1 Einleitung

Im Zuge der Gesundheitsreformen werden Ärzte und andere Angehörige der Heilberufe, in diesem Zusammenhang auch das medizinische Fachpersonal, zunehmend mit veränderten Rahmenbedingungen konfrontiert: So wurden in den vergangenen Jahren beispielsweise die Patientenrechte gestärkt und die Ärzte zur Qualitätssicherung, Evidenzbasierung und Transparenz ihres Handelns verpflichtet. Durch Budgetierungen bzw. durch die pauschalierte Honorierung nach erbrachten Leistungen, welche sich nach Diagnosen, Krankheitsmerkmalen und Fallzahlen ausrichten, wird zudem der Wettbewerb unter den Leistungserbringern und den einzelnen Berufsgruppen verstärkt, insbesondere zwischen Haus- und Fachärzten. Dem tatsächlichen Aufwand der ärztlichen Tätigkeit werden die Konzepte jedoch nicht gerecht [5]. Wirtschaftliches und ethisches Handeln stehen im dauerhaften Konflikt, denn das aktuelle Honorarsystem für Niedergelassene fördert den Durchlauf einer hohen Patientenzahl, wobei die Leistungen eher gering zu halten sind [5]. Eine hohe Fallzahl geht jedoch zugleich mit einer Steigerung der Dokumentations- und Verwaltungspflichten nicht nur aufseiten der Ärzte, sondern auch im Hinblick auf das medizinische Fachpersonal einher. So ergab eine Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die im Jahr 2005 durchgeführt wurde und bei welcher die Gruppe der Hausärzte überwiegend vertreten war, dass der wöchentliche Aufwand für das Erheben und Quittieren der Praxisgebühr sowie anfallender Mahnverfahren, für die Bearbeitung von Kassen- und sonstigen Anfragen, das Erstellen von Bescheinigungen, die Dokumentation von „Disease-management“-Programmen (DMP) sowie von Praxisbegehungen durch die Gesundheitsämter und Bezirksregierungen als erheblich einzustufen ist [12]. Die Spitzenstellung hinsichtlich des bürokratischen Aufwands nahmen der Umfrage zufolge die Tätigkeiten rund um die Praxisgebühr ein – ein Bereich, der v. a. den Zeitbedarf des medizinischen Personals steigern dürfte –, gefolgt von den Dokumentationen im Rahmen der DMP, die wiederum die Ärzte zeitlich stärker belasten. Laut GfK-Ärzteklima-Index des zweiten Quartals 2007 mussten die Hausärzte für Verwaltungs- und Dokumentationstätigkeiten bereits etwa ein Viertel ihrer Arbeitszeit aufbringen [4]. Nach Auffassung von Ärztevertretern könnten diese zunehmenden Anforderungen jedoch nicht nur einem zusätzlichen Arbeitszeitaufwand gleichkommen, sondern sich letztlich auch negativ auf die Patientenversorgung auswirken [10]. Diesbezüglich wäre zunächst festzustellen, welche Tätigkeiten Ärzte und medizinisches Fachpersonal im Einzelnen verrichten und welchen Zeitaufwand die jeweiligen Tätigkeiten erfordern.

Zur Klärung dieser Frage kann eine Arbeitszeitanalyse Aufschluss geben. An Methoden zur Erfassung zeitlicher Dimensionen von Arbeitsabläufen im ärztlichen Bereich stehen im Wesentlichen die Datenerhebung mithilfe derSelbstbeobachtung sowie derFremdbeobachtung zur Verfügung. Erstere stützt sich vorwiegend auf Fragebogen, Interviews, Onlinebefragungen, „Paper-pencil“-Verfahren und ähnliche, Letztere insbesondere auf dieZeit-Bewegung-Analyse („time and motion analysis”) und dieMultimomentaufnahme („work-sampling method“; [1,17]).

Beim Verfahren derZeit-Bewegung-Analyse, welches auf den Grundüberlegungen von Frederick Winslow Taylor 1881 basiert, handelt es sich um eine Vollerhebungstechnik, mit welcher der Zeitbedarf einzelner Arbeitsschritte direkt bestimmt werden kann. Die Arbeitsabläufe sowie die dafür benötigte Zeit werden von einem geschulten Beobachter den vordefinierten Kategorien zugeordnet und dokumentiert [17,19]. Für jede zu beobachtende Person wird dabei im Regelfall ein Beobachter notwendig. Mit derMultimomentaufnahme, deren Anfänge auf Tippett (1935) zurückgehen, können zeitliche Dimensionen von Arbeitsabläufen bestimmt werden [20]. Hierzu werden die Häufigkeit und Zeitdauer vorab kategorisierter Arbeitsabläufe durch geschulte Beobachter in festgelegten Zeitintervallen stichprobenartig festgehalten. Statistische Verfahren erlauben anschließend, basierend auf den Stichproben, die Erfassung des Zeitaufwands für die einzelnen Kategorien als prozentualen Mittelwert. Die Exaktheit der Untersuchungsergebnisse hängt dabei stark von der Zahl der Einzelbeobachtungen ab [17]. Zur Selbstbeobachtung wird überwiegend dieFragebogenmethode verwendet, die sich insbesondere zur Erfassung subjektiver Einschätzungen in einer großen Stichprobe empfiehlt. Alle genannten Datenerhebungsmethoden zeigen Vor- und Nachteile, auf die hier im Einzelnen nicht eingegangen werden kann. Die Wichtigsten sind in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Vor- und Nachteile von Methoden zur Arbeitszeitanalyse

2 Stand der Forschung

Wie oben dargelegt, haben sich die Rahmenbedingungen der ärztlichen Tätigkeit sowie des medizinischen Fachpersonals aufgrund von gesundheitspolitischen Veränderungen stark gewandelt, was sich zentral in der stetigen Zunahme bürokratischer Aufgaben niederschlägt. Bisher liegen im deutschsprachigen Raum jedoch nur wenige Studien vor, die sich mit einer entsprechenden Thematik auseinandersetzen. Die überwiegende Anzahl derartiger Untersuchungen fokussiert auf Dokumentations- und Verwaltungstätigkeiten, die Quantifizierung der Bürokratiekosten, auf mögliche Kostentreiber sowie auf die Berufszufriedenheit von Ärzten [24,7,9,11,18]. Im Mittelpunkt stehen vorwiegend Krankenhausärzte sowie das dazugehörige medizinische Personal. Entsprechende Studienergebnisse zeigen, dass der Zeitaufwand für Verwaltungstätigkeiten und Dokumentationspflichten bei Klinikärzten je nach deren fachlicher Ausrichtung variiert. Die stationären Arbeitsbedingungen unterscheiden sich grundlegend von denen niedergelassener Ärzte, weshalb sich die Studienergebnisse aus Untersuchungen an Kliniken auch nicht ohne Weiteres auf die Verhältnisse bei Niedergelassenen übertragen lassen. Letztere sind jedoch gerade durch Neuerungen betroffen, wie die Einführung der DMP und der integrierten Versorgung (IV), welche entsprechende Konsequenzen im Hinblick auf den bürokratischen Aufwand für den niedergelassenen Bereich nach sich ziehen. Beispielhaft hierfür stehen die DMP: Eine Umfrage der KBV aus dem Jahr 2005 ermittelte diesbezüglich einen Zeitaufwand für die Einschreibung und Erstdokumentation eines Patienten in ein DMP von je 10–15 min, je nach Diagnose, für die Folgedokumentation sowie die Korrektur zurückgewiesener Bögen 5–10 min, ebenfalls in Abhängigkeit von der Diagnose [12]. Ähnliche Verhältnisse ergeben sich bezüglich diverser Kassenanfragen, für sonstige Anfragen, Bescheinigungen, Gutachten, das Erstellen von Attesten etc. Deutsche Hausärzte nehmen nicht ohne Grund sowohl im Hinblick auf die Arbeitszeit als auch auf bürokratische Tätigkeiten im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein [7]. Die Arbeitszeiten Niedergelassener belaufen sich hierzulande auf ca. 51 Wochenstunden, wobei der wöchentliche Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand mit 6,8 h beziffert wird [13].

3 Ziel der Studie

Bislang wurde das gesamte Aufwandsspektrum der Niedergelassenen in Bezug auf abhängige Faktoren, wie z. B. Patientenzahlen, Praxisstruktur und Verwendung von Praxismanagementsystemen, noch nicht untersucht. In diese Forschungslücke will die vorliegende Pilotstudie stoßen, indem sie einen Einblick in diese Zusammenhänge gewährt. Im Anschluss daran wäre es dann möglich, den gestiegenen Verwaltungsaufwand in Relation zur Arbeit am Patienten zu beleuchten. Mit ihrer Fragestellung greift die vorliegende Studie daher ein Thema von aktueller gesundheitspolitischer Relevanz auf. Den Autoren sind für den deutschsprachigen Raum allerdings nur 2 Studien aus dem stationären Bereich bekannt, welche der vorliegenden Pilotuntersuchung im Hinblick auf die Problemstellung ähneln [3,18]. Was niedergelassene Ärzte anbelangt, haben sich entsprechende Untersuchungen – wenn überhaupt – bislang ausschließlich auf Verwaltungstätigkeiten und speziell auf die Quantifizierung von Bürokratiekosten, Kostentreibern und die Berufszufriedenheit konzentriert, nicht jedoch auf das gesamte Tätigkeitsspektrum der Ärzte [2,4,7,12,21,22]. Studien, die sich i. Allg. mit den Tätigkeiten des medizinischen Fachpersonals von Niedergelassenen beschäftigen, stellen hingegen ein Desiderat dar. Das Ziel der vorliegenden Pilotstudie ist es daher, die Verteilung verschiedener patientennaher Tätigkeiten aus dem beruflichen Alltag niedergelassener Hausärzte zu ermitteln und darüber hinaus festzustellen, welchen Umfang die genannten Tätigkeiten zudem beim ärztlichen Fachpersonal einnehmen.

4 Material und Methoden

Als Untersuchungsgruppe dienten Praxen niedergelassener Hausärzte. Der Begriff Hausarzt stellt keine Facharztbezeichnung dar, sondern wird durch dessen Tätigkeitsbereiche im Sinne des § 73 Abs. 1a Satz 1 und 2 SGB V definiertFootnote 1. Hierzu zählen Allgemeinärzte und Ärzte ohne Gebietsbezeichnung sowie Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung. An der Untersuchung nahmen 3 Arztpraxen (2 Ärzte für Allgemeinmedizin und ein Internist sowie insgesamt 9 medizinische Fachangestellte) teil. Die Praxen lagen in 3 Städten (3354 bis 19.112 Einwohner) im Landkreis Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) im ländlichen Raum der BRD. Die Datenerhebung erfolgte in der Zeit vom 26.05.2008 bis zum 19.06.2008. Für jede Praxis wurden 2 Beobachtungstage angesetzt. Da sowohl der Freitag als auch der Montag einer starken Patientenverschiebung unterliegen, welche durch das Wochenende bedingt wird, wurden jeweils der Dienstag und der Donnerstag zur Datenerhebung ausgewählt. Als Beobachtungszeiträume dienten die morgendliche Sprechstunde von 8.00–11.00 h und die Nachmittagssprechstunde von 17.00–18.00 h.

Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile (Tab. 1) schien für die vorliegende Studie die Anwendung derMultimomentaufnahme in einer modifizierten Form das geeignetste Verfahren. Dafür sprechen folgende Gründe: Es sollen Informationen über die patientenorientierten und verwaltungsbedingten Tätigkeiten von Hausärzten und deren medizinischem Fachpersonal gesammelt und im Hinblick auf die prozentuale Verteilung über den Arbeitstag ausgewertet werden. Für eine entsprechend explorative Vorgehensweise bietet dieMultimomentaufnahme gegenüber derZeit-Bewegung-Analyse den geeigneteren Rahmen. Darüber hinaus stellte die Kosteneffizienz einen bedeutenden Faktor dar, welcher durch den geringen personellen Aufwand bei derMultimomentaufnahme gewährleistet werden kann. Ein weiteres Entscheidungskriterium war zudem die zeitliche Flexibilität hinsichtlich der Erhebung und Auswertung der Daten. Eine Modifikation des Verfahrens erlaubt darüber hinaus die Wahrung des Datenschutzes sowie des Arztgeheimnisses: Zu diesem Zweck wurde dieMultimomentaufnahme mit einemSelbstbeobachtungsverfahren kombiniert. Damit wurden zwar mögliche methodenimmanente Verfälschungen desSelbstbeobachtungsverfahrens in Kauf genommen, zugleich blieb jedoch die erforderliche Diskretion gewahrt.

Basierend auf einer Literaturrecherche wurden patientenbezogene ärztliche (Tab. 2) sowie nichtärztliche Tätigkeiten in einem ersten Schritt in disjunkte Kategorien eingeteilt (Tab. 3). Mithilfe der gefundenen Kategorien wurden Beobachtungsbogen zur Dokumentation der jeweiligen patientenbezogenen Tätigkeiten sowie der hierfür benötigten Zeiten erstellt. Um der Komplexität patientenbezogener Tätigkeiten angemessen Rechnung tragen zu können, waren Mehrfachnennungen erlaubt. Wie oben dargelegt, erfolgte die kategoriale Zuordnung der patientenbezogenen Tätigkeiten aus Datenschutzgründen nicht durch einen externen Beobachter, sondern durch den Arzt bzw. das Fachpersonal selbst. Der Zeitaufwand pro Patientenkontakt wurde durch einen externen Beobachter (Erstautor der Studie) mit einer Stoppuhr erfasst und dokumentiert. Die Zeitmessung begann mit dem Eintreten des Patienten ins Sprechzimmer und endete mit dem Verlassen desselben. In analoger Weise wurde der Zeitbedarf für Tätigkeiten des Fachpersonals erhoben. Im Hinblick auf ärztliche Hausbesuche wurden zusätzlich die benötigte An- und Rückfahrtzeit des Arztes berücksichtigt.

Tab. 2 Kategorisierung patientenbezogener ärztlicher Tätigkeiten
Tab. 3 Kategorisierung patientenbezogener nichtärztlicher Tätigkeiten

Dem explorativen Charakter der Studie und der geringen Zahl an Beobachtungen in den einzelnen Kategorien zufolge wurden die Untersuchungsergebnisse nur deskriptiv dargestellt. Auf eine inferenzstatistische Auswertung wurde hingegen verzichtet.

In jeder Praxis wurde zudem noch ein Fragebogen ausgefüllt, mit dem einerseits die Personalstruktur, die EDV-Praxisausstattung, das Einzugsgebiet (Einwohnerzahl), der durchschnittliche Patientendurchsatz pro Tag, der prozentuale Anteil an Privatpatienten sowie Zusatzangebote der jeweiligen Praxis abgefragt wurden. Andererseits wurden in dem Fragebogen die einzelnen Verwaltungstätigkeiten und deren zeitliche Verteilung auf die Ärzte bzw. das medizinische Fachpersonal erhoben.

5 Ergebnisse

Für den ärztlichen Tätigkeitsbereich konnten 98 Patientenkontakte mit insgesamt 274 Beobachtungsereignissen ausgewertet werden. Für das medizinische Fachpersonal wurden im gleichen Zeitraum 267 Patientenkontakte mit 302 beobachteten Ereignissen erhoben. Die Diskrepanz zwischen den ärztlichen und nichtärztlichen Patientenkontakten ergibt sich infolge eigenständig erbrachter Leistungen seitens des medizinischen Fachpersonals.

Es fanden 85,7 % (n = 84) aller Patientenkontakte in der Praxis statt; auf Telefonsprechstunden und Hausbesuche entfielen jeweils 7,1 % der Arztkontakte. Durchschnittlich benötigten die Ärzte 8 min 20 s für eine Praxiskonsultation. Ein Hausbesuch erforderte inklusive An- und Rückfahrt im Durchschnitt 10 min 34 s; eine Telefonsprechstunde dauerte durchschnittlich 2 min 38 s (Tab. 4).

Tab. 4 Häufigkeiten und Zeitaufwand für patientenbezogene ärztliche Tätigkeiten

Hausbesuche und Telefonsprechstunden wurden wegen der geringen Zahl beobachteter Ereignisse nicht weiter aufgeschlüsselt. Die Analyse der Praxiskonsultationen zeigt, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eineAnamnese erhoben (75,5 %; n = 74), eineUntersuchung durchgeführt (72,4 %; n = 71) sowie eineBefundzusammenfassung/Therapieplanung (61,2 %; n = 60) erstellt wurde (Mehrfachnennungen).

EineTherapie wurde bei rund der Hälfte (51,0 %; n = 50) aller Praxiskonsultationen eingeleitet (Abb. 1); bei etwas mehr als einem Drittel (35,7 %) der Patienten wurde eineDiagnostik (Anamnese und/oder Untersuchung) durchgeführt, und es fand eineBefundzusammenfassung/Therapieplanung statt. Bei knapp einem Viertel (23,5 %) der Arztkontakte wurden die BereicheDiagnostik, Befundzusammenfassung/Therapieplanung undTherapie kombiniert. Nur bei einem geringfügigen Anteil aller Konsultationen (14,3 %) konnte die Tätigkeit nur einer Beobachtungskategorie zugeordnet werden (Tab. 4). Bezüglich des Zeitaufwands nahm die KombinationDiagnostik, Befundzusammenfassung/Therapieplanung und Therapie mit 11 min 18 s die Spitzenstellung ein, gefolgt von der KombinationDiagnostik, Befundzusammenfassung/Therapieplanung mit 8 min 36 s (Tab. 4).

Abb. 1
figure 1

Aufschlüsselung der Patientenkontakte in der ärztlichen Praxis (n = 84) nach Beobachtungskategorien (Mehrfachnennungen)

Verglichen mit den Ärzten hatte das medizinische Fachpersonal fast dreimal so häufig Patientenkontakte (98 vs. 267). Davon sind etwa zwei Drittel (65,5 %; n = 175) dem TätigkeitsbereichPatientenempfang/Organisation zuzuordnen. Bei knapp einem Drittel der Patientenkontakte (32,9 %; n = 88) führte das Fachpersonal selbstständig eineUntersuchung und bei 13,1 % (n = 35) eineTherapie durch (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Aufschlüsselung der Patientenkontakte (n = 267) mit dem medizinischen Fachpersonal (Mehrfachnennungen)

Bezüglich des Fachpersonals gab es nur selten Patientenkontakte mit Kombinationen von Arbeitsabläufen verschiedener Beobachtungskategorien (Tab. 5). Durchschnittlich wendete das Fachpersonal 3,5 min (3 min 33 s)/Patientenkontakt auf.

Tab. 5 Häufigkeiten und Zeitaufwand für patientenbezogene Tätigkeiten des medizinischen Fachpersonals

Mit rund 9 min nahmen die Kombinationen Patientenempfang/Organisation, Untersuchung und Therapie (8 min 54 s) sowie Patientenempfang/Organisation und Untersuchung (8 min 56 s) die meiste Zeit in Anspruch. Therapie und Patientenempfang/Organisation erforderten mit 2 min 12 s bzw. mit 2 min 32 s beim Fachpersonal den geringsten Zeitaufwand.

Addiert man den zeitlichen Aufwand für sämtliche ärztlichen Praxiskontakte (85,7 %) sowie jenen für die Telefonsprechstunden (7,1 %) und Hausbesuche (7,1 %), dann bedeutet dies, dass ein niedergelassener Arzt insgesamt ca. 99,9 % seiner Arbeitszeit für patientennahe Tätigkeiten, wieDiagnostik,Befund/Therapieplanung undTherapie aufwendet. Dem stehen aufseiten des medizinischen Fachpersonals 34,5 % der Gesamtarbeitszeit gegenüber, die auf entsprechende Tätigkeiten entfallen.

Rechnet man die durchschnittlich benötigte Zeit von 8 min 20 s/Praxiskonsultation – Hausbesuche und telefonische Beratung bleiben dabei wegen ihrer Geringfügigkeit unberücksichtigt – bei 98 Patientenkontakten und 2 Beobachtungstagen auf Stunden hoch, resultiert daraus, dass ein Arzt pro Arbeitstag rund 6,8 h für die oben beschriebenen patientennahen Tätigkeiten aufwendet. Legt man zudem die 51 Wochenstunden zugrunde, die Koch et al. als durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Niedergelassenen ermittelten [13], dann arbeitet ein deutscher Hausarzt rund 10,2 h/Arbeitstag. Wenn demzufolge 6,8 h/Arbeitstag auf patientennahe Tätigkeiten entfallen, so bedeutet dies im Umkehrschluss, dass Ärzte etwa 3,4 h/Arbeitstag (17,0 h/Woche) für andere als patientennahe Tätigkeiten aufwenden, wie z. B. die Erledigung von Verwaltungs- und Dokumentationspflichten, Teambesprechungen etc. Welche Tätigkeiten genau in dieser Zeit verrichtet werden und wie sich diese auf die Zeit verteilen, müsste in einer anderen Studie untersucht werden.

Rechnet man wiederum den zeitlichen Aufwand für Patientenkontakte seitens des medizinischen Personals in Stunden um (7,9 h), dann entsprechen diese annähernd einem 8-h-Arbeitstag. Davon werden den Studienergebnissen zufolge für Tätigkeiten, wiePatientenempfang/Organisation, rund zwei Drittel aufgewendet. Auf patientennahe Tätigkeiten, wieUntersuchung und/oderTherapie, entfallen hingegen nur etwa ein Drittel der Arbeitszeit. Demzufolge ist der Berufsalltag des medizinischen Personals zu einem höheren Anteil von Tätigkeiten geprägt, die eher dem Verwaltungsbereich zuzuordnen sind, als von Aufgaben, die einen medizinischen Hintergrund haben.

Letztendlich wurden die Evaluierungsbogen zur Erhebung der jeweiligen Praxisverhältnisse und Verwaltungstätigkeiten nicht im Einzelnen statistisch ausgewertet, jedoch ermöglichen sie einen gewissen Vergleich der 3 untersuchten Praxen untereinander. Es kann hier nicht auf alle Punkte eingegangen werden, dennoch sind die beiden Folgenden erwähnenswert: Insgesamt wurden 17 Einzelpunkte zu Bürotätigkeiten, Inventar, praxisspezifischen Tätigkeiten [DMP-Protokolle, Abrechnungen der gesetzlichen (GKV) und privaten (PKV) Kankenversicherungen], personalspezifischen Tätigkeiten (Mitarbeiterkonferenz etc.) und Patientenorganisation abgefragt. Darunter werden 12 Einzelpunkte von den 3 Praxen völlig unterschiedlich gehandhabt (ausschließlich vom Arzt bzw. vom Personal oder von beiden ausgeführt, gar nicht ausgeführt oder ausgelagert). So bietet beispielsweise eine Praxis DMP gar nicht an, in der anderen werden die Protokolle vom Arzt geschrieben, in der dritten wurde diese Aufgabe outgesourct. Allen Praxen gemeinsam ist jedoch z. B., dass allgemeine Bürotätigkeiten nicht nur vom medizinischen Personal, sondern mit einem Zeitaufwand zwischen 20 und 60 min/Tag auch von den Ärzten ausgeführt werden. Hier zeigen sich eindeutige Überschneidungen zwischen beiden Berufsgruppen.

6 Diskussion

Die vorliegende Pilotstudie hatte zum Ziel, einen ersten Einblick in die Verteilung patientennaher Tätigkeitsbereiche und den jeweils dafür benötigten Zeitaufwand bei niedergelassenen Hausärzten und dessen medizinischem Fachpersonal zu vermitteln. Gegenüber Telefonsprechstunden und Hausbesuchen stand dabei der direkte Praxiskontakt im Vordergrund: So verwendete ein Arzt während der Praxiskonsultation durchschnittlich ca. 8½ min auf einen Patienten; dem stand die Telefonsprechstunde mit ca. 2½ min gegenüber. Hausbesuche beanspruchten inklusive An- und Rückfahrt im Durchschnitt ca. 10½ min. Der verhältnismäßig geringe zeitliche Mehraufwand bei einem Hausbesuch gegenüber einer Praxiskonsultation erklärt sich dadurch, dass der Arzt in der Regel mehrere Patienten hintereinander aufsucht, ohne zwischenzeitlich zur Praxis zurückzukehren. Insgesamt betrachtet fielen sowohl Hausbesuche als auch Telefonsprechstunden mit durchschnittlich je 3,5/Beobachtungstag vergleichsweise selten an. In Webers Untersuchung von 1996 gaben 76 % der befragten deutschen Allgemeinärzte an, dass mehr als 15 Patientenkontakte/Woche bei Hausbesuchen durchgeführt wurden, was dem Ergebnis der vorliegenden Studie mit rund 17,5 Hausbesuchen/Woche entspricht [23]. Die Telefonkontakte variieren hingegen innerhalb Europas: So konstatierte Weber bei der Hälfte der spanischen Allgemeinärzte 2 Telefonate/Tag, wohingegen dänische Ärzte überwiegend mehr als 10-mal, 16 % sogar mehr als 20-mal täglich telefonische Beratungen durchführten [23]. Auch, was die Zahl der Patientenkontakte in der Arztpraxis anbelangt, bestätigt die vorliegende Studie mit 98 Arztkonsultationen in der Praxis in 2 Beobachtungstagen die Ergebnisse von Webers Untersuchung. Dieser gab für 62 % der von ihm befragten deutschen Allgemeinärzte mehr als 40 tägliche Praxiskontakte an [23].

Im Hinblick auf die benötigte Zeit pro Patientenkontakt ermittelten Koch et al. in ihrer Studie aus dem Jahr 2007 ähnliche Verhältnisse, wie sie die vorliegende Untersuchung widerspiegelt [13]: Koch et al. stellten anhand einerFragebogenerhebung fest, dass bei 66 % der deutschen Ärzte der mittlere Patientenkontakt weniger als 10 min und bei 87 % weniger als 15 min in Anspruch nimmt. Bei zugrunde liegenden 51 Wochenstunden eines Arztes entfielen in derselben Untersuchung 86,7 % auf patientennahe Tätigkeiten, 13,3 % wurden für Verwaltungs- und Dokumentationspflichten aufgewendet. Der vorliegenden Studie zufolge nehmen die patientennahen Praxiskontakte 85,7 % der gesamten Arbeitszeit ein, was der Erhebung von Koch et al. annähernd gleichkommt. Bezieht man Telefonsprechstunden und Hausbesuche mit ein, erhöht sich der Wert der vorliegenden Untersuchung auf ca. 99,9 %. Allerdings geht aus der Untersuchung von Koch et al. nicht hervor, ob sie Entsprechendes in ihrer Erhebung berücksichtigten, weshalb sich die Studienergebnisse diesbezüglich auch nur bedingt miteinander vergleichen lassen. Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 2005 zeigte insgesamt einen Anteil an patientennahen Tätigkeiten bei Hausärzten von 92,3 % auf [8]. Die Aufgaben verteilten sich dabei zu 54,9 % auf den direkten Patientenkontakt, zu 14,5 % auf visitenspezifische Tätigkeiten außerhalb des Arztzimmers und zu 22,9 % auf ärztliche Tätigkeiten außerhalb des Sprechzimmers, ohne dass der Patient direkt anwesend war. Der Ärzteklima-Index des zweiten Quartals 2007 kam dagegen zu dem Schluss, dass Hausärzte rund 25 % ihrer Gesamtarbeitszeit mit der Verwaltung und Organisation ihrer Praxen zubringen würden und etwa 75 % ihrer Arbeitszeit auf den direkten Patientenkontakt verwendeten [4]. Da sich sowohl das Aufgabenspektrum als auch die Personalstruktur und Praxisausstattung des Niedergelassenen im Vergleich zum Kliniker deutlich unterscheiden, weichen Studienergebnisse von Untersuchungen, die sich mit den Verhältnissen in Krankenhäusern befassen, erheblich von jenen der vorliegenden Studie ab: So fand beispielsweise Mayer im Jahr 2006, dass die Administration bei Klinikärzten einen prozentualen Anteil von 34 % der Gesamtarbeitszeit einnimmt; auf ärztliche Tätigkeiten entfielen 58 % sowie auf Forschung und Lehre 8 % [15]. In 2 weiteren Studien standen nicht die patientennahen Aufgaben der Ärzte im Vordergrund, sondern die patientenbezogenen Dokumentationspflichten: Blum und Müller führten 2003 eine Erhebung bei Klinikärzten der Allgemeinchirurgie und inneren Medizin durch [3]. Sie konstatierten für die Gesamtdokumentation einen Aufwand von 40,6 % der Arbeitszeit. Spötl ermittelte 2007 bei österreichischen Spitalsärzten einen prozentualen Anteil der Gesamtarbeitszeit von 27,6 % für die Patientenbetreuung und einen fast identischen Anteil von 27,8 % für die Dokumentation [18]. Überstunden hatte er im Gegensatz zu Blum und Müller nicht in die Erhebung einbezogen, weshalb der Autor den tatsächlichen Gesamtdokumentationsaufwand unter Beachtung der Überstunden auf etwa 31,6–33,6 % kalkulierte.

Was die ermittelten Werte für das medizinische Fachpersonal anbelangt, gibt es zur vorliegenden Pilotstudie keine vergleichbaren Untersuchungen. Insofern können hieraus keine Schlüsse gezogen werden, in welchem Umfang sich möglicherweise die Tätigkeitsbereiche des medizinischen Personals in den vergangenen Jahren aufgrund von Umstrukturierungsprozessen im Gesundheitswesen bereits verschoben haben. Eine Longitudinalstudie, die sich mit den Veränderungen der stationären Arbeitsstrukturen in der Pflege seit der Einführung der „diagnosis related groups“ (DRG) beschäftigt, weist darauf hin, dass sich – neben einer allgemeinen Steigerung der Arbeitsintensität – die Tätigkeitsanteile des Pflegepersonals verschoben haben [9]. So nahmen sowohl die Pflegetätigkeit als auch die Pflegeorganisation/Dokumentation z. T. erheblich ab, wohingegen die Mitarbeit bei ärztlichen Tätigkeiten und Administrationen deutlich stiegen. Es erscheint daher angebracht, die Verteilung der Aufgabenschwerpunkte des medizinischen Fachpersonals näher zu durchleuchten und mögliche Veränderungen über einen längeren Zeitraum zu beobachten und dokumentieren.

Ein weiterer Aspekt, welcher sich in Relation zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie setzen lässt, erweist sich als sehr interessant: In der eingangs bereits erwähnten Umfrage der KBV aus dem Jahr 2005 wurde u. a.. auch der jeweilige Zeitaufwand für verschiedene bürokratische Anforderungen in Arztpraxen erhoben. Dabei ergaben sich Bearbeitungszeiten von durchschnittlich 10 min für Kassenanfragen, 15 min für sonstige Anfragen und Bescheinigungen, für das Einschreiben eines Patienten in ein DMP und die Erstdokumentation je 10–15 min sowie für die Folgedokumentation und die Korrektur zurückgewiesener Bogen 5–10 min, je nach Diagnose [12]. Auffallend ist dabei, dass sämtliche genannten bürokratischen Tätigkeiten den durchschnittlichen Zeitaufwand von ca. 8½ min/Arztkonsultation in der Praxis, wie er in der vorliegenden Studie ermittelt wurde, überschreiten. Allerdings fallen entsprechende bürokratische Tätigkeiten nicht im Zusammenhang mit jedem Patientenbesuch an, dennoch bleibt der Eindruck bestehen, dass hier die Verhältnismäßigkeit nur mit Einschränkungen gewahrt ist. Das Erheben und Quittieren der Praxisgebühr (im Schnitt 50 Quittungen/Woche) erfordert laut Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung rund 3, das Einleiten eines diesbezüglichen Mahnverfahrens sogar 4 min [12]. Dies entspricht in etwa der Zeit, die das medizinische Fachpersonal gemäß der vorliegenden Studie im Durchschnitt für einen Patientenkontakt aufwenden muss.

Gerade Neuerungen, wie die Einführung der DMP und der Praxisgebühr, scheinen deutliche Zeitfaktoren und damit Kostentreiber darzustellen. Darauf deutet auch die vorliegende Studie hin. In Tab. 4 und5 ist zu erkennen, dass die PunkteDiagnostik/Befund/Therapie bei den Ärzten und derPatientenempfang beim medizinischen Fachpersonal hohe statistische Schwankungen aufweisen. Diesbezüglich können die Erhebungsfragebogen über die Ausführung von Verwaltungstätigkeiten der untersuchten Praxen voraussichtlich Aufschlüsse bieten. So zeigt sich daran beispielsweise, dass in einer Praxis DMP nicht angeboten werden, in der anderen Praxis liegt dieser Bereich in den Händen des Arztes und in der dritten wurde er outgesourct. Da gerade die Erstdokumentation – wie oben dargelegt – einen beachtlichen Zeitaufwand mit sich bringt, können diese Unterschiede mit zu den genannten statistischen Schwankungen beitragen. Auch ein weiterer zeitintensiver Faktor, die Erhebung der Praxisgebühr, wird in den 3 Praxen unterschiedlich gehandhabt. So wird diese einmal vom Arzt selbst, in den anderen beiden Praxen vom medizinischen Personal eingezogen. Auch hierin könnte eine Erklärung für die Schwankungsbreite zu suchen sein. Darüber hinaus bieten die Praxen sehr unterschiedliche Zusatzleistungen an, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können, sich jedoch ebenfalls sowohl imBereich Diagnostik/Befund/Therapie als auch imPatientenempfang niederschlagen könnten. Eine gesonderte statistische Auswertung der Fragebogen könnte diesbezüglich noch weitere wesentliche Zeitfaktoren und Kostentreiber aufdecken. Es scheint daher erforderlich, das gesamte Aufwandsspektrum von Niedergelassenen und deren Personal in Bezug auf abhängige Faktoren, wie z. B. Patientenzahlen, Praxisstruktur, Verwendung von Praxismanagementsystemen, Zusatzangebote, die exakte Verteilung von Bürotätigkeiten, Abrechnungsmodalitäten usw., zu hinterfragen. Um exakte Daten erhalten zu können, sollte dabei, wie die vorliegende Studie zeigt, ein besonderes Augenmerk auf die Einheitlichkeit der Praxen bzw. auf die Einheitlichkeit von deren Praxisgepflogenheiten gelegt werden. So unterschiedlich diesbezüglich die Gewohnheiten der hier untersuchten 3 Praxen auch sein mögen, so haben alle eines gemeinsam, dass gerade im Bereich allgemeiner Bürotätigkeiten eine erhebliche Zeitlast auf den Schultern der Ärzte liegt. Dieser Punkt scheint wiederum Ansatzmöglichkeiten für Entlastungen und somit Kostensenkungen zu bieten.

Im Hinblick auf etwaige methodische Limitationen des hier gewählten Ansatzes wurden in Tab. 1 die Vor- und Nachteile der eingangs beschriebenen Methoden der Arbeitszeitanalyse zusammenfassend dargestellt. Im Vergleich zurZeit-Bewegung-Analyse liegen – aufgrund der geringeren Zahl von Beobachtungen in der vorliegenden Studie – die Vorteile derMultimomentaufnahme in einem niedrigeren personellen, zeitlichen und kostentechnischen Aufwand sowie in einer höheren Flexibilität in Bezug auf die praktische Durchführung der Untersuchung. Einen Nachteil stellt jedoch die gewisse statistische Unsicherheit dar, welche mit dieser Methode einhergeht [17]. Eine große Stichprobe mit relativ geringem Personal-, Zeit- und Kostenaufwand zu untersuchen, bietet dagegen dieFragebogenmethode. Da Fragebogen anonym bearbeitet werden können, lassen sich Datenschutzbestimmungen ohne großen Aufwand einhalten. Dennoch sindFragebogenerhebungen meist mit einer niedrigen Motivation der Befragten und der daraus resultierenden geringen Rücklaufquote verbunden. Im Vergleich zuFremdbeobachtungsmethoden besteht darüber hinaus die Gefahr, dass die Befragten sozial erwünscht antworten oder die Daten anderweitig manipulieren könnten [6]. BeiSelbstbeobachtungsverfahren sind daher Verzerrungen der Untersuchungsergebnisse methodenimmanent, dennoch kann auch dieFremdbeobachtung mit Verfälschungen einhergehen, da sich die beobachteten Personen infolge der Anwesenheit eines Beobachters vorübergehend anders verhalten könnten als gewöhnlich [6,17]. Die Methodenkombination, welche in der vorliegenden Studie angewandt wurde, scheint daher brauchbar, um die gestellte Frage beantworten zu können, auch wenn sich subjektive Verzerrungen infolge derSelbstprotokollierung durch die beobachteten Ärzte bzw. das Fachpersonal nicht vollständig ausschließen lassen. Von Vorteil sind bei der gewählten Vorgehensweise der geringe Personal- und Kostenaufwand sowie die Gewährleistung der Datenschutzbestimmungen.

Hinsichtlich der Auswertung der Ergebnisse der vorliegenden Pilotstudie ist zu berücksichtigen, dass die Praxen in einem ländlichen Raum lagen und aus diesem Grund kaum repräsentativ für das gesamte Bundesgebiet sein können. Schon die Unterschiede zwischen einem ländlichen und einem städtischen Einzugsgebiet können divergierende Ergebnisse nach sich ziehen. Eine weiterführende Untersuchung, die eine größere Zahl regional unterschiedlicher Praxen einschließt sowie einen längeren Zeitraum umfasst, erscheint daher sinnvoll.

Wie eingangs erwähnt, werden die Ärzte gerade durch die Dokumentations- und Verwaltungstätigkeiten in zunehmendem Maß beansprucht, weshalb diese Aufgaben einen erheblichen Zeitfaktor im Berufsalltag darstellen. Mit dieser Situation vergleichbar sehen sich zudem auch die Angehörigen anderer Fachgebiete des Gesundheitswesens mit niedergelassenen Praxen, z. B. Zahnärzte, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten sowie Angehörige ambulanter und stationärer Heilberufe, mit einer steigenden zeitlichen Belastung infolge von Dokumentationspflichten konfrontiert [3,9,11,14,16]. Auch in diesem Zusammenhang könnten die Analyse der Tätigkeitsbereiche sowie die Ermittlung des jeweils notwendigen tätigkeitsspezifischen Arbeitsaufwands bedeutsam sein. Auffallend ist, dass sich die Mehrzahl entsprechender bisheriger Untersuchungen primär mit inhaltlichen Aspekten der Dokumentation befasst und nur einige den nötigen Zeitfaktor berücksichtigen. Des Weiteren muss festgestellt werden, dass – ähnlich der Studien im Ärztebereich – fast ausnahmslos Erhebungen im stationären Bereich durchgeführt wurden. Verschiedene dieser Untersuchungen zeigen, dass der Dokumentationsaufwand, welchen insbesondere Angehörige stationärer Heilberufe betreiben müssen, dem der Ärzteschaft im Wesentlichen prozentual entspricht [16,25]. In diesem Zusammenhang erscheint es interessant, dass Dokumentationsaufgaben im ärztlichen Bereich an medizinisches Fachpersonal delegiert werden können, was bei Angehörigen von Pflegeberufen nicht zu realisieren ist [24].

Angesichts der aktuellen Diskussion um die Einführung pauschalierter Finanzierungs- bzw. Entlohnungsmodelle für Angehörige der ambulanten Sozial- und Gesundheitsversorgung gewinnen Verfahren zur Erhebung der Arbeitszeit zunehmend an Relevanz. Die vorliegende Studie will daher eine Grundlage bieten, auf der ähnliche Untersuchungen aufbauen können. Weiterführende Studien, welche das künftige Vorgehen nach den Erkenntnissen dieser Untersuchung ausrichten, erscheinen wünschenswert. Insbesondere ließe sich das tatsächliche Verhältnis zwischen dem Zeitbedarf für patientennahe Tätigkeiten und Verwaltungs- bzw. Dokumentationspflichten des Niedergelassenen auch in Bezug auf abhängige Faktoren klären, wie z. B. Patientenzahl, Praxisausstattung und Personalstruktur, und könnte damit eine wichtige Basis schaffen, um nach geeigneten Entlastungsmöglichkeiten zu suchen. Ähnlich gelagerte Studien müssen sich nicht nur der Ärzteschaft annehmen, sondern sie ließen sich auf das gesamte Spektrum der Heilberufe, insbesondere auch auf das medizinische Fachpersonal, ausdehnen. Nach dem Kenntnisstand der Autoren liegen bisher insbesondere im Hinblick auf den therapeutischen Bereich, wie z. B. die Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, noch keine Arbeitszeitstudien vor. Bezogen auf diese Berufsgruppen erscheint die Durchführung entsprechender Studien zudem besonders relevant, da es speziell im stationären Bereich bislang keine festgelegten Behandlungszeiten mit einer definierten Vergütungsstruktur gibt. Wie die vorliegende Studie belegen konnte, ist für die Erhebung insbesondere eine Kombination vonSelbst- undFremdbeobachtungsmethoden sinnvoll, um systematische Fehler zu verringern und eine höhere Validität der Untersuchungsergebnisse zu erzielen.