktor bei Patienten mit primärer Polydipsie sein, da im Vergleich zu gesunden Probanden bei primärer Polydipsie niedrigere Apelinkonzentrationen im Blut gemessen werden [82].

Auch der Einfluss der Verabreichung von isotonen Flüssigkeitslösungen auf das Durstgefühl und das Risiko zur Entwicklung einer Hypernatriämie darf nicht unterschätzt werden. In der Praxis werden Verluste von hypotonen Lösungen oft durch isotone Flüssigkeiten ersetzt. Durch die renale Regulation (Harnkonzentrierung) und durch Trinken müssen die in Relation hypertonen infundierten Lösungen ausgeglichen werden, um eine Hypernatriämie zu verhindern. Wird durch die Infusionstherapie eine Hypervolämie induziert, so kann evtl. das Durstgefühl (vor allem durch die Stimulation von ANP) abgeschwächt werden, und es kann sich möglicherweise leichter eine Hypernatriämie entwickeln [3, 83].

Für die Praxis

  • Bei allen Patienten mit Hypo- oder Hypernatriämie sollten das Trinkverhalten und das Durstgefühl evaluiert werden.

  • Bei Hyponatriämien ist die Trinkmenge der entscheidende Faktor sowohl für das Auftreten als auch für den Schweregrad der Hyponatriämie. Zusätzlich kann durch die Messung der Harnosmolalität im 24-h-Harn die tgl. zugeführte Menge an osmotischen Teilchen gemessen werden und damit die mangelnde Zufuhr an Eiweiß bzw. Natrium als Kofaktor der Hyponatriämie abgeschätzt werden. Während der Durstversuch primär zur Differenzialdiagnose des Diabetes insipidus herangezogen wird, kann auch die individuelle Durstschwelle damit annäherungsweise bestimmt werden. Dies kann auch nach der i.v. Gabe von NaCl 3 % oder hypotonen Lösungen (Glukose 5 %) bestimmt werden. Im Verlauf der Behandlung von Patienten mit Hyponatriämie können durch tgl. Gewichtskontrolle und Messung der Harnosmolalität die Wasserbilanz und die Aktivität von Vasopressin näherungsweise erhoben werden.

  • Obwohl in der Presse oft propagiert wird, dass viel Trinken wichtig für die Gesundheit ist, sollte dennoch bedacht werden, dass es bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. Erkrankungen des Durstzentrums heute, wie schon in den letzten 10.000 Jahren, ausreichend und physiologisch ist, nur zu trinken, wenn man Durst empfindet.

  • Eine Hypernatriämie entsteht, wenn laufende Verluste von Wasser nicht ersetzt werden können. Als Hauptrisikofaktoren dafür sind der fehlende Zugang zu Wasser durch Immobilität, Schluckstörung oder eine Bewusstseinsstörung bei schwerer Erkrankung anzusehen. Eine Störung des Durstzentrums bei ansonsten vigilanten Patienten ist hingegen sehr selten anzutreffen. Im Rahmen der Anamneseerhebung sollte das vorhandene Durstgefühl erfragt werden, da es gut mit der Serum-Osmolalität korreliert und sich damit unterscheiden lässt, ob der Zugang zu Wasser oder eine Störung des Durstzentrums die Ursache für die Hypernatriämie ist. Bei Patienten mit fehlendem Durstmechanismus oder der fehlenden Möglichkeit, selbstständig zu trinken, muss der behandelnde Arzt zum Durstzentrum des Patienten werden [84].