Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags

– sind Sie in der Lage, eine Ichthyose zu erkennen.

– kennen Sie die aktuelle Klassifikation und Terminologie der Verhornungsstörungen.

– können Sie zwischen syndromalen und nichtsyndromalen Ichthyosen unterscheiden.

– kennen Sie unterschiedliche Gendefekte, die zu Ichthyosen führen.

Einleitung, Hintergrund und Begrifflichkeiten

Ichthyosen sind genetisch bedingte monogene (Mendel-) Verhornungsstörungen, die sich durch eine Schuppung auszeichnen, die zumeist die gesamte Haut betrifft. Der Name leitet sich vom griechischen Wort „ichthys“ für Fisch ab. Das deutsche Wort „Fischschuppenkrankheit“ sollte allerdings besser vermieden werden, da es von den Betroffenen als herabsetzend empfunden werden kann. Von den Ichthyosen werden die Palmoplantarkeratosen abgegrenzt. Dabei handelt es sich um lokalisierte Verhornungsstörungen, die vornehmlich Hände und Füße betreffen. Eine weitere stärker lokalisierte Gruppe von Verhornungsstörungen ohne Befall des gesamten Hautorgans wurde früher als Erythrokeratodermie von den Ichthyosen abgetrennt. Der Name „Erythrokeratodermie“ hat sich für bestimmte lokalisierte und gleichzeitig sehr stark entzündliche Verhornungsstörungen gehalten. Als Gruppe werden diese Krankheitsbilder heute den Ichthyosen zugerechnet, da insbesondere in der amerikanischen Literatur die subtile Unterscheidung zwischen Ichthyosen und Erythrokeratodermien aufgehoben wurde.

Ichthyosen sehen nicht ein Leben lang identisch aus, und insbesondere das klinische Bild bei Geburt kann sich von der Präsentation im späteren Leben sehr deutlich unterscheiden. So werden viele Betroffene als Kollodiumbaby (CB) geboren. Hier umgibt eine pergamentartige Membran das Neugeborene. „Kollodiumbaby“ ist keine endgültige Diagnose, sondern ein „transienter“ Zustand, der in den allermeisten Fällen in eine nichtsyndromale Ichthyose, z. B. lamelläre Ichthyose (LI) oder kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie (CIE), einmündet. Sehr gelegentlich liegt ein CB auch bei syndromalen Ichthyoseformen vor. In ca. 10 % der Fälle kommt es bei CB zu einer weitgehenden Abheilung, z. B. unter dem Bild der selbstverbessernden Kollodium-Ichthyosis („self-improving collodion ichthyosis“, SICI). Kollodiumbabys können in der Regel nicht vor der Geburt erkannt werden, d. h., der Ultraschall ist nicht diagnostisch. Die einzige Diagnose, bei der Ultraschall einen besonderen diagnostischen Wert bei den Ichthyosen hat, ist das „ichthyosis prematurity syndrome (IPS)“. Hier kommt es in utero zu dem Bild eines „Schneegestöbers“, da sich Hyperkeratosen in hohem Maße von dem Embryo lösen und im Fruchtwasser als Schneegestöber im Ultraschall sichtbar werden. Außerdem besteht bei diesem Krankheitsbild meistens ein Polyhydramnion . Letzterer Befund kann ebenfalls bei der Harlekin-Ichthyose (HI) ultraschallmäßig imponieren.

Der Begriff „lamelläre Ichthyose“ bezeichnet heute keine genetische Entität mehr, sondern wird als klinischer Ausdruck für Ichthyosen benutzt, die durch eine lamellenartige sehr grobe bräunliche Schuppung charakterisiert sind. Am anderen Ende des klinischen Spektrums findet sich die CIE. Hier dominiert die generalisierte Entzündung der Haut („Erythrodermie“), die meistens, aber nicht immer, mit einer feinen Schuppenbildung einhergeht.

Da sich diese Übersicht überwiegend an Nichtdermatologen richtet, soll noch eine Reihe weiterer dermatologischer Begrifflichkeiten erläutert werden. Eine „Badeanzug-Ichthyose“ („bathing suit ichthyosis“, BSI) ist eine spezielle Form der LI, die die Extremitäten ausspart. Bemerkenswerterweise werden die Betroffenen aber ebenfalls als CB geboren, und in diesem Stadium sind auch Beine und Arme noch in Gänze von der Kollodiummembran (CM) umhüllt. Auch hier liegt also ein bemerkenswerter Wandel zwischen der Präsentation bei Geburt und dem späteren Leben vor. Das Wort „Desquamation“ lässt sich mit „Abschuppung“ übersetzen und ist somit keine besondere Verhornungsstörung, sondern ein normaler Prozess, der bei Gesunden in der Regel unbemerkt verläuft, bei Ichthyose-Kranken jedoch sehr deutlich sichtbar sein kann. Eine Reihe von Ichthyosen beruht darauf, dass die normale Desquamation biochemisch gestört ist, also eine Retentionskeratose entsteht. Dies ist z. B. bei der HI und der X-chromosomal-rezessiven Ichthyose (XRI) der Fall. Insbesondere bei den stark entzündlichen Formen der Ichthyose, wie CIE oder Netherton-Syndrom, liegt der Schuppenbildung als Mechanismus allerdings eine Hyperproliferation der Epidermis zugrunde. Hier werden aufgrund der Hyperproliferation zu viele Schuppen produziert. Auch der Begriff „Keratosis pilaris“ ist offensichtlich den Nichtdermatologen nicht geläufig. Hierunter verstehen Dermatologen eine Verhornungsstörung, die an die Haarschäfte gebunden ist und von ihnen ausgeht. Es handelt sich also um eine follikuläre Keratose. Die Ursachen follikulärer Keratosen sind vielfältig, in etwa 35 % aller Fälle liegen allerdings Filaggrinmutationen vor (s. Abschn. zu „Ichthyosis vulgaris“).

Hintergrund

Genetisch bedingte Ichthyosen werden unterteilt in:

  • nichtsyndromale Formen und

  • syndromale Formen.

Eine weitere Unterteilung in kongenitale und nichtkongenitale Ichthyosen wird zwar noch benutzt, aber sie wurde von einer anderen Einteilung in häufige und seltene Ichthyosen abgelöst.

Bei den angeborenen Ichthyosen liegen die Symptome an der Haut bereits bei Geburt vor, entweder als CIE oder als CM. Kollodiumbabys entwickeln später eine LI, CIE oder die selteneren Varianten der SICI oder die BSI.

Bei den nichtkongenitalen Formen manifestieren sich die Hauterscheinungen erst mehrere Wochen bis Monate nach der Geburt. Hierzu gehören die Ichthyosis vulgaris (IV) und die XRI. Heute werden diese Formen unter „häufige Ichthyosen“ zusammengefasst. Gelegentlich kann bei der XRI bei Geburt eine milde Schuppung vorliegen, die sich dann zunächst zurückbildet und meist im Alter von 4 bis 6 Monaten wieder einsetzt.

Zu den nichtsyndromalen Ichthyosen gehören neben den beiden häufigen Formen auch die wesentlich selteneren autosomal-rezessiven kongenitalen Ichthyosen (ARCI), die sich klinisch als HI, LI oder CIE manifestieren [1]. Unter keratinopathischen Ichthyosen (KPI) fasst man die Formen zusammen, die durch Mutationen in Keratingenen verursacht werden. Beispiele hierfür sind die epidermolytische Ichthyose (EI), die superfizielle epidermolytische Ichthyose (SEI) und die kongenitale retikuläre ichthyosiforme Erythrodermie (CRIE).

Die syndromalen Ichthyosen werden aufgrund der zusätzlich assoziierten Symptome wie z. B. Haaranomalien oder neurologische Auffälligkeiten unterschieden.

Nichtsyndromale Ichthyosen

Eine Übersicht findet sich in Tab. 1.

Tab. 1 Liste der nichtsyndromalen Ichthyosen

Häufige Ichthyosen

Ichthyosis vulgaris (IV, OMIM 146750)

Die häufigste Form der Ichthyose ist die IV mit einer Prävalenz bis zu 1:100 [2]. Sie wird durch „Loss-of-function”-Mutationen im Filaggringen (FLG) verursacht und autosomal-semidominant vererbt [3]. Bei dem überwiegenden Teil der Patienten (etwa zwei Drittel) können 2 FLG-Mutationen nachgewiesen werden [4], die mit einem relativ schweren Phänotyp einhergehen, während die Patienten mit nur einer Mutation wesentlich milder betroffen sind. Die IV ist in etwa der Hälfte der Fälle mit atopischem Ekzem assoziiert und zu etwa 40 % mit allergischer Rhinitis, Konjunktivitis oder bronchialem Asthma, z. T. auch überlappend mit atopischem Ekzem. Etwa ein Drittel der Patienten weist keinerlei Atopie auf [4].

Bei der histologischen Analyse fällt eine Orthohyperkeratose (Verdickung des Stratum corneum) bei gleichzeitig vermindertem oder fehlendem Stratum granulosum auf. Elektronenmikroskopisch zeigt sich der Defekt als reduzierte, sehr verkleinerte (krümelige) Keratohyalingranula.

Das typische klinische Bild der IV ist durch eine feine, hellgraue Schuppung unter Aussparung der großen Gelenkbeugen sowie eine palmoplantare Hyperlinearität und Keratosis pilaris charakterisiert. Die IV beginnt meist erst Wochen bis Monate nach der Geburt.

X-chromosomal-rezessive Ichthyose (XRI; OMIM 308100)

Mit einer Prävalenz von 1:2000 Jungen ist die XRI die zweithäufigste Form der Ichthyosen, bedingt durch Mutationen im Steroidsulfatasegen (STS, [5]). Pathogenetisch kommt es durch die fehlende Cholesterolhydrolyse zur Cholesterol-3-Sulfat-Akkumulation in der Epidermis.

Der Gendefekt kann enzymatisch durch die Bestimmung der Sulfataseaktivität im Blut bestimmt oder durch Sequenzierung des STS-Gens bestätigt werden. Allerdings findet man nur in etwa 10 % der Fälle Punktmutationen; meist liegen Deletionen vor, die einen Teil oder die Gesamtheit (ein oder mehrere Exons) des STS-Gens betreffen (isolierte nichtsyndromale XRI). Größere Deletionen, die auch auf benachbarte Gene übergreifen, führen zu wesentlich komplexeren Krankheitsbildern wie dem Kallmann-Syndrom, das zusätzlich mit mentaler Retardierung, Hypogonadismus und Anosmie assoziiert ist. Diese „Contiguous-gene-deletion“-Syndrome werden dann den syndromalen Ichthyosen zugeordnet.

Wie auch bei der IV liegt hier histologisch eine Orthohyperkeratose vor, jedoch mit einem normalen bzw. eher verdickten Stratum granulosum. Elektronenmikroskopisch imponiert ein fehlender Abbau der Korneodesmosomen, der letztendlich für die Retentionshyperkeratose verantwortlich ist.

Die überwiegend festhaftende, rhomboide, hellgraue bis dunkelbraune Schuppung ist über den gesamten Körper ausgedehnt, mit Ausnahme der Hände, Füße sowie der Beugeseiten von Ellenbogen und Knie. Mütter von betroffenen Jungen sind Konduktorinnen , die gehäuft über Komplikationen (Wehenschwäche) bei der Geburt ihrer Kinder mit anschließendem Kaiserschnitt oder Zangengeburt berichten.

Seltene Ichthyosen

Autosomal-rezessive kongenitale Ichthyose (ARCI)

Der Überbegriff ARCI bezieht sich auf alle nichtsyndromalen Formen von autosomal-rezessiv vererbten Ichthyosen, die nicht mit Blasenbildung einhergehen. Hierunter fallen [1]:

  • Harlekin-Ichthyose, die mit Abstand die schwerste Form der Ichthyose ist,

  • lamelläre Ichthyose und

  • kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie.

Zurzeit sind Mutationen in 8 verschiedenen Genen als Ursache für ARCI beschrieben (Tab. 1, Abb. 1). Studien zur Prävalenz in Deutschland und Spanien beschreiben nahezu übereinstimmend Werte von 1,6–1,7:100.000 [6, 7]. Histologisch zeigen die genetisch heterogenen ARCI typische Zeichen einer epidermalen Hyperproliferation mit Orthohyperkeratose und verdicktem Stratum granulosum sowie Zeichen einer Entzündung mit lymphohistiozytärem Infiltrat der Dermis [5]. Im Elektronenmikroskop kann teilweise eine für den jeweiligen Gendefekt typische Veränderung nachgewiesen werden, z. B. „cholesterol clefts“ im Stratum corneum bei TGM1- und PNPLA1-Mutationen oder aufgeblähte „lamellar bodies“ bei der HI.

Abb. 1
figure 1

Prozentuale Verteilung der Mutationen in den 8 bekannten Genen, die für autosomal-rezessiv kongenitale Ichthyosen bekannt sind. Die Ergebnisse basieren auf Sequenzdaten einer Kohorte von 550 Familien. ABCA12 ATP-binding cassette sub-family A member 12, ALOX12B arachidonate 12-lipoxygenase, ALOXE3 arachidonate lipoxygenase 3, CERS3 ceramide synthase 3, CYP4F22 cytochrome P450, family 4, subfamily F, polypeptide 22, NIPAL4 NIPA-like domain containing 4, PNPLA1 patatin-like phospholipase domain containing, TGM1 Transglutaminase 1

Transglutaminase 1 (TGM1; OMIM 242300)

Die häufigsten Ursachen für ARCI sind Mutationen im TGM1-Gen, die erstmals 1995 beschrieben wurden [8, 9] und die in etwa einem Drittel aller ARCI-Patienten gefunden werden [10]. Die Prävalenz in Deutschland wird mit 1:200.000 angegeben [6]. Patienten mit TGM1-Mutationen werden in 80–90 % der Fälle als CB geboren und behalten davon im späteren Verlauf der Erkrankung oft ein schweres Ektropium . Das klinische Bild manifestiert sich bei etwa 90 % der Betroffenen als LI und bei etwa 10 % als CIE (Abb. 2). Hinweise für eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation gibt es nicht. Lediglich in Einzelfällen können spezielle Mutationen zu spezifischen Phänotypen führen wie z. B. der BSI oder dem selbstheilenden CB [11].

Abb. 2
figure 2

Klinische Bilder von Patienten mit autosomal-rezessiver kongenitaler Ichthyose (ARCI) und Mutationen in unterschiedlichen Genen: Oben (ac): Mutation im TGM1-Gen: pigmentierte, grob-lamelläre Schuppung am gesamten Körper und im Gesicht. Mitte (df): „Missense“-Mutationen im ABCA12-Gen: lamelläre Ichthyose, Kyphoskoliose sowie Hand- und Nageldeformitäten. Unten (gi): Mutationen im NIPAL4/Ichthyin-Gen: retikuläre Schuppung; bei einigen Patienten findet sich eine spezifische palmoplantare Keratodermie mit Aussparung der Innenflächen. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Bouadjar, Algier, Algerien)

Lipoxygenasen ALOX12B und ALOXE3 (OMIM 242100; 606545)

Mithilfe von „homozygosity mapping“ in konsanguinen ARCI-Familien wurden 2002 Mutationen in den beiden Lipoxygenase-Genen ALOX12B und ALOXE3 identifiziert [12]. Insgesamt sind 17 % der ARCI durch Mutationen in einem der beiden Lipoxygenasegene verursacht, wobei 12 % auf ALOX12B und 5 % auf ALOXE3 entfallen Abb. 1. Die beiden Enzyme 12R-LOX und eLOX3 katalysieren die ersten beiden Schritte im Abbauweg der Arachidonsäure [13]. Klinisch kommen sowohl LI als auch CIE vor. Besonders bei skandinavischen Patienten mit ALOX12B-Mutationen beobachtet man gehäuft eine positive Entwicklung des Phänotyps in Richtung selbstverbessernde Kollodium-Ichthyose (SICI, [14, 15]).

„ATP-binding cassette transporter“ (ABCA12; OMIM 601277; 242500)

Defekte im ABCA12-Gen können je nach Art der Mutation entweder zu einer LI oder zu einer HI führen. Im Jahr 2003 wurden erstmals bei Patienten aus konsanguinen, nordafrikanischen Familien homozygote Missense-Mutationen identifiziert, die zu einer schweren LI, Hand- und Nageldeformitäten sowie Kyphoskoliose führten ([16], Abb. 2). Im Jahr 2005 wurden Loss-of-function-Mutationen im gleichen Gen ABCA12 als molekulargenetische Ursache der HI aufgedeckt [17, 18]. Hiermit liegt eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation vor. ABCA12 ist ein transmembranärer Lipidtransporter der Keratinozyten, der Lipide zu den lamellären Granula (LG) und diese LG dann zur Zellmembran bringt. Lamelläre Granula werden auch als „lamellar bodies“, Keratinosomen oder „Odland bodies“ bezeichnet.

NIPAL4 (Ichthyin; OMIM 612281)

Im Jahr 2004 wurde durch positionelle Klonierung ein weiteres krankheitsverursachendes Gen identifiziert, das zunächst als Ichthyin, später dann nach der offiziellen Nomenklatur als NIPAL4 bezeichnet wurde [19]. Etwa 16 % der ARCI-Patienten tragen Mutationen in diesem Gen [10], die rekurrente Mutation p.A176D kommt bei der Hälfte dieser Patienten vor. In einem Teil der Patienten wird ein spezieller Phänotyp mit einer retikulären LI und einer ausgeprägten Palmoplantarkeratodermie mit zentralen Aussparungen bemerkt (Abb. 2). Elektronenmikroskopisch werden diese Patienten als Typ III klassifiziert mit hyperkeratotischem Stratum corneum und Stratum granulosum mit Vakuolen.

CYP4F22 (OMIM 604777)

Die ARCI aufgrund von CYP4F22-Mutationen kommt in 8 % der Patienten vor; dies resultiert in einer relativ milden LI, die im periumbilikalen Bereich akzentuiert sein kann. Die Patienten werden in der Regel nicht als CB geboren und zeigen ähnlich wie bei der IV eine deutliche palmoplantare Hyperlinearität [20].

„Patatin-like-phospholipase domain-containing protein 1“ (PNPLA1; OMIM 615024)

Zur Identifizierung von Mutationen im Gen PNPLA1 wurde ein spontanes Hundemodell mit an Ichthyose erkrankten Golden Retrievern genutzt [21]. Einige der anschließend auf das menschliche PNPLA1-Gen untersuchten Ichthyose-Patienten zeigten Mutationen. Im Gegensatz zu den neugeborenen Hundebabys, die bei Geburt noch keine Anzeichen einer Ichthyose aufwiesen, kamen alle Patienten als CB zur Welt; später entwickelte sich eine LI.

Ceramidsynthase 3 (CERS3; OMIM 615023)

Das zuletzt identifizierte ARCI-Gen codiert für eine Ceramidsynthase (CERS3), die für die De-novo-Synthese von Ceramiden in der Haut verantwortlich ist [22, 23]. Mutationen im CERS3 verursachen eine verminderte Bildung von ultralangkettigen epidermisspezifischen Ceramiden, die zu einer defekten epidermalen Differenzierung der Haut und somit zu einer Störung der Hautbarriere führen. Klinisch dominiert eine LI mit palmoplantarer Hyperlinearität und Hyperkeratose. Histologisch besteht eine Akanthose mit deutlicher Verdickung des Stratum granulosum bei normaler Hornschicht. Mithilfe der Immunfluoreszenzmikroskopie wurde CERS3 zwischen dem Stratum corneum und dem Stratum granulosum lokalisiert.

Keratinopathische Ichthyose

Unter dem Überbegriff keratinopathische Ichthyose (KPI) fasst man die Formen zusammen, die durch Mutationen in Keratingenen verursacht werden [1]. Die Vererbung in dieser Erkrankungsgruppe erfolgt normalerweise autosomal-dominant; ausnahmsweise kann auch eine autosomal-rezessive Vererbung vorkommen. Neben den 3 Haupttypen (EI, SEI und CRIE) existieren 2 seltenere KPI-Varianten: anuläre epidermolytische Ichthyose (AEI; OMIM 607602) und die Ichthyosis Curth-Macklin (ICM; OMIM 146590).

Typischerweise findet sich lichtmikroskopisch eine epidermolytische Hyperkeratose, während elektronenmikroskopisch kollabierte Keratinaggregate nachweisbar sind. Diese sog. Tonofilamente sind um den Zellkern herum verklumpt/aggregiert und haben die Anbindung zu den Desmosomen verloren.

Epidermolytische Ichthyose (EI; OMIM 113800)

Die EI wurde früher als bullöse Ichthyose, bullöse CIE Typ Brocq, epidermolytische Hyperkeratose oder Ichthyosis exfoliativa bezeichnet. Sie wird entweder durch Mutationen im Gen KRT1 oder KRT10 verursacht. Bei Geburt liegt normalerweise eine ichthyosiforme Erythrodermie vor, die mit Blasenbildung einhergehen kann, weswegen als Differenzialdiagnose die bullösen Epidermolysen infrage kommen. Nach der anfänglichen Phase der Blasenbildung in den ersten Lebensmonaten kommt es anschließend zu Hyperkeratosen.

Superfizielle epidermolytische Ichthyose (SEI; OMIM 146800)

Die SEI wurde früher als Ichthyosis bullosa Siemens bezeichnet und wird durch Mutationen im KRT2-Gen verursacht. Klinisch ähnelt sie der EI, zeigt jedoch einen milderen Krankheitsverlauf mit eher lokalisierten Hauterscheinungen. Da die Abgrenzung des Phänotyps zwischen EI und SEI nicht immer möglich ist, sollte bei allen KPI-Patienten, bei denen keine Mutationen in KRT1 oder KRT10 gefunden wurden, KRT2 analysiert werden.

Kongenitale retikuläre ichthyosiforme Erythodermie (CRIE; OMIM 609165)

Die genetische Ursache für die CRIE sind spezifische Mutationen im KRT10 -Gen . Das klinische Bild bei Geburt wird von einer ausgeprägten Erythrodermie beherrscht. Palmoplantar kommen Blasenbildung und großflächige Schuppungen vor (wie beim „peeling skin syndrome“). Im späteren Verlauf beobachtet man auch eine Lichenifizierung . Im frühen Kindesalter (3 bis 10 Jahre) beginnt die Entwicklung von multiplen, kleinen weißen Flecken, die bis zu 2 cm groß werden können, und die zu der französischen Bezeichnung „Ichthyosis en confetti“ geführt haben. Die zu Beginn in allen Körperzellen vorliegende KRT10-Mutation bildet sich durch mitotische Rekombination zurück [24]. Dieses Phänomen des „revertant mosaicism“ findet man auch bei anderen Erkrankungen, z. B. der Epidermolysis bullosa.

Andere Genodermatosen werden ebenfalls unter der Gruppe der nichtsyndromalen Ichthyosen aufgelistet, da sie phänotypisch überwiegend durch eine Ichthyose charakterisiert sind. Beispiele sind die autosomal-dominant vererbten Loricrin keratoderma (OMIM 604117), Erythrokeratodermia variabilis (OMIM 133200) sowie die beiden autosomal-rezessiv vererbten Erkrankungen Peeling skin syndrome (OMIM 270300) und „keratosis linearis with ichthyosis congenita and sclerosing keratoderma“ (KLICK-Syndrom, OMIM 601952).

Syndromale Ichthyosen

Eine Übersicht findet sich in Tab. 2.

Tab. 2 Liste der syndromalen Ichthyosen

Die syndromalen Ichthyosen werden nach der Konsensus-Klassifikation von 2010 [1] zunächst nach dem vorliegenden Vererbungsmodus eingeteilt in X-chromosomale und autosomal-vererbte Ichthyose-Syndrome. Die letztere große Gruppe wird dann noch einmal nach den vorherrschenden Symptomen unterteilt wie zusätzlichen Haaranomalien, neurologischen Symptomen, fatalem Krankheitsverlauf und sonstigen assoziierten Symptomen.

X-chromosomale Ichthyose-Syndrome

Hierzu gehören die syndromale Form der XRI im Sinne eines Contiguous-gene-deletion-Syndroms, die X-chromosomal-rezessive Ichthyosis-follicularis-atrichia-photophobia (IFAP) und die X-chromosomal-dominante Chondrodysplasia punctata.

Ichthyosis-follicularis-atrichia-photophobia (IFAP-Syndrom; OMIM 308205)

Das X-chromosomal-rezessiv vererbte IFAP-Syndrom ist durch die folgende Trias charakterisiert:

  • Ichthyosis follicularis,

  • Alopezie und

  • Fotophobie.

In der Literatur sind bislang etwa 40 Fälle bei männlichen Patienten beschrieben. Weibliche Überträgerinnen können minimale Symptome aufweisen wie etwa den Blaschko-Linien folgenden Hyperkeratosen, asymmetrische Verteilung der Körperhaare und fleckförmige Alopezie. Die Patienten weisen sowohl eine Alopezie mit fehlenden Augenbrauen und Wimpern auf als auch eine komplette Atrichie der Körperbehaarung. Die Ichthyosis follicularis zeichnet sich durch dornähnliche Hautfollikelauswüchse aus. Die Ulzeration der Kornea mit progressiver Vernarbung und Vaskularisation kann zur Erblindung führen.

Ursache der Erkrankung sind Mutationen im MBTPS2-Gen, die mit einer Störung der Cholesterinhomöostase einhergehen. Einige der Patienten mit MBTPS2-Mutationen haben zusätzliche Symptome („brain anomalies, retardation, ectodermal dysplasia, skeletal deformities, Hirschsprung’s disease, ear/eye anomalies, cleft palate/cryptorchidism and kidney dysplasia/hypoplasia), was in der Bezeichnung BRESHECK-Syndrom resultierte.

X-chromosomal-dominante Chondrodysplasia punctata (CDPX2; Conradi-Hünermann-Happle Syndrom; OMIM 302960)

Die X-chromosomal-dominante Chondrodysplasia punctata (CDPX2), die ebenfalls als Conradi-Hünermann-Happle-Syndrom bezeichnet wird, ist durch Kleinwuchs, Ichthyose, Chondrodysplasia punctata und Katarakte charakterisiert. Ursache sind Mutationen im EBP -Gen , das für das emopamilbindende Protein codiert. Dieses hat im Biosyntheseweg des Cholesterols die Funktion einer δ8-δ7-Sterol-Isomerase (3β-Hydroxysteroid-δ8, δ7-Isomerase) und wandelt 8,9-Cholesterol in Lathosterol um.

Autosomal vererbte Ichthyose-Syndrome

Mit Haaranomalien

Netherton-Syndrom (NS; OMIM 256500)

Das Netherton-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, die durch Mutationen im SPINK5- Gen verursacht wird, das für den Serin-Protease-Inhibitor LEKTI codiert. Klinisch ist das NS durch die Trias aus ichthyosiformer Erythrodermie, spezifischen Haarschaftanomalien und Atopieneigung charakterisiert. Bei Geburt liegt eine Erythrodermie mit blättriger Schuppung vor (Abb. 3). Im weiteren Verlauf bleibt entweder die CIE bestehen, oder es entwickeln sich polyzyklische serpiginöse wandernde Plaques mit erythematösem Randsaum und charakteristischer Schuppung („double-edged“) – die „Ichthyosis linearis circumflexa Comél“ . Oft ist das Gesicht ebenfalls betroffen.

Abb. 3
figure 3

Beispiele für autosomal-vererbte Ichthyose-Syndrome: Oben (ac): Netherton-Syndrom: a typische blättrige Ichthyose am Bauch; b blättrige Schuppung der Kopfhaut; die deformierte Ohrmuschel aufgrund einer Kollodiummembran bei Geburt ist für das Netherton-Syndrom eher die Ausnahme; c Knie und Unterschenkel des gleichen Patienten. Unten (df): Chanarin-Dorfman-Syndrom: generalisierte Erythrodermie mit fein-weißlicher Schuppung bei einem Patienten mit Mutationen im CGI58/ABDH5-Gen. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Bouadjar, Algier, Algerien)

Der begleitende Haardefekt kann meist nur mikroskopisch erkannt werden; am häufigsten findet man Bambushaar (Trichorrhexis invaginata), aber auch Trichorrhexis nodosa und Pili torti. Die Haare sind brüchig und rau, wachsen schlecht nach. Auf der Kopfhaut besteht oft eine schuppende Dermatitis; auch das Gesicht ist mitbetroffen.

Es besteht eine sehr starke Neigung zu Atopien (allergische Rhinitis, Asthma, Pruritus, Urtikaria, atopische Dermatitis, Angioödeme und Ekzeme) mit erhöhtem IgE-Spiegel im Serum und/oder Hypereosinophilie. Gedeihstörungen und Wachstumsretardierungen sind beim NS häufig. In der direkten Immunfluoreszenz kann der Verlust der LEKTI-Expression im Stratum granulosum der Epidermis nachgewiesen werden.

Ichthyose-Hypotrichose-Syndrom (IHS, OMIM 602400)

Dieses Syndrom wird autosomal-rezessiv vererbt und ist durch eine kongenitale Ichthyose und Hypotrichose gekennzeichnet. Ursache sind Mutationen im ST14 -Gen , das für das Protein Matriptase codiert. Es wird vermutet, dass diese kürzlich identifizierte Protease eine Rolle bei der Desquamation (Abschuppung) des Stratum corneum spielt.

Ichthyose-Hypotrichose-sklerosierende-Cholangitis-Syndrom (IHSC; OMIM 607626)

Dieses autosomal-rezessiv vererbte Syndrom wurde früher auch als NISCH-Syndrom bezeichnet aufgrund der neonatalen Ichthyose und der sklerosierenden Cholangitis. Klinisch fallen eine Hypotrichose der Kopfhaut mit narbiger Alopezie sowie spärliche Wimpern und Augenbrauen auf. Auch Oligodontie, Hypodontie und Schmelzhypoplasie wurden beobachtet.

Bislang wurden nur wenige Fälle in der Literatur beschrieben, die alle Loss-of-function-Mutationen im CLDN1-Gen, einem Protein der „tight junctions”, zeigten. Die Leberbeteiligung ist unterschiedlich schwer ausgeprägt und kann in eine Leberinsuffizienz mit Notwendigkeit der Transplantation münden.

Trichothiodystrophie mit Fotosensitivität (TTDP; OMIM 601675)

Die Trichothiodystrophie-Syndrome sind eine heterogene Krankheitsgruppe, die ihren Namen den kurzen, brüchigen Haaren mit erniedrigtem Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren verdanken. Meist sind sie mit Symptomen wie kongenitaler Ichthyose, Nagelanomalien, Wachstumsstörungen, Minderbegabung und Fotosensitivität assoziiert. Sie werden autosomal-rezessiv vererbt. Mutationen in den Genen ERCC2, ERCC3 und GTF2H5 wurden beschrieben.

Mit prominenten neurologischen Symptomen

„Mental retardation-enteropathy-deafness-peripheral neuropathy-ichthyosis-keratoderma“ (MEDNIK-Syndrom; OMIM 609313)

Als MEDNIK-Syndrom bezeichnet man die Assoziation von Intelligenzminderung, Enteropathie, Schwerhörigkeit, peripherer Neuropathie, Ichthyose und Keratodermie. Klinisch handelt es sich um eine sehr seltene und schwere Multisystemerkrankung , die gewisse Überschneidungen mit dem CEDNIK-Syndrom aufweist (s. u.). Ursache sind Mutationen im AP1S1-Gen. Der Vererbungsmodus ist autosomal-rezessiv.

Sjögren-Larsson-Syndrom (SLS; OMIM 270200)

Diese autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung ist durch kongenitale Ichthyose, intellektuelles Defizit und spastische Parese gekennzeichnet und wird durch einen Defekt im Fettstoffwechsel der Epidermis verursacht. Das SLS wurde erstmals in Schweden beschrieben, wo es überdurchschnittlich häufig vorkommt. Die bei Geburt vorliegenden Hautsymptome in Form von leichten Hyperkeratosen entwickeln sich zu einer generalisierten Ichthyose, die im Bereich der Gelenkfalten, am Nacken sowie an Stamm und Extremitäten besonders ausgeprägt sein kann.

Erst im frühen Kindesalter kommen neurologische Symptome wie spastische Diplegie oder Tetraplegie und Krampfanfälle hinzu. Viele Patienten lernen nie gehen und sind ihr Leben lang pflegebedürftig. Die Lebenserwartung ist reduziert. Meist liegt eine intellektuelle Minderbegabung mit verzögerter Sprachentwicklung vor, die sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Auch behandlungsbedürftige ophthalmologische Symptome wie Kristalleinschlüsse in der Netzhaut, Fotophobie und Myopie werden beobachtet.

Genetische Ursache sind Mutationen im ALDH3A2 -Gen , das für die Fettaldehyddehydrogenase (FALDH) codiert und für die Oxidation von langkettigen Aldehyden zu Fettsäuren verantwortlich ist.

Refsum-Syndrom (RS; OMIM 266500)

Das autosomal-rezessiv vererbte Refsum-Syndrom fällt durch eine erhöhte Konzentration an Phytansäure auf, wodurch es im Laufe der Erkrankung zu spezifischen Schädigungen in Netzhaut, Hirn und peripherem Nervensystem kommt. Die Symptome sind nicht angeboren, sondern treten in der Regel erst ab dem 15. Lebensjahr auf. Typische Erstmanifestation der RS ist die Nachtblindheit , später folgen distale motorische Polyneuropathie, Schallempfindungsschwerhörigkeit, Anosmie und zerebelläre Ataxie. Erst im weiteren Krankheitsverlauf entwickelt sich eine Ichthyose. Zusätzliche Symptome wie epiphysäre Dysplasie, Kardiomyopathie, erhöhte Liquor-Eiweiß-Spiegel und die typische Retinitis pigmentosa, die zur Erblindung führen kann, werden beobachtet.

Meist liegen Mutation im PHYH/PAXH-Gen vor, das für das peroxisomale Enzym Phytanoyl-CoA-Hydroxylase (PhyH) codiert und den Abbau der Phytansäure durch deren α-Oxidation einleitet.

Bei einigen Patienten mit klinischem Verdacht auf RS wurden Mutationen im PEX7 -Gen gefunden, das für den Peroxin-7-Rezeptor codiert und für die Aufnahme von Phytansäure in die Peroxisomen verantwortlich ist.

Mit fatalem Krankheitsverlauf

„Cerebral dysgenesis-neuropathy-ichthyosis-palmoplantar keratoderma“ (CEDNIK-Syndrom; OMIM 609528)

Dieses autosomal-rezessiv vererbte neurokutane Syndrom geht mit schweren Entwicklungsstörungen des Nervensystems (zerebrale Dysgenesie, Neuropathie) und Verhornungsstörungen (Ichthyose, palmoplantare Keratodermie) einher. Bisher wurde es bei 7 Patienten (3 Knaben, 4 Mädchen) aus 2 konsanguinen Familien beschrieben. Ursache sind Mutationen im SNAP29 -Gen , das für das „Soluble-N-ethylmaleimide-sensitive-factor-attachment-receptor“(SNARE)-Protein codiert, das an der Fusion von Vesikeln beteiligt ist.

Arthrogrypose-Nierenfunktionsstörung-Cholestase (ARC-Syndrom; „arthrogryposis-renal dysfunction-cholestasis“; OMIM 208085)

Das ARC-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte Multisystemerkrankung, die je nach Vorhandensein von Mutationen in den Genen VPS33B oder VIPAS39 in ARCS1 und ARCS2 unterteilt wird. Klinisch bestehen bereits bei Geburt neurogene Arthrogryposis, gestörte Nierentubulusfunktion und Cholostase, sodass die meisten Kinder innerhalb des ersten Lebensjahrs versterben. Die ARCS1 ist in etwa der Hälfte der Fälle mit Ichthyose assoziiert. VPS33B ist am intrazellulären Proteintransport und an der Membranfusion beteiligt.

Multipler Sulfatasemangel („multiple sulfatase deficiency“, MSD; OMIM 272200)

Der MSD ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die durch Mutationen im SUMF1-Gen verursacht wird. Die Defekte im „sulfatase modifying-factor 1“ führen zu einem Mangel an allen Sulfatasen des Organismus, wodurch es klinisch zu einem komplexen Krankheitsbild kommt, in dem Symptome der metachromatischen Leukodystrophie, der Mukopolysaccharidose und der X-chromosomalen Ichthyose gleichzeitig auftreten. Der MSD beginnt meist nicht vor dem 1. bis 2. Lebensjahr. Die Diagnose kann biochemisch durch den Nachweis vermehrter Ausscheidung von Mukopolysacchariden und Sulfatiden gesichert werden.

Gaucher-Syndrom Typ 2 (OMIM 230900)

Die autosomal-rezessiv vererbte Gaucher-Krankheit Typ 2 ist extrem selten und wird durch Mutationen im GBA-Gen ausgelöst. Das GBA-Gen codiert für das lysosomale Enzym β-Glucocerebrosidase (Glucosylceramidase, saure β-Glucosidase). Das GBA ist in den Ceramidstoffwechsel impliziert, wo es den Abbau von „glycolipid-glucosylceramide“ (GlcCer) zu Ceramid and Glucose katalysiert.

In den ersten Lebensmonaten kommt es neben einer Hepatosplenomegalie und einer Ichthyose zu schweren progredienten neurologischen Symptomen wie okulomotorischer Paralyse, Spastik und dystonischen Bewegungen sowie zerebralen Krampfanfällen. Die Patienten sterben meist vor dem 2. Lebensjahr.

Mit sonstigen Symptomen assoziiert

Keratitis-Ichthyose-Schwerhörigkeit-Syndrom („keratitis-ichthyosis-deafness syndrome“, KID; OMIM 148210)

Das KID-Syndrom ist eine seltene Erkrankung mit Keratitis, Fotophobie, Ichthyosis und angeborenem Hörverlust.

Bei Geburt liegt eine Kollodiummembran oder eine CIE vor; später entwickelt sich eine progrediente Erythrokeratodermie mit geröteten, keratotischen Plaques, die häufig mit palmoplantarer Keratodermie, Nageldystrophie, Alopezie und spärlichen oder fehlenden Augenbrauen und Wimpern assoziiert ist. Das Risiko für Plattenepithel- und Zungenkarzinome scheint erhöht zu sein.

Die Keratitis geht mit progredienter Vaskularisierung der Kornea einher und führt häufig zur Erblindung. Der gleichzeitige Verlust des Hör- und Sehvermögens kann eine schwere Entwicklungsverzögerung zur Folge haben. Ursache sind Mutationen im GJB2-Gen, das für Connexin-26 codiert. Auch Mutation im GJB6-Gen (Connexin-30) wurden beschrieben. Die meisten Fälle treten sporadisch auf; die Vererbung ist autosomal-dominant.

Chanarin-Dorfman-Syndrom (CDS; „neutral lipid storage disease with ichthyosis“, NLSDI; OMIM 275630)

Das CDS wird durch Mutationen im CGI-58(ABDH5)-Gen verursacht [25] und autosomal-rezessiv vererbt. Es ist charakterisiert durch eine kongenitale generalisierte Ichthyose (Abb. 3) und Akkumulation von Lipidtropfen (neutrale Fette: Triglyzeride) in sämtlichen Geweben, die in den Granulozyten als Jordans Anomalien bezeichnet werden. Die Symptomatik des CDS ist vielfältig und teilweise mit Minderbegabung, Hörverlust, Augensymptomen (Katarakt, Nystagmus) und Ataxie assoziiert. Ein konstantes Zeichen ist die Hepatosplenomegalie, die bei nahezu allen Patienten zu beobachten ist. Besonders im späteren Verlauf der Erkrankung kommt es zu muskulären Beschwerden , die von einer leichten Muskelschwäche bis hin zur Myopathie reichen können. Entsprechend der Beteiligung von Leber und Muskelgewebe fallen erhöhte Blutwerte für Leber- und Muskelenzyme auf. Die Diagnose CDS kann durch den einfachen Nachweis von Jordans-Anomalien im Blutausstrich klinisch gesichert werden. Als Differenzialdiagnose kommt die neutrale Lipidspeichererkrankung mit Myopathie infrage, die durch Mutationen im ATGL-Gen verursacht wird und eine ähnliche Symptomatik jedoch ohne Ichthyose zeigt.

Ichthyose-Frühgeburt-Syndrom („ichthyosis prematurity syndrome“, IPS; OMIM 608649)

Das IPS ist eine autosomal-rezessiv vererbte Ichthyose, die durch Frühgeburt , neonatale Asphyxie sowie Ichthyose und Atopien charakterisiert ist. Sie wird durch Mutationen im SLC27A4-Gen verursacht [26], das auch als FATP4 („fatty acid transport protein 4“) bezeichnet wird. Im letzten Trimester der Schwangerschaft fällt bisweilen im Ultraschall das für IPS typische Bild des „Schneegestöbers“ im Fruchtwasser auf, das durch abgeschilferte fetale Hautschuppen zustande kommt. Klinisch zeigt sich eine verruköse Hyperkeratose besonders im Bereich des Kopfes, des Gesichts, des Stammes und der Extremitäten, die jedoch nach wenigen Wochen fast vollständig abheilt.

Fazit für die Praxis

  • Für die Unterscheidung in syndromale und nichtsyndromale Ichthyosen sind eine komplette körperliche Untersuchung des Patienten sowie die ausführliche Eigen- und Familienanamese erforderlich.

  • Patienten, die als CB oder HI zur Welt kommen, sollten in speziell ausgestatteten Krankenhäusern versorgt werden, da die Mortalitätsrate aufgrund von Infektion oder Dehydratation sehr hoch ist.

  • Die rein symptomatischen Therapien unterscheiden zwischen systemischen Retinoiden und topisch-applizierbaren Substanzen, die eine Verminderung der Schuppung zum Ziel haben.

  • Patienten können mit dem Netzwerk für Ichthyosen und verwandte Verhornungsstörungen (NIRK; http://www.netzwerk-ichthyose.de) oder der Selbsthilfe Ichthyose (SI; http://www.ichthyose.de) in Deutschland Kontakt aufnehmen.

CME-Fragebogen

Welche Antwort zur Einteilung und der Nomenklatur der Ichthyosen trifft zu?

Bei der Einteilung der Ichthyosen unterscheidet man hauptsächlich zwischen kongenitalen und nichtkongenitalen Ichthyosen.

Die Unterscheidung zwischen seltenen und häufigen Ichthyosen wird heute nicht mehr angewendet.

Das erste klinische Erscheinungsbild eines Neugeborenen mit Ichthyose kann ein CB sein.

Die CRI liegt nicht bei Geburt vor, sondern entwickelt sich erst im Laufe der Zeit.

Die X-chromosomale Ichthyose gehört zu den seltenen Ichthyosen.

Welche Antwort bezüglich der IV und der KPI ist falsch?

Die IV wird semidominant vererbt.

Die CRIE gehört zu den KPI.

Ursache der IV sind „Loss-of-function“-Mutationen im FLG-Gen.

Die SEI wird durch Mutationen im Keratin-1-Gen verursacht.

Patienten mit IV haben ein erhöhtes Risiko für ein atopisches Ekzem, eine allergische Rhinokonjunktivitis und Asthma.

Welche allgemeine Aussage zu den Ichthyosen trifft nicht zu?

Die histologische Untersuchung kann Aufschluss über die Art der Ichthyose geben.

Bei IV fehlt meist das Stratum granulosum.

Die großen Gelenkbeugen sind bei IV ausgespart.

Bei der syndromalen Form der XRI liegen meist „contiguous gene deletion syndrome” als Krankheitsursache zugrunde.

Bei der nichtsyndromalen Form der XRI liegen meist Punktmutationen im STS-Gen vor.

Die ARCI sind genetisch sehr heterogen. Welche Aussage trifft nicht zu?

Die genetischen Ursachen für die ARCI sind alle aufgeklärt.

Die HI ist die schwerste Form der seltenen Ichthyosen.

Zu den seltenen Ichthyosen gehören auch die LI und die CIE.

Die Prävalenz der seltenen Ichthyosen beträgt etwa 1–2:100.000.

„Missense“-Mutationen im Gen ABCA12 führen zu einer schweren LI.

Welche Aussage zur Gruppe der KPI trifft nicht zu?

Die EI wurde früher als bullöse kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie Typ Brocq bezeichnet.

Die KPI werden meist autosomal-rezessiv vererbt.

Bei der CRIE kommt es durch Rückmutationen zu einem konfettiartigen Hautphänotyp.

Das Phänomen der Rückmutationen bezeichnet man als „revertant mosaicism“.

Bei klinischem Verdacht auf eine KPI ohne Nachweis von KRT1- oder KRT10-Mutationen sollte systematisch KTR2 sequenziert werden.

Welche Antwort zu den ARCI ist falsch?

TGM1-Mutationen sind die häufigste Ursache der ARCI.

Mutationen im ABCA12-Gen können sowohl zu LI als auch zu HI führen.

Die BSI wird durch Mutationen in den Genen ALOX12B oder ALOXE3 verursacht.

Bei manchen Patienten mit Kollodiummembran bei Geburt heilt die ARCI innerhalb von wenigen Wochen ab

PNPLA1-Mutationen wurden auch bei Hunden mit Ichthyose nachgewiesen.

Ein 5-jähriger Patient mit generalisierter Ichthyose und leichter Erythrodermie kommt mit seinen gesunden, konsanguinen Eltern zur genetischen Beratung. Ein Cousin mütterlicherseits leidet ebenfalls an einer Ichthyose und zusätzlich an Muskelschwäche. Von welcher Untersuchung des Patienten erwarten Sie eine Bestätigung der Diagnose?

Bestimmung der Sulfataseaktivität im Blut

Sequenzierung der ARCI-Gene

Magnetresonanztomographie des Gehirns

Sequenzierung des Gens STS

Blutausstrich zum Nachweis von Jordans Anomalien

Der 6-jährige Peter leidet an einer starken ichthyosiformen Erythrodermie, Wachstumsstörungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und brüchigen Haaren. Welche Verdachtsdiagnose kommt am ehesten infrage?

Die Trichothiodystrophie

Das IFAP-Syndrom

Das Netherton-Syndrom

Das SLS

Die syndromale Form der XRI

Welche Antwort zu den Ichthyosen trifft nicht zu?

Die IV ist immer mit einer Atopie assoziiert.

Mutationen im Connexin-26-Gen können zum KID-Syndrom führen.

Patienten mit Gaucher-Syndrom Typ 2 sterben oft vor dem 2. Lebensjahr.

Mutationen im Connexin-26-Gen können zu isolierter Schwerhörigkeit führen.

Der gleichzeitige Verlust von Hör- und Sehvermögen beim KID-Syndrom kann zu schweren Entwicklungsstörungen führen.

Die Ichthyosen sind klinisch und genetisch heterogene Hauterkrankungen. Welche Antwort hierzu trifft nicht zu?

Die nach den Mendel-Regeln vererbten Verhornungsstörungen werden als MEDOC zusammengefasst.

Die meisten Ichthyosen sind erworben.

Mutationen in mehr als 40 Genen können zum klinischen Bild der Ichthyose führen.

Die erblich bedingten Ichthyosen werden in syndromale und nichtsyndromale Formen unterteilt.

Die molekulargenetische Diagnose ist in etwa 80 % der Fälle möglich.