1 Einleitung

Die beruflichen Tätigkeiten in der Ausbildung der künftigen Physiotherapeuten beinhalten kurative, rehabilitative, präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen, zu denen neben der Behandlung der Patienten auch deren Anleitung und Beratung, z. B. bei Bewegung und zu den körperlich-sportlichen Aktivitäten gehören [3].

Jedoch zeigen aktuelle Studien, dass selbst unter den Schülern verschiedener Gesundheitsfach- und Sozialberufe Inaktivität, mangelnde körperliche Bewegung sowie mangelnde sportliche Aktivitäten weit verbreitet sind [1,4,9]. Diese Erscheinung ist auch bei weiteren Auszubildenden und Jugendliche zu finden [6,10,11,7].

Aschoff und Felder [1] überprüften die Fitness bei 74 deutschen Physiotherapieschülern und stellten fest, dass lediglich 4 Physiotherapieschüler mit gut bewertet wurden. Mehr als die Hälfte erreichte nur ausreichend (40 Schüler) und 30 Schüler befriedigend, womit die Physiotherapieschüler im Vergleich zu gleichaltrigen Schülern unterdurchschnittliche Ergebnisse aufwiesen.

Die in der Untersuchung von Bomball et al. [4] befragten deutschen Pflegeauszubildenden betätigten sich in nur geringem Umfang sportlich, denn 60,2 % der Befragten fuhren selten oder nie Rad, und 50,4 % betrieben ebenso selten bis nie Individual- bzw. Gemeinschaftssport oder Tanz (72,7 %). Die häufigste Bewegungsform war das Spazierengehen, was von knapp 47 % mindestens einmal wöchentlich und 17,3 % mindestens einmal täglich angegeben wurde.

Die Studie von Neumann und Klewer [9] an sächsischen Auszubildenden des sozialpflegerischen Bereichs belegte, dass sich 70,3 % der Befragten regelmäßig bewegten. Für die Untersuchungsteilnehmer war Fitness der wichtigste Grund für sportliche Aktivitäten.

Bei den von Kaminski et al. [6] befragten deutschen Auszubildenden des ersten Lehrjahres in typischen Ausbildungsberufen waren signifikant häufiger die Männer als die Frauen regelmäßig wöchentlich sportlich aktiv. Bei der Motivation, Sport zu treiben, stand bei den weiblichen Befragten die Kontrolle des Körpergewichts im Vordergrund, und bei den Männern war Spaß der wichtigste Beweggrund. Zu 80 % argumentierten beide Geschlechter mit Zu-wenig-Zeit-zu-Haben als dem wichtigstem Grund, um keinen Sport zu treiben.

Von den 17-jährigen deutschen Jugendlichen wurden dem eigentlich gewünschten Niveau täglicher körperlich-sportlicher Aktivität lediglich 18,4 % der Jungen und 11,2 % der Mädchen gerecht. Während von den 11- bis 17-Jährigen 89,9 % der Jungen mit durchschnittlich 7,8 h und 78,5 % der Mädchen mit nur 4,5 h mindestens einmal/Woche körperlich aktiv waren, vollzogen 10 % der Jungen und 20 % der Mädchen keine sportlichen Aktivitäten [10,11].

Im internationalen Vergleich zwischen 22 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und den USA fiel die Quote der körperlichen Aktivität der deutschen 15-jährigen Jugendlichen niedrig aus. Mit der regelmäßigen körperlichen Aktivität von 18 % der Mädchen und 29 % der Jungen schnitten die Jugendlichen sehr schlecht ab, womit sich Deutschland im unteren Drittel befand. Nur etwa 30 % der Befragten waren an 5 oder mehr Tagen/Woche aktiv [7].

2 Zielstellung

Anliegen der Studie war es, bei Physiotherapieschülern den zeitlichen Umfang der wöchentlichen körperlichen Aktivitäten sowie die Gründe, um Sport oder keinen Sport zu treiben, zu ermitteln.

3 Methodik

Die Untersuchung fand an einer großen medizinischen Berufsfachschule in Sachsen statt. Alle Schüler wurden mittels eines standardisierten anonymen Fragebogens im Rahmen der Unterrichtsveranstaltungen auf der Basis der freiwilligen Teilnahme befragt. Der Fragebogen beinhaltete Teile des Bielefelder Gesundheitssurveys [12] und Teile eines Fragebogens, der bei Pflegepersonal eingesetzt wurde [9,13]. Abgefragt wurden neben soziodemografischen Daten u. a. die körperlichen Aktivitäten in einer normalen Woche, die länger als 20 min dauern, die Anzahl der wöchentlichen Stunden für körperliche Aktivitäten und die Gründe, um Sport oder keinen Sport zu treiben. An der Befragung nahmen 71 Physiotherapieschüler (Erhebungspopulation) und 301 Pflegeschüler der Fachrichtungen Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege (Vergleichspopulation) teil.

4 Ergebnisse

4.1 Körperliche Bewegung und sportliche Aktivitäten

Auf die Frage, wie oft in einer normalen Woche körperliche Aktivitäten (Sport, körperliche Arbeit) ausgeübt wurden, die mindestens 20 min dauern, eine Verstärkung der Atmung und eine Erhöhung des Pulses zur Folge haben, antworteten 8,5 % der Physiotherapieschüler vs. 23,3 % der Pflegeschüler mit weniger als einmal, 53,5 % vs. 52,8 % mit ein- oder 2-mal und 38,0 % vs. 23,9 % mit mindestens 3-mal. Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen (χ²-Test nach SPSS, p = 0,005; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Häufigkeit der körperlichen Aktivitäten der untersuchten Schüler pro Woche (n = 372; χ²-Test: p = 0,005)

Die wöchentliche Stundenzahl körperlicher Aktivitäten, wie z. B. Laufen, Ballspielen, Schwimmen, Tennisspielen oder Radfahren, lag bei den Physiotherapieschülern mit 5,37 h wesentlich höher als bei den Pflegeschülern mit 3,67 h. Signifikante Unterschiede wurden zwischen den beiden Mittelwerten festgestellt [einfaktorielle „analysis of variance“ (ANOVA) nach SPSS, p = 0,000].

4.2 Hauptgründe, um Sport zu treiben

Hauptsächlich trieben die Befragten Sport, um sich fit zu halten (91,5 % Physiotherapieschüler vs. 80,7 % Pflegeschüler). Danach wurde von 76,1 % vs. 52,5 % Spaß am Sport benannt. Ausgleich zur Ausbildung nannten 50,7 % vs. 30,7 % der Befragten und, um zu sehen, was sie leisten können, gaben 32,4 % vs. 24,6 % an. Es erklärten 26,8 % vs. 35,5 % ihre Motivation zum Sport mit Freunden oder Familienangehörigen, die auch Sport treiben, und 23,9 % vs. 16,9 % gaben als Grund an: um nette Leute zu treffen. Ein signifikanter Unterschied fand sich zwischen den befragten Gruppen bei „um mich fit zu halten“ (c²-Test nach SPSS, p = 0,03), bei „als Ausgleich zur Ausbildung“ (c²-Test nach SPSS, p = 0,001) und bei „weil Sport Spaß macht“ (c²-Test nach SPSS, p = 0,000; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Hauptgründe der untersuchten Schüler, Sport zu treiben (Mehrfachnennungen waren möglich; n = 372, c²-Tests: *p < 0,05, **p < 0,01)

4.3 Hauptgründe, um keinen Sport zu treiben

Als Hauptgründe, keinen Sport zu treiben, wurden an erster Stelle von 21,1 % der Physiotherapieschüler vs. 29,2 % der Pflegeschüler Zeitgründe, gefolgt von gesundheitlichen Gründen (15,5 % vs. 8,3 %) und wechselnden/ungünstigen Arbeits-/Schulzeiten (5,6 % vs. 19,3 %) genannt. Ihre Sportabstinenz begründeten 5,5 % vs. 7,3 % damit, dass die Sportangebote zu weit weg liegen. Von den Befragten würden 4,2 % vs. 8,6 % Sport treiben, wenn es Bestandteil der Ausbildung wäre. Genug Bewegung zu haben, gaben 4,2 % vs. 6,6 % an. Dass ihnen Sport nicht liege, kreuzten 1,4 % vs. 10,6 % an. Signifikante Unterschiede fanden sich zwischen den untersuchten Schülergruppen innerhalb der Variablen „Sport liegt mir nicht …“ (c²-Test nach SPSS, p = 0,0014) und „Ich habe wechselnde/ungünstige Arbeitszeiten.“ (c²-Test nach SPSS, p = 0,006; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Hauptgründe der untersuchten Schüler, keinen Sport zu treiben (Mehrfachnennungen waren möglich; n = 372, c²-Tests:*p < 0,05, **p < 0,01)

5 Diskussion

Ziel der Erhebung war es, bei Physiotherapieschülern die wöchentlichen körperlichen Aktivitäten und die Anzahl der Stunden sowie die Gründe, um Sport oder keinen Sport zu treiben, zu ermitteln. Die Ergebnisse sind für die Medizinische Berufsfachschule repräsentativ. Auch wenn bei der Befragung mittels anonymen Fragebogens möglicherweise Antworten im Sinne einer sozialen Erwünschtheit hätten erfolgen können, lässt die Verwendung eines erprobten Fragebogens dieses Problem eher geringfügig erscheinen [12,13].

Während wesentlich mehr Physiotherapieschüler als Pflegeschüler Spaß am Sport (76,1 % vs. 52,5 %) und Ausgleich zur Ausbildung (50,7 % vs. 30,7 %) benannten, lag auch deren wöchentliche Stundenzahl bei den körperlichen Aktivitäten deutlich höher (5,37 h vs. 3,67 h). Gemeinsamkeiten bestanden bei den befragten männlichen deutschen Auszubildenden in typischen Ausbildungsberufen in Bezug auf die Motivation, Sport zu treiben, die ebenfalls Spaß benannten [6].

Für die meisten Physiotherapieschüler (91,5 %) war Fitness der wichtigste Beweggrund zum Sport. Dies gleicht einer Studie an sächsischen Auszubildenden des sozialpflegerischen Bereichs [9].

Bei den Verhinderungsgründen zum Sport wurden Zeitgründe (29,2 % vs. 21,1 %) und wechselnde/ungünstige Arbeitszeiten (19,3 % vs. 5,6 %) von deutlich mehr Pflegeschülern als Physiotherapieschülern angegeben, was im Schicht- und Wochenenddienst der Pflegeschüler begründet sein könnte.

Die Ergebnisse bei der Aussage, dass den Befragten Sport nicht liegt, weisen darauf hin, dass die Physiotherapieschüler sportlicher sind als die Pflegeschüler (1,4 % vs. 10,6 %). Dies ist eine wichtige Voraussetzung, da in der Physiotherapieausbildung sport- und bewegungsspezifische Inhalte im Lehrplan enthalten sind [3], wohingegen in der Pflegeausbildung [2,5] keinerlei sportlich-körperliche Aktivitäten vorgesehen sind. So gaben auch mehr Pflegeschüler als Physiotherapieschüler an, dass sie Sport treiben würden, wenn dies Bestandteil der Ausbildung wäre (8,6 % vs. 4,2 %).

Dass jedoch doppelt so viele Physiotherapieschüler wie Pflegeschüler (15,5 % vs. 8,3 %) aus gesundheitlichen Gründen keinen Sport treiben, ist bedenklich und müsste weiter abgeklärt werden.

6 Schlussfolgerungen

Da die körperlich-sportlichen Aktivitäten der Physiotherapieschüler zu gering sind, sollten künftig gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen, wie z. B. Themen zu sportlichen Aktivitäten und zur Bewegung, noch stärker in der Ausbildung berücksichtigt werden. Dazu könnten die im Lehrplan zur Verteilung auf die Fächer vorgesehenen Stunden genutzt werden [3].

Vor dem Hintergrund des Gesundheitsförderungskonzepts der World Health Organization (WHO, [15]) von 1986 und der daraus resultierenden weltweiten Initiative zur Förderung der Gesundheit an Schulen (Global School Health Initiative [14]), sollten verschiedene Konzepte und Projekte zur Gesundheitsförderung in Schulen in die Ausbildung integriert werden, wie z. B. das Projekt „Gesundheitsfördernde Schule in Sachsen“ [8], um Gesundheitsbewusstsein und Gesundheitskompetenz schon während der Ausbildung zu entwickeln bzw. zu bestärken.