Einleitung

Einen plötzlichen Hörverlust zu erleiden, stellt für Menschen in der heutigen Kommunikationsgesellschaft ein sehr belastendes Ereignis dar. Gefühle wie Angst, Hilflosigkeit, körperliche und seelische Spannung sowie Einschränkung der Lebensqualität sind oft Begleiter des idiopathischen Hörsturzes. Dieser geht häufig mit einer plötzlichen Hörminderung ohne erkennbare Ursache einher [1].

In der Literatur werden beim idiopathischen Hörsturz Nebensymptome wie Tinnitus, verschiedene Arten von Schwindel, Druckgefühl im Ohr und ein Wattegefühl im Gehörgang bis hin zu auraähnlichen Zuständen beschrieben [1, 11, 12]. Diese Geschehnisse verstärken die Gefühle der Angst sowie der körperlichen und seelischen Spannung. Die aktuelle medizinische Therapie der Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Abteilung am SMZ Ost der Stadt Wien im Rahmen eines stationären Aufenthalts beinhaltet eine standardisierte medikamentöse Therapie und ein psychologisches Beratungsangebot. Im Sinne einer ganzheitlichen Behandlung dieser Patienten ist das Pflegekonzept „therapeutic touch“ (TT) indiziert. Dieses ist eine Form der Energiearbeit und basiert auf dem Pflegemodell von Martha Rogers. Therapeutic touch bewirkt eine schnelle Entspannungsreaktion der Patienten nach Behandlungsbeginn mit beruhigender Wirkung, die wiederum zu einer Stabilisierung des Abwehrsystems des Körpers führt. Anspannungen werden geringer, und Angstgefühle lassen nach. Ebenso treten eine Förderung des Heilungsprozesses, Schmerzlinderung und Stressreduktion ein [47].

Die steigende Inzidenz des idiopathischen Hörsturzes am SMZ Ost der Stadt Wien und die vorab beschriebenen Hintergründe gaben Anlass, die Wirkung von TT bei Hörsturzpatientinnen zu überprüfen.

Bei TT wird davon ausgegangen, dass der Mensch nicht nur aus seinem Körper, der mit Energie durchströmt wird, besteht, sondern auch von einem Energiefeld umgeben ist. Die beiden Energiefelder sind bestrebt, einen harmonischen Bezug aufrechtzuerhalten. Dies erfolgt durch ständigen Energieaustausch. Energiefelder sind messbar; die Frequenzen pulsieren zwischen 0,3 und 30 Hz. Sisken und Walker (1995) haben die heilende Wirkung bestimmter Frequenzen nachgewiesen. Beispielsweise beeinflusst die 7-Hz-Frequenz das Knochenwachstum oder die 10-Hz-Frequenz die Heilung von Bändern [7].

Im Zusammenhang mit einer Krankheit können Disharmonien oder Blockaden auftreten, die durch die Anwendung von TT gelöst werden können. Gearbeitet wird mit den Händen direkt am bekleideten Körper oder im Abstand von etwa 20 cm im Bereich der Energiezentren [2]. Der Ablauf einer Behandlung erfolgt nach klar vorgegebenen Schritten durch Pflegepersonen mit entsprechender Zusatzausbildung zum TT-Anwender. Der erste Schritt, das Zentrieren, ist der Prozess, bei dem Aufmerksamkeit und Wahrnehmung für die Patienten steigen. Im Assessment wird der Energiezustand der Patienten erhoben. Dabei wird mit beiden Händen, wie oben beschrieben, der Energiekörper des Patienten „abgetastet“. Wahrgenommene Veränderungen wie Temperaturunterschiede, Druck, Völlegefühl, Kribbeln u.v.m. werden in einem Dokumentationsblatt festgehalten, und dementsprechend werden die Behandlungsschritte entschieden. Grundsätzlich richten sich die Energiebehandlungen immer nach dem Energiezustand des jeweiligen Patienten, der vor jeder weiteren Behandlung vom Anwender ermittelt wird.

Techniken von TT sind das „clearing“, ein Glattstreichen des Energiefelds, Hinlenken von Energie in Bereiche, die eine energetische Leere im Assessment gezeigt haben. „Balancing“ wird eingesetzt, wenn es sich um einen Energieüberschuss handelt. Den Abschluss bildet die Evaluation nach dem gleichen Vorgang wie beim Assessment und inkludiert die Dokumentation des Energiezustands nach der Energiebehandlung. Danach sollen die Patienten eine Ruhepause von ca. 10 min einhalten, um die Entspannungswirkung zu verstärken. Die Dauer einer Energiebehandlung beträgt zwischen 20 bis 25 min [5].

Ziel und Fragestellung

Ziel dieser Studie ist der Nachweis der Wirksamkeit von TT bei Patienten mit idiopathischem Hörsturz mit folgender Fragestellung:

Kommt es zu einer Verbesserung der Hörsituation durch die komplementäre Pflegemethode TT bei Patienten mit Hörsturz?

Daraus ergeben sich folgende Subfragen:

  • Äußern Patienten eine Symptomreduktion bzw. Symptomlosigkeit am Behandlungsende?

  • Kann eine Befindlichkeitsverbesserung nach jeder Behandlung mithilfe einer „visual analog scale“ (VAS) aufgezeigt werden?

  • Können Patienten eine Stressreduktion wahrnehmen?

  • Nehmen Patienten mit Hörsturz die energetische Veränderung nach der TT-Behandlung wahr? Können sie diese mit eigenen Worten beschreiben?

Stichprobe und Methode

Stichprobe

Mithilfe der Gelegenheitsstichprobe werden insgesamt 80 Patienten mit der Diagnose „Hörsturz mit/ohne Tinnitus“ in die Studie aufgenommen. Diese Stichprobe wird aufgrund der Hörsturzinzidenz und des begrenzten Zeitrahmens von ca. einem Jahr bestimmt. Die ersten 40 stationär aufgenommenen Patienten gehören der Versuchsgruppe (VG) an und erhalten zusätzlich zur standardmäßigen medizinischen sowie pflegerischen Behandlung die Pflegeintervention TT. Der Kontrollgruppe (KG) gehören die weiteren 40 Patienten an, die mit dieser Diagnose aufgenommen werden. Sie erhalten die standardisierte Behandlung ohne TT.

Erhebungsinstrumente

Die verwendeten Fragebogen enthielten neben Angabefeldern zu demografischen Daten, Fragen zu den Beschwerden, entsprechend dem Krankheitsbild, und zur Befindlichkeit, sowie Bewertungsmöglichkeiten zur standardisierten medizinischen Therapie, zu pflegerischen Maßnahmen und der zusätzlichen Anwendung von TT. Ebenso wurden Fragen aus dem Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS), die 12-Item-Screening-Scale zum chronischen Stress (SSCS), eingesetzt, die ein Globalmaß für den erlebten Stress liefert. Die Grundlagen der Validität und Reliabilität des TICS sind gegeben [9].

Eine 4-stufige VAS wurde zur subjektiven Bewertung des Hör- und Wohlbefindens verwendet, sowie eine 10-stufige VAS zur subjektiven Einschätzung des Wohlbefindens vor und nach jeder TT-Intervention. Befunde der Tonaudiometrie am Tag der Krankenhausaufnahme und der -entlassung kamen zur quantitativen Bewertung des Hörvermögens zum Einsatz.

Datenauswertung und Analyse

Die erhobenen Daten wurden mit SPSS (Windows Version 17) und Excel (Windows 2003) erfasst und ausgewertet. Mittelwertvergleiche und Häufigkeitsaufzählungen wurden für intervallskalierte und normalverteilte Daten verwendet, und nominale Daten wurden mithilfe der Häufigkeiten dargestellt.

Ethische Aspekte

Die ethischen Richtlinien wurden in der Studie eingehalten. Die Teilnahme an der Studie erfolgte freiwillig nach umfassender mündlicher und schriftlicher Information. Die TT-Interventionen wurden physisch und psychisch als nichtbelastend eingestuft, und es waren für die Probanden keinerlei unangenehme Auswirkungen zu erwarten [8]. Die Studie bezog sich großenteils auf die Zeit des stationären Aufenthalts auf der HNO-Abteilung, sodass die Probanden in gewisser Weise in einem Abhängigkeitsverhältnis standen. Aus diesem Grund wurde die Studie bei der Ethikkommission der medizinischen Universität Wien eingereicht und erhielt ein positives Votum.

Methodisches Vorgehen

Zur Beantwortung der Fragen wurde ein quantitativer Forschungsansatz in Form einer Interventionsstudie gewählt. Die Wirkung von TT bei Patienten mit Hörsturz wurde mithilfe standardisierter Fragebogen sowie einer Tonaudiometrie bei Krankenhausaufnahme und -entlassung erhoben.

Patienten mit der Aufnahmediagnose „Hörsturz mit/ohne Tinnitus“ erhielten nach informierter Zustimmung den Aufnahmefragebogen und zur Beurteilung des subjektiven Hör- und Wohlbefindens die 4-stufige VAS von der Stationsschwester der HNO-Abteilung.

Die ersten 40 Patienten wurden nach psychologischer Begutachtung der Versuchsgruppe zugeteilt. Während des 10-tägigen Aufenthalts erhielten die Patienten 5 TT-Behandlungen nach genau definiertem Ablauf. Besonderheiten wurden von den TT-Anwenderinnen dieser Studie vor und nach jeder Behandlung auf einem speziell dafür vorgesehenen Dokumentationsblatt festgehalten, und die Patienten schätzten vor und nach jeder Behandlung ihr Wohlbefinden mithilfe der 10-stufigen VAS ein.

Am 6. Aufenthaltstag sowie bei der Entlassung bewerteten die Probanden erneut ihr subjektives Hör- und Wohlbefinden anhand der 4-stufigen VAS. Ebenso wurde bei der Entlassung der Entlassungsfragebogen ausgefüllt.

Nach einem Monat wurden die Patienten zur ambulanten Nachkontrolle bestellt, und der ausgefüllte Nachkontrollfragebogen sollte retourniert werden. Aufgrund der geringen Rücklaufquote konnten die Ergebnisse nur bedingt für die Auswertung herangezogen werden.

Der weitere Verlauf im Zusammenhang mit der Studie unterschied sich von der VG durch den Wegfall der TT-Behandlungen und der darauf abgestimmten Fragebogen bei Entlassung und Nachkontrolle.

Ergebnisse

Demografische Daten

Demografische Daten, wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Bildung und die berufliche Position, sowie weitere relevante Daten zum Zigarettenkonsum, Handy-Gebrauch, zu bestehenden Krankheitsbildern, Medikamenteneinnahme, Körpergröße und -gewicht der Teilnehmer ergaben keinen Hinweis auf ein gehäuftes Krankheitsauftreten bei bestimmten Personengruppen.

Daten zum Hörsturz und zu einschneidenden Ergebnissen/Veränderungen

Die Auswertung der Daten zur Hörsturzanamnese, Symptomatik und zu möglichen Hörsturzvorzeichen sowie Fragen zu einschneidenden Ereignissen/Veränderungen innerhalb der letzten 12 Monate, wie Heirat, Scheidung, Todesfall im näheren Umfeld, Geburt eines Kindes, Umzug, neue Ausbildung, Arbeitsplatzverlust, Pensionierung, Arbeitsplatzwechsel, Gerichtsprozess, starke Lärmbelastung, Knalleffekt, Prüfungssituation, Veränderung am Arbeitsplatz, berufliche Belastung, seelische Belastung, Konfliktsituation, Krankheit/Pflegefall in der Familie, finanzielle Belastung, schulische Belastung, oder Sonstiges innerhalb der letzten 3 Monate ergaben keine signifikanten Aussagen.

Screening-Skala zum chronischen Stress und psychosoziale Prozesse

Fragen zu den Subskalen „chronische Besorgnis“, „Mangel an sozialer Anerkennung“, „Mangel an Bedürfnisbefriedigung“ und „Überforderung bei der Arbeit“ zeigten keinen signifikanten Zusammenhang mit Hörsturz auf.

An Hörsturz leidende Personen äußern oft, dass sie „zu viel um die Ohren haben“ oder bestimmte Dinge „nicht mehr hören können“ – auch im Sinne von „etwas nicht mehr ertragen können“. Die Probanden der Studie haben diese Aussagen anhand einer 5-stufigen Bewertungsskala beantwortet; hierbei ließen sich keine direkten Rückschlüsse auf die Faktoren Stress und psychosoziale Prozesse ableiten.

Tonaudiogramm

Bei Krankenhausaufnahme, -entlassung und am Tag der Nachkontrolle wurde jeweils eine Tonaudiometrie durchgeführt. Der Grad der Schwerhörigkeit wird hierbei anhand von 5 Stufen eingeteilt: geringgradig, gering- bis mittelgradig, mittelgradig, mittel- bis hochgradig und absolut.

Die Datenauswertung ergab bei der Aufnahme der VG alle Schweregrade außer einer absoluten Schwerhörigkeit. Die KG wies alle Schweregrade auf. Bei der Entlassung konnte in beiden Gruppen eine Verbesserung in allen Schweregraden nachgewiesen werden.

Abb. 1
figure 1

Tonaudiogrammauswertung mit Darstellung der Schwerhörigkeitsgrade. VG Versuchsgruppe, KG Kontrollgruppe, A Aufnahme, E Entlassung

Subjektives Hör- und Wohlbefinden

Mithilfe der 4-stufigen VAS wurde das subjektive Hör- und Wohlbefinden am Tag der Aufnahme, am 6. Krankenhausaufenthaltstag und am Tag der Entlassung mit den 4 Antwortmöglichkeiten: „sehr gut“, „gut“, „schlecht“ und „sehr schlecht“ erhoben.

Am Krankenhausaufnahmetag wurde das Hörbefinden weder von Probanden der VG noch der KG mit „sehr gut“ bewertet.

Abb. 2
figure 2

Auswertung des subjektiven Hörbefindens am Krankenhausaufnahmetag und -entlassungstag, A Aufnahme, E Entlassung

In der VG wurde das Wohlbefinden am Krankenhausaufnahmetag von niemandem mit „sehr gut“ eingeschätzt. Die Mehrzahl der Probanden beurteilte es als „gut“.

Abb. 3
figure 3

Auswertung des subjektiven Wohlbefindens am Krankenhausaufnahmetag und -entlassungstag, A Aufnahme, E Entlassung

Die Einschätzung des subjektiven Hörbefindens der Probanden zeigt vom Tag der Aufnahme bis zur Entlassung einen ähnlichen Verlauf beider Gruppen. Es ist eine Verbesserung in etwa gleich großen Schritten beider Gruppen ersichtlich. Diese Einschätzungen decken sich auch mit den Audiogrammbefunden beider Patientengruppen bei der Aufnahme und der Entlassung.

Die Einschätzungen des subjektiven Wohlbefindens der Probanden am Aufnahmetag und am Tag der Entlassung wiesen eine Steigerung in beiden Gruppen nach. Anzumerken ist, dass der Ausgangswert der „guten“ Einschätzung in der KG eine zahlenmäßig höhere Bewertung aufweist.

Beurteilung der Auswirkung des Therapeutic touch

Die Frage „Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Behandlung Therapeutic Touch?“ wurde überwiegend positiv bewertet. Die Probanden beurteilten die therapeutische Berührung als sehr angenehm. Der Großteil spürte die Energie während der Behandlung, und mehr als die Hälfte gaben an, die Energie nach der Behandlung noch weiterwahrzunehmen. Diese Energie wurde in Form von wohltuendem Wärmegefühl, Entspannung, Beruhigung, starkem Ziehen, Symptomverstärkung und danach Beschwerdefreiheit beschrieben.

Auswirkungen des Therapeutic touch auf das Wohlbefinden

Das Wohlbefinden vor und nach jeder TT-Behandlung wurde von den Probanden mithilfe der 10-stufigen VAS eingestuft. Die Ergebnisse zeigen eine zunehmende Steigerung des Wohlbefindens; hierbei kommt es zu einem sukzessiven Anstieg der Befindlichkeitskurve direkt nach der Behandlung. Bis zur nächsten Behandlung geht dieser Anstieg des Wohlbefindens wieder leicht zurück, jedoch nicht mehr bis zum Ausgangswert. Die beständige Steigerung des Wohlbefindens ist bis zur Entlassung sowohl vor als auch nach der Behandlung deutlich erkennbar.

Abb. 4
figure 4

Gesamtverlauf des Wohlbefindens vor und nach der Therapeutic-touch-Behandlung

Beurteilung der Auswirkung der erhaltenen Behandlungen auf das Wohlbefinden

Die medizinische Behandlung wurde generell positiv bewertet. Ein ähnliches Ergebnis lässt sich auch in der Nachkontrolle feststellen, soweit dies aufgrund der geringen Rücklaufquote aussagekräftig ist.

Die pflegerischen Tätigkeiten werden in der KG besser bewertet als in der VG. Dieses Ergebnis gibt Rückschlüsse darauf, dass die TT-Anwenderinnen von den Patienten nicht der Berufsgruppe der Pflege zugeordnet wurden. Diese Annahme bestätigt sich in der für „sehr wichtig“ bewerteten Bedeutung der Maßnahme Therapeutic touch in Bezug auf die Genesung.

Die Probanden der VG messen, ähnlich wie die der KG, den eigenen Maßnahmen/Veränderungen im Leben und der Unterstützung des sozialen Umfelds hohe Bedeutung zu. Ebenso gibt die VG eine höhere Bereitschaft für die Anwendung von komplementären Gesundheitsmethoden an.

Diskussion

Die Ergebnisse dieser Studie geben Aufschluss darüber, dass die Anwendung des Pflegekonzepts TT bei Patienten mit Hörsturz mit/ohne Tinnitus zu einer Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens führt. Ein Mensch fühlt sich krank, wenn sein subjektives Wohlbefinden stark beeinträchtigt ist. Die medizinische Diagnose ist dafür nicht immer ausschlaggebend, denn ein Mensch kann sich krank fühlen, ohne dass eine medizinische Diagnose gefunden werden kann. Daraus ergibt sich, dass eine medizinische Diagnose nicht zwingend eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bedeutet.

Die in der Literatur [5, 7] beschriebene Symptomverbesserung in Bezug auf Schmerzlinderung, Stressreduktion, Angstreduktion und Anspannungen etc. konnte durch die vorliegenden Ergebnisse nicht nachgewiesen werden. Das Tonaudiogramm und die subjektive Einschätzung zeigen, dass sich kein signifikanter Unterschied beider Gruppen in der Veränderung des Hörvermögens nachweisen lässt.

In Studien zum Hörsturz, wie auch in der Projektarbeit von Zalokar et al. [12] beschrieben wird, haben psychosoziale Faktoren, psychische Belastungen, einschneidende Erlebnisse oder Stress im Vorfeld des idiopathischen Hörsturzes einen erheblichen Einfluss. Dies konnte in dieser Interventionsstudie nicht verifiziert werden. Zudem ergaben sich keine signifikanten Hinweise auf eine enorme Belastung durch Stress der betroffenen Patienten mit Hörsturz. Weder einschneidende Lebensereignisse und -veränderungen noch andere stressauslösende Faktoren hatten einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten eines Hörsturzes, wobei dieses Ergebnis auch die Folge einer zu geringen Stichprobengröße sein kann.

Die Studienergebnisse zum Wohlbefinden bestätigen, wie auch diverse Literaturquellen, die positive Auswirkung von TT. Eine mögliche Begründung könnte neben der Erklärung im Experiment von Zimmermann [7] in der taktilen Berührung als Vermittlung von Sicherheit und Vertrautheit zu finden sein.

Diese Studie erbrachte einen deutlichen Hinweis darauf, dass TT vonseiten der Patienten nicht dem Tätigkeitsbereich der Pflege zugeordnet wird. Dies könnte daran liegen, dass TT-Behandlungen nicht in die pflegerischen Routinearbeit integriert waren, sondern als therapeutische Maßnahme in einer separaten Räumlichkeit stattfanden. Auch Pflegende fühlen sich spezieller Tätigkeiten wie TT nicht verpflichtet, obwohl dieses Pflegekonzept im Lehrplan der Ausbildung für die Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege verankert ist [6]. Daraus ist abzuleiten, dass Pflegende nicht daran gewöhnt sind, Pflegediagnosen zum Wohlbefinden zu formulieren und entsprechende Interventionen eigenverantwortlich zu planen und anzuwenden. Professionell Pflegende müssen sich ihrer Tätigkeitsbereiche bewusst werden und auch Pflegediagnosen im Zusammenhang mit Wohlbefinden (z. B. nach der NANDA-Taxonomie II) im Sinne einer ganzheitlichen Betreuung aufnehmen. Dazu liefert die NANDA (North American Nursing Diagnosis Association) – Klassifikation eine umfangreiche Auswahl von Pflegediagnosen wie aktuelle Diagnosen („Energiefeldstörung“, „Angst“ etc.) und/oder Gesundheitsdiagnosen („spirituelles Wohlbefinden, Bereitschaft zur Verbesserung“ etc.) [10].

Um den Anforderungen der exemplarisch angeführten Pflegediagnosen gerecht zu werden, bedarf es der Aufnahme gezielter Pflegekonzepte wie TT innerhalb des Pflegeprozesses. Dadurch kann im Pflegealltag eine Steigerung des Leistungsangebots erreicht werden. Zudem kann eine hohe Pflegequalität gewährleistet werden.

Schlussfolgerung und Ausblick

Die Untersuchung zeigt auf, dass die Pflegeintervention TT maßgeblich zur Förderung des Wohlbefindens beiträgt. Diese Erkenntnis gibt für die pflegerische Betreuung gewichtige Rückschlüsse auf die Bedeutung des Wohlbefindens der Patienten während dieser Krise, die sich objektiv nicht exakt messen lässt. Im eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Gesundheits- und Krankenpflege sind professionell Pflegende aufgefordert, Pflegekonzepte wie TT adäquat in die pflegerische Betreuung aufzunehmen.

Jeder Krankenhausaufenthalt bedeutet für den einzelnen Menschen ein einschneidendes Erlebnis, obwohl nicht immer eine lebensbedrohliche Diagnose gestellt wird. Die Krankheitsverarbeitung ist ein subjektives Geschehen, das durch die Pflege positiv unterstützt werden soll. Professionelle Unterstützung und Begleitung der Patienten als zentrale Aufgaben der Pflege sind im Pflegeprozess enthalten und dokumentiert. Diverse Pflegediagnosen verlangen nach der Anwendung geeigneter Pflegekonzepte.

Der pflegerische Auftrag bezieht sich immer auf den ganzen Menschen und lässt sich nicht auf die Symptombehandlung reduzieren. Nach diesen Studienergebnissen bewirkt die Anwendung von TT zwar keine erhebliche Verbesserung des Hörvermögens, jedoch eine deutliche Steigerung des Wohlbefindens. Sie geben Aufschluss darüber, dass das subjektive Wohlbefinden über jeder medizinischen Diagnose steht. Das Motto „unheilbar krank und trotzdem gesund“ bringt deutlich zum Ausdruck, was Lebensqualität des Menschen tatsächlich ausmacht und worin der pflegerische Auftrag besteht. Nicht nur das Behandeln der Krankheitssymptome steht im Mittelpunkt pflegerischen Handelns, sondern auch das Reagieren auf die Befindlichkeit und das Agieren im Sinne der Gesundheitsförderung [3].

Die Implementierung von Pflegekonzepten in den Pflegealltag ist als wesentlicher Bestandteil der professionellen Pflege zu betrachten.

Interessenkonflikt

Die Autorinnen bestätigen, dass keine finanzielle Verbindung zur Organisation, in der die Studie durchgeführt wurde und somit kein Interessenkonflikt besteht.