1 Einleitung

In mehreren Studien zur Veränderung von Schülerinteressen an naturwissenschaftlichen Fächern wurde deren kontinuierliche Abnahme im Verlauf der Schulkarrieren festgestellt (Gräber 1992; Baumert & Köller 1998; Baumert, Bos & Lehmann 2000; Hidi 2000). Diese Abnahme hängt u. a. vom Lernkontext, dem Schultyp und dem Geschlecht ab (Baumert & Köller 1998). Darüber hinaus weisen aktuelle Untersuchungen auf ein – im Vergleich zu anderen Ländern – relativ geringes Interesse deutscher Schülerinnen und Schüler an den Naturwissenschaften hin (Prenzel et al. 2007).

Diese Problematik hat zu intensiven Bemühungen der Naturwissenschaftsdidaktiken geführt, Ansätze zu entwickeln, die diesen Trends entgegenwirken. Prominente Beispiele sind die IPN-Interessenstudie Physik (Hoffmann, Häußler & Lehrke 1998) und die Programme „Physik/Chemie/Biologie im Kontext“ (Parchmann & Gräsel 2004; Duit & Mikelskis-Seifert 2007; Demuth et al. 2008; Hammann et al. 2008). Diese Projekte haben u. a. gezeigt, dass sich ein anwendungsorientierter und kontextbezogener Unterricht, in welchem die Relevanz der Lerninhalte für die Schülerinnen und Schüler erfahrbar und nachvollziehbar wird, motivations- und lernförderlich auswirkt (Hoffmann, Häußler & Lehrke 1998; Parchmann & Gräsel 2004). Dies kann beispielsweise durch die Bearbeitung lebensweltlicher Fragestellungen aus Alltag, Technik und Gesellschaft oder authentische Erfahrungen beim Experimentieren geschehen (Duit & Mikelskis-Seifert 2007).

Die Umsetzungsmöglichkeiten im schulischen Unterricht sind hierfür aufgrund räumlicher, technischer und materieller Rahmenbedingungen teilweise beschränkt. Lernumgebungen, die das Potenzial haben, die Alltagsrelevanz von Themengebieten erfahrbar zu machen, sind u. a. naturwissenschaftlich-technische Museen und Science Center, die für sich selbst den Anspruch formulieren, naturwissenschaftliche Interessen bei Schülerinnen und Schülern fördern zu wollen (Schaper-Rinkel, Giesecke & Bieber 2001).

Inwieweit Museen und Science Center diesem Anspruch der Motivationsförderung auch tatsächlich gerecht werden, ist bisher kaum vor einem pädagogisch-psychologischen Hintergrund untersucht worden (Lewalter & Geyer 2005; Schwan, Trischler & Prenzel 2006; Geyer 2008; Schwan et al. 2008). Hier setzen die im Folgenden beschriebenen Studien an. Zuerst erfolgt eine Darstellung des motivationstheoretischen Hintergrundes und der empirischen Ausgangslage, um dann in einem nächsten Schritt die eigenen Studien vorzustellen und deren Befunde abschließend zu diskutieren.

2 Hintergrund der Studie

2.1 Das situationale Interesse

Als theoretischer Hintergrund für die Analyse der Lernumgebung Museum bietet sich ein motivationales Konzept an, das die Entwicklung einer inhaltsspezifischen aktuellen Lernmotivation in der Lernsituation fokussiert: das situationale Interesse. Es beschreibt eine inhaltsbezogene Motivationsqualität, die in einer aktuellen Lernsituation entsteht und an diese gebunden ist (Mitchell 1993; Krapp 2002, 2005; Hidi & Renninger 2006). Die Entstehung und die Ausprägung des situationalen Interesses hängen vor allem von Merkmalen der Lernsituation und von der individuell wahrgenommenen Interessantheit des Gegenstandsbereichs ab. In theoretischen Konzeptionen zum situationalen Interesse wird zwischen zwei Phasen unterschieden: Situationales Interesse-Catch (SI-Catch) auch als „triggering interest“ bezeichnet, beschreibt das erste Auftreten des situationalen Interesses, während situationales Interesse-Hold (SI-Hold), auch als „maintained interest“ bezeichnet, ein anhaltendes situationales Interesse in einer Lernsituation kennzeichnet (Mitchell 1993; Hidi 2000; Hidi & Renninger 2006).

SI-Catch bezieht sich auf die Anfangsphase eines situationalen Interesses, in welcher die Aufmerksamkeit einer Person zunächst auf einen bestimmten Sachverhalt gelenkt und ihre Neugierde für diesen Inhalt bzw. Gegenstandsbereich geweckt wird (Hidi 1990; 2000; Hidi & Anderson 1992; Hidi & Renninger 2006; Lewalter & Geyer, in Vorb.). Die Weiterentwicklung von SI-Catch kann zu SI-Hold führen, welches eine stabilisierte, relativ dauerhafte, inhaltsbezogene Motivationsqualität während einer Lernsituation kennzeichnet (Mitchell 1993; Krapp 1998; Hidi 2000; Lewalter 2002; Hidi, Reninger & Krapp 2004; Hidi & Renninger 2006; Lewalter & Geyer, in Vorb.). Liegt SI-Hold vor, möchte sich eine Person – über eine kurzzeitige Aufmerksamkeit hinaus – mit einem Inhalt weiter beschäftigen. Sie nimmt ihn als sinnvoll wahr und möchte mehr über ihn erfahren. SI-Hold im Sinne eines in der Situation stabilisierten situationalen Interesses muss erreicht werden, wenn motiviertes Lernen stattfinden soll. Die wiederholte Aktivierung von SI-Hold kann längerfristig zu individuellem Interesse im Sinne der Person-Gegenstands-Theorie des Interesses führen (Krapp & Prenzel 1992; Krapp 2002; Hidi & Renninger 2006).

Betrachtet man mögliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung des situationalen Interesses, so wird u. a. der Qualität des motivationsrelevanten Erlebens während einer Handlung eine zentrale Bedeutung zugeschrieben (Hidi, Renninger & Krapp 2004; Krapp 2005). Hier werden Annahmen der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1993, 2002) aufgegriffen, die im Rahmen der Cognitive Evaluation Theory grundlegende psychologische Bedürfnisse – so genannte basic needs – postulieren, die sich auf das Erleben von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit beziehen. Es wird angenommen, dass Lernbedingungen, die einer Person eine hinreichende Befriedigung dieser Bedürfnisse ermöglichen, die Entwicklung eines situationalen Interesses fördern. Das Bedürfnis nach Autonomie äußert sich im Bestreben einer Person, sich als eigenständig handelnd zu erleben und die Ziele und Vorgehensweisen des eigenen Tuns selbst bestimmen zu können. Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben kommt im Bestreben einer Person zum Ausdruck, Aufgaben aus eigener Kraft bewältigen zu können und sich angesichts der Anforderungen in Lern- und Arbeitssituationen als handlungsfähig zu erleben. Im Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit drückt sich das elementare Bestreben des Menschen nach sozialer Akzeptanz in einer von ihm als relevant erachteten Bezugsgruppe aus (Lewalter 2005).

Neben dem motivationsrelevanten Erleben während der Lernhandlung kommt den Merkmalen der Lernsituation eine besondere Bedeutung zu. So ist es in einem ersten Schritt für die Entwicklung von SI-Catch wichtig, in einer konkreten Situation die Neugierde der Lernenden zu wecken und ihre Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Sachverhalt zu lenken. Dies kann u. a. durch Diskrepanzerlebnisse und Überraschungseffekte geschehen (Hidi 2000). Mitchell (1993) führt am Beispiel des Mathematikunterrichts an, dass für das Entstehen von SI-Catch die Anregung der Lernenden notwendig ist, welche z. B. durch Gruppenarbeiten, den Einsatz von Computern oder Rätseln geschehen kann. Für SI-Hold ist aus seiner Sicht die Befähigung („empowerment“) der Lernenden von zentraler Bedeutung. Diese kann über Bedeutungszuschreibungen und die aktive Beteiligung der Lernenden erfolgen. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor, insbesondere für SI-Hold, ist die von den Lernenden wahrgenommene inhaltliche Relevanz und Nützlichkeit der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten (Mitchell 1993). Dies ist u. a. auf den stärkeren Gegenstandsbezug von SI-Hold zurückzuführen.

Ausgehend von diesen motivationstheoretischen Annahmen werden nun die Lernumgebungen Museum und Science Center einer theoriebasierten Analyse unterzogen (Lewalter & Geyer 2005; Geyer 2008; Lewalter & Noschka-Roos, in Druck).

2.2 Museen und Science Center als motivationsförderliche Lernumgebungen

In einem Museum bzw. Science Center wird mithilfe des architektonischen Raums sowie der räumlichen Anordnung der Ausstellungsobjekte, Bilder, Texttafeln, Filmangebote usw. ein Informationsraum konstruiert, der – sieht man von Begleitprogrammen wie Führungen oder Schülerworkshops ab – durch eine nicht-personale Präsentation von Informationen gekennzeichnet ist. Moderne Museen und Science Center ordnen ihre Ausstellungselemente häufig entlang von Anwendungen und Geschichten im Sinne von Szenarien an, durch die die Besucherinnen und Besucher auf einer affektiven Ebene angesprochen und sinnliche Eindrücke ermöglicht werden sollen (Becker & Haller 2002). Dabei evoziert u. a. die Komplexität der Situation oder die Neuheit der Ausstellungsobjekte Neugierde bei den Lernenden, womit eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung von SI-Catch gegeben ist. Museen und Science Center präsentieren ihre Informationen gleichzeitig mit vielfältigen Medien, die von realen Objekten, interaktiven Installationen, Hands-On, Bildern, Video/Film bis hin zu Texten reichen. Dieses Angebot bietet den Lernenden individuelle Wahlmöglichkeiten, Handlungsalternativen sowie Möglichkeiten zur Eigenaktivität (Hein 1996; Haller 2003), die das Erleben von Autonomie unterstützen dürften. Insbesondere interaktive Exponate, die eine individuelle selbstgesteuerte Auseinandersetzung mit den Inhalten erfordern, bieten den Lernenden die Möglichkeit, durch eigenständiges Ausprobieren und Experimentieren Phänomene selbst aktiv zu begreifen (Paris 1997; Schäfer 1997; Hein 1998; Falk & Dierking 2000; Gibbs, Sani & Thompson 2006; Falk, Dierking & Foutz 2007). Damit dürften sie u. a. auch aufgrund des unmittelbaren Feedbacks sowohl das Erleben von Autonomie als auch von Kompetenz unterstützen und so zur Entwicklung von SI-Hold beitragen. Originalobjekte in Museen – wie beispielsweise die Flugobjekte in der Luft- und Raumfahrtabteilung des Deutschen Museums – beeindrucken durch ihre Authentizität und machen die Relevanz und Nützlichkeit der ihnen zugrunde liegenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse direkt erfahrbar, was zur Entwicklung von SI-Hold beitragen dürfte. Dies geschieht zunehmend auch mithilfe des Einsatzes digitaler Multimediasysteme, mit deren Hilfe die Darstellung einer „künstlichen“ Wirklichkeit zur Vermittlung quasi-authentischer emotionaler Erfahrungen angestrebt wird, wie z. B. das Erdbebenzimmer im Universum in Bremen. Die Relevanz der Inhalte wird nicht zuletzt auch durch die Informationspräsentation aus multiplen Perspektiven unter Verwendung verschiedener Schwierigkeitsgrade ersichtlich, die unterschiedliche Zugänge zu einer Thematik und den Bezug zur eigenen Lebenswelt erlauben (Hein 1996; Borun & Dritsas 1997; Paris 1997). Schließlich zielt die Gestaltung der Exponate sehr häufig auf eine direkte Interaktion bzw. den Austausch mit anderen ab. Damit wird der Museums- bzw. Science Centerbesuch insbesondere mit der Schulklasse zum sozialen Ereignis, was sowohl SI-Catch als auch SI-Hold potenziell unterstützt (Hein 1996; Haller 2003; Gibbs, Sani & Thompson 2006).

Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass sowohl Museen als auch Science Center aufgrund ihrer situativen Merkmale aus motivationstheoretischer Sicht eine günstige Lernumgebung für die Entwicklung eines situationalen Interesses bieten.

2.3 Schulklassenbesuche in Museen und Science Centern

Die Befundlage zu Schulklassenbesuchen in Museen und Science Centern ist bislang relativ spärlich. In den vorliegenden Studien wurden nur selten motivationstheoretische Ansätze berücksichtigt. Vereinzelte Studien, die Besuche von Museen unterschiedlicher Domänen einbezogen haben, deuten zum einen darauf hin, dass Lehrkräfte neben dem Lernzuwachs in der Förderung von Interesse und Lernmotivation wichtige Ziele ihres Besuchs sehen (Gottfried 1980; Traub 2003). Zum anderen hat sich gezeigt, dass die Besuchsgestaltung durch die Lehrkraft eine wesentliche Rolle für das Gelingen des Besuchs in Hinblick auf motivationale Zielvariablen spielt (Rennie & McClafferty 1995). Die vorliegenden Befunde weisen darauf hin, dass die Besuche häufig durch Führungen vom Museumspersonal stark strukturiert sind, so dass wenig Raum für eigenständiges Explorieren bleibt (Stronck 1983; Cox-Peterson et al, 2003; Traub 2003). Während sich Führungen jedoch als eher hinderlich für die Lernmotivation erwiesen haben, deuten vereinzelte museumspädagogische Studien darauf hin, dass sich gemeinsames Arbeiten in der Gruppe sowie Möglichkeiten zum freien Erkunden des Museums motivationsförderlich auswirken (Stronck 1983; Rennie 1994; Griffin 1998; Piscitelli & Anderson 2000; Brooke & Solomon 2001).

Es stellt sich nun die Frage, ob auch Lehrkräfte, die naturwissenschaftlich-technische Museen und Science Center besuchen, vorwiegend motivationale Ziele verfolgen. Darüber hinaus ist bisher weitgehend ungeklärt, welche Gestaltungsmethoden Lehrkräfte während des Besuchs anwenden und welche dieser Gestaltungsmerkmale sich positiv auf die Motivation der Schülerinnen und Schüler auswirken. Die bisher vorliegenden Befunde unterstützen zwar unsere theoretischen Überlegungen, geben jedoch keine Auskunft über den Zusammenhang zwischen der Gestaltung von Museums- und Science Centerbesuchen und der während der Besuche auftretenden Motivationsqualität. Es besteht somit noch erheblicher Forschungsbedarf in Hinblick auf die Gestaltung und Wirkung schulischer Museums- und Science Centerbesuche, um sowohl zu einer weiteren theoretischen Klärung der Zusammenhänge beizutragen als auch konkrete Ansatzpunkte für eine Optimierung der Nutzung dieser Lernumgebung identifizieren zu können.

3 Empirische Studie

3.1 Fragestellungen

Basierend auf diesen Vorüberlegungen wurden im Rahmen von zwei Studien u. a. folgende Fragestellungen untersucht:

1. Welche Zielsetzungen verfolgen Lehrkräfte bei der Durchführung schulischer Museums- und Science Centerbesuche in naturwissenschaftlich-technischen Museen?

Wir vermuten, von bisherigen Befunden ausgehend (Gottfried 1980; Traub 2003), dass motivationale Zielsetzungen bei Besuchen naturwissenschaftlich-technischer Museen und Science Centern eine wichtige Rolle spielen. Wenn diese Vermutung zutrifft, ist es von besonderer Bedeutung, die Gestaltung dieser Besuche unter einer motivationalen Perspektive eingehender zu betrachten.

2. Wie gestalten Lehrkräfte schulische Museums- und Science Centerbesuche?

Hinsichtlich der Anwendung verschiedener Gestaltungsmethoden des Besuchs wäre es aus motivationstheoretischer Sicht wünschenswert, bei Museums- und Science Centerbesuchen die besonderen situativen Rahmenbedingungen dieser Lernumgebung auszunutzen, wie es z. B. bei den Methoden des freien Erkundens oder der Kleingruppenarbeit der Fall ist. Die bisher vorliegenden Befunde weisen jedoch darauf hin, dass diese Möglichkeiten nur teilweise genutzt werden (Cox-Peterson et al. 2003; Traub 2003). Daher erwarten wir, dass auch in naturwissenschaftlich-technischen Museen und Science Centern überwiegend stark strukturierende Gestaltungsmethoden (u. a. Führungen) eingesetzt werden.

In einem nächsten Schritt ist es interessant zu ermitteln, welcher Zusammenhang zwischen den häufig eingesetzten Gestaltungsmethoden und dem situationalen Interesse der Schülerinnen und Schüler besteht.

3. Inwieweit haben Besuchsgestaltung, wahrgenommene Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens sowie die wahrgenommene inhaltliche Relevanz eine Vorhersagekraft für das situationale Interesse (Catch und Hold) der Schülerinnen und Schüler während des Besuchs?

Bezüglich dieser Fragestellung erwarten wir auf der Basis unserer theoretischen Überlegungen und der bisherigen Befundlage (Stronck 1983; Rennie 1994; Griffin 1998; Piscitelli & Anderson 2000; Brooke & Solomon 2001), dass für das situationale Interesse Gestaltungsmethoden wie Gruppenarbeit, freies oder gemeinsames Erkunden mit der Lehrkraft förderlich sind, während Methoden wie Führungen durch das Museums- und Science Centerpersonal und Einzelarbeit eher negative Prädiktoren für das situationale Interesse darstellen.

Hinsichtlich des motivationsrelevanten Erlebens erwarten wir einen positiven Zusammenhang mit SI-Catch und SI-Hold. Schließlich vermuten wir einen positiven Zusammenhang der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz mit SI-Hold.

Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden zwei Studien durchgeführt, deren Methodik im Folgenden vorgestellt wird.

3.2 Methode

Studie I: Postalische Befragung von Lehrkräften

Stichprobe: Die Befragung wurde mit Gymnasiallehrkräften der Fächer Physik, Chemie und Biologie aus 145 Schulen im Umkreis von drei Prototypen unterschiedlicher Museums- und Science Centerformen (Deutsches Museum München; Phänomenta Lüdenscheid; Universum Bremen; vgl. Schaper-Rinkel, Giesecke & Bieber 2001) durchgeführt. Dieses weite Spektrum an Institutionen wurde ausgewählt, um einen ersten allgemeinen Eindruck von der Art und Weise der Nutzung dieser Art von Lernumgebungen zu gewinnen. Insgesamt wurden 1775 Lehrkräfte in die Befragung aufgenommen und angeschrieben. 227 Lehrkräfte (Rücklaufquote: 12.9 %) beantworteten die Fragebögen vollständig und konnten in die Analysen einbezogen werden. Von diesen Lehrkräften gaben 139 an, im vergangenen Schuljahr mindestens einen Museumsbesuch im Rahmen des Unterrichts durchgeführt zu haben. Diese Teilstichprobe liegt der folgenden Auswertung zugrunde, da sie über die notwendige praktische Erfahrung mit schulischen Museumsbesuchen verfügt. Die Lehrkräfte waren im Mittel 48.5 Jahre (SD=9.8) alt und wiesen eine Lehrerfahrung zwischen einem und 35 Jahren (M=20.0; SD=10.5) auf. Mit 41 % (n=57) Lehrerinnen und 59 % (n=79) Lehrern (drei der Befragten machten hierzu keine Angaben) liegt eine ungleiche Geschlechterverteilung vor. Die Lehrkräfte dieser Teilstichprobe unterschieden sich hinsichtlich ihrer demographischen Daten nicht signifikant von denjenigen, die keine Besuche durchgeführt haben.

Erhebungsinstrumente: Mithilfe des versendeten Fragebogens wurde u. a. die Zielsetzung von Lehrkräften für ihre Schulklassenbesucheim Allgemeinen mit einer für diese Studie neu entwickelten Skala erfasst. Hierbei sollten die Lehrkräfte die Wichtigkeit verschiedener kognitiver, motivationaler und sozialer Zielsetzungen anhand von 5-fach gestuften Ratingskalen (unwichtig – kaum wichtig – etwas wichtig – ziemlich wichtig – sehr wichtig) einschätzen. Die Skala umfasste drei Teilskalen, die sich auf kognitive Ziele (6 Items; a=.72; u. a. „Vertiefung eines Themas aus dem Unterricht“), motivationale Ziele (6 Items; a=.75; u. a. „Neugierde der Schüler/innen wecken“) und soziale Ziele (3 Items; a=.82; u. a. „Förderung des Sozialverhaltens/der Klassengemeinschaft“) beziehen. Darüber hinaus wurden die Lehrkräfte gebeten, einen von ihnen exemplarisch ausgewählten Besuch des vergangenen Schuljahres genauer zu beschreiben. Für diesen Besuch sollten sie u. a. anhand einer offenen Frage die drei wichtigsten Ziele (ohne Benennung einer Rangfolge) angeben.

Zudem wurden die während dieses Besuchs angewandten Gesta l tungsmethoden erfasst. Dazu wurde den Lehrkräften eine Liste mit verschiedenen Methoden vorgelegt, die im Rahmen eines Besuchs zur Anwendung kommen können (u. a. Kleingruppenarbeit, Einzelarbeit, freies Erkunden, Arbeitsblätter, Führung durch das Museumspersonal, Erkunden gemeinsam mit der Lehrkraft). Die Lehrkräfte sollten angeben, welche dieser Gestaltungsmethoden in dem von ihnen ausgewählten Museums- bzw. Science Centerbesuch zum Einsatz gekommen sind, wobei Mehrfachantworten möglich waren. Darüber hinaus konnten sie weitere Gestaltungsmethoden nennen.

Studie II: Schriftliche Befragung mit Schülerinnen und Schülern im Anschluss an einen Museums- oder Science Centerbesuch

Stichprobe: An Studie II nahmen insgesamt 344 Schülerinnen und Schüler aus 14 Schulklassen teil, die ein Gymnasium im Umfeld der bereits bei Studie I aufgeführten Institutionen besuchten. Jeweils fünf Schulklassen wurden nach dem Besuch des Universums in Bremen (n=156) bzw. der Phänomenta in Lüdenscheid (n=99) befragt und vier Schulklassen nach dem Besuch im Deutschen Museum München (n=89). Vier Klassen besuchten die 7. Jahrgangsstufe und zehn Klassen die 8. Jahrgangsstufe. Die Jahrgangsstufen verteilten sich weitgehend gleichmäßig auf die Erhebungsorte. 148 (43 %) Schülerinnen und 184 (53 %) Schüler nahmen an der Studie teil (für 12 Schüler liegen keine Angaben vor). Die Befragten waren zwischen 11 und 16 Jahren alt (M=13.32; SD=.82).

Erhebungsinstrumente: Die Erfassung des situationalen Interesses der Schülerinnen und Schüler erfolgte mithilfe eines Fragebogens (Lewalter & Geyer, in Vorb.), der sich aus 12 Items zusammensetzt, die auf einer 5-stufigen Skala eingeschätzt werden sollten. Die Skala basiert auf den theoretischen Annahmen zum situationalen Interesse (Mitchell 1993; Krapp 2002; Hidi & Renninger 2006; Geyer 2008) und setzt sich aus zwei Subskalen mit jeweils 6 Items zu SI-Catch (a=.88; Beispielitem: „Inwieweit konnten Ausstellungselemente deine Aufmerksamkeit fesseln?“) und SI-Hold (a=.83; Beispielitem: „Inwieweit möchtest du gerne mehr über bestimmte Sachverhalte der Abteilung erfahren?“) zusammen.

Die angewandten Gestaltungsmethoden während des Museums- bzw. Science Centerbesuchs wurden in dieser Studie aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler erfasst. Dazu wurden sie gebeten, anhand einer 5-stufigen Skala (1=gar nicht, 2=kurzzeitig, 3=teilweise, 4=die meiste Zeit, 5=die ganze Zeit) mit folgender Instruktion ihre persönliche Sicht des Besuchs anzugeben: „Im Folgenden interessiert uns, was du während des Museumsbesuchs/ Science Centerbesuchs gemacht hast. Die Antworten beziehen sich darauf, wie du ganz persönlich die Zeit im Deutschen Museum/ Universum/ Phänomenta verbracht hast.“ Die vorgegebenen Gestaltungsmethoden, die um freie Antworten ergänzt werden konnten, umfassten eine Führung vom Museumspersonal, die Bearbeitung von Arbeitsblättern einzeln bzw. in der Gruppe, freies Erkunden des Museums/Science Centers alleine/in der Gruppe sowie das gemeinsame Erkunden mit der Lehrkraft und die Beschäftigung „mit Dingen, die nichts mit dem Besuch zu tun haben“.

Die wahrgenommene Unterstützung des motivationsrelevanten E r lebens der Schülerinnen und Schüler wurde anhand eines adaptierten Instruments von Prenzel, Drechsel & Kramer (1998) mit einem 5-stufigen Antwortformat erfasst. Hierbei wurde die Unterstützung von Autonomie (3 Items; a=.80; Beispielitem: „Während des Besuchs konnte ich eigenständig Neues erkunden.“), Kompetenz (2 Items; a=.80; Beispielitem: „Während des Besuchs fand mein Wissen Beachtung.“) und sozialer Eingebundenheit (2 Items; a=.62; Beispielitem: „Während des Besuchs war die Atmosphäre freundschaftlich entspannt.“) erhoben.

Darüber hinaus wurde die wahrgenommene inhaltliche Relevanz ebenfalls adaptiert nach Prenzel, Drechsel & Kramer (1998) anhand von 3 Items erfasst (a=.60; Beispielitem: „Während des Besuchs kam ich in Situationen, wo ich selbst erkennen konnte, wie wichtig die Inhalte sind.“).

3.3 Ergebnisse

3.3.1 Ergebnisse der Studie I

Zielsetzung schulischer Museums- und Science Centerbesuche aus Lehrersicht

Die Ergebnisse hinsichtlich der individuell wahrgenommenen Wichtigkeit verschiedener vorgegebener Ziele zeigen – wie erwartet – einen sehr hohen Mittelwert für die Wichtigkeit motivationaler Zielstellungen (M=4.30; SD=.48). Der Gesamtmittelwert der Skala zu kognitiven Zielstellungen betrug M=3.84 (SD=.64) und liegt somit hochsignifikant unter demjenigen für die motivationalen Ziele (T(133)=8.36 p<.01). Die befragten Lehrkräfte messen den genannten kognitiven Zielen aber dennoch im Mittel eine ziemlich hohe Bedeutung zu. Anders sieht es bei den sozialen Zielstellungen für schulische Besuche aus. Für sie ergab sich ein Mittelwert von M=3.32 (SD=.89), der deutlich unter demjenigen für kognitive (T(134)=7.22 p<.01) und motivationale Ziele (T(135)=13.45 p<.01) liegt. Soziale Ziele scheinen für die Lehrkräfte demnach nur eine untergeordnete Rolle bei der Durchführung schulischer Museums- und Science Centerbesuche zu spielen.

Betrachtet man die Nennung motivationaler, kognitiver und sozialer Zielsetzungen zu einem selbst gewählten exemplarischen Besuch im Rahmen einer offenen Fragestellung, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: Die meisten Lehrkräfte (86.3 %, n=120) nannten mindestens ein kognitives Ziel für ihren Besuch, während vergleichsweise „nur“ 61.2 % (n=85) der Befragten motivationale Ziele anführten. Soziale Ziele wurden hingegen nur 12-mal (8.6 %) als eines der drei wichtigsten Ziele für den Besuch genannt.

Diese Befunde deuten darauf hin, dass sich Lehrkräfte im Allgemeinen zwar der hohen Relevanz motivationaler Zielstellungen bei der Durchführung schulischer Museums- und Science Centerbesuche bewusst sind, dass diese aber bei der Festlegung konkreter Ziele ihrer tatsächlich durchgeführten Besuche zugunsten kognitiver Ziele in den Hintergrund treten. Damit wurden unsere Erwartungen für diese Fragestellung nur in Teilen bestätigt.

Angewandte Gestaltungsmethoden während des Besuchs

Hinsichtlich der zweiten Fragestellung zur konkreten Gestaltung schulischer Museums- und Science Centerbesuche ergab die Auswertung der Mehrfachantworten, dass während eines Besuchs durchschnittlich etwas mehr als drei Gestaltungsmethoden kombiniert wurden (M=3.21, SD=1.34) und die Kleingruppenarbeit die am häufigsten angewandte Methode war (vgl. Abb. 1). Diese wurde von der Mehrheit der Lehrkräfte durchgeführt (n=97, 69.8 %). Etwa ein Drittel der Lehrkräfte ließ ihre Schülerinnen und Schüler jedoch auch einzeln arbeiten (n=45, 32.4 %). Gut die Hälfte der Lehrkräfte setzte in der Kleingruppen- oder Einzelarbeit Arbeitsblätter ein (n=86, 61.9 %). Darüber hinaus wurde erwartungsgemäß relativ häufig eine Führung durch das Museums-/Science Centerpersonal gebucht (n=60, 43.2 %). Etwa ein Viertel der Lehrkräfte (n=36, 25.9 %) erkundete die jeweilige Institution gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern und 41 Lehrkräfte (29.5 %) gaben an, dass die Schülerinnen und Schüler das Museum/Science Center frei und ohne Vorgaben erkunden durften. Nur zwei Lehrkräfte nannten nicht zur Auswahl stehende Gestaltungsmethoden. Insgesamt konnten unsere Erwartungen hinsichtlich dieser Fragestellung teilweise bestätigt werden. Zwar war die am häufigsten durchgeführte Methode diejenige der Kleingruppenarbeit; es wurde jedoch auch die den Besuch stark strukturierende Methode der Personalführungen relativ oft und deutlich häufiger als das freie Erkunden eingesetzt.

Nun ist es interessant zu erfahren, welcher Zusammenhang zwischen den Gestaltungsmethoden und dem situationalen Interesse der Schülerinnen und Schüler besteht.

Abb. 1
figure 1

Angewandte Gestaltungsmethoden während des Museumsbesuchs (Angaben in %)

3.3.2 Ergebnisse der Studie II

Zusammenhang zwischen Gestaltungsmethoden, wahrgenommener Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens sowie wahrgenommener inhaltlicher Relevanz und dem situationalen Interesse während des Besuchs

Zur Analyse dieser Prädiktoren für das situationale Interesse der Schülerinnen und Schüler während des Besuchs wurden, trotz der hier vorhandenen hierarchisch geschachtelten Datenstruktur, Regressionsanalysen mit z-standardisierten Variablen auf Individualebene berechnet, da die Anzahl der Untersuchungseinheiten auf Klassenebene (n=14) zu gering für mehrebenenanalytische Auswertungen ist. Wir sind uns bewusst, dass dadurch die Gefahr der Überschätzung von Effekten auf Individualebene besteht und haben dies bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt. Sowohl für SI-Catch als auch für SI-Hold wurden jeweils drei aufeinander aufbauende Regressionsmodelle gerechnet, die im Folgenden genauer beschrieben werden.

Generell konnte festgestellt werden, dass bei der untersuchten Stichprobe das SI-Catch mit einem Mittelwert von M=3.79 (SD=.83) signifikant höher ausfällt als SI-Hold (M=2.79, SD=.83; T(332) =26.32** p<.01).

Befunde zu situationalem Interesse-Catch

Im ersten Modell wurde die Vorhersagekraft der Gestaltungsmethoden auf SI-Catch untersucht. Es zeigten sich hierbei überwiegend erwartungskonforme Befunde. Als hochsignifikant positive Prädiktoren haben sich das freie Erkunden in der Gruppe sowie das gemeinsame Erkunden mit der Lehrkraft erwiesen (s. Tab. 1). Im Gegensatz dazu bilden besuchsunabhängige Tätigkeiten, wie erwartet, einen negativen Vorhersagefaktor für SI-Catch. Der R2-Koeffizient für dieses Modell zeigt jedoch, dass durch diese Faktoren nur ein relativ geringer Anteil an Varianz (17 %) aufgeklärt werden kann.

Tab. 1 Regressionsanalyse zur Vorhersagekraft der Besuchsgestaltung sowie der wahrgenommenen Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens und wahrgenommener inhaltlicher Relevanz auf SI-Catch

In das zweite Modell wurde zusätzlich zu den angewandten Gestaltungsmethoden während des Besuchs die wahrgenommene Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens integriert, was zu einer erheblichen Erhöhung des Anteils an Varianzaufklärung führte. Alle drei Unterstützungsvariablen der basic needs sind erwartungsgemäß hochsignifikante Prädiktoren für SI-Catch. Als stärkster Vorhersagefaktor erwies sich hierbei die wahrgenommene Autonomieunterstützung. Hinsichtlich der angewandten Gestaltungsmethoden blieb die Vorhersagekraft des gemeinsamen Erkundens mit der Lehrkraft hochsignifikant. Demgegenüber sanken die Koeffizienten für das freie Erkunden in der Gruppe und für besuchsunabhängige Tätigkeiten im Vergleich zu Modell I deutlich ab und erreichten nur noch ein Signifikanzniveau von .05. Diese relativ gering ausfallenden Koeffizienten müssen aufgrund der vorliegenden hierarchischen Datenstruktur mit Vorsicht interpretiert werden.

Durch die Hinzunahme der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz in Modell III erhöhte sich das R2 noch einmal deutlich auf 48 %. Diese Variable erwies sich hier als der mit Abstand stärkste Vorhersagefaktor für SI-Catch. In diesem Gesamtmodell zeigte von den Gestaltungsmerkmalen nur mehr das gemeinsame Erkunden mit der Lehrkraft eine hochsignifikante Vorhersagekraft. Hinsichtlich der Unterstützungsvariablen der basic needs erwies sich der Einfluss der wahrgenommenen Unterstützung der sozialen Eingebundenheit als hochsignifikant, während die Autonomieunterstützung zwar noch einen signifikanten β-Koeffizienten aufweist, der aber aufgrund der vorliegenden Datenstruktur nur eingeschränkt interpretierbar ist. Die wahrgenommene Kompetenzunterstützung wurde in diesem Modell nicht mehr als signifikant ausgewiesen.

Befunde zu situationalem Interesse-Hold

Die Befunde zu SI-Hold zeigen überwiegend ein ähnliches Bild wie diejenigen zu SI-Catch (s. Tab. 2). Im ersten Modell, in welchem der Zusammenhang der Gestaltungsmethoden mit SI-Hold untersucht wurde, erwiesen sich, ebenso wie bei SI-Catch, das gemeinsame Erkunden mit der Lehrkraft sowie das freie Erkunden in der Gruppe als hochsignifikante Vorhersagefaktoren. Auch hier stellen besuchsunabhängige Tätigkeiten einen hochsignifikanten negativen Prädiktor dar. Der Anteil an Varianzaufklärung fällt in diesem Modell mit 11 % jedoch noch geringer aus als bei SI-Catch.

Tab. 2 Regressionsanalyse zur Vorhersagekraft der Besuchsgestaltung sowie der wahrgenommenen Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens und der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz auf SI-Hold

In das zweite Modell wurden wiederum die wahrgenommene Unterstützung der drei motivationsrelevanten Erlebensqualitäten als Prädiktoren zu den angewandten Gestaltungsmethoden hinzugefügt, was den Anteil erklärter Varianz auf 32 % erhöhte. Sowohl die wahrgenommene Kompetenzunterstützung als auch die Autonomieunterstützung stellen hochsignifikante Prädiktoren dar, während die wahrgenommene Unterstützung der sozialen Eingebundenheit wider Erwarten keine Vorhersagekraft für SI-Hold hatte. In Modell II blieb bei den angewandten Gestaltungsmethoden die Vorhersagekraft des gemeinsamen Erkundens mit der Lehrkraft weitgehend erhalten, während das freie Erkunden in der Gruppe nicht mehr als bedeutsamer Prädiktor ausgewiesen wird.

Im dritten Modell werden durch die Hinzunahme der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz 46 % der Varianz für SI-Hold erklärt. Die inhaltliche Relevanz erwies sich mit einem β-Koeffizienten von .50 als hochrelevanter Prädiktor für SI-Hold. Bei den angewandten Gestaltungsmethoden bleibt der hochsignifikante β-Koeffizient für das gemeinsame Erkunden mit der Lehrkraft der Modelle I und II erhalten. Während der β-Koeffizient für die wahrgenommene Unterstützung des Kompetenzerlebens im Vergleich zu Modell II abnimmt aber immer noch hochsignifikant bleibt, wird jener für das Autonomieerleben nur mehr in der Tendenz als signifikant ausgewiesen.

4 Diskussion

Die Ergebnisse von Studie I haben zum einen gezeigt, dass Lehrkräfte aus dem naturwissenschaftlichen Bereich zwar generell das motivationsförderliche Potenzial schulischer Besuche in naturwissenschaftlich-technischen Museen und Science Centern erkennen und auch als wesentlich erachten, dass aber bei der Gestaltung konkreter Schulklassenbesuche kognitive Zielstellungen in den Vordergrund rücken. Mögliche Gründe für diese Diskrepanz und deren Domänenspezifität müssen in weiteren Studien geklärt werden. Für die generelle Bedeutungszuschreibung motivationaler Zielsetzungen besteht damit jedoch eine Übereinstimmung mit Studien, die ebenfalls ein breites Spektrum an Museen und Science Centern einbezogen haben (vgl. Gottfried 1980; Traub 2003). Somit erscheint die hier vorgenommene Betrachtung der Besuchsgestaltung aus einer motivationalen Perspektive angemessen.

Die Befunde zur Gestaltung schulischer Museums- und Science Centerbesuche zeigen, dass die Lehrkräfte oft einen Methodenmix einsetzen. Die sehr häufige Nutzung von Kleingruppenarbeit zeigt, dass Lehrkräfte Methoden wählen, die die sozialen Aspekte des Besuchs und die eigenständige Auseinandersetzung mit den Exponaten unterstützen. Dennoch wird auch die Methode der Einzelarbeit eingesetzt, mit welcher die soziale Qualität von Schulklassenbesuchen weit weniger genutzt werden kann. Die zahlreiche Nutzung von Führungen, bei denen die Informationsvermittlung im Vordergrund steht und mit welchen die Freiräume bei der Auswahl und Auseinandersetzung mit den Exponaten stark eingeschränkt werden, kann als Hinweis auf die stärkere Orientierung an kognitiven Zielsetzungen interpretiert werden (Stronck 1983; Cox-Peterson et al. 2003). Die Befunde zeigen weiterhin, dass nur relativ selten die Methode des freien Erkundens oder des gemeinsamen Erkundens mit der Lehrkraft angewandt wurde, obwohl mit ihrer Hilfe die potenziell motivationsförderlichen Merkmale der Lernumgebung gut genutzt werden könnten, wie sich auch in Studie II zeigt. Einschränkend ist für die Interpretation der Befunde zu bemerken, dass die Rücklaufquote bei Studie I sehr niedrig ausfällt, aber mit anderen postalischen Befragungen von Lehrkräften zu dieser Thematik vergleichbar ist (Traub 2003).

In Studie II wurde schließlich der Zusammenhang verschiedener Gestaltungsmethoden, der wahrgenommenen Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens und der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz mit dem situationalen Interesse untersucht. Die gefundenen Zusammenhänge zwischen den angewandten Gestaltungsmethoden und SI-Catch bzw. SI-Hold entsprechen nur zum Teil unseren motivationstheoretischen Überlegungen (Mitchell 1993; Hein 1996; Borun & Dritsas 1997; Paris 1997; Hidi, Renninger & Krapp 2004; Krapp 2005). Generell muss festgestellt werden, dass entgegen unserer Erwartungen über die Berücksichtigung verschiedener Gestaltungsmethoden hinweg lediglich ein sehr geringer Anteil der Varianz erklärt werden kann. Theoriekonform finden wir nur für das Gestaltungsmerkmal des gemeinsamen Erkundens mit der Lehrkraft durchgängig einen positiven signifikanten Zusammenhang sowohl für SI-Catch als auch für SI-Hold. Dieses Ergebnis verdeutlicht die Wichtigkeit der Rolle der Lehrkraft für die Interessenentwicklung in dieser Lernumgebung, obwohl sie nicht im Zentrum der Vermittlung der Inhalte steht und die Schülerinnen und Schüler sich ihr Wissen in der Regel anhand der Ausstellungselemente selbst erarbeiten. Hier kommen eventuell konstruktivistische Ideen, wie die der Gemeinschaft von Lernenden, die sich ein neues Themenfeld gemeinsam erschließen, zum Tragen (Lave & Wenger 1991). Zu beachten ist weiterhin, dass diese Methode von den in Studie I befragten Lehrkräften am seltensten genannt wurde. Entgegen unserer Erwartungen stellen Führungen keinen negativen Prädiktor für das situationale Interesse der Schülerinnen und Schüler dar (Stronck 1983; Mitchell 1993; Cox-Peterson et al. 2003; Traub 2003).

Bezogen auf das freie Erkunden in der Gruppe zeigen die Befunde, dass die Hinzunahme der wahrgenommenen Unterstützung der basic needs zu einer deutlichen Abnahme der Vorhersagekraft dieser Gestaltungsmethode zugunsten der wahrgenommenen Unterstützung der basic needs führt. Dies ist ein Indikator dafür, dass nicht alleine der Einsatz des freien Erkundens zur Vorhersage des situationalen Interesses beiträgt, sondern die durch sie vermittelten Erlebensqualitäten. Während für SI-Catch die Unterstützung des Erlebens von sozialer Eingebundenheit von Bedeutung ist, besteht für das stärker inhaltsgebundene SI-Hold ein enger Zusammenhang zum Kompetenzerleben.

Der zentrale Befund von Studie II ist jedoch die sehr hohe Vorhersagekraft der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz sowohl für SI-Catch als auch für SI-Hold. Dieser Befund entspricht unseren theoretischen Überlegungen sowie Ergebnissen aus dem Schulkontext, die ebenfalls die große Bedeutung der inhaltlichen Relevanz für die Lernmotivation gezeigt haben (vgl. Mitchell 1993; Hoffmann, Häußler & Lehrke 1998; Parchmann & Gräsel 2004; Duit & Mikelskis-Seifert 2007). Offensichtlich bieten Museen und Science Center Schülerinnen und Schülern gute Möglichkeiten, die Relevanz von naturwissenschaftlich-technischen Inhaltsbereichen wahrzunehmen, was wiederum zur Vorhersage des situationalen Interesses beiträgt. Wir vermuten, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Relevanzwahrnehmung und der Gelegenheit zur individuellen Informationsselektion und eigeninitiativen Beschäftigung mit den dargebotenen Informationen besteht. Hier müssen weitere Analysen zeigen, welche Gestaltungsaspekte es genau sind, die zur Relevanzwahrnehmung beitragen.

Den Befunden der Studie zufolge kommt es demnach weniger auf die Verwendung der „richtigen“ Gestaltungsmethoden an, als vielmehr darauf, inwieweit die inhaltliche Relevanz verdeutlicht sowie das motivationsrelevante Erleben während des Besuchs unterstützt werden kann.