Ein neues, zukunftsweisendes Trocknerkonzept bringt bei der Serienlackierung von Fahrzeugkarosserien die Anforderungen der Automobilindustrie hinsichtlich Flexibilität, Effizienz, Prozesssicherheit und Lackierqualität unter einen Hut. Gleichzeitig ermöglicht es signifikante Einsparungen bei den Investitions- und Betriebskosten.

Veränderte Kundenwünsche, fortschreitende Digitalisierung, der weiter zunehmende Einsatz von Leichtbautechnologien, schnelle Modellwechsel, global ausgerichtete Fertigungsstrategien, anspruchsvolle Qualitätsanforderungen und hoher Kostendruck — Herausforderungen, die bei der Serienlackierung von Fahrzeugkarosserien innovative Lösungen erforderlich machen. Davon betroffen ist auch der energieintensive Prozess der Lacktrocknung, der ein enormes Optimierungs- und Einsparpotenzial bietet. Diese Reserven hat der Anlagenbauer Eisenmann mit dem zukunftsweisenden Smart Oven verfügbar gemacht. Das Ziel war ein flexibleres, effizienteres und kostengünstigeres Trocknerkonzept, das außerdem in den Smart Paint Shop integrierbar ist

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Das zukunftsweisende Trocknerkonzept setzt bei der Serienlackierung von Karosserien neue Maßstäbe hinsichtlich Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Prozesssicherheit und Lackierqualität.

An verschiedene Karosserietypen anpassbar

Modellvielfalt, der aus dem Leichtbau resultierende Materialmix sowie veränderte Fertigungstechnologien, wie beispielsweise Kleben statt Schweißen, erfordern, dass die Trocknung an die jeweilige Karosserie angepasst werden kann. Und das unabhängig davon, ob es sich um die eines Cabriolets, eines SUV, einer Limousine oder eines Elektrofahrzeugs handelt. Um diese Flexibilität zu bieten, ist der Smart Oven mit Schwenkdüsen ausgestattet. Sie bewegen sich nach oben und unten, wodurch Temperatur und Luftströme optimal an verschiedene Karosserietypen und -bereiche angepasst werden können.

Dadurch lässt sich beispielsweise bei Elektrofahrzeugen sicherstellen, dass die erhöhte Materialstärke im Schwellerbereich ebenso bedarfsgerecht aufgeheizt wird wie Bereiche, in denen Substrate mit nur geringer Materialstärke verbaut sind. Diese Art der Karosserietrocknung sorgt daher auch beim Einsatz von Materialkombinationen und neuen Fügeverfahren für eine hohe Prozesssicherheit und -qualität.

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Durch die integrierte Beheizung benötigt der Trockner weniger Produktionsfläche und ermöglicht auch Einsparungen bei der konstruktiven Ausführung.

Skidloser Transport erhöht Flexibilität und Qualität

In Kombination mit dem ebenfalls neuen, modularen Fördersystem VarioLoc, das die Karosserien skidlos durch die Lackiererei transportiert, lässt sich diese Flexibilität noch weiter erhöhen. Die VarioLoc kann mit der ihr zugeordneten Karosserie die komplette Lackiererei durchfahren und je nach Prozessschritt ihre Geschwindigkeit anpassen. Taktzeiten und Durchsatz lassen sich auf diese Weise flexibel gestalten und optimieren.

Die VarioLocs fahren auf einer Schiene unter dem Trockner hindurch und sind zum Trocknertunnel hin abgedichtet. Im Gegensatz zur klassischen Skidfördertechnik benötigt die VarioLoc im Trockner keinerlei Schmierstoffe, was zu einer verbesserten Trockenqualität beiträgt und den Reinigungsaufwand reduziert. Vor allem aber sorgt das Fördersystem für erhebliche Energieeinsparungen, weil keine Skids aufgeheizt und abgekühlt werden müssen.

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Das skidlose Fördersystem VarioLoc ermöglicht die Anpassung der Transportgeschwindigkeit an den jeweiligen Prozessschritt und sorgt für hohe Energieeinsparungen.

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Temperatur und Luftströme lassen sich durch Schwenkdüsen optimal an verschiedene Karosserietypen und -bereiche anpassen. Dies stellt die bedarfsgerechte Aufheizung entsprechend der jeweiligen Materialstärke sicher.

Integrierte Prozessüberwachung verringert Ausschuss

Eine in den Trockner integrierbare Wärmebildkamera ermöglicht, die Oberflächentemperatur der Karosserie nach der Aufheizzone und in weiteren Trocknerbereichen zu messen und mit einem typenspezifischen Soll-Temperaturmodell abzugleichen. Bei Abweichungen vom Sollwert wird eine Störmeldung ausgegeben, so dass sofort reagiert und Ausschuss vermieden werden kann. So können die üblichen, regelmäßigen Temperaturoptimierungen mittels einer Messkarosse entfallen. Diese musste bisher, mit verschiedenen Temperaturfühlern ausgestattet, den Trockner immer wieder durchfahren. Im Zusammenspiel mit der VarioLoc ist es darüber hinaus möglich, dass die betreffende Karosserie zurückfährt und so lange vor der Düse verweilt, bis die Solltemperatur erreicht ist.

Lastabhängiger Betrieb senkt Kosten

Trockner werden im Allgemeinen nur in 0,2 Prozent der Betriebszeit unter Volllast und zu rund 61 Prozent bei mittlerer Auslastung genutzt, zu fast 10 Prozent laufen sie leer. Die Beheizung erfolgt bei herkömmlichen Trocknern jedoch dauerhaft für einen 100-Prozent-Volllastbetrieb. Daraus resultiert ein unnötig hoher Energieverbrauch mit entsprechenden Emissionen. Ein weiteres Augenmerk bei der Entwicklung des Smart Oven lag daher auf einer lastabhängigen Fahrweise. Realisiert wurde dies durch vier Laststufen, bei denen sich die Abluftmenge abhängig von der Anzahl der zu trocknenden Karosserien reduziert. Für einen konstanten Unterdruck im Trockner wird die Frischluftzufuhr entsprechend angepasst. Um konstante Schleusenbedingungen hinsichtlich der Luftmenge sicherzustellen, wird der Schleusenluft die Umluft aus dem Trockner beigemischt.

Kompakt, platzsparend und kostengünstig

Einen völlig neuen Weg hat Eisenmann auch bei der Platzierung der Heizaggregate beschritten. Während sie sich bei herkömmlichen Trocknern außen befinden, sind Brenner und Ventilatoren beim Smart Oven in die Seitenwände des Trocknertunnels integriert. Aus dieser konstruktiven Maßnahme resultieren verschiedene Vorteile: So macht die integrierte Beheizung den Trockner nicht nur kompakter und platzsparender, es sind auch weniger Strömungsverluste verursachende Kanalwerke erforderlich. Außerdem sinken durch die verringerte Gesamtoberfläche des Trockners die Transmissionswärme- und Druckverluste in der Anlage. Auf kostspielige Stahlbauten für Begehungen sowie Beleuchtung und Türen kann komplett verzichtet werden.

Weitere Einspareffekte ergeben sich auch durch die Einleitung der heißen Abluft in die regenerative Nachverbrennung (RNV). Die sonst zur Ableitung des Rauchgases notwendigen Dachdurchbrüche und Kamine entfallen, ebenso wie die regelmäßigen Emissionsmessungen beim Brenner. Darüber hinaus erlaubt diese Bauweise ein flexibleres Anlagenlayout, unter anderem bei der Gestaltung von Wartungswegen. Nicht zuletzt sorgt dieses Konzept für einen reduzierten Transport- und Montageaufwand. Aus diesen bautechnischen Schritten resultieren Einsparungen von bis zu 18 Prozent beim Invest: Hinzu kommen bis zu fünf Prozent, die durch den geringen Flächenbedarf bei den Gebäudekosten eingespart werden können.

Energieverbrauch deutlich reduziert

Überzeugen kann der Smart Oven auch durch signifikante Einsparungen bei den Betriebskosten. Neben der lastabhängigen Fahrweise sorgt die Führung des Reingases aus der Trocknerabluftreinigung für die indirekte Beheizung der Frischluft für Energieeinsparungen. Die Verbrennungsluft für die Brenner wird direkt aus dem Trockner entnommen. Dies trägt ebenfalls zu einem verringerten Gasverbrauch bei. Insgesamt summieren sich die Energieeinsparungen auf bis zu 24 Prozent. Weitere 13 Prozent lassen sich mit dem skidlosen Karossen-Transport umsetzen. Diese enormen Energieeinsparungen reduzieren nicht nur den Ressourcenverbrauch, sondern senken auch umweltschädliche Emissionen.

Alle Daten, auch die der Karosserietrocknung, werden im browserbasierten Produktionsleitsystem E-MES zentral zusammengeführt und können über ein Tablet visualisiert werden. Dadurch ist die Anlage von jedem beliebigen Ort jederzeit kontrollier-, analysier- und steuerbar. Der Smart Oven ist damit ein wesentlicher Baustein für die Realisierung eines Smart Paint Shop im Sinne der Industrie 4.0., die für Eisenmann die optimale Kombination von flexibler Hardware mit intelligenter Software und digitalen Services bedeutet. Nach der Präsentation des Smart Oven bei den Technology Days im September 2017 sind aktuell verschiedene Projekte sowohl im Greenfield- als auch Brownfield-Bereich angelaufen.