Eine Typologie der Motive Dauernachtdienst tritt bis in die jüngste Vergangenheit als Arbeitszeitmodell in der Pflege in Erscheinung. Dabei sind die Gründe, die in den Dauernachtdienst hinein und aus diesem heraus führen, vielfältig. Fach- und Führungskräfte im Pflegemanagement und im betrieblichen Gesundheitsmanagement sind gefragt, gesundheitsförderliche Strukturen zu schaffen.

Ein besonderes Arbeitszeitmodell - für und wider

Es existieren verschiedene Motive, die zum Ergreifen einer Tätigkeit im Dauernachtdienst führen. Sie reichen von finanziellen Aspekten über die Möglichkeit, den Beruf trotz familiärer Verantwortung oder Weiterbildungsvorhaben weiterhin auszuüben, sich durch die Tätigkeit beruflich zu verbessern, selbstständig arbeiten zu können bis hin zu einer generellen Vorliebe für Nachtarbeit.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellt einen prominenten Grund dar. Das Arbeitszeitmodell wird dabei gewählt, um der in der Familie zugewiesenen Verantwortung zur Erfüllung der Familienaufgaben gerecht zu werden oder eine lückenlose Betreuung der Kinder trotz Arbeit sicherzustellen. Bemerkenswert ist hierbei die Sonderrolle der Frau, welche scheinbar vor der Herausforderung steht, möglichst unkompliziert Beruf und Familie zu vereinbaren. Mit dieser Funktion steigt allerdings das Potenzial gesundheitlicher Belastungen im Dauernachtdienst. Infolge einer möglichst unkomplizierten Vereinbarung beider Rollen können auftretende Belastungen von außen nicht realitätsgetreu wahrgenommen werden, woraus eine Minimierung an Erholungszeit resultieren kann. Die weiteren Gründe für eine Tätigkeit im Dauernachtdienst können dabei in primäre (z.B. eine flankierende Weiterqualifikationsmaßnahme) und sekundäre (z.B. die persönliche Affinität zur Arbeit in der Nacht) unterschieden werden. Somit existieren Motive, welche den Eintritt vordergründig bedingen, während andere einen bestehenden Entschluss lediglich bestärken. Eintrittsüberlegungen sind somit multikausal.

Ein (besseres) Stellenangebot, eine Veränderung der Lebenssituation sowie das Bedürfnis nach Weiterentwicklung, nach neuen Aufgaben, der Arbeit in einem Team oder schlicht nach "Normalität" sind prominente Gründe, die zu einem Ausstieg aus einer Tätigkeit im Dauernachtdienst führen können. Im Gegensatz zu den Gründen für den Eintritt sind diese nicht multikausal, sodass der Austritt auch nur auf einen Grund zurückzuführen sein kann. Dies ist beispielsweise bei einem verpflichtenden Wechsel, das heißt einer externen Weisung des Arbeitgebers, der Fall. Die unterschiedlichen Schichtdienstmodelle und deren gesundheitliche Auswirkungen sollten unbedingt bereits im Rahmen von Ausbildung und Studium thematisiert werden. Welche Punkte bei der Entscheidung für oder gegen die Arbeit im Nachtdienst zu beachten sind, zeigt eine ausführliche Checkliste (e-only).

Typen von Pflegenden im Dauernachtdienst

Pflegende, die im Dauernachtdienst arbeiten bzw. gearbeitet haben, können anhand einer Typologie beschrieben werden (Tab. 1).

Table 1 Tab. 1: Typologische Analyse der Motive für den Eintritt bzw. die Aufgabe einer Tätigkeit in permanenter Nachtarbeit

Die Arbeit im Dauernachtdienst geht mit gesundheitlichen Belastungen einher. Dabei kann das Schichtdienstmodell auch Veränderungen des Habitus herbeiführen. Selbst Pflegende, die auf eine feste Verankerung gesundheitsförderlicher Strategien in der Alltagsgestaltung zurückblicken, laufen Gefahr gesundheitsschädigende Verhaltensweisen angesichts der Arbeit im permanenten Nachtdienst zu übernehmen. So kann beispielsweise der Griff zu Schlafmedikamenten oder eine soziale Isolation die Folge sein.

Pflegende, die im Dauernachtdienst arbeiten, zählen zu einer Hochrisikogruppe für durch Arbeitsbedingungen erworbene physische, psychische und soziale gesundheitliche Belastungen (Schmal 2019, S. 29-50). Daher gilt es im innerbetrieblichen (Gesundheits-)Management Strukturen zu schaffen, die geeignet sind, gesundheitliche Belastungen abzuwehren oder zumindest abzumildern. Auf politischer Ebene bedarf es einer klaren Positionierung für Pflegende, die ihre Arbeit im Rahmen eines gesamtgesellschaftlichen Auftrags erbringen und dabei einen unbezahlbaren Preis bezahlen: ihre Gesundheit. Dringend muss die Wissenschaft und Forschung dahingehend gestärkt und gefördert werden, evidenzbasierte und in Leitlinien konsentierte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zur Nacht- und Schichtdienstplangestaltung für die Verantwortlichen in der Planung bereitzuhalten.

Die bestehende Typologie kann bei Personalentscheidungen und zur Etablierung betrieblicher Strukturen zur Gesundheitsförderung behilflich sein. Die Lebenswelt Pflegender im Dauernachtdienst unterscheidet sich in hohem Maße von der einer rhythmisierten und mit den äußeren Zeitgebern synchronisierten Arbeitswelt. Anerkennung und Wertschätzung ersetzen zwar keine monetären und nicht-monetären Zuwendungen, sind aber ein essentieller erster Schritt.

Literatur

  • Afentakis A. (2009) Krankenpflege - Berufsbelastung und Arbeitsbedingungen. Statistisches Bundesamt. Destatis 18. August 2009.

  • Schmal J (2015) Ausgeschlafen? Gesund bleiben im Schichtdienst für Gesundheitsberufe. Springer, Berlin Heidelberg

  • Schmal J (2019) Dauernachtdienst in der Pflege. Gründe für das Ergreifen, den Verbleib und die Aufgabe. Springer, Berlin Heidelberg

  • Simon M, Tackenberg P, Hasselhorn HM, Kümmerling A, Büscher A, Müller BH (2005) Auswertungen der ersten Befragung der NEXT-Studie in Deutschland. Universität Wuppertal. www.next.uni-wuppertal.de (Zugriff am 24.06.2019)

Die Checkliste "Dauernachtdienst - was ist zu beachten" erhalten Sie online und im eMag der PflegeZeitschrift.