Immer wieder einmal begegnen mir Fälle mit Schmerzen im vorderen Fußbereich. Manchmal sind dort einfach nur Blockaden in den Gelenken zwischen Mittelfußknochen und proximaler Phalanx einer oder mehrerer Zehen. In diesem Fall kann man schnell helfen: Eine oder zwei Nadeln in den zugehörigen aktiven Reflexpunkt am Ohr lösen die Blockade, dann manipuliert bzw. dehnt man das Gelenk sehr zart, bis wieder die korrekte Gelenkstellung erreicht wird. Wenn sich aber bei der Palpation herausstellt, dass der Schmerz nicht über den kleinen Gelenken, sondern im Raum zwischen den Zehengelenken auszulösen ist, handelt es sich in den meisten Fällen um eine sogenannte Mortonsche Neuralgie, eine schmerzhafte periphere Nervenerkrankung des Fußes, die durch Schwellungen an den Interdigitalnerven im Bereich der Köpfe der Mittelfußknochen hervorgerufen wird.

Das heutige Medizinverständnis sagt über die Ätiologie Folgendes (flexikon.doccheck.com): Verursacht wird die Morton-Neuralgie durch eine Irritation oder Kompression der Interdigitalnerven zwischen den Köpfchen der Mittelfußknochen bzw. in Höhe der Zehengrundgelenke. Bei chronischer Kompression entwickelt sich eine knotenartige Verdickung an dessen Aufzweigung, die histologisch einem Neurom entspricht (reaktive Hyperplasie des Nervengewebes).

Eine zusätzliche Kompression kann auch durch einen entzündlich veränderten und vergrößerten Schleimbeutel hervorgerufen werden, der sich ebenso zwischen den Köpfchen der Mittelfußknochen befindet und mit dem Nervenknoten ein Konglomerat bilden kann.

Begünstigend für die Entstehung des Morton-Neurinoms sind vor allem das Vorliegen anderer Fußdeformitäten wie z.B. Spreizfuß und Hallux valgus, welche auch durch das Tragen von ungeeigneten, zu engen Schuhen entstehen können. Betroffen sind vor allem die Nerven zwischen dem III. und IV., seltener zwischen dem II. und III. Mittelfußknochen.

Nach meinen 6 Ausbildungsjahren in der Orthopädie und all den folgenden Praxisjahrzehnten kann ich sagen, dass diese Erkrankung orthopädisch eher schwer und dann in den meisten Fällen auch nicht nachhaltig zu behandeln ist.

Wenn ich an meinen ersten Fall einer Morton-Neuralgie denke, eine Stewardess, vor fast 30 Jahren, ziehe ich heute noch den Kopf ein, denn ich konnte ihr nicht helfen. Sie war im Beruf so dringend auf gesunde Füße angewiesen, und ich musste sie nach einigen Sitzungen mit Schmerzen entlassen. Seitdem machte ich einen weiten Bogen um diese Diagnose.

Vor 2 Jahren jedoch kam eine freundliche ältere Dame aus Luxemburg nach längerer Zeit wieder einmal zu mir — und sie klagte über vordere Fußschmerzen rechts. Und meine Untersuchungen, zusammen mit der Anamnese, brachte mich wieder einmal zur Diagnose Mortonsche Neuralgie. Die Patientin merkte auch noch resolut und zuversichtlich an, ich hätte ihr früher ja immer sofort helfen können. Ja das stimmte. Aber ich fasste diesen Satz durchaus auch als freundliche Drohung auf, das Problem bitte jetzt genauso schnell zu erledigen wie bei den früheren Sitzungen auch.

Was sollte ich jetzt machen? Ganz ehrlich, ich war ratlos. Und ich traute mir nicht zu, etwas zu lösen, was ich noch nie gelöst hatte. Zu sehr saßen mir frühere ungelöste Fälle im Nacken. Ich habe an jedem Arbeitsplatz die Karte der psychotherapeutischen Punkte nach Bahr liegen. Und um einfach irgendetwas anderes zu versuchen, legte ich mir, anstelle den lokalen Schmerzpunkt am Ohr überhaupt erst zu suchen, diese Karte auf die Liege neben das rechte Ohr der Patientin (sie war Rechtshänderin). Ich nahm den Bahr-Detektor zur Hand und suchte das Ohr mittels Nogier-Reflex (RAC) nach den aktiven Punkten ab, die auf der Karte abgebildet sind (Abb. 1 u. 2).

Abb. 1
figure 1

Karte der psychischen Blockadepunkte nach Bahr (aus [ 1 ])

Abb. 2
figure 2

Bahr-Detektor

Die als Goldpunkte abgebildeten Punkte suchte ich bei der Patientin mit der Plus-Seite des Detektors, die gleichzeitig auch die schwarze Seite ist, die als Silberpunkte abgebildeten Punkte suchte ich mit der Minus-Seite des Detektors, die gleichzeitig auch die weiße Seite des Detektors darstellt. Viele psychische Punkte haben wie auch die Punkte der sogenannten Achsen eine Resonanz auf schwarz bzw. weiß, weshalb der Detektor praktischerweise beide Informationen, Farbe und Ladung auf der zugehörigen Seite vereint.

Gold -> Schwarz -> (+) 3 Volt

Silber -> Weiss -> (-) 3 Volt

Immer mit Blick auf die Karte suchte ich einfach am Ohr nach aktiven Punkten. Es war eher eine kleine Verzweiflungstat. Ich fand auf diese Weise nur einen einzigen Punkt: Den Lateralitätssteuerpunkt (Abb. 3). Seine Bedeutung laut der Karte der psychischen Blockadepunkte: Lateralität, „Leben“, auch das Gefühl, nicht gelebt oder etwas verpasst zu haben.

Abb. 3
figure 3

Lateralitätssteuerpunkt beim Rechtshänder

Wie passte das jetzt? Wie sollte ich diese ältere Dame fragen, ob sie glaubte, in ihrem Leben etwas verpasst zu haben? Ich versuchte es vorsichtig mit der Frage, ob sie in der letzten Zeit genug Raum für sich selbst gehabt hätte. Da brach es aus ihr heraus — nein, das hätte sie überhaupt nicht, sie hätte ihre alte Mutter zur Pflege übernommen. Und obwohl die alte freundliche Dame (ich kannte sie) noch recht selbstständig war, war die Tochter der Meinung, sie könnte ihre Mutter nicht eine Minute allein lassen. Deshalb habe sie in den letzten Monaten wirklich alles vernachlässigt, was ihr selbst hätte gut tun können. Ihr Leben „hinkte“ im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war über ihre Schilderung, und dass das genau zu dem gefundenen Punkt passte, wirklich beeindruckt.

Ich besprach mit ihr, dass sie unbedingt, ganz unbedingt Zeit für sich einplanen müsse. In solchen Fällen überzeugt man Patienten (meistens ja Frauen) sehr einfach, indem man ihnen vor Augen hält, dass ihr Akku geladen bleiben müsse, da der alte Mensch sie ja noch eine Zeitlang braucht.

Ich setzte eine Goldnadel in den Steuerpunkt der Lateralität auf der rechten Seite und ging erst einmal zum nächsten Patienten. Ich war absolut frei von Erwartungen und wollte der Nadel einfach Zeit geben zu wirken.

Nach 20 Minuten zog ich die Nadel heraus. Die Patientin setzte sich auf, zog sich die Schuhe an, machte ein paar Probeschritte und sagte knapp und freundlich: „Ich wusste ja, Sie würden mir schnell helfen.“ Ich war einfach nur sprachlos. Sie war tatsächlich schmerzfrei. Ich bat sie noch, den Fuß untersuchen zu dürfen — selbst auf den vorher ausgeübten Druck auf die beiden betroffenen Interdigitalnerven konnte sie keinen Schmerz verspüren. Außerdem vereinbarte ich mit ihr, uns in 4 Wochen anzurufen. Das tat sie, und sie war da immer noch schmerzfrei.

Dieser Fall gab mir sehr zu denken — war das „Nicht-ausreichend-gelebt-haben“ eine Ursache für einen solchen Fußschmerz? Übersetzte die Seele hier vielleicht direkt in ein analoges Bild, wenn das Leben aus dem Gleichgewicht gekommen war und man sich selbst am Leben behinderte bzw. vielleicht behindert wurde?

In den letzten Monaten bekam ich die Möglichkeit, dies nachzuprüfen. Gleich drei weitere Patienten, zwei Frauen und ein Mann, kamen zu mir mit der Diagnose Mortonsche Neuralgie. Bei einer Dame (60 Jahre) war das erst kürzlich aufgetreten, bei der anderen Dame, 45 Jahre, bestand das schon seit vielen Monaten, bei dem männlichen Patienten (70 Jahre) ebenfalls schon einige Monate.

Alle hatten noch andere Diagnosen und ich hatte dort vorher schon Störherde gesucht und behandelt. Sie erzählten eher beiläufig von dem Fußschmerz. Die anderen geklagten Beschwerden waren in allen drei Fällen verschwunden oder rückläufig, aber dieser Fußschmerz war noch da.

Ich ging bei allen drei Fällen aufs Ganze — und nadelte gleich den Lateralitätssteuerpunkt (den ich vorher als elektrisch aktiv gefunden hatte). Und siehe da: In allen drei Fällen war der geklagte Fußschmerz nach Nadelung ausschließlich dieses einen Punktes sofort (!) verschwunden.

Das Gespräch über Lebensinhalte, Ziele und Behinderungen ergab in allen Fällen ebenfalls passende Informationen. Die Schmerzfreiheit hielt bei zwei Fällen an, im Fall der 45-jährigen Dame kam der Schmerz nach 4 Wochen wieder. Ich fragte nach und siehe da: Die Patientin sagte mir wörtlich „Ich weiß gar nicht, was ich im Leben überhaupt tun soll, was mein Ziel und mein Inhalt sein könnte.“ Ich gab ihr die Aufgabe, sich helfen zu lassen und dran zu bleiben, denn ihr Fuß würde sie immer wieder an diese Aufgabe erinnern! Bis sie so weit sei, könne sie gerne alle 4 Wochen zur „Fußpflege“ zu mir zurückkommen.....

Fazit: Wir sagen in der Ohrakupunktur ja eigentlich schon seit vielen Jahren, es gibt keine festen Programme. Es gibt kein „immer“ und kein „nie“. Wie in der normalen Medizin ja auch. Im Falle der Morton-Neuralgie zeigt sich jedoch offenbar ein bevorzugter Zusammenhang zum Thema „Leben, nicht genug gelebt haben“ bzw. zu einer Behinderung an der Lebensentfaltung.

Hätte ich auch mit Punktsuchgerät die psychischen Punkte absuchen können und hätte ich den Lateralitätssteuerpunkt auch mit Punktsuchgerät als aktiv gefunden? Bestimmt. Ich hätte dann halt viel mehr Zeit verwenden müssen, um alle abgebildeten Punkte mit dem Gerät geduldig abzusuchen. Aber es geht, und ich ermutige alle, die den RAC noch nicht gelernt haben oder noch nicht so sicher beherrschen, das Punktsuchgerät zu verwenden.

Noch eine Anmerkung: Es scheint sich unter meinen hiesigen Orthopädie-Kollegen herumzusprechen, dass ich einen Zauberpunkt habe gegen Fußschmerzen. Ich gebe den Punkt freizügig weiter. Und ich erhalte begeisterte Rückmeldungen! Manche wollen sogar ein Foto haben, wo sie genau stechen müssen. Und ich versäume nie zu erwähnen, von wem ich dieses Wissen habe ...

figure 4

Dr. med. Beate Strittmatter