Ein Druckgusslieferant in der Slowakei fertigt komplexe Aluminium-Strukturbauteile für Premiumfahrzeuge. Den perfekten Schliff erhalten diese in einer robotergestützten Anlage, die zuverlässig im Dauereinsatz arbeitet.

Mit dem Bau einer neuen Halle stellte ein Tier-1-Druckgusslieferant in der Slowakei auch seine Produktion auf den Prüfstand — mit dem Ziel, die Prozesse zu optimieren. In diesem Zusammenhang suchte das Unternehmen nach einer Lösung, Karosserieteile, sogenannte Gehängeaufnahmen, mit komplexen Geometrien automatisiert zu schleifen.

Die Ansprüche waren klar definiert: Die Teile müssen grat- und brandrissfrei sein, um sie anschließend problemlos zu verkleben. Darüber hinaus sollte die Anlage zuverlässig mit hoher Leistung fahren: Alle 140 Sekunden müssen je zwei linke und rechte Gehängeaufnahmen fertig geschliffen sein.

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© SHL

Die 35 Meter lange Anlage zum Schleifen von Alu-Strukturbauteilen ist bei einem Druckgusslieferanten in der Slowakei erfolgreich im Einsatz.

Werkstücke parallel schleifen

Das von SHL entwickelte Anlagenkonzept überzeugte schließlich den Zulieferer, der schon in früheren Projekten mit dem Automatisierungsspezialisten zusammengearbeitet hatte. Damit war der Startschuss für eine der größten Anlagen gefallen, die SHL in seiner Firmengeschichte gebaut hat. Die Anlage besitzt eine Gesamtlänge von 35 Metern. Die Handlingroboter verfahren auf zwei rund 26 Meter langen Achsen und bestücken die Schleifzellen, von denen sich insgesamt vier auf jeder Seite befinden.

Auf der einen Seite werden die Komponenten für den Einsatz im linken Pkw-Teil, auf der anderen Seite die für den Einsatz im rechten Pkw-Teil bearbeitet. Jeweils zwei sind zu einer Zelleneinheit zusammengefasst. So kann die Anlage auf jeder Seite zwei Werkstücke parallel schleifen, womit eine hohe Ausbringung sichergestellt wird. Der Betreiber kann auf Wunsch auch auf beiden Seiten komplett linke oder rechte Bauteile fertigen, Mischformen sind ebenfalls möglich.

Um einen durchgehenden Prozess zu realisieren, bestücken die sechsachsigen Industrieroboter zuerst die vordere und von der Entnahmestelle weiter entfernte Einheit. Während in der einen Zelle zunächst die Innenseite der Strukturbauteile geschliffen wird, bearbeitet die benachbarte Zelle nach Übergabe die Außenseite.

Herzstück der Anlage ist die SPS

Nach der Wärmebehandlung fahren Gabelstapler die Gehängeaufnahmen in den Wärmebehandlungsgestellen in den Ladesektor mit drei Zonen. Ein Sicherheitssystem sorgt dafür, dass sich der Roboterschutzzaun erst öffnet, wenn der Bedienerbereich geschlossen ist.

Jedes Teil wird über einen Data Matrix Code identifiziert und die Informationen werden an das MES (Manufacturing Execution System) weitergeleitet. Dies stellt die Rückverfolgbarkeit sicher. Die SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) übermittelt die Daten an den Roboter, der gezielt die richtigen Werkstücke entnimmt und sie den Zellen zuführt. Dadurch wird verhindert, dass Teile falsch bearbeitet werden. Die SPS gibt außerdem vor, aus welchen der drei Boxen Teile zu entnehmen sind.

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© SHL

Der Handlingroboter verfährt auf einer Transferstrecke mit rund 26 Metern Länge und bestückt die Bearbeitungszellen.

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© SHL

Sind alle Prozesse erfolgreich abgelaufen, übergibt der Roboter das Bauteil per Shake Hand an Roboter Nummer zwei in der Nachbarzelle.

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In der neuen Anlage werden die Gehängeaufnahmen optimal geschliffen und erfüllen die geforderten Oberflächengüten.

Der Handlingroboter legt jedes Werkstück definiert ab. Anschließend greift es der Bearbeitungsroboter und schwenkt das 8,5 Kilogramm schwere Bauteil zunächst an eine Freiband- und Kontaktrollen-Schleifmaschine (FKS250/450 ROB) sowie zur weiteren Bearbeitung an eine zweite Maschine gleichen Typs. Danach führt der Roboter das Bauteil präzise an ein Doppelbürstaggregat (DP550/100). Eine Entgratspindel übernimmt Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen der Aufnahmen.

Bauteil-Übergabe per Shake Hand

Sind alle Prozesse erfolgreich abgelaufen, übergibt der Roboter das Bauteil per Shake Hand an Roboter Nummer zwei in der Nachbarzelle. Hier bearbeiten die gleichen Maschinentypen die Bauteil-Außenseiten. Im Anschluss legt der Roboter das fertige Werkstück auf ein Band, wo es zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung gestellt wird.

SHL hat über das MES sieben mögliche Fehlerquellen definiert. Dazu gehören Bandriss oder Motorüberlastung. Ist der Prozess reibungslos abgelaufen, landet das Werkstück auf dem i.o.-Band. Andernfalls nutzt der Roboter die Parallel-Ablage, und es muss nachgearbeitet werden. Die reibungslose Bauteil-Übergabe zwischen der Innen- und Außenbehandlung stellte eine besondere Herausforderung dar. Denn beim Weiterreichen mittels Shake Hand sind beide Roboter direkt voneinander abhängig. Es gibt keine Pufferzone, weshalb die Taktzeiten genau passen müssen.

Zuverlässig im Dauereinsatz

SHL hat in die Slowakei eine komplette Fertigungslinie geliefert. Sie beinhaltet das Teilehandling, die Be- und Entladung, den Bearbeitungsprozess sowie die Absaugung von Stäuben. Die erste Linie wurde im Oktober 2016 geliefert, die zweite folgte im Februar 2017. Die Anlage läuft im Vier-Schicht-Betrieb rund um die Uhr und die höchste Ausbringung soll dieses Jahr erreicht werden

Das Bauteil wurde von SHL in 20 Bearbeitungszonen aufgeteilt. Bei längerem Einsatz können sich die Spritzgussformen allerdings verschlechtern und es treten unter Umständen größere Brandrisse auf, die unterschiedlich verteilt sind. In einem solchen Fall kann der Betreiber gezielt nachschleifen lassen. Das von SHL erstellte Programm zeigt, wo dies erforderlich ist.

Der Tier-1-Zulieferer ist mit der SHL-Anlage vollauf zufrieden. Sie arbeitet problemlos und liefert die für die weitere Bearbeitung geforderte Oberflächengüte. Auch die Inbetriebnahme verlief schnell und störungsfrei.