Im Jahr 2023 wurde die Überarbeitung der Endokarditis-Leitlinien aus dem Jahr 2015 durch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) publiziert [1, 2]. Die Inzidenz der infektiösen Endokarditis ist in den letzten Dekaden deutlich angestiegen bei unverändert hoher intrahospitaler Mortalität von 20–30 %. Aufgrund der klinischen Bedeutung sowie der oft komplexen Diagnose und Therapie ist das Ziel der aktualisierten ESC-Leitlinien trotz häufig limitierter Evidenz, klare Empfehlungen zu geben, um medizinisches Fachpersonal in den häufig schwierigen klinischen Entscheidungen zu unterstützen. Es wurden daher > 60 Empfehlungen neu aufgenommen bzw. überarbeitet. Diese finden sich unter anderem in den Bereichen Prävention, Endokarditis-Team, Diagnosekriterien, orale antibiotische Therapie, Timing und Indikation der chirurgischen Therapie sowie Infektionen von kardial implantierbaren elektronischen Devices („cardiovascular implantable electronic device“ [CIED]).

Prävention

Zur Prävention der infektiösen Endokarditis gehören Patientenaufklärung, generelle präventive Maßnahmen sowie die antibiotische Prophylaxe.

Patientenaufklärung und generelle präventive Maßnahmen

Bei der Patientenaufklärung stehen die Bedeutung einer adäquaten Mund- und Hauthygiene sowie die Aufklärung über Infektionszeichen und über das Risiko einer Selbstmedikation mit Antibiotika im Vordergrund. Zudem werden weitere generelle präventive Maßnahmen wie die kurative Gabe von Antibiotika bei bakteriellen Infektionen, der Verzicht auf Infusionskatheter (wenn möglich) sowie strenge infektionskontrollierende Maßnahmen bei jeglichen invasiven Prozeduren empfohlen. Obwohl im Wesentlichen inhaltlich unverändert, wurden die generellen präventiven Maßnahmen als eine eigene Empfehlung aufgenommen (Klasse I, Evidenzgrad C), und deren Bedeutung wurde somit unterstrichen.

Antibiotische Prophylaxe

Im Gegensatz zu den generellen präventiven Maßnahmen ist die antibiotische Prophylaxe ein stark diskutiertes Feld. Eine antibiotische Prophylaxe reduziert Bakteriämien, die durch medizinische Eingriffe induziert werden können. Es ist allerdings nicht eindeutig belegt, dass die periprozedurale Reduktion einer Bakteriämie sich tatsächlich in eine Reduktion des Auftretens einer infektiösen Endokarditis überträgt [3]. Es fehlen randomisierte Studien zu dieser Fragestellung. Die Indikation zur Antibiotikaprophylaxe wurde daher in den letzten 2 Dekaden eher restriktiv gehandhabt. Dem steht allerdings eine Zunahme der Inzidenz der infektiösen Endokarditis seit den 1990er-Jahren gegenüber [4]. Sicherlich sind die Gründe hierfür vielfältig und nicht alleine auf eine restriktive Antibiotikaprophylaxe zurückzuführen. Nichtsdestotrotz bewegt sich die Empfehlung zur antibiotischen Prophylaxe im Spannungsfeld von ansteigender Häufigkeit und unverändert hoher Kurz- und Langzeitsterblichkeit bei gleichzeitig limitierter Evidenz. Neuere Beobachtungsstudien konnten bei Hochrisikopatienten eine signifikante Assoziation einer antibiotischen Prophylaxe mit einer reduzierten Inzidenz der infektiösen Endokarditis nach invasiven zahnärztlichen Prozeduren beobachten [5]. Außerdem zeigte sich ebenfalls bei Patienten mit hohem Risiko eine Korrelation von verschiedenen invasiven Prozeduren (endoskopisch, bronchoskopisch sowie CIED-Implantation) mit dem Auftreten einer Endokarditis [6]. Basierend auf diesen neuen Beobachtungen wurden in den aktuellen ESC-Leitlinien zur infektiösen Endokarditis die verschiedenen Risikogruppen überarbeitet, und die Empfehlung zur antibiotischen Prophylaxe wurde ausgeweitet. Hochrisikopatienten sind solche mit vorangegangener infektiöser Endokarditis, chirurgischen Klappenprothesen bzw. nach Klappenrekonstruktion, transkatheterbasierten Klappenprothesen, transkatheterbasiertem Verschluss eines atrialen oder ventrikulären Septumdefekts innerhalb der ersten 6 Monate nach Verschluss, ventrikulären Unterstützungssystemen sowie kongenitalen Herzerkrankungen mit unbehandelten zyanotischen Defekten oder chirurgischer Behandlung mit prothetischem Material. Bei diesen Patienten wurde die Bedeutung der Antibiotikaprophylaxe vor invasiven zahnärztlichen Prozeduren durch Anheben von einer Klasse-IIa-Empfehlung auf eine Klasse-I-Empfehlung gestärkt (Evidenzgrad B). Eine neue Klasse-IIa-Empfehlung zur antibiotischen Prophylaxe bei invasiven orodentalen Prozeduren wurde für Patienten mit transkatheterbasierter Rekonstruktion der Mitral- oder Trikuspidalklappe aufgenommen (Evidenzgrad C). Auch im Rahmen von anderweitigen diagnostischen oder therapeutischen Prozeduren (Respirationstrakt, Gastrointestinaltrakt, urogenitales System, muskuloskeletales System, Haut) kann wieder eine antibiotische Prophylaxe bei Hochrisikopatienten erwogen werden (ESC-Leitlinien 2023: Klasse IIb, Evidenzgrad C/ESC-Leitlinien 2015: Klasse III, Evidenzgrad C). Nach Überarbeitung soll die prophylaktische Antibiose mit Amoxicillin, Ampicillin, Cefazolin oder Ceftriaxon erfolgen. Bei bekannter Allergie gegen Penicillin oder Ampicillin kommen Azithromycin, Doxycyclin, Clarithromycin, Cephalexin, Cefazolin oder Ceftriaxon zur Anwendung.

Im Gegensatz zu den klaren Empfehlungen bei Hochrisikopatienten konnte bei Patienten mit mittlerem Risiko (z. B. mit CIED oder angeborenen Klappenanomalien wie bikuspider Aortenklappe) keine eindeutige Empfehlung aufgenommen werden. Hier soll keine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe erfolgen, sondern individuell entschieden werden. In diesem Kontext erscheint es sinnvoll, die individuelle Abwehrsituation des Patienten, welche auch maßgeblich durch das Alter beeinflusst wird, sowie das Ausmaß der erwarteten Bakteriämie mit in die Abwägung für oder gegen eine antibiotische Prophylaxe einzubeziehen.

Um diese neuen Empfehlungen umzusetzen, steht neben der Patientenaufklärung die Information von Haus- und Zahnärzten im Vordergrund. Wünschenswert wäre, dass kardiologische und kardiochirurgische Abteilungen die Empfehlungen auch in ihre Arztbriefe aufnehmen. Wie sich die neuen Empfehlungen zur antibiotischen Prophylaxe auf die Inzidenz der infektiösen Endokarditis in den nächsten Jahren auswirken, sollte ausführlich untersucht und wissenschaftlich begleitet werden.

Kardiale oder vaskuläre Interventionen

Bei allen Patienten ist eine periinterventionelle bzw. perioperative antibiotische Prophylaxe im Rahmen von Implantationen von Klappenprothesen und/oder jeglicher Art von prosthetischem Graft/Occludern sowie CIED indiziert. Bei herzchirurgischen Eingriffen und CIED-Implantationen sind die Empfehlungen unverändert. Eine Überarbeitung der Empfehlung findet sich allerdings bei transkatheterbasierten valvulären Verfahren. Im Gegensatz zu chirurgischen Herzklappeneingriffen, wo die häufigsten Mikroorganismen für eine Prothesenendokarditis bis ein Jahr nach der Operation Koagulase-negative Staphylokokken und S. aureus sind, zeigt sich nach Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) neben Infektionen durch Staphylokokken eine hohe Prävalenz von E. faecalis. Dies kann möglicherweise durch Unterschiede hinsichtlich der residenten Flora im Bereich der Leiste erklärbar sein. Daher sollte bei allen transkatheterbasierten valvulären Eingriffen eine antibiotische Therapie erwogen werden, die neben S. aureus auch Enterococcus spp. abdeckt. Dies kann z. B. Amoxicillin/Clavulansäure oder Ampicillin sein (bei Penicillinallergie Vancomycin oder Teicoplanin).

Endokarditis-Team

Das Konzept des Endokarditis-Teams hatte bereits in den ESC-Leitlinien zur infektiösen Endokarditis 2015 eine Klasse-IIa-Empfehlung. Seitdem kam eine Vielzahl an Beobachtungsstudien zu dem Ergebnis, dass durch die Einbindung dieser multidisziplinären Teams die Diagnose inklusive etwaiger Komplikationen früher gestellt wird, eine adäquate Antibiotikatherapie schneller begonnen wird und die zeitliche Koordinierung von chirurgischen Eingriffen optimiert wird. Dies resultiert schlussendlich in einem verbesserten Überleben.

Wie sich das Endokarditis-Team zusammensetzt, hängt von den lokalen Begebenheiten ab. Die Kernmitglieder des Endokarditis-Teams sind Kardiologen mit Expertise in der kardiovaskulären Bildgebung, Mikrobiologen, Infektiologen und Herzchirurgen. Weitere Disziplinen sollten bei Bedarf kurzfristig hinzugezogen werden (z. B. Neurologie und Neurochirurgie, Radiologie bzw. Nuklearmedizin, Intensivmedizin, Nephrologie oder Geriatrie). Selbstverständlich steht nicht die Anzahl der Personen im Vordergrund, sondern die eingebrachte Expertise. Beispielhaft wäre hier in Zentren der Grundversorgung anzuführen, dass eine Person kardiologische, bildgebende und infektiologische Kenntnisse einbringen kann.

Ob ein Patient durch ein Endokarditis-Team an einem zuweisenden Zentrum behandelt oder an ein „Heart Valve Center“ verlegt wird, sollte individuell erwogen werden. Entsprechend der ESC-Leitlinie wird das Management maßgeblich durch den Schweregrad der infektiösen Endokarditis bestimmt. Hierbei ist die Definition einer komplizierten Endokarditis überarbeitet worden: Alle Patienten mit ≥ 1 der folgenden Merkmale haben per definitionem eine komplizierte Endokarditis:

  • instabile hämodynamische Situation mit pharmakologischer und/oder respiratorischer Unterstützung,

  • schwere Klappeninsuffizienz (klinische und echokardiographische Kriterien),

  • Prothesenendokarditis (mit oder ohne Prothesendysfunktion),

  • Schlaganfall (ischämisch oder hämorrhagisch) bei Patienten mit definitiver oder möglicher Endokarditis,

  • extravalvuläre Komplikationen (Abszess, Fistelbildung etc.),

  • positive Blutkulturen > 7 Tage trotz adäquater antibiotischer Therapie,

  • embolische Ereignisse,

  • CIED-assoziierte infektiöse Endokarditis,

  • aggressive oder schwer behandelbare Mikroorganismen (S. aureus, gramnegative Bakterien, Pilze).

Patienten, die eine komplizierte Endokarditis aufweisen, sollen gemäß einer neuen Klasse-IB-Empfehlung frühzeitig durch ein „Heart Valve Center“ behandelt werden. Demgegenüber können Patienten mit unkomplizierter Endokarditis auch weiterhin in einem zuweisenden Zentrum versorgt werden. Wichtig ist allerdings eine regelmäßige Kommunikation mit Austausch von klinischen, bildgebenden und mikrobiologischen Befunden. Dies stellt viele Zentren in Deutschland vor Herausforderungen, bedenkt man die hierfür wichtigen Aspekte wie Digitalisierung und Optionen des Datenaustauschs. Die Endokarditis-Teams der „Heart Valve Center“ werden auch dazu aufgefordert, ihre lokalen Protokolle mit den zuweisenden Zentren zu teilen und an der Ausbildung des medizinischen Personals an Zentren der Grundversorgung einzubringen. Die Umsetzung der oben genannten Empfehlungen ist im deutschen Gesundheitssystem nicht flächendeckend möglich. Viele, z. T. auch komplexe Endokarditiden werden nach interdisziplinärer Diskussion auch in Kliniken ohne institutionalisierte Herzchirurgie behandelt.

Diagnose

Bildgebung

Die Rolle der Echokardiographie als wichtigste diagnostische Methode bei Verdacht auf infektiöse Endokarditis bleibt auch in den neuen Leitlinien bestehen. Bei klinischem Verdacht auf eine linksseitige Endokarditis wurde die Empfehlung zur transösophagealen Echokardiographie auch bei bereits positiver transthorakaler Echokardiographie mit einer neuen Klasse-I-Empfehlung gestärkt (zuvor Klasse-IIa-Empfehlung). Eine transösophageale Echokardiographie sollte auch unabhängig von den Befunden der transthorakalen Echokardiographie bei Verdacht auf Prothesenendokarditis sowie CIED-assoziierter Endokarditis durchgeführt werden. Auch die Durchführung einer 3‑dimensionalen Echokardiographie oder einer intrakardialen Echokardiographie kann in Einzelfällen bei nicht eindeutigen vorherigen Befunden sinnvoll sein (Letztere insbesondere bei Prothesenendokarditis, rechtsventrikulärer Endokarditis sowie CIED-assoziierter Endokarditis). Die Durchführung einer Echokardiographie bei Patienten mit Bakteriämien und Nachweis von S. aureus sollte unverändert erwogen werden (Klasse-IIa-Empfehlung, Evidenzgrad B). Das Spektrum der Erreger wurde um E. faecalis und Streptokokken erweitert. Es wird allerdings betont, dass es weiterhin unklar ist, ob eine Echokardiographie in diesem Kontext systematisch bei allen Patienten durchgeführt werden soll oder ob eine Selektion der Patienten anhand von verschiedenen Risikoscores erfolgen kann.

Weitere bildgebende Verfahren wie kardiale Computertomographie (CT) einschließlich Angiographie, Magnetresonanztomographie sowie nuklearmedizinische Verfahren wie 18F‑Fluordesoxyglukose-Positronenemissionstomographie/CT ([18F] FDG-PET/CT) oder Leukozyten-Single-Photon-Emissionscomputertomographie/CT (SPECT/CT) nehmen ein breiteres Indikationsspektrum als in den vorherigen Leitlinien ein. Insbesondere im Bereich der nuklearmedizinischen Verfahren gab es massive technische Fortschritte, was zu einer deutlichen Verbesserung der Sensitivität und Spezifität geführt hat. In diesem Zusammenhang sollte allerdings unterstrichen werden, dass die Echokardiographie die Bildgebung der ersten Wahl bleibt und nuklearmedizinische Verfahren uneinheitlichen bzw. unklaren Befunden v. a. der Diagnostik bei Verdacht auf eine Infektion von Klappenprothesen oder anderem implantierten Material vorbehalten bleiben.

In den neuen Leitlinien finden sich diagnostische Algorithmen zur infektiösen Endokarditis nativer Herzklappen, von Klappenprothesen sowie zu CIED. Diese geben v. a. bei Patienten mit möglicher Endokarditis klare Handlungsvorschläge, wie die verschiedenen bildgebenden Verfahren bei nicht eindeutigen vorherigen Befunden Anwendung finden. Die Algorithmen können im klinischen Alltag und für die Erstellung hausinterner Protokolle hilfreich sein.

Duke-Kriterien

Zur Diagnose der infektiösen Endokarditis finden die modifizierten Duke-Kriterien Anwendung (Tab. 1). Diese wurden in den letzten Jahrzehnten mehrfach überarbeitet. Wesentliche Neuerungen der 2023 ESC modifizierten diagnostischen Kriterien der infektiösen Endokarditis sind:

  1. 1.

    E. faecalis ist ein typischer Endokarditis-Erreger, unabhängig vom primären Infektionsherd/Infektfokus (= neues Major-Kriterium).

  2. 2.

    Der Nachweis von infektiösen Läsionen kann mittels [18F] FDG-PET/CT oder Leukozyten-SPECT/CT erfolgen (= neues Major-Kriterium/bisher nur bei Prothesenendokarditis mit Eingriff vor > 3 Monaten).

  3. 3.

    Der Nachweis infektiöser Läsionen bei Verdacht auf Prothesenendokarditis kann mittels [18F] FDG-PET/CT oder Leukozyten-SPECT/CT unabhängig vom Zeitpunkt der initialen Operation/Intervention erfolgen (= neues Major-Kriterium).

  4. 4.

    Periphere Endokarditis-assoziierte Läsionen sind Läsionen, die durch Embolisation oder hämatologische Streuung der Erreger verursacht wurden, unabhängig ob sie klinisch apparent oder als Zufallsbefund im Rahmen bildgebender Verfahren diagnostiziert wurden. Dies gilt auch z. B. für eine Spondylodiszitis (= neues Minor-Kriterium).

  5. 5.

    Bei Blutkultur-negativer Endokarditis kann ein molekularbiologischer Nachweis eines Endokarditis-Erregers aus kardialem Gewebe oder embolischem Material mittels 16S/18S-rRNA-PCR-Sequenzierung erfolgen (= neues Minor-Kriterium).

Tab. 1 Definitionen der 2023 European Society of Cardiology modifizierten diagnostischen Kriterien der infektiösen Endokarditis

Des Weiteren wurde die Klassifikation der Endokarditis überarbeitet (definitive vs. mögliche vs. ausgeschlossene Endokarditis).

Antibiotische Therapie

Die erfolgreiche Behandlung einer infektiösen Endokarditis stützt sich auf eine mikrobiologische Eradikation durch antimikrobielle Substanzen. Wie auch in den letzten Leitlinien gibt es detaillierte Tabellen zur intravenösen antibiotischen Therapie für verschiedene klinische Szenarien (z. B. Nativklappenendokarditis vs. Prothesenendokarditis/empirische Therapie vs. verschiedene Erreger). Diese wurden hinsichtlich Substanzen und Dauer der Therapie überarbeitet, wobei die Evidenz hinsichtlich optimaler Antibiotikaregimes immer noch sehr limitiert ist. Um die Therapie an lokale Begebenheiten anzupassen, ist eine enge Kommunikation mit Infektiologen und Mikrobiologen sinnvoll.

Eine wesentliche Neuerung ist die Möglichkeit der Umstellung einer intravenösen auf eine orale antibiotische Therapie bei selektionierten Patienten (Abb. 1). Die Ergebnisse die POET-Studie [7] zeigen eine Nichtunterlegenheit der oralen im Vergleich zur intravenösen Therapie bei dem durch die Ein- und Ausschlusskriterien charakterisierten Patientenkollektiv. Die 5‑Jahres-Daten zeigen keinen Hinweis für eine erhöhte Rate an Therapieversagen, sondern weisen sogar auf eine Überlegenheit der oralen Therapie im Vergleich zur intravenösen Gabe hin [8]. Für eine Umstellung von intravenöser auf orale Antibiose kommen Patienten mit Nachweis von S. aureus, Streptokokken, Koagulase-negative Staphylokokken oder E. faecalis infrage. Patienten müssen zunächst ≥ 10 Tage intravenös behandelt werden bzw. ≥ 7 Tage nach Operation oder CIED-Systemextraktion. Nach transösophagealer Echokardiographie zum Ausschluss einer Komplikation (z. B. Abszess, schwere Klappendysfunktion, Vegetation > 10 mm bzw. Progression der Endokarditis) können Patienten ohne schwere Komorbiditäten, mit gutem Ansprechen auf die Therapie und stabiler ambulanter Versorgungssituation mit wöchentlich mehrfachen Kontrolluntersuchungen auf eine orale Antibiose umgestellt werden. Vergleicht man die Belastung eines langwierigen Krankenhausaufenthaltes und mehrwöchiger intravenöser Antibiose mit der Option einer ambulanten oralen antibiotischen Therapie, kommt dieses Konzept einem Paradigmenwechsel gleich. Eine Alternative zur oralen Therapie ist die ambulante intravenöse Therapie. Diese erscheint in der deutschen Versorgungsrealität tatsächlich nur schwer umsetzbar. Es ist allerdings zu erwarten, dass die Umstellung auf eine orale antibiotische Therapie durch die neue Leitlinienempfehlung auch in Deutschland zunehmend Anwendung finden wird.

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung der Oralisierung der antibiotischen Therapie bei Patienten mit infektiöser Endokarditis. BMI Body Mass Index, CRP C-reaktives Protein, CIED kardial implantierbare elektronische Devices, CoNS Koagulase-negative Staphylokokken, i.v. intravenös, p.o. per os, TEE transösophageale Echokardiographie

Chirurgische Therapie

Linksseitige infektiöse Endokarditis

Bei mehr als der Hälfte aller Patienten mit infektiöser Endokarditis bedarf es zusätzlich zur antibiotischen Therapie eines herzchirurgischen Eingriffs [9]. Es gibt unverändert 3 wesentliche Indikationen zur Operation bei linksseitiger infektiöser Endokarditis: (i) Herzinsuffizienz, (ii) unkontrollierte Infektion und (iii) Prävention eines embolischen Ereignisses. Hierbei kommt dem Zeitpunkt der Operation eine wichtige Rolle zu. Daher haben die aktuellen Leitlinien die Zeitfenster klar definiert:

  • Notfall („emergency“): innerhalb von 24 h,

  • dringlich („urgent“): innerhalb von 3 bis 5 Tagen,

  • nicht dringlich („non-urgent“): innerhalb desselben Krankenhausaufenthaltes.

Bei Patienten mit Herzinsuffizienz haben sich die Indikationen zur Operation nicht geändert. Es wird empfohlen, Patienten mit kardiogenem Schock oder therapierefraktärem Lungenödem bei Aorten- oder Mitralklappenendokarditis mit daraus resultierender hochgradiger valvulärer Dysfunktion notfallmäßig innerhalb von 24 h zu operieren. Bei Patienten mit Symptomen der Herzinsuffizienz oder echokardiographischen Zeichen der hämodynamischen Kompromittierung soll eine dringliche Operation erfolgen. Bei Patienten ohne hämodynamische Kompromittierung und stabilem klinischem Zustand kann von einer dringlichen Operation unter intravenöser Antibiose sowie echokardiographischen Verlaufskontrollen abgesehen werden. Ohne aufgrund der infektiösen Endokarditis bestehender Operationsindikation kann nach konservativer Ausheilung die weiterführende Therapie gemäß der ESC-Leitlinien zum Management von Herzklappenerkrankungen erfolgen, was bei Patienten mit intermediärem/hohem Operationsrisiko auch eine Therapie mittels z. B. TAVI im Verlauf einschließt [10]. In den aktuellen Leitlinien wird allerdings betont, dass bei niedrigem Operationsrisiko und unabhängig von der infektiösen Endokarditis bestehender Operationsindikation eine frühe Operation eine valide Option darstellt.

Im Rahmen der Operationsindikation „unkontrollierte Infektion“ wurden die bisherigen Empfehlungen überarbeitet. Die Definition einer lokal unkontrollierten Infektion (bisher: Abszess, Pseudoaneurysma, Fistel, zunehmende Vegetationsgröße) wurde um Prothesendehiszenz sowie neu aufgetretenen AV-Block erweitert. Hier soll eine dringliche Operation erfolgen. Auch bei persistierend positiven Blutkulturen soll unverändert eine dringliche Operation erfolgen, wobei der Zeitraum für die Diagnose persistierende positive Blutkultur auf > 1 Woche unter adäquater antibiotischer Therapie klarer definiert wurde.

Die Operationsindikation „Prävention eines embolischen Ereignisses“ wird insgesamt liberaler gehandhabt. Der Empfehlungsgrad zur operativen Therapie bei Patienten mit einer Vegetation ≥ 10 mm und einer weiteren Operationsindikation (z. B. hochgradige Insuffizienz oder Stenose) wurde angehoben (von Klasse-IIa- auf eine Klasse-I-Empfehlung, Evidenzgrad C). Eine neue Operationsindikation stellt die Klasse-IIb-Empfehlung zur dringlichen Operation bei Patienten mit Endokarditis der Aorten- oder Mitralklappe mit einer Vegetationslänge ≥ 10 mm ohne schwere Klappendysfunktion oder stattgehabtem embolischem Ereignis bei niedrigem Operationsrisiko dar (Evidenzgrad B). Die Klasse-I-Empfehlung zum dringlichen operativen Eingriff bei Patienten mit Nativklappen- oder Prothesenendokarditis der Aorten- oder Mitralklappe und einer persistierenden Vegetation ≥ 10 mm nach einem oder mehreren embolischen Episoden trotz adäquater antibiotischer Therapie bleibt bestehen (Evidenzgrad B). In jedem Fall soll eine Operation mit dem Ziel, embolische Ereignisse zu verhindern, immer dringlich erfolgen.

Es ist noch hervorzuheben, dass bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall ohne zerebrale Einblutung und erhaltener neurologischer Prognose und Indikation für einen kardiochirurgischen Eingriff dieser nicht verzögert und ebenfalls dringlich durchgeführt werden soll. Dies ist nach Überarbeitung nun eine Klasse-I-Empfehlung (vorhergehend Klasse IIa). Demgegenüber sollte bei Patienten mit hämorrhagischem Schlaganfall und Operationsindikation der Eingriff falls möglich > 1 Monat unter regelmäßiger Re-Evaluierung verzögert werden.

Vielerorts wird eine Zurückhaltung hinsichtlich kardiochirurgischer Eingriffe bei infektiöser Endokarditis beobachtet. Dies scheint durch Faktoren wie die Invasivität der Prozedur, das Alter der Patienten, Komorbiditäten und vorhergehende Prozeduren erklärbar zu sein. Eine chirurgische Intervention wurde allerdings in zahlreichen großen retrospektiven Studien als starker unabhängiger protektiver Faktor identifiziert. Demgegenüber ist das Absehen von einem operativen Eingriff bei bestehender Indikation der stärkste Prädiktor für einen letalen Ausgang, auch bei älteren Patienten. Dies unterstreicht die Bedeutung einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Kardiochirurgie im Sinne der etablierten Strukturen eines Heart-Teams mit Erweiterung zum Endokarditis-Team.

Rechtsseitige infektiöse Endokarditis

Die Indikationen zur operativen Therapie bei rechtsseitiger infektiöser Endokarditis bleiben unverändert. Hierbei stehen im Vordergrund (i) rechtsventrikuläre Dysfunktion bei akuter schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz ohne Ansprechen auf eine diuretische Therapie, (ii) persistierende Vegetation mit respiratorischer Insuffizienz unter Beatmungsunterstützung nach rezidivierender pulmonaler Embolisation, (iii) große residuelle Vegetationen (> 20 mm) der Trikuspidalklappe nach rezidivierender pulmonaler Embolisation, (iv) begleitende linksseitige infektiöse Endokarditis. Die Empfehlungsgrade wurde von einer Klasse IIa auf eine Klasse I angehoben (Evidenzgrad B/C). Weiterhin sollte auch eine Operation bei persistierender Bakteriämie/Sepsis nach ≥ 7 Tagen adäquater antibiotischer Therapie erwogen werden. Bei Patienten mit hohem Operationsrisiko kann auch die Extraktion von großen Vegetationen durch perkutane Aspirationssysteme erwogen werden. Zahlreiche Fallberichte weisen darauf hin, dass hierdurch die Masse an septischem Gewebe reduziert („Debulking“) und somit die Infektionslast reduziert werden könnte, was wiederum eine klinische Stabilisierung begünstigt. Dieses neue Therapiekonzept sollte in jedem Fall wissenschaftlich begleitet werden, und ein Publikationsbias hinsichtlich positiver Verläufe kann aktuell nicht ausgeschlossen werden [11].

Prothesenendokarditis

Die Prothesenendokarditis stellt die schwerste Form der infektiösen Endokarditis dar. Die intrahospitale Mortalität liegt bei 20–40 %. Die Operationsindikationen entsprechen denen einer Nativklappenendokarditis. Eine Ausnahme stellt allerdings die frühe Prothesenendokarditis dar. Hierfür wurde eine klare Empfehlung zur Operation gegeben (Klasse I, Evidenzgrad C). Die Definition einer frühen Prothesenendokarditis wurde allerdings überarbeitet und schließt nun nur noch Patienten mit infektiöser Endokarditis innerhalb der ersten 6 Monate nach initialer Operation ein (vorhergehend 12 Monate). Die späte Prothesenendokarditis (≥ 6 Monate nach initialer Operation) kann auch weiterhin konservativ mit antibiotischer Therapie alleine behandelt werden. Eine Ausnahme stellt die Infektion mit S. aureus oder gramnegativen Non-HACEK-Bakterien dar. Hier sollte auch eine chirurgische Therapie mit einer Klasse-IIa-Empfehlung erwogen werden (Evidenzgrad C).

Ein spezielles Patientenkollektiv stellen Patienten mit TAVI und infektiöser Endokarditis dar. Da die Entscheidung zur TAVI sich im Moment noch häufig nach dem operativen Risiko richtet, haben diese Patienten bei Operationsindikation im Rahmen einer infektiösen Endokarditis aufgrund des oft hohen Alters sowie ausgeprägter Komorbiditäten ein erhöhtes Risiko. Des Weiteren ist die chirurgische Entfernung der gesamten TAVI-Prothese häufig technisch anspruchsvoll. Die einzige Studie, die eine klare Überlegenheit eines operativen Ansatzes gegenüber einem primären konservativen Procedere bei infektiöser Endokarditis einer TAVI-Prothese beobachtet hat, hat sich auf Patienten mit lokaler Ausbreitung (z. B. Abszess, Fistel) fokussiert [12]. Allerdings stammen diese Beobachtungen aus den frühen Jahren der TAVI-Therapie, in der fast ausschließlich Hochrisikopatienten mittels TAVI behandelt wurden. Da zunehmend jüngere Patienten mit niedrigerem Risiko mittels TAVI behandelt werden, ist eine kontinuierliche Verbesserung der Ergebnisse bei Operation aufgrund einer infektiösen Endokarditis bei TAVI-Prothesen zu erwarten. Daher sollte die Entscheidung für oder gegen eine operative Versorgung bei diesem Patientenkollektiv individualisiert im Heart-Team erfolgen.

Präoperative Beurteilung des Koronarstatus

Eine präoperative Beurteilung des Koronarstatus wird bei Männern > 40 Jahren, postmenopausalen Frauen und Patienten mit ≥ 1 kardiovaskulären Risikofaktor oder bekannter koronarer Herzerkrankung empfohlen. Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Vegetationen an der Aortenklappe sollte dies gemäß einer neuen Empfehlung mittels Koronar-CT erfolgen (Klasse I, Evidenzgrad Β). Die invasive Angiographie kann nur in Ausnahmefällen bei Aortenklappenvegetationen erwogen werden (selektionierte Patienten mit bekannter koronarer Herzerkrankung oder hohem Risiko für eine signifikante obstruktive koronare Herzerkrankung/Klasse IIb, Evidenzgrad C). In Abwesenheit von Vegetationen an der Aortenklappe sollte eine invasive Koronarangiographie erfolgen (Klasse I, Evidenzgrad C). In Notfallsituationen sollte auch eine Herzklappenoperation ohne präoperative Beurteilung des Koronarstatus erwogen werden (z. B. Patienten im kardiogenen Schock/Klasse IIa, Evidenzgrad C). Bisherige Beobachtungen weisen darauf hin, dass eine zusätzliche aortokoronare Bypassoperation von nichtkritischen Läsionen zum Zeitpunkt eines operativen Eingriffes aufgrund einer infektiösen Endokarditis das Überleben nicht positiv beeinflusst [13]. Im Licht dieser Ergebnisse ist die Bedeutung einer begleitenden aortokoronaren Bypassoperation bei Patienten mit infektiöser Endokarditis unklar.

Kardial implantierbare elektronische Devices

Die Bedeutung der CIED-Therapie nimmt weltweit kontinuierlich zu und damit auch die Relevanz einer CIED-assoziierten infektiösen Endokarditis als eine der schwersten Komplikationen der CIED-Therapie. Die aktuellen ESC-Leitlinien geben präzise Kriterien zu Diagnose und Management von CIED-Infektionen und beziehen sich auf ein 2020 erschienenes Positionspapier der European Heart Rhythm Association (EHRA) [14]. Hier wird nicht nur die CIED-assoziierte infektiöse Endokarditis genau definiert, sondern es werden auch die Diagnostik, Therapie und intraoperative Prophylaxe detailliert beschrieben. Zudem hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Thorax‑, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) 2022 Empfehlungen zur Sondenextraktion publiziert [15]. Dieses Dokument definiert fachgesellschaftsübergreifende Standards zur Durchführung dieser Eingriffe unter Berücksichtigung praktischer, klinischer und juristischer Aspekte. Die aktuellen Empfehlungen der ESC stimmen im Wesentlichen mit beiden Dokumenten überein.

Bei Patienten mit CIED wird eine prophylaktische Antibiotikatherapie bei dentalen, respiratorischen, gastrointestinalen oder urogenitalen Eingriffen nicht empfohlen. Die Prävention einer CIED-Infektion bei Implantation ist allerdings von größter Wichtigkeit. Hierzu werden allgemeine Maßnahmen (z. B. Verschieben des Eingriffs bei Fieber oder anderen Zeichen einer Infektion, Vermeiden von temporären Schrittmachern, hygienisch einwandfreies Arbeiten im Operationssaal, Vermeiden von Hämatomen oder Sondenrevisionen) sowie eine antibiotische Prophylaxe mit Abdeckung von S. aureus empfohlen. Basierend auf der Worldwide Randomized Antibiotic Envelope Infection Prevention Trial(WRAP-IT)-Studie kann bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine CIED-Infektion (z. B. Taschenrevision, Aggregatwechsel, Re-Implantation bei kardialer Resynchronisationstherapie) ein Antibiotikanetz Anwendung finden.

Hinsichtlich der Diagnose soll unverändert bei allen Patienten mit Verdacht auf CIED-assoziierte Infektion eine transthorakale und transösophageale Echokardiographie durchgeführt werden. Insbesondere bei möglicher CIED-assoziierter infektiöser Endokarditis ohne Hinweise auf eine Tascheninfektion kann auch eine [18F] FDG-PET/CT oder Leukozyten-SPECT/CT durchgeführt werden.

Die Therapie einer CIED-Infektion besteht neben einer entsprechenden Antibiose in einer unmittelbaren Entfernung sämtlichen implantierten Materials. In Zentren mit entsprechender Expertise ist eine perkutane Extraktion gegenüber der chirurgischen Extraktion die bevorzugte Methode. Aktuelle europäische Daten zeigen, dass nur bei ca. 60 % aller Patienten mit CIED-Infektion eine vollständige CIED-Systemextraktion durchgeführt wird, obwohl dies klar mit einer wesentlich verbesserten Prognose und deutlichen Mortalitätsreduktion assoziiert ist [16]. Daher erscheint es von wesentlicher Bedeutung, hier mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Studienlage, ob eine linksseitige Endokarditis immer zu einer routinemäßigen Entfernung eines CIED führen sollte, ist immer noch unzureichend für eine starke Empfehlung und sollte in weiteren Studien untersucht werden.

Hinsichtlich der Re-Implantation von CIED wurde die bisherige Empfehlung weiter ausgearbeitet und mit einer Klasse-I-Empfehlung deutlich gestärkt (Evidenzgrad C). Bei indizierter Re-Implantation nach CIED-Systemextraktion aufgrund einer CIED-assoziierten Infektion soll diese so spät wie möglich erfolgen, erst wenn Zeichen und Symptome der Infektion abgeklungen sind und Blutkulturen für mindestens 72 h bei Patienten ohne Vegetationen bzw. mindestens 2 Wochen bei Patienten mit Vegetationen negativ sind. Das neue CIED soll nicht an der gleichen Lokalisation des vorherigen Aggregates implantiert werden. Bei implantiertem transvenösem ICD-System sollte die Option eines Wechsels auf ein vollständig subkutanes ICD-System immer geprüft werden.

In den ESC-Leitlinien wird hervorgehoben, dass eine CIED-assoziierte infektiöse Endokarditis per definitionem immer eine komplizierte infektiöse Endokarditis sei und daher die Behandlung an spezialisierten Zentren im Sinne von „Heart Valve Centers“ erfolgen solle. Da neben einer adäquaten antibiotischen die frühzeitige und vollständige Systemextraktion bei CIED-assoziierter infektiöser Endokarditis im Vordergrund steht und diese in Deutschland auch ohne chirurgisches Back-up durchgeführt wird, weicht hier die deutsche Versorgungsrealität von den Leitlinien ab.

Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern

Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) stellen eine progredient wachsende Patientenpopulation in der Kardiologie dar. Die hohe Komplexität dieser Patienten erfordert die Behandlung durch EMAH-Spezialisten oder EMAH-Zentren. Grundsätzlich finden die Diagnose- und Therapieprinzipien einer infektiösen Endokarditis auch bei EMAH Anwendung.

Hierbei ist zuerst an die große Bedeutung der Prävention zu denken. Aufgrund des Vorhandenseins von verschiedenartigen prothetischen Materialien sowie unbehandelten zyanotischen Defekten stellen EMAH ein Hochrisikokollektiv mit hoher Inzidenz einer infektiösen Endokarditis dar. Somit kommt generellen präventiven Maßnahmen inklusive Patientenaufklärung sowie der antibiotischen Prophylaxe ein besonderes Gewicht zu.

Auch erweiterte bildgebende Verfahren spielen aufgrund der atypischen anatomischen Gegebenheiten und nach Implantation prothetischer Materialien sowie von kardialen Strukturen eine große Rolle. Besondere Bedeutung haben daher die intrakardiale Echokardiographie und die [18F] FDG-PET/CT.

In der klinischen Praxis in Deutschland zeigt sich, dass auch bei EMAH eine infektiöse Endokarditis oftmals erst spät diagnostiziert wird. Eine antibiotische Therapie ohne vorherige adäquate Keimasservierung kann das weitere Management erheblich verkomplizieren. Nach erfolgter Diagnose ist die Beurteilung der Hämodynamik von großer Bedeutung, da z. B. eine infizierte Pulmonalklappe oder ein Conduit aufgrund einer zunehmenden Stenosierung und/oder Insuffizienz zu einer akuten Rechtsherzbelastung mit suprasystemischem rechtsventrikulärem Druck führen kann. Eine Verschlechterung der Hämodynamik muss unverzüglich klinisch, echokardiographisch und laborchemisch (NT-proBNP) abgeklärt werden. Bei drohender Rechtsherzdekompensation kann dann ggf. eine akute Behandlung erfolgen. Das optimale Procedere (interventionell/operativ/konservativ) sollte individuell festgelegt werden. Der Wechsel von einer intrahospitalen intravenösen antibiotischen Therapie zu einer ambulanten parenteralen antibiotischen Therapie oder einer oralen antibiotischen Therapie ist bei EMAH noch nicht fest etabliert, was wiederum durch die erhöhte Komplexität aber auch durch die fehlende Evidenz erklärbar ist. Diese Optionen sollten nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung durch entsprechend erfahrene EMAH-Zentren unter enger Zusammenarbeit mit der Infektiologie/Mikrobiologie evaluiert werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei EMAH aufgrund der erhöhten Komplexität bereits bei einem Endokarditis-Verdachtsfall unmittelbar Kontakt mit dem EMAH-Zentrum aufgenommen werden soll und die Schwelle zur Kommunikation und Kontaktaufnahme mit den entsprechenden behandelnden Ärzten niedrig sein sollte.

Eine Leitlinie zum Management der infektiösen Endokarditis bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern wurde im Jahr 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) publiziert (Lit: AWMF-Reg. Nr. 023–024: S2k-Leitlinie Infektiöse Endokarditis und Endokarditisprophylaxe im Kindes- und Jugendalter, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/023-024), ein Update bzw. Kommentar zu den ESC-Leitlinien wird erfolgen.