1 Hintergrund

Die Information der Bevölkerung über Pflege- und Gesundheitsthemen gewinnt aufgrund von Reformen im Gesundheitswesen und einer Veränderung von Marktbedingungen sowohl aus gesundheitspolitischer als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht in Deutschland erheblich an Bedeutung. So soll jedes Individuum in modernen gesundheitspolitischen Konzepten im Sinne der Patientensouveränität bzw. -autonomie eine zunehmend aktivere Rolle spielen und über seine Gesundheit mitentscheiden [16]. Hierzu gehört häufig die Koordination verschiedener Ärzte, Pflegeeinrichtungen und weiterer Therapeuten ebenso wie die Auswahl der individuell besten Behandlung [26]. Um diese Entscheidungen jedoch eigenverantwortlich treffen zu können, benötigen von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit Betroffene und ihre Angehörigen ein ausreichendes Wissen über die für sie relevanten Problembereiche. Voraussetzung hierfür sind fundierte und nachvollziehbare Informationen beispielsweise über Krankheitsbilder, organisatorische und rechtliche Fragen der Krankheitsversorgung und Pflege. Das Angebot von Gesundheitsdienstleistungen und -informationen ist jedoch für die meisten Betroffenen zu wenig transparent [36].

Außerdem sehen sich die Anbieter von Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen häufig mit zunehmendem Wettbewerb im Markt konfrontiert. Gleichzeitig informieren sich gesunde Menschen in der Regel wenig bis gar nicht über Krankheiten und Pflege. Von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit Betroffene haben deshalb in akuten Bedarfssituationen oft nur unzureichende Kenntnisse über diese Themen und sind deshalb in der Regel nur bedingt in der Lage, die Qualität und Preisgestaltung von Gesundheitsleistungen adäquat zu beurteilen [26, 27]. Dabei können Patienten, die in Gesundheitsfragen gut informiert sind, bessere Behandlungsergebnisse aufweisen als solche, die nur über wenige Informationen verfügen [29].

Anbieter hochwertiger Gesundheits- und Pflegeangebote können aufgrund des unzureichenden Informationsstands der (potenziellen) Patienten oft ihre Qualitätsvorsprünge nicht als Konkurrenzvorteile nutzen und deshalb am Markt auch keine Preise erzielen, die der Qualität ihrer Dienstleistungen in einem angemessenen Maße entsprechen. In derartigen Marktsituationen kann mit dem sogenannten Signaling im Sinne einer proaktiven Verbreitung von Pflege- und Gesundheitsinformationen versucht werden, den Informationslücken der (potenziellen) Patienten entgegenzuwirken [1, 31]. Hierzu können zum Beispiel das persönliche Beratungsgespräch sowie verschiedene Formen werblicher Kommunikation (Informationsbroschüren, kostenlose Zeitschriften, Websites) oder auch Maßnahmen der Pressearbeit genutzt werden, die trotz rechtlicher Einschränkungen, wie z. B. der Musterberufsordnung für Ärzte oder des Heilmittelwerbegesetztes, entsprechende Möglichkeiten einer Bekanntheits- und Imagebildung von Ärzten, Kliniken und Pflegeeinrichtungen ermöglichen [17].

Es existieren allerdings nur wenige aktuelle empirische Studien, die explizit untersuchen, ob die für Gesundheits- und Pflegedienstleistungen relevanten Zielgruppen in Deutschland überhaupt einen Informationsbedarf zu den Themen Pflege und Gesundheit allgemein wahrnehmen, welche Quellen sie zur Information nutzen und wie sie diese beurteilen. So stellen Borch und Wagner [3] sowie Horch und Wirz [13] Ergebnisse aus einem telefonischen Gesundheitssurvey (GSTel03) des Robert Koch-Instituts vor, der zwischen September 2002 und März 2003 durchgeführt wurde. Diese Befragung fokussiert sich allerdings ausschließlich auf die Nutzung von Massenmedien zur Information über Gesundheitsthemen. Formen der persönlichen Kommunikation oder die aktive Informationssuche durch den Betroffenen im Falle konkreter gesundheitlicher Beschwerden werden hingegen nicht berücksichtigt. Zudem wird das Thema Pflege nicht explizit untersucht. Mit der Bedeutung unterschiedlicher Informationsquellen über Pflegeeinrichtungen befasst sich Schüller [27]. Sie befragt in ihrer Studie jedoch ausschließlich Pflegeeinrichtungen. Eine Studie des Senats für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales der Hansestadt Bremen[7] mit 3.614 Probanden untersuchte in 2004 schwerpunktmäßig den wahrgenommenen Informationsstand von Bürgern des Bundeslandes bezüglich Gesundheits- und Krankheitsthemen sowie Kriterien der Beurteilung und Auswahl von Ärzten und Kliniken. Die Bedeutung von Informationsquellen und -bedarfe wurde jedoch nur ansatzweise ermittelt. Eine Studie von Braun und Marstedt [4] im Rahmen des Gesundheitsmonitors 2010 untersucht u. a. die Art und Intensität von Informationsquellen sowie den Zusammenhang zwischen Informationsverhalten und Vertrauen in das Gesundheitssystem.

2 Zielsetzung

Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab, den generellen Informationsbedarf in den für Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen relevanten Altersgruppen überregional zu ermitteln und damit zur Schließung einer Forschungslücke beizutragen. Dabei wird die deutsche Bevölkerung im Alter von 50plus fokussiert, die eine besonders relevante Zielgruppe für Gesundheits- und Pflegeinformationen darstellt. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen sind Menschen, wenn von einer Generationenverschiebung von ca. 25 Jahren ausgegangen wird, in der Regel frühestens im Alter von 50 Jahren von der Pflegebedürftigkeit von (Schwieger-)Elternteilen betroffen, da Pflegebedürftigkeit, wie in Abb. 1 dargestellt, schwerpunktmäßig bei über 75-Jährigen auftritt. Zum anderen treten ab diesem Alter zunehmend eigene Gesundheitsbeschwerden auf [32].

Außerdem wird in der Untersuchung evaluiert, welche Informationsquellen in der Zielgruppe genutzt werden und wie die Qualität der dort erhaltenen Informationen bewertet wird. Abschließend erfolgen Implikationen für die Gesundheitspolitik und die Vermarktung von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen.

Abb. 1
figure 1

Anteil pflegebedürftiger Personen an der deutschen Bevölkerung nach Altersgruppen und Geschlecht – Stand 2005 [23]

3 Datenerhebung und Datengrundlage

Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer anonymen, standardisierten postalischen Befragung von deutschen Privatpersonen, die zwischen der zweiten Jahreshälfte 2010 und Anfang 2011 durchgeführt wurde. Insgesamt wurden 5.000 Adressen von Personen mit einem Echtalter von 50 Jahren und älter per Zufallsauswahl aus der Adressdatenbank eines kommerziellen Adressanbieters (Post Direkt GmbH) gezogen. Die Probanden bekamen einen 4-seitigen Fragebogen zugesandt, der vor allem geschlossene Fragen mit 5-Punkt-Ratingskalen umfasste. Als Anreiz für die Teilnahme an der Befragung wurde eine Verlosung verschiedener Preise durchgeführt.

Insgesamt haben 847 Befragte einen auswertbaren Fragebogen zurückgesandt. Die realisierte Responsequote beträgt rund 17 % und entspricht damit dem üblichen Rücklauf von postalischen Bevölkerungsumfragen, bei denen – wie in unserem Fall – den Befragungsteilnehmern keine materiellen Anreize zur Teilnahme gegeben werden und keine Nachfassaktion erfolgt [14]. Häufig liegen die Rücklaufquoten bei diesen Gegebenheiten unter 10 % der kontaktierten Personen [5].

Von den Probanden in unserer Studie sind 49 % weiblich und 51 % männlich; 48 % sind jünger als 60 Jahre, 30 % im Alter zwischen 60–69 Jahren und 22 % sind 70 Jahre und älter. 43 % waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung bereits verrentet, rund 38 % als Arbeitnehmer oder Beamte und 12 % selbstständig oder freiberuflich tätig. Lediglich knapp 3 % der Befragten sind selbst pflegebedürftig. Allerdings haben knapp 28 % der Befragten pflegebedürftige Angehörige. Mit einem Anteil von 63 % werden vor allem Eltern oder Schwiegereltern gepflegt, pflegebedürftige Partner weisen mit 10 % einen weitaus geringeren Prozentsatz auf. Die Betreuung der pflegebedürftigen Angehörigen erfolgt in knapp 38 % der Fälle durch den Befragten selbst, in 41 % durch andere Angehörige, in rund 36 % wurde ein ambulanter Pflegedienst zusätzlich oder ausschließlich mit der Pflege beauftragt und in 28 % erfolgte eine stationäre Pflege. Wird die pflegebedürftige Person durch einen mobilen oder stationären Pflegeanbieter versorgt, so wird dieser von 3/4 der Befragten selbst ausgewählt.

4 Empirische Ergebnisse

4.1 Interesse an den Themen Gesundheit, Pflege und Pflegebedürftigkeit

Die empirischen Befunde belegen, dass bei den Befragten ein großes Interesse für die untersuchten Themengebiete besteht. So interessieren sich fast 93 % grundsätzlich für medizinische Fragen. Betrachtet man die Relevanz spezifischer Gesundheitsthemen, so zeigt sich, dass Befragte mit einem Interesse für Gesundheitsthemen den Themenkomplexen der Gesundheitsvorsorge und neuen Behandlungsmöglichkeiten eine größere Bedeutung beimessen als rechtlichen und finanziellen Fragen der medizinischen Versorgung oder Informationen zu ärztlichen Notdiensten, die in der Regel erst bei akuten gesundheitlichen Beschwerden benötigt werden (s. Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Interesse der Befragten an ausgewählten Gesundheitsthemen

Die Themen Pflege und Pflegebedürftigkeit im Allgemeinen interessieren immerhin 70,1 % der Befragten. Anders als im Gesundheitskontext wird im Kontext der Pflege rechtlichen und finanziellen Fragen im Durchschnitt die höchste Bedeutung beigemessen. Ein etwas geringeres Interesse besteht für Pflegeleistungen, Betreuungsmöglichkeiten im Pflegefall sowie Informationen über mögliche Beratungsstellen im Pflegefall. Das im Durchschnitt geringste Interesse besteht für das Themengebiet Leben mit Pflege (s. Abb. 3). Dies ist nicht verwunderlich, werden doch Aspekte des alltäglichen Zusammenlebens wie der gemeinsame Urlaub mit Pflegebedürftigen in der Regel erst im konkreten Bedarfsfall relevant, während z. B. die finanzielle Vorsorge für den Pflegefall häufig schon im Vorfeld diskutiert und etwa in Form privater Zusatzversicherungen geregelt wird.

Abb. 3
figure 3

Interesse der Befragten an ausgewählten Pflegethemen

Die Ergebnisse verschiedener t-Tests zeigen zudem auf, dass Befragte, die pflegebedürftige Angehörige in der Familie haben, ein signifikant größeres Interesse für alle untersuchten Pflegethemen haben, als solche, die nicht mit Pflegebedürftigkeit konfrontiert sind (s. Tab. 1).

Tab. 1 t-Tests-Ergebnisse zur Ermittlung der unterschiedlichen Themenrelevanz bei Probanden mit und ohne pflegebedürftige Angehörige

4.2 Nutzung und Bewertung von Informationsmöglichkeiten über Pflege- und Gesundheitsthemen

Haben die Befragten einen Informationsbedarf zu Gesundheitsfragen, so informieren sie sich vor allem in ihrer Apotheke (91 %) oder im Internet (73 %). Etwas seltener werden der Hausarzt und Bücher (jeweils 59 %) sowie Zeitschriften und Gespräche mit Freunden und Bekannten (jeweils 58 %) als Informationsquelle genutzt. Die geringste Bedeutung der untersuchten Informationsmöglichkeiten hat die Krankenkasse, die von immerhin 41 % der Befragten bei Fragen zu Gesundheitsthemen herangezogen wird (s. Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Nutzung und Bewertung von Gesundheitsinformationsquellen

Insbesondere die hohe Bedeutung des Internets ist in diesem Kontext interessant, zeigt doch ein Vergleich mit den empirischen Befunden von Borch und Wagner [3], die auf einer telefonischen Befragung aus dem Jahr 2003 beruhen, dass sich der Anteil der Nutzer von Online-Medien in älteren Zielgruppen seitdem stark erhöht hat. Ein Grund hierfür liegt sicherlich in der zunehmenden Diffusion von Online-Medien in der Bevölkerung, die in den letzten Jahren stark vorangeschritten ist. Darüber hinaus könnten auch die Informationsfülle und -qualität des WWW zu einer steigenden Nutzung dieses Mediums bei Gesundheits- und Pflegefragen geführt haben. So attestieren die Befragten in unserer Studie den im Internet enthaltenen Gesundheitsinformationen eine hohe Qualität und fühlen sich im Durchschnitt am besten durch dieses Medium informiert (Mittelwert = 1,94 auf der Skala von 1 = sehr gut informiert bis 5 = sehr schlecht informiert), dicht gefolgt vom Hausarzt (Mittelwert = 1,95), der Apotheke (Mittelwert = 2,03), Zeitschriften (Mittelwert = 2,07) und Büchern (Mittelwert = 2,08). Etwas schlechter wird die Informationsqualität bei Krankenkassen (Mittelwert = 2,33) und Freunden und Bekannten (Mittelwert = 2,43) bewertet.

Treten Fragen zur Pflege oder Pflegebedürftigkeit auf, dann suchen Betroffene am häufigsten im sozialen Umfeld nach Antworten – insgesamt 57 % der Befragten informieren sich bei Freunden und Bekannten (s. Abb. 5). Zudem spielt auch in diesem Kontext das Internet eine wesentliche Rolle als Informationsquelle. Es wird von 49 % der Befragten zur Information über Pflegethemen genutzt. Einen ähnlichen Stellenwert als Informationsquelle haben in der Zielgruppe 50plus der Hausarzt (48 %) und Zeitschriften (46 %). Wohlfahrtsverbände, die häufig als Betreiber von Pflegediensten und -einrichtungen in Erscheinung treten, haben nur 44 % der Betroffenen als Informationsquelle genutzt. Nur etwa 1/3 lesen bei Fragen zur Pflege und Pflegebedürftigkeit Ratgeber und andere Bücher.

Abb. 5
figure 5

Nutzung und Bewertung von Pflegeinformationsquellen

Betrachtet man die Bewertung der erhaltenen Informationen durch die Probanden, so wird deutlich, dass Freunde und Bekannte, die am häufigsten herangezogene Informationsquelle, am schlechtesten bewertet wird, während die Probanden mit Informationen, die sie von Wohlfahrtsverbänden und ihrem Hausarzt erhalten haben, im Durchschnitt am zufriedensten sind. Die Zufriedenheit mit Informationen aus dem Internet, Büchern und Zeitschriften ist größer als bei Freunden und Bekannten, aber geringer als bei Wohlfahrtsverbänden und Hausärzten.

4.3 Der Einfluss der Zufriedenheit mit Pflegeinformationen auf die Zufriedenheit mit einer Pflegeeinrichtung

Wie wirkt sich aber die Zufriedenheit mit der Information durch Pflegeanbieter auf die Bewertung der Pflegeeinrichtung durch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen aus? Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist bei den von einer Pflege direkt oder indirekt betroffenen Probanden (n = 261) ein PLS-Strukturgleichungsmodell aufgestellt und berechnet worden, das den Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen abbildet. Dabei wird postuliert, dass die Gesamtzufriedenheit mit der Pflegeeinrichtung sich in der Bewertung verschiedener Einzelaspekte der Pflegeleistung reflektiert (s. Abb. 6). Die Zufriedenheit mit Informationen zum Thema Pflege wurde über ein Single-Item gemessen. Das reflektive Messmodell für die Zufriedenheit mit der Pflegeleistung erfüllt alle üblichen Gütekriterien für eine reliable Messung (s. Tab. 2). So übersteigen die Ladungen des Konstrukts auf die Indikatoren den Grenzwert von 0,7, weshalb von einer ausreichend großen Indikatorreliabilität ausgegangen werden kann [22]. Gleiches gilt für die Konstruktreliabilität. So ist die durchschnittlich erklärte Varianz (DEV) größer als 0,5 [24], Cronbach’s Alpha größer als 0,7 [21] und Dillon-Goldstein’s Rho übersteigt den kritischen Wert von 0,6 [2].

Tab. 2 Informationen zum Messmodell der Zufriedenheit mit der Pflegeeinrichtung
Abb. 6
figure 6

PLS-Strukturgleichungsmodell für den Zusammenhang zwischen Zufriedenheit mit Pflegeinformationen und der Zufriedenheit mit Pflegeeinrichtungen

Betrachtet man den untersuchten Zusammenhang auf der Ebene des Strukturmodells, so wird deutlich, dass die Zufriedenheit mit Informationen zum Thema Pflege einen signifikant positiven Einfluss auf die aggregierte (Gesamt-)Zufriedenheit mit der Pflegeeinrichtung hat. Insgesamt lassen sich 8,5 % der Varianz der Gesamtzufriedenheit durch die Bewertung der Informationsqualität durch die Befragten erklären. Zudem verdeutlicht ein durch Blindfolding ermittelter Q2-Wert größer als Null, dass das Modell Prognosevarianz für die Zufriedenheit mit der Pflegeeinrichtung aufweist [11, 33]. Betroffene, die sich zufriedenstellend zum Thema Pflege informiert fühlen, sind also zufriedener mit der von ihnen gewählten Pflegeeinrichtung, wenn auch der Erklärungsbeitrag der Informationszufriedenheit zum Gesamturteil nicht besonders stark ausgeprägt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Informationspolitik eine Zusatzleistung für Pflegedienste darstellt und daher auch keine so großen Erklärungsbeiträge wie die Elemente der Grundleitung (z. B. die medizinische Qualität der Betreuung) auf die Gesamtzufriedenheit haben wird. Daher stand vielmehr die Signifikanzüberprüfung des Einflusses der Informationszufriedenheit auf die Gesamtzufriedenheit bei dieser Analyse im Vordergrund. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass ein signifikanter positiver Einfluss der Informationszufriedenheit auf die Gesamtzufriedenheit besteht. Eine zufriedenstellende Information von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen führt also zu einer Steigerung der generellen Zufriedenheit mit einer Pflegeeinrichtung bzw. eine unzureichende Information verschlechtert die Gesamtzufriedenheit. Gerade Pflegeeinrichtungen, die sich als Qualitätsführer gegenüber ihren Wettbewerbern im Markt positionieren wollen, sollten daher die Informationspolitik gegenüber Patienten und deren Angehörigen nicht vernachlässigen.

4.4 Implikationen für die Vermarktung von Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Zielgruppe 50plus insgesamt ein großes Interesse an Gesundheits- und Pflegeinformationen hat. Hieraus ergeben sich einerseits besondere Potenziale für die Vermarktung von Gesundheits- und Pflegeleistungen. So können Dienstleiter im Gesundheitssektor (z. B. Ärzte, Krankenkassen, Apotheken etc.) und im Pflegesektor (ambulante und stationäre Pflegedienste), die selbst Informationen zu ihren Angeboten anbieten, mit einem relativ großen Interesse aufseiten ihrer Zielgruppe rechnen. Andererseits zeigt sich jedoch auch, dass bei Fragen zu Pflege- und Gesundheitsthemen oft andere, durch die Dienstleistungsunternehmen nicht kontrollierbare Informationsquellen wie das Internet oder Freunde und Bekannte herangezogen werden. Dies ist deshalb problematisch, weil das soziale Umfeld der Betroffenen in der Regel keine Expertise in medizinischen und Pflegefragen aufweist und auch in Online-Medien wie Foren oder unabhängigen Websites in der Regel keine Qualitätskontrolle der angebotenen Informationen gewährleistet werden kann. So kommt [10] eine Metaanalyse von 170 empirischen Studien zur Informationsqualität auf Internetseiten mit Gesundheitsinformationen zu dem Ergebnis, dass 70 % dieser Studien die Informationsqualität im Internet als problematisch einschätzen. Gleichzeitig werden die Informationen im Internet von den Betroffenen selbst jedoch als gut und somit voraussichtlich auch als vertrauenswürdig eingeschätzt [12]. Es besteht deshalb die Gefahr einer falschen oder unvollständigen Beratung und einer daraus resultierenden unzutreffenden Beurteilung des Leistungsangebotes von Ärzten oder Pflegeanbietern. Diese sollten deshalb verstärkt nach Möglichkeiten suchen, ihre Zielgruppen proaktiv über Pflege- und Gesundheitsthemen zu informieren und somit einen Rückgriff der Betroffenen auf andere Informationsquellen zu vermeiden. Zudem wird deutlich, dass Anbieter von Pflegedienstleistungen die Zufriedenheit ihrer Kunden durch ein umfassendes Angebot von relevanten Informationen zum Thema Pflege verbessern können. Eine ähnliche Wirkung könnte auch das Angebot von Gesundheitsinformationen, z. B. durch Ärzte oder Krankenkassen haben.

Ärzte sowie ambulante und stationäre Pflegedienste sollten deshalb einer informativen Marketingkommunikation besondere Beachtung schenken. Möglichkeiten zu einer inhaltlich umfassenden Information stellen zum einen gedruckte Corporate Publishing-Medien, wie z. B. kostenlose (Kunden-)Zeitschriften, Broschüren und Prospekte dar. Diese können sowohl postalisch versendet als auch persönlich übergeben oder in Kliniken, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen ausgelegt werden. Zum anderen können Gesundheits- und Pflegeinformationen sowie Hinweise zum eigenen Leistungsangebot aber auch auf eigenen Websites zugänglich gemacht werden.

Wie die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen, würde eine breite Mehrheit der Befragten die skizzierten Informationsangebote von Ärzten und Pflegediensten insgesamt positiv bewerten. Im Gesundheitskontext (s. Abb. 7) und auch im Pflegebereich (s. Abb. 8) werden Webseiten im Durchschnitt etwas besser bewertet als gedruckte Informationsmedien.

Abb. 7
figure 7

Bewertung von Informationsangeboten durch Ärzte

Online-Informationsangebote werden allerdings in der Praxis insbesondere von ambulanten Pflegediensten eher selten angeboten. Eine regional fokussierte empirische Studie zu Online-Kommunikationsaktivitäten von Pflegediensten in Dresden zeigt, dass im Jahr 2010 lediglich 48 % von ihnen überhaupt über eine eigene Website verfügten, bei den stationären Pflegeeinrichtungen beträgt der Anteil immerhin 84 %. Zudem stellen die Autoren fest, dass die Inhalte der betrachteten Seiten insgesamt stärker auf die Zielgruppen abgestimmt und die Kompetenzen der einzelnen Anbieter aufgezeigt werden sollten. So waren die untersuchten Internetpräsenzen aufgrund eines fast identisch dargestellten Leistungsangebotes kaum voneinander zu unterscheiden. Insbesondere die Darstellung und Erläuterung von Zusatzleistungen ermöglicht es, sich deutlich von Mitbewerbern abzuheben [34].

Abb. 8
figure 8

Bewertung von Informationsangeboten durch Pflegedienste

Die eigenen empirischen Untersuchungsergebnisse zeigen außerdem, dass jeweils ein nicht unwesentlicher Anteil der Befragten (rund 15 bzw. 19 %) das Angebot von Websites mit Gesundheits- bzw. Pflegeinformationen nicht beurteilen konnte. Diese Befunde korrelieren mit Ergebnissen aus anderen (internationalen) empirischen Studien [6, 8, 28]. Dies deutet darauf hin, dass diese Befragten selbst keine oder nur wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien aufweisen. Bei der Umsetzung informativer Marketing-Kommunikationsaktivitäten, die auch auf die Zielgruppe 50plus abzielen, ist deshalb fragwürdig, ob bei einer alleinigen Fokussierung auf das Informationsangebot in Online-Medien alle (potenziellen) Patienten bzw. Pflegebedürftigen erreicht werden können [25]. Wenngleich die Anzahl an Internetnutzern in dieser Altersgruppe in Zukunft voraussichtlich weiter ansteigen wird [18], ist zu berücksichtigen, dass mit zunehmendem Alter die Intensität der Informationsbeschaffung grundsätzlich abnimmt [9, 30, 37]. Dies liegt u. a. daran, dass biologische Veränderungen zu einer Verminderung kognitiver Fähigkeiten bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung führen. Hinzu kommt, dass ältere Personen aufgrund ihres Erfahrungswissens, das sie über Jahre hinweg aufgebaut haben, gepaart mit einer abnehmenden Risikobereitschaft häufig gar nicht an der aktiven Suche nach neuen Informationen interessiert sind [9, 20, 37]. Die Nutzung von Internetportalen, die den sogenannten Pull-Medien zuzuordnen sind, setzen jedoch eine aktive Informationssuche voraus, da der Informationsabruf durch den Rezipienten initiiert werden muss, was durchaus demotivierend wirken kann.

Damit scheinen gedruckte Informationsmittel, wie z. B. Prospekte und kostenlose Zeitschriften, die der Zielgruppe im Push-Modus angeboten wird, eine sinnvolle Ergänzung der Online-Kommunikation darzustellen. Zudem besteht bei gedruckten Informationsmaterialien die Möglichkeit, diese inhaltlich auf divergierende Informationsbedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen anzupassen und Rezipienten jeweils nur die Informationen zu präsentieren, die für sie tatsächlich von Relevanz sind. Eine derartige Differenzierung führt in der Regel zu einer höheren Informationswirkung bei den verschiedenen Rezipientengruppen, die gerade in älteren Alterskohorten aufgrund unterschiedlicher kognitiver Alterungsprozesse vorzufinden sind und eine spezifische Informationsaufbereitung erfordern [20, 30, 37]. In Internetportalen ist hingegen eine a priori Selektion von Informationen nur bedingt möglich, da der Rezipient in der Regel nicht direkt identifizierbar ist.

Im Gesundheitsbereich könnten kostenlose Zeitschriften oder Prospekte beispielsweise weitgehend standardisierte Informationen zur Gesundheitsvorsorge enthalten, wohingegen Inhalte zu Behandlungsmöglichkeiten sowie Krankheitssymptomen und -verläufen auf spezifische Gesundheitsprobleme einzelner Patienten abgestimmt werden sollten. Hinweise zu ärztlichen Notdiensten könnten zudem wohnortbezogen aufbereitet werden. Pflegedienstleister könnten hingegen Inhalte zu Beratungsstellen und lokalen Betreuungsmöglichkeiten auf den Wohnort einzelner Rezipienten oder Rezipientengruppen ausrichten, während Informationen zu rechtlichen und finanziellen Fragen im Pflegefall weitgehend standardisiert präsentiert werden können.

Grundsätzlich sollte bei der Gestaltung der Informationsmaterialen darauf geachtet werden, dass sie keinen werblichen Charakter aufweisen, da hier nicht nur rechtliche Einschränkungen gegeben sind, sondern gerade ältere Personen kommunizierte Leistungsversprechen recht kritisch beurteilen und aufgeführte Leistungsvorteile aufgrund ihres Erfahrungswissens schnell als übertrieben wahrnehmen [18]. In diesem Fall entsteht gegenüber dem Anbieter eine ablehnende Haltung [19]. Hinzu kommt, dass im Rahmen einer anbieterinduzierten Kommunikation eine mehrstufige Vorgehensweise angezeigt ist, bei der zunächst nur Grundlageninformationen zu den oben ermittelten favorisierten Gesundheits- und Pflegethemen angeboten werden, um eine Informationsüberlastung zu vermeiden [15]. In weiteren Kontakten können dann – entsprechend den spezifischen Informationsbedürfnissen der Kunden – weiterführende Detailinformationen über verschiedene Kommunikationskanäle angeboten werden. Bei der Auswahl der Kanäle sind neben den Kosten des Medieneinsatzes auch die Mediennutzung/-ausstattung der Zielpersonen sowie die zu erfüllende Kommunikationsaufgabe zu berücksichtigen. Wie unsere Ergebnisse zeigen, werden zur Information über Gesundheits- und Pflegethemen zahlreiche Informationsquellen und Kommunikationskanäle genutzt, sodass grundsätzlich ein großes Medienspektrum zum Einsatz kommen kann, wenngleich in bestimmten Altersgruppen die Internetnutzung (noch) gering ist.

Durch die Berücksichtigung der Kommunikationsaufgabe bei der Medienwahl soll die Effektivität und Effizienz der Kommunikation sichergestellt werden. Dies wird erreicht, wenn die mediale Reichhaltigkeit im Sinne des Interaktivitäts-, Interaktions-, Individualisierungs- und Sicherheitspotenzial der Kommunikationskanäle der Komplexität der jeweiligen Kommunikationsaufgabe entspricht. So bieten sich beispielsweise zur grundlegenden Information von (potenziellen) Patienten über das Leistungsspektrum eines Gesundheits- oder Pflegedienstleisters weniger reichhaltige Medien, wie z. B. Mailings mit Informationsbroschüren, an, während man beispielsweise bei einem spezifischen Beratungsbedarf auf weitaus reichhaltigere Medien und Kommunikationsformen wie ein persönliches Gespräch oder ein Telefonat zurückgreifen muss, um diese Aufgabe erfolgreich zu erfüllen.

Damit wird deutlich, dass in der Regel verschiedene Informations- und Kommunikationskanäle eingesetzt werden müssen, um den verschiedenen Kommunikationsaufgaben und Mediennutzungspräferenzen der Zielgruppen gerecht zu werden. Dabei sind im Sinne einer integrierten Kommunikationspolitik die verschiedenen Informationskanäle (z. B. Internet, Kundenzeitschriften, Mailings) und -inhalte systematisch aufeinander abzustimmen, um im Rahmen der verschiedenen Kommunikationskontakte eine Irritation der Kommunikationspartner zu vermeiden und einen Informationsmehrwert für sie zu schaffen. Hierdurch lässt sich die Informationszufriedenheit von (potenziellen) Patienten und ihren Angehörigen sicherstellen, die – wie unsere kausalanalytischen Ergebnisse und auch andere Studien zeigen – die Zufriedenheit mit Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen fördert [35]. Zudem können sich durch die Informationszufriedenheit auch positive Imageeffekte für den Anbieter ergeben [35]. Die Informations- und Kommunikationspolitik stellt somit für Ärzte, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen einen Erfolgsfaktor im Wettbewerb mit alternativen Leistungsanbietern dar, der nicht vernachlässigt werden sollte.