Das Aufladen von Elektrofahrzeugen durch Roboter ist ein wichtiger Entwicklungsschwerpunkt in der Automobilindustrie, da sich dadurch der Ladeablauf bequemer und effizienter gestalten lässt. Ferchau hat zusammengestellt, welche Wege aktuell verfolgt werden, wo die jeweiligen Vorteile liegen und welche Herausforderungen sich bei der Umsetzung stellen.

Der Ladevorgang an einer öffentlichen Schnellladestation birgt einige kleinere Hürden und Herausforderungen - der Ladesäulenstecker muss zum Fahrzeug passen, zudem müssen die Nutzer für das Bezahlen über die richtige Ladekarte oder App verfügen. Doch insgesamt ist die Handhabung stark an die Tankvorgänge von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor angelehnt: Man öffnet eine Tankklappe, führt den Ladestecker wie eine Zapfpistole ein und startet den Stromfluss. Ist die Batterie geladen oder beendet der Fahrer das Laden vorzeitig, endet die Energieübertragung und der Stecker lässt sich wieder abziehen.

Doch Fahrzeughersteller forschen intensiv daran, diesen Prozess zu automatisieren. Das Einstecken des Ladekabels sowie das Abziehen nach Beendigung des Ladens soll dann ein Roboter übernehmen - zum Beispiel ähnlich den aus Fertigungsstraßen bekannten Industrierobotern. Denn mit robotischer Unterstützung ließen sich gleich mehrere Nachteile und Engpässe beim Laden von Elektrofahrzeugen beheben. Werden Parkhäuser stärker von E-Fahrzeugen frequentiert, stößt das bisher übliche Angebot an Stellplätzen mit Lademöglichkeit an seine Grenzen. Eine Alternative könnte zum Beispiel so aussehen: Der Fahrer meldet beim Abstellen des Fahrzeugs seinen Ladewunsch per App an, möglicherweise kommuniziert das E-Fahrzeug auch eigenständig mit dem Parkhaus-Kontrollsystem. Eine Flotte autonomer Laderoboter fährt auf den Parkflächen umher, einer davon bewegt sich zum nächsten für das Aufladen vorgesehenen Fahrzeug. Dort steckt er sein Ladekabel an und speist die Hochvoltbatterie des Fahrzeugs aus seinen Energiespeichern. Gehen die Energiespeicher der Laderoboter ihrerseits zur Neige, tanken sie an einer zentralen Ladestation im Parkhaus nach.

Für Ladeparks an Autobahnraststätten oder in Industriegebieten könnte ein etwas anderes Modell verfolgt werden: Sind hier bei Ankunft eines zu ladenden E-Fahrzeugs alle Ladepunkte besetzt, könnte der Fahrer sein Fahrzeug einfach in einer Warteschlange abstellen. Die robotische Ladeeinrichtung, gegebenenfalls kombiniert mit einem hochautomatisierten Rangierbetrieb des Fahrzeugs, sorgt dann dafür, dass es geladen wird, sobald es an der Reihe ist.

Zu diesen logistischen Vorteilen kommt hinzu, dass Roboter das Laden für die Fahrer deutlich komfortabler machen. Die Handhabung sperriger und schmutziger Ladekabel entfällt, Bild 1, perspektivisch wird auch der Einsatz schwererer Kabel etwa mit Flüssigkeitskühlung und/oder größeren Kabelquerschnitten ermöglicht. Dies wiederum begünstigt die Steigerung der Ladestromstärken.

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Der Unterschied zwischen dem manuellen Laden heute (links) und dem automatisierten Laden (rechts). In den Varianten 1 und 3: Kontakt in Richtung Fahrzeug (von der Ladesäule kommend) und in den Varianten 2 und 4: Kontakt vom Fahrzeug in Richtung Bodenplatte beziehungsweise Ladesäule (vom Fahrzeug kommend) (EVSE: Electric Vehicle Supply Equipment, Ladeeinrichtung) (© Ferchau | CharIN e. V.)

Herausforderungen Detektion und Positionierung

Die laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekte verdeutlichen allerdings, wo es beim autonomen Aufladen noch Herausforderungen gibt. Dies gilt insbesondere für die Detektion des Ladeanschlusses und die Automatisierung des Ladevorgangs - vom mechanischen Öffnen der Ladeklappe bis hin zum positionsgenauen Einstecken des Ladesteckers in die Fahrzeugbuchse. Im Rahmen des Forschungsprojekts KoMoT (Komfortable Mobilität mittels Technologieintegration) wurde ein automatisiertes kabelgebundenes Robotersystem zum Aufladen von Elektrofahrzeugen auf Basis des CCS-Schnellladesteckers entwickelt. Es gelang, dass die roboterbasierte Ladestation mehrere Fahrzeuge hintereinander selbstständig elektrisch auflud, ohne dass die Fahrzeuge dafür speziell adaptiert werden mussten. Als größte Herausforderung erwies sich dabei die Positionierung des Ladesteckers relativ zum Fahrzeug. Die Forscher setzten auf eine kamerabasierte Erkennung und Positionierung. Dadurch schaffte es das System, verschiedene Elektrofahrzeuge aufzuladen, die nacheinander in die Ladestation einfuhren - auch wenn die Fahrzeuge nicht exakt auf ihrer Stellfläche ausgerichtet waren. Diese bewusst herbeigeführten Hürden sind aus Sicht des Systems Fehlstellungen, wie sie bei unterschiedlichen Lichtbedingungen, etwa in einem Gebäude sowie im Freien, vorkommen. Dies sollte möglichst ein praxisnahes Laden simulieren.

Auch die VW-Tochter Volkswagen Group Components hat bereits einen Prototyp für eine autonome Ladelösung entwickelt. Sie soll auf Parkplätzen in Tiefgaragen zum Einsatz kommen und setzt dabei auf einen in begrenztem Radius selbstfahrenden, kastenförmigen Roboter, der die Ladeenergie aus einem separaten, ebenfalls mobilen Energiespeichersystem bezieht. Neben dem Vorteil, Ladeservices für mehr Fahrzeuge anbieten zu können, verspricht dieses Konzept auch geringere Investitionskosten im Vergleich zur Einrichtung einer Vielzahl klassischer Ladeplätze. Neben den europäischen Automobilherstellern arbeiten auch andere Hersteller wie Tesla (USA) oder Aiways (China) an robotergestützten Ladelösungen.

Daneben gibt es noch weitere Entwicklungsansätze - beispielsweise zur Positionierung automatischer Einstecksysteme für das Ladekabel am Fahrzeug. So käme auch eine Markierung des Ladeanschlusses über optische Label oder von LEDs erzeugten Lichtpunkten infrage, womit sich die kameragesteuerte Positionierung unterstützen und somit verbessern ließe. Denkbar sind gegebenenfalls auch neue Positionen für die Ladebuchse am Fahrzeug, wie im Unterboden nahe an der Einbauposition der Hochvoltbatterie (Automatic Connection Device-Underbody, ACD-U), Bild 2. Das böte die Gelegenheit, die Wärmeentwicklung im Fahrzeug während des Ladens wesentlich zu verringern - was auch zu höheren Ladeleistungen und somit effizienterem Laden beitragen könnte.

Bild 2
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Übersicht der wichtigsten Konzepte in der Standardisierung für das Roboterladen (SECC: Supply Equipment Communication Controller, Kommunikations-Steuereinheit der Ladesäule; EVCC: Electric Vehicle Communication Controller, Kommunikations-Steuereinheit des Fahrzeugs) (© Ferchau | CharIN e. V.)

Bleibt der Ladeanschluss wie heute üblich an der Fahrzeugseite, hat sich in der Branche dafür die Bezeichnung ACD-S (Automatic Connection Device-Sidecoupler) etabliert. Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass der für das automatische Laden genutzte Anschluss auch weiterhin für manuelles Laden zur Verfügung steht.

Neben der Variante, dass die Robotik in die Ladeeinrichtung (Electric Vehicle Supply Equipment, EVSE) integriert wird, ist es grundsätzlich auch vorstellbar, den mechanischen Kontakt durch das Fahrzeug zu initiieren. Da das jedoch den Aufwand für die notwendigen Zusatzsysteme im Fahrzeug deutlich erhöhen würde, wird meistens bevorzugt, die Robotik aufseiten der Ladeeinrichtung zu realisieren.

Standardisierung der Ladetechnik

Im Rahmen ihrer laufenden Aktivitäten zur Standardisierung der Ladeinfrastruktur, etwa bei der International Electrotechnical Commission (IEC) und der International Organization for Standardization (ISO), diskutieren die Vertreter der Automobilindustrie auch diese Aspekte. Angedachte Lösungen zur Unterstützung der optischen oder elektronischen Detektion des Ladeanschlusses müssen dabei auch berücksichtigen, ob und in welchem Umfang Bestandsfahrzeuge aus- beziehungsweise nachgerüstet werden können. Als sinnvoll erscheint, dass die Ladesysteme als Rückfalllösung auf eine unpräzisere, aber ohne Markierungselemente auskommende Erkennung zurückgreifen könnten.

Allerdings stehen die Standardisierungsaktivitäten noch am Anfang, Bild 3. Ihre Zielsetzung ist aber auf jeden Fall, einen Konsens zwischen möglichst allen Fahrzeugherstellern zu finden, der auf dem neuesten Stand der Technik basiert. Dabei gilt es auch, die Intelligenz der Infrastruktur und somit vor allem der Roboter zu erhöhen. Denn eine wichtige Anforderung an künftige roboterbasierte Ladelösungen ist nicht zuletzt die zuverlässige Erkennung von Hindernissen wie Gegenständen und insbesondere Personen oder Tieren im Bewegungsradius des Robotersystems. Dies erfordert ein intelligentes Zusammenspiel aus der Auswertung von Sensordaten und der Bewegungssteuerung der Laderoboter.

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Roadmap und wichtige Standardisierungsinitiativen für das Roboterladen (© Ferchau | CharIN e. V.)

Auch wenn Branchenkenner davon ausgehen, dass es noch drei bis fünf Jahre dauern dürfte, bevor autonome Ladesysteme in größerer Zahl auf den Markt kommen, bietet das Konzept noch viele weitere Vorteile: Gegenüber konventionellem Tanken ist es nicht mehr notwendig, sich eine Zapfsäulennummer einzuprägen - und die Zeit für eine Authentifizierung per App oder Ladekarte entfällt ebenso wie mögliches Warten an der Tankstellenkasse. Somit haben autonome, robotergestützte Ladesysteme das Potenzial, mehrere Problempunkte alternativer Mobilitätskonzepte zu lösen oder zumindest zu verbessern.

Automatisierte Abrechnung

Einen Wegbereiter für das automatisierte Laden vor allem im öffentlichen und halböffentlichen Bereich stellt auch das Verfahren Plug and Charge (PnC) dar. Hier ist der Reifegrad bezüglich der Standardisierung sehr hoch. Grundlage sind die DIN 70121 und die ISO 15118. PnC wird bereits in einigen öffentlichen Ladenetzen erfolgreich umgesetzt. Dabei spielt die Kommunikation mit dem Fahrzeug die Hauptrolle, da insbesondere die Authentifizierung und anschließende Abrechnung basierend auf Zertifikaten automatisiert abläuft, Bild 4. Auf diese Weise lässt sich die bislang zeitaufwendige Handhabung mit Auswahl einer passenden Bezahlvariante vollständig ersetzen. Für die Datenkommunikation zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur kommen verschiedene Übertragungstechniken infrage: etwa der Datenaustausch über das Ladekabel oder kabellos beispielsweise per WLAN-Verbindung.

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Plug and Charge basiert auf dem Austausch digitaler Zertifikate zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur (© Ferchau | CharIN e. V.)

Bidirektionales Laden

Ein weiterer Entwicklungsbaustein ist das bidirektionale Laden - der Rückfluss von Energie aus der Hochvoltbatterie des Fahrzeugs. Direkter Nutzen ist, dass sich Elektrofahrzeuge auch als Energiequelle in einem autarken Stromnetz verwenden lassen. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von einer Beleuchtung bei Nachtarbeiten oder dem Betrieb eines Elektrokochers beim Camping bis hin zum kompletten Hausstromnetz. Weitere Szenarien sind denkbar, beispielsweise die Einspeisung zwischengespeicherter Energie in das Stromnetz im Rahmen eines sogenannten Smart-Grid-Ansatzes.

Insgesamt wäre damit die Voraussetzung für ein netzdienliches Laden gegeben: Die Hochvoltbatterien von Elektrofahrzeugen werden zu Pufferspeichern, um einerseits Regelenergie für ein Stromnetz bereitzustellen und dadurch das dezentrale Energieversorgungskonzept zu unterstützen. Andererseits können sie auch kurzfristige Lastspitzen im Netz abfedern (Peak Shaving). Der praktische Anwendungsfall könnte dann zum Beispiel so aussehen, dass die Fahrzeugbatterie zur netzdienlichen Nutzung geladen und entladen wird, wobei die Steuerung sicherstellt, dass die Fahrzeugbatterie bis zu einer gewünschten Abfahrtszeit wieder einen gewünschten Ladezustand erreicht.

Nicht zu vernachlässigen ist dabei auch der wirtschaftliche Aspekt. So könnte ein Nutzer sein Elektrofahrzeug beispielsweise mit Solarenergie aus seiner eigenen Photovoltaikanlage aufladen und diese Energie zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend verkaufen. Denkbar sind sogar Modelle, bei denen der Nutzer zum Zeitpunkt von Lastspitzen selbst dann noch einen Gewinn erzielt, wenn er zum Laden Netzstrom genutzt hat, den er zum normalen (oder gegebenenfalls zur Förderung der E-Mobilität vergünstigen) Preis eingekauft hat.

Zusammenfassung und Ausblick

Das robotergesteuerte Laden, die automatisierte Abrechnung und auch der bidirektionale Energietransfer zwischen Fahrzeug und Stromnetz sind einige der wichtigsten Trends bei aktuellen und zukünftigen Ladefunktionalitäten. Auch bei Ferchau Automotive wurde und wird daran geforscht, entwickelt und gearbeitet. Die beschriebenen Funktionalitäten werden Komfort, Akzeptanz und Verbreitung des elektrischen Fahrens maßgeblich verbessern. Bestehende Vorbehalte könnten so immer weiter abgebaut werden, womit die beschriebenen Entwicklungen einen wichtigen Beitrag auch zur Reduzierung von CO2-Emissionen leisten.