Zerebrale Photobiomodulation

Die zerebrale Photobiomodulation (PBM) mit roten bis nahinfraroten (NIR) Lichtemissionsdioden (LED) könnte eine innovative Zusatztherapie für eine Vielzahl neurologischer und psychologischer Störungen sein [1]. Rotes/NIR-Licht kann den mitochondrialen Atmungskettenkomplex IV (Cytochrom-c-Oxidase) stimulieren und die ATP-(Adenosintriphosphat-)Synthese erhöhen [13]. Darüber hinaus führt die Lichtabsorption durch Ionenkanäle zur Freisetzung von Ca2+, zur Aktivierung von Transkriptionsfaktoren und zur Genexpression [1]. Die PBM-Therapie im Gehirn könnte die metabolische Kapazität von Neuronen verbessern und kann entzündungshemmende, antiapoptotische und antioxidative Reaktionen sowie Neurogenese und Synaptogenese stimulieren [1]. Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass PBM die frontalen Gehirnfunktionen von älteren Erwachsenen auf sichere und kostengünstige Weise eventuell verbessern kann [4].

In diesem Kurzartikel wird ein neues LED-Gerät (Abb. 1) für die Photobiomodulation im Gehirn vorgestellt. Zusätzlich enthält der Beitrag auch vorläufige Ergebnisse von spektroskopischen Messungen im nahinfraroten Bereich und thermische Bildgebungsanalysen.

Abb. 1
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Erste Messung mit dem LED-Photobiomodulationshelm (Prototyp von Suyzeko — Shenzhen Guangyang Zhongkang Technology Limited, China) im TCM-Forschungszentrum der Medizinischen Universität Graz

Die ersten vielversprechenden Grundlagen und klinischen Studien zur Photobiomodulation im Gehirn sind bereits abgeschlossen. Derzeit fehlen jedoch noch nützliche Gerätekomponenten für therapeutische Optionen [18]. Suyzeko (Shenzhen Guangyang Zhongkang Technology Limited, China) entwickelte dazu einen Prototyp eines solchen innovativen Geräts. Im Forschungszentrum TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) der Medizinischen Universität Graz wurden mit dieser Helmkonstruktion erste Testmessungen durchgeführt (Abb. 1). Vorläufige Daten dieser Pilotmessung werden hier kurz vorgestellt.

Das Equipment basiert derzeit auf Infrarot-LED-Technik mit einer Wellenlänge von 810 nm. Diese Wellenlänge hat sich neulich (2018) als eine der besten für die transkranielle Laser-/Lichtstimulation erwiesen [9]. Diese Ergebnisse wurden durch Messungen unseres Forschungsteams bestätigt [58, 10].

Für den neuen Stimulationshelm wurden insgesamt 256 LEDs mit einer Wellenlänge von 810 nm verwendet (Abb. 2). Die Untersuchungen wurden mit allen LEDs (n = 256) im aktiven Modus durchgeführt (60 mW; eine LED; 24 mW/cm2; ∼ 15 W Gesamthelm). Die Dauer der Stimulation betrug 15 min. Abb. 2 zeigt auch die Lichttransmission für einen menschlichen Schädelknochen (mittlere und rechte Seite). Weitere Berechnungen des Transmissionsfaktors sind vorangehenden Veröffentlichungen zu entnehmen [611].

Abb. 2
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Helm von Suyzeko (Shenzhen, China) für eine mögliche gehirnspezifische Photobiomodulationstherapie

Ergebnisse

Die Messungen der Änderungen der regionalen zerebralen Sauerstoffsättigung (rSO2) wurden unter Verwendung eines Oxymeters INVOS 5100C (Somanetics Corp., Troy, MI, USA) durchgeführt. Die Nahinfrarotspektroskopie ist eine nicht invasive Methode zur Messung von rSO2 durch den intakten Schädel, welche seit vielen Jahren in der medizinischen Grundlagenforschung und im klinischen Bereich erfolgreich eingesetzt wird [6]. Dabei wird Licht im Nahinfrarotbereich (730 und 805 nm) abgestrahlt. Nach Durchlaufen verschiedener Gewebearten (Haut und Knochen) wird das reflektierte Licht in zwei Abständen von der Lichtquelle (3 cm und 4 cm) erfasst. Basierend auf diesem Prinzip kann die spektrale Absorption von Blut in tieferen Strukturen (2–4 cm) bestimmt und als rSO2 definiert werden [5,12]. Die Sensoren wurden im vorderen Bereich auf der rechten und linken Seite des Frontalhirns des gesunden Probanden appliziert (s. Abb. 1). Um den Einfluss von Umgebungslicht zu minimieren, wurde der Kopf in diesem Bereich während des Monitoring- und Stimulationsvorgangs zusätzlich mit einem elastischen Band abgedeckt. Nach einer Ruhezeit von 20 Minuten wurde die LED-Stimulation eingeschaltet. Die Ergebnisse der drei Abschnitte — vor (20 min), während (15 min) und nach (20 min) Stimulation — sind in Abb. 3 dargestellt. Man beachte den signifikanten Anstieg von rSO2 (linke und rechte Seite) während und auch nach transkranieller LED-Stimulation. Die gemessenen Temperaturänderungen sind in Abb. 4 dargestellt.

Abb. 3
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Ergebnisse der ersten Pilotmessung mit dem LED-Stimulationshelm von Suyzeko (Shenzhen, China). Man beachte die Zunahme der regionalen zerebralen Sauerstoffsättigung (rSO 2 ) während und nach der Stimulation auf der linken und rechten Seite.

Abb. 4
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Ergebnisse der Wärmebildaufnahmen der ersten Pilotmessung mit dem neuen Stimulationshelm. Man beachte den Temperaturanstieg am Helm (obere Reihe; a vor, b während und c nach der Stimulation) im Bereich der Stirn (mittlere Reihe; d—f) und am Kinn (untere Reihe; g—i).

Diskussion

Die PBM-Therapie wurde vor mehr als 50 Jahren entwickelt. Es besteht jedoch immer noch keine einheitliche Vereinbarung über die Parameter und Protokolle für klinische Anwendungen. Einige Forschungsteams haben die Verwendung einer Leistungsdichte von weniger als 100 mW/cm2 und einer Energiedichte von 4–10 J/cm2 empfohlen [11]. Andere Gruppen empfehlen mit an der Gewebeoberfläche bis zu 50 J/cm2 zu bestrahlen [11]. Parameter wie Wellenlänge, Energie, Leistung, Bestrahlungsstärke, Pulsmodus, Behandlungsdauer und Wiederholungsrate können in einem weiten Bereich angewendet werden. Unsere vorliegenden vorläufigen Ergebnisse zeigten eine deutliche Reaktion des zerebralen rSO2-Wertes in Bezug auf die LED-Stimulation. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die Temperatur signifikant angestiegen ist und diese Auswirkungen in weiteren Studien detailliert berücksichtigt werden müssen. Es gibt auch Angaben, dass ineffektive Studien in Zellen mit hoher Mitochondrienaktivität häufiger auf Überdosierungen als auf Unterdosierungen zurückzuführen sind [11]. Daher sind klinische Studien zu den optimalen Stimulationsdosen erforderlich.

Die transkranielle PBM scheint vielversprechend zu sein, um verschiedene psychische Erkrankungen zu behandeln bzw. zu lindern. Pitzschke u. Mitarb. [13] registrierten auch die Lichtausbreitung in verschiedenen Arealen Parkinson-relevanten Hirngewebes während der transkraniellen und transsphenoidalen Bestrahlung (bei 671 nm und 808 nm) eines Kopfes an der Leiche und modellierten optische Parameter des menschlichen Hirngewebes mithilfe von Monte-Carlo-Simulationen. Diese Studie zeigt, dass es möglich ist, auch tiefe Hirngewebe transkranial und transsphenoidal mit der Bestrahlung zu erreichen. Das Vorgehen eröffnet eventuell therapeutische Möglichkeiten für Patienten mit Parkinson oder anderen zerebralen Erkrankungen, welche möglicherweise Einsatzgebiete für eine Lichttherapie darstellen [13].

Es wurden mehrere Untersuchungen hinsichtlich möglicher nachteiliger Auswirkungen bzw. Nebeneffekten für LED-PBM durchgeführt. Zum Beispiel haben Moro u. Mitarb. die Auswirkungen einer längerfristigen Anwendung (bis zu 12 Wochen) von PBM (670 nm) bei Makaken untersucht. Sie fanden keine histologischen Grundlagen für das Bedenken in Bezug auf die biologische Sicherheit im Zusammenhang mit der zerebralen PBM [14]. Hennessy u. Hamblin wiesen ebenfalls auf die bereits etablierte Sicherheit und das Fehlen unerwünschter Nebenwirkungen von transkranialer PBM hin [2].

Die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend. Weitere Forschungsarbeiten sind jedoch unbedingt erforderlich, um diese neuartige transkranielle PBM beispielsweise als verbreitete therapeutische Methode einsetzen zu können. Viele Forscher glauben, dass PBM mit LED und/oder Laser bei Erkrankungen des Gehirns in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu einer wichtigen medizinischen Anwendungen der Lichttherapie werden wird [3].

Danksagungen

Der Autor möchte sich bei Shenzhen Guangyang Zhongkang Technology Limited, Shenzhen, China, für die neue LED-Ausrüstung bedanken. Er dankt auch Frau Mag. Dr. Daniela Litscher für ihre wertvolle Hilfe bei der Datenaufzeichnung. Die wissenschaftliche Arbeit am TCM-Forschungszentrum Graz wurde teilweise vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Österreich unterstützt.

Der Autor erklärt, dass es keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit der Veröffentlichung dieses Artikels gibt. Die Studie wurde in modifizierter Form in Medicines im Jänner 2019 in englischer Sprache publiziert [15].

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Univ.-Prof. DI DDr. Gerhard Litscher