1 Einleitung

Dass Frauen im Arbeitsmarkt gegenüber Männern benachteiligt sind, ist eine lange bekannte und durch soziologische Forschung häufig bestätigte Tatsache (Marini 1989; Goldin 1994; England und Folbre 2005; Gartner und Hinz 2009). Besonders drastisch stellt sich die Geschlechterungleichheit an der Spitze der Verteilung von Macht und Einkommen dar: Leitungspositionen, die mit Personal- und Budgetverantwortung ausgestattet sind, werden auch in Deutschland überwiegend von Männern bekleidet (Holst 2006, 2009; Kleinert et al. 2007). Neu ist hingegen die politische Bewertung dieser Tatsachen. Insbesondere die massive Unterrepräsentierung von Frauen im Management hat im vergangenen Jahrzehnt an gesellschaftlicher Legitimität eingebüßt und es wird vermehrt nach Maßnahmen zu ihrer Nivellierung gesucht. Die öffentliche Diskussion richtete sich zuletzt vorwiegend auf den Vorschlag zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Führungspositionen der Privatwirtschaft. Das Ziel dieser erwogenen Maßnahme ist die Beseitigung organisationskultureller und mikropolitischer Hürden, um die Unterrepräsentierung von Frauen bei Positionen mit hohen Einkommen und Organisationsmacht zu überwinden. Der Frauenquote als Lösungsansatz liegt somit ein spezifisches Verständnis von den Ursachen der Ungleichheit zwischen hochqualifizierten Männern und Frauen zugrunde. Es ist bestimmt von der Annahme, vor allem betriebliche Faktoren wie Rekrutierungs- und Beförderungsmuster, Benachteiligung durch Vorgesetze und die Beharrungstendenzen männlich dominierter Netzwerke hinderten Frauen am Aufstieg. Diese Vorstellung kommt auch im mittlerweile populären Begriff der gläsernen Decke zum Ausdruck (vgl. Baxter und Wright 2000; Cotter et al. 2001). Diese Rahmung der Problematik folgt in ihrer Ausrichtung der organisationssoziologisch orientierten Ungleichheitsforschung, die den Betrieb als maßgebliches Schichtungsregime betont (Baron und Bielby 1980).

Der vorliegende Beitrag untersucht, inwiefern die Fokussierung auf betriebliche Faktoren für Deutschland problemadäquat ist. Zweifel daran begründen Theorien der Ungleichheitsforschung, die an Stelle der Betriebe den Wohlfahrtsstaat als maßgebliches Schichtungsregime behaupten und folglich die Aufmerksamkeit auf die Ausgestaltung des sozialpolitischen Rahmens lenken (Esping-Andersen 1990, S. 55–78). Der bundesrepublikanischen Familienpolitik attestieren international vergleichende Studien einen familiaristisch-konservativen Charakter, da sie auf eine traditionelle partnerschaftliche Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern abzielt, insbesondere nach der Geburt eines Kindes (Leitner 2003; Hofmeister et al. 2006; Aisenbrey et al. 2009; Andersson et al. 2009; Esping-Andersen 2009). Verschiedene sozialpolitische Maßnahmen setzen Frauen in Deutschland starke Anreize, auf die Geburt eines Kindes eine lange Erwerbsunterbrechung folgen zu lassen und auch nach Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt auf eine Vollzeitbeschäftigung zu verzichten. Im Folgenden wird anhand der Lebensverläufe von Hochschulabsolventen in den ersten zehn Jahren nach dem Examen untersucht, inwieweit dergestalt anreizkonformes Verhalten zur Unterrepräsentierung von Frauen beiträgt und wie schwer dieser Aspekt gegenüber den betrieblichen Faktoren wiegt.

Der deutsche Fall eignet sich zur Überprüfung der behaupteten Bedeutung wohlfahrtsstaatlicher Anreize in besonderem Maße, da die Verfügbarkeit öffentlicher Kinderbetreuungsangebote aus historischen Gründen in Ostdeutschland deutlich höher ist als in Westdeutschland. Diesem institutionellen Faktor wird in der Analyse besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Zudem werden Folgen geschlechterrollenkonformen Verhaltens bei der Studienfachwahl für die Karriere untersucht.

Eine empirische Analyse organisationssoziologischer Diskriminierungstheorien vis-a-vis sozialpolitisch orientierter Ansätze zur Erklärung des Geschlechtergefälles beim Erreichen von Managementpositionen steht bislang noch aus. Sie wird hier auf Basis der HIS-Absolventenstudie für den Jahrgang 1997 durchgeführt. Mit dem Vorliegen der dritten Erhebungswelle hält diese erstmals Informationen bis zehn Jahre nach dem Examen bereit und eröffnet damit eine neue Möglichkeit zur Analyse von Lebensverläufen, die in erste Managementpositionen führen. Gegenstand der Untersuchung ist somit eine frühe Karrierephase. Rückschlüsse aus unseren Befunden können folglich nur für die Lösung des als undichte Pipeline bekannt gewordene Problem gezogen werden. Der Aufstieg ins absolute Topmanagement entzieht sich hingegen aufgrund des limitierten Beobachtungszeitraums der vorliegenden Studie.

In Abschn. 2 werden zunächst die konkurrierenden theoretischen Erklärungen vorgestellt, nach Hypothesen befragt, und empirische Befunde rekapituliert. In Abschn. 3 werden die verwendeten Daten und ihre Operationalisierung beschrieben und das methodische Vorgehen diskutiert. Im Ergebnisabschnitt wird die bivariate Merkmalsverteilung betrachtet, um Ausstattungsdifferenzen zwischen Frauen und Männern zu identifizieren. In genesteten Modellen werden dann mittels logistischer Regression die Einflussstärken der theoretisch begründeten Faktoren untersucht, um auf das relative Erklärungspotenzial der betrieblichen und überbetrieblichen Faktoren zu schließen. In separaten Modellen werden Ost-West-Unterschiede des Einflusses von Mutterschaft auf die Aufstiegswahrscheinlichkeit und die Arbeitszeit untersucht. Der Aufsatz schließt mit einer Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse (Abschn. 4).

2 Die Unterrepräsentierung von Frauen in Managementpositionen: Theoretische Erklärungen und empirische Befunde

Karrieren sind eingebettet in sich überlagernde soziale Kontexte. Vereinfachend kann man zwischen betrieblichen und außerbetrieblichen Zusammenhängen unterscheiden. Die Bedeutung des betrieblichen Kontexts unterstreichen organisationssoziologisch orientierte Ungleichheitsforscher, ausgehend vom Bedeutungsgewinn großer, bürokratisch organisierter Unternehmensformen seit dem späten 19. Jahrhundert (Kocka 1981; Chandler 1990). Seither sei beruflich-sozialer Aufstieg entscheidend vermittelt durch die Formalstruktur von Organisationen, sodass ein Verständnis von Arbeitsmarktprozessen notwendig die organisationsinternen Vorgänge zu berücksichtigen habe (Baron und Bielby 1980). Auch bei der Analyse der Geschlechterungleichheit legen sie ihr Hauptaugenmerk auf den Betrieb als das beim Zustandekommen der Geschlechterungleichheit maßgebliche Schichtungsregime (Steinback et al. 2010).

Ein zweiter Strang soziologischer Forschung und Theoriebildung erklärt die Geschlechterunterschiede im Karriereprozess hingegen als Folge des gesellschaftspolitisch gestalteten institutionellen Kontexts, der bestimmt, inwiefern Karriere und Kind sich für Frauen als eine Option oder als zwei Alternativen darstellen. Hier fällt dem Wohlfahrtsstaat als Schichtungsregime eigener Art die entscheidende Rolle bei der Erzeugung der Geschlechterungleichheit im Arbeitsleben zu (Esping-Andersen 1990; Orloff 1993). Während organisationssoziologische Ansätze eine Benachteiligung aller Frauen erwarten lassen, ist der „gender gap“ wohlfahrtsstaatlich orientierten Theorien zufolge in erster Linie ein mother gap.

2.1 Gläserne Decke: Der Betrieb als maßgebliches Schichtungsregime

Die direkteste Form der betrieblichen Benachteiligung von Frauen beschreiben Diskriminierungstheorien. Sie nehmen an, dass Frauen unmittelbar aufgrund ihres Geschlechts bei Rekrutierungs- und Beförderungsentscheidungen benachteiligt werden. Die Theorie statistischer Diskriminierung nimmt ein informationsökonomisches Problem zum Ausgangspunkt ihrer Erklärung dieser Benachteiligung. Bei der Einstellung neuer Arbeitskräfte und der Beförderung von Angestellten auf attraktive Stellen besitzt der Arbeitgeber oder Vorgesetzte keine perfekte Information über die wahren Eigenschaften der Kandidaten und ist somit für eine Einschätzung der Eignung und des Grenznutzens der Kandidaten auf äußere Zeichen angewiesen. Eine Eigenschaft, die für Arbeitgeber bei der Besetzung von Leitungspositionen eine besondere Rolle spielt, ist die Ausfallwahrscheinlichkeit der Kandidaten. Das Geschlecht wird dann als äußerer Indikator der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls oder Wechsels herangezogen, so die Theorie statistischer Diskriminierung (Aigner und Cain 1977; Arrow 1998, S. 96 f.). Die Anwendung dieser Strategie kann marginale tatsächliche Unterschiede in der Ausfallwahrscheinlichkeit zu großen Unterschieden bei der Verteilung attraktiver Stellen steigern (Aigner und Cain 1977).

Andere Theorien teilen nicht die Annahme, Diskriminierung sei eine rationale Lösung für ein informationsökonomisches Problem (Bielby und Baron 1986). Sie konzipieren Diskriminierung stattdessen schlicht als Präferenz von Arbeitgebern, für deren Befriedigung jedoch langfristig ein Wettbewerbsnachteil hingenommen werden muss (Becker 1957). Aus beiden Varianten der Diskriminierungstheorie leitet sich aber dieselbe Vorhersage ab: Bei gleicher Ausstattung mit Humankapital und gleichen Leistungen werden Männer gegenüber Frauen bevorzugt. Castilla (2008) weist bei einem amerikanischen Großunternehmen nach, dass auch in vermeintlich meritokratischen Systemen der Leistungsbeurteilung Vorgesetzte dazu neigen können, bei gleichen Leistungen Frauen und Minderheiten schlechter zu bewerten. Wolf und Fligstein (1979) konstatieren, dass Beförderungen für Männer häufiger als für Frauen mit der Übernahme von Personal- und Ressourcenverantwortung verbunden sind.

Eine unmittelbare Benachteiligung von Frauen behaupten auch Netzwerktheorien. Sie folgen der Annahme, dass persönliche Beziehungen ein maßgeblicher Faktor für berufliches Fortkommen sind (Granovetter 1985) und argumentieren, dass auf hohen Hierarchieebenen Männerbünde bestehen, die Frauen am Aufstieg in Managementpositionen hindern. Der Mechanismus kann sich bewusst vollziehen, etwa wenn männliche Manager ihre Beziehungen dazu einsetzen, Konkurrentinnen vom Informationsfluss im Netzwerk auszuschließen oder unbewusst, wenn sich informell in derartigen Netzwerken spezifisch männliche Vorstellungen vom „richtigen“ Führungsstil durchsetzen. In beiden Fällen behindert Homophilie Frauen am Aufstieg in Managementposten (Ibarra 1992; Kanter 1977; Elliott und Smith 2004; Reskin und McBrier 2000). Die Aufstiegswahrscheinlichkeit in Managementpositionen steigt für Frauen folglich, wenn bereits andere Frauen hohe Positionen in der Organisation einnehmen (Cohen et al. 1998; Hultin und Szulkin 2003; Dobbin und Kalev 2007), da Frauen erst ab einer kritischen Gruppengröße beginnen können, eigene Netzwerke zu bilden (Ely 1994). Diskriminierungs- und Netzwerktheorien lassen somit allesamt einen Nachteil erwarten, der Frauen unmittelbar aufgrund ihres Geschlechts entsteht, wenn die Theorien auch verschiedene soziale Mechanismen als Ursache dieses Effekts identifizieren.

H1:

Das weibliche Geschlecht verringert ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen.

Im Gegensatz zu den Diskriminierungstheorien, die einen unmittelbaren Einfluss des Geschlechts auf das Erreichen einer Managementposition erwarten lassen, beschreiben Segmentationstheorien eine Benachteiligung, die über den Ausschluss von internen Arbeitsmärkten vermittelt ist. So nimmt die Theorie der innerbetrieblichen Segmentation an, dass Betriebe ihre Angestellten in eine Kernbelegschaft und eine Randbelegschaft unterteilen (Sengenberger 1978; Baron et al. 1986; Osterman 1984). Mitarbeiter der Kernbelegschaft genießen dabei eine hohe Arbeitsplatzsicherheit, die sich aus der Anhäufung firmenspezifischen Wissens ergibt, an dessen Wahrung und Mehrung in einer langfristigen Beschäftigung des Arbeitnehmers der Arbeitgeber ein vitales Interesse besitzt. Ein wichtiges Mittel zur Bindung des Arbeitsnehmers an den Betrieb stellt die Beteiligung an einem internen Arbeitsmarkt dar. In diesem werden vakante Stellen systematisch mit internen Bewerbern besetzt, sodass ein System betriebsinterner Karrierewege entsteht, das der Kernbelegschaft eine langfristige Karriereplanung und den Aufstieg in Managementpositionen ermöglicht (Sørensen 1983; Baron et al. 1986; Carroll und Mayer 1986). Die betriebsinterne Weiterbildung der Kernbelegschaft forciert den Aufbau firmenspezifischen Wissens, das extern in geringerem Maße verwertbar ist und somit die Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb erhöht. Daneben halten Unternehmen eine Randbelegschaft vor, die Aufgaben erfüllt, für die firmenspezifisches Wissen von geringer Bedeutung ist, sodass Mitgliedern der Randbelegschaft seltener Weiterbildungskurse und seltener langfristige Laufbahnen offeriert werden, was relativ zur Kernbelegschaft langfristig zu Karrierenachteilen führt.

Zur Unterrepräsentierung von Frauen in Managementpositionen trägt die interne Segmentation bei, insofern Vorgesetzte sich bei der Zuweisung von Arbeitnehmern zur Kern- oder Randbelegschaft an deren Geschlecht orientieren (Bielby und Baron 1986; Achatz et al. 2005). Männer partizipieren dann überproportional an betriebsinternen Arbeitsmärkten und Weiterbildung, während Frauen in die Randbelegschaft verwiesen sind und dadurch einen Karrierenachteil erleiden (Baron et al. 1986; Bielby und Baron 1986; Spilerman und Petersen 1999; Tomaskovic-Devey und Skaggs 2002; Evertsson 2004; Petersen und Saporta 2004; Puhani und Sonderhof 2011).

H2:

Die Beteiligung an betriebsinternen Weiterbildungsprogrammen erhöht ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen und Frauen werden seltener als Männer an diesen beteiligt.

Die These innerbetrieblicher Segmentation lässt sich zu einer These der zwischenbetrieblichen Segmentation erweitern. Da vor allem bürokratisch organisierte Großbetriebe interne Arbeitsmärkte zur langfristigen Bindung einer Kernbelegschaft nutzen können, sollten Frauen hier schon bei der Einstellung eine Benachteiligung erfahren und durch derart selektive Rekrutierung auf weniger stabile Karrieren in kleineren Betrieben verwiesen werden (Blossfeld und Mayer 1988; Carroll und Mayer 1986; Petersen und Morgan 1995; Kleinert et al. 2007, S. 34 ff.), was ebenfalls zu ihrer Unterrepräsentierung in Managementpositionen beitragen dürfte.

H3:

Im Vergleich mit einer Beschäftigung in kleinen und mittleren Betrieben erhöht die Beschäftigung in Großunternehmen ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen, und Frauen finden seltener als Männer Zugang zu Großunternehmen.

2.2 Goldener Käfig: Der Wohlfahrtsstaat als maßgebliches Schichtungsregime

Die Familienpolitik der Bundesrepublik war bis etwa 1994 bestimmt durch die sukzessive Einführung und Ausweitung von Maßnahmen, die zusammengenommen Frauen eine sequentielle und keine synchrone Kombination der Rollen als Mutter und als Erwerbstätige nahe legen und damit implizit vom Vorhandensein eines Ehemanns als Familienernährer ausgehen (Kuller 2004; Kolbe 2002; Ziefle 2009, S. 65–118). So ermöglicht die Gewährung von Elterngeld, flankiert durch die in der Elternzeit gewährten Rechtsansprüche auf Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen, Kündigungsschutz und Rückkehr in gleichwertige Beschäftigung, Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes, die im internationalen Vergleich besonders lang sind (Aisenbrey et al. 2009; Gangl und Ziefle 2009; Grunow et al. 2011; Sigle-Rushton und Waldfogel 2007). Auch über die ersten drei Lebensjahre des Kindes hinaus wird in Deutschland der Verzicht auf Erwerbstätigkeit durch das Ehegattensplitting und das Prinzip der Familienversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterstützt. Die Ausrichtung der westdeutschen Familienpolitik auf ein Modell der sequentiellen Vereinbarkeit von Elternschaft und Beruf spiegelt sich auch im Angebot öffentlicher Kinderbetreuungsangebote wieder. Betreuungsmöglichkeiten für Unter-Dreijährige und Ganztagsangebote für Drei- bis Sechsjährige sind in Westdeutschland kaum vorhanden, und auch Schulen schließen im internationalen Vergleich besonders früh (Buchmann und Charles 1995).Footnote 1

In Ostdeutschland stellt sich die Situation anders dar. Zwar wurden die westdeutschen Sozialversicherungssysteme nach der Wiedervereinigung mitsamt der ihr zugrunde liegenden Anreizstruktur zügig auf die neuen Länder übertragen, durch besondere Subventionen blieb jedoch ein Teil der in der DDR geschaffenen umfassenden Betreuungsinfrastruktur erhalten, sodass bis heute große Unterschiede zwischen den neuen und alten Bundesländern bestehen (Abb. 1). Im Zuge des Tagesbetreuungsausbaugesetzes kam zwar auch in Westdeutschland der Aufbau von Kinderkrippen in Gang und der Betreuungsanteil bei Unter-Dreijährigen stieg bis 2010 auf 17 %, nichtsdestotrotz liegt er in den ostdeutschen Bundesländern (inkl. Berlin) mit 48 % ungleich höher. Während in den alten Ländern ein Viertel (25 %) der Drei- bis Sechsjährigen mindestens 7 Stunden in einer öffentlichen Einrichtung betreut werden, sind es in Ostdeutschland zwei Drittel (68 %) der Kinder dieser Altersgruppe (Statistisches Bundesamt 2011). Damit liegt in Ostdeutschland neben den nach der Wiedervereinigung übertragenen Anreizen zur sequentiellen Vereinbarung von Familie und Beruf ein Element eines synchronen Vereinbarkeitsmodells vor, das Müttern Anreize zu kurzen Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes und zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit nach der Rückkehr in den Arbeitsmarkt setzt.

Abb. 1
figure 1

Betreuungsquoten der Kinder unter drei Jahren in den Kreisen (links) und Ganztagsbetreuungsquoten der Kinder im Alter von drei bis unter sechs Jahren in den Kreisen (rechts). Stand: März 2010. (Quelle und Copyright: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2011)

Die Dauer von Erwerbsunterbrechungen dürfte schon deshalb für die Unterrepräsentierung von Frauen in Managementpositionen von Bedeutung sein, weil eine Beförderung während der Elternzeit sehr unwahrscheinlich ist. Unter den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen zwischen 25 und 33 Jahren nehmen zu jedem Zeitpunkt rund 20 % eine Erwerbsunterbrechung (Beblo und Wolf 2003, S. 564), während der Anteil der Männer in Elternzeit extrem gering ist (Blossfeld et al. 2001). Noch bedeutender sind die mittel- und langfristigen Folgen einer Erwerbsunterbrechung, die sich erst nach der Rückkehr in den Arbeitsmarkt zeigen. Während einer Erwerbsunterbrechung wird keine zusätzliche Arbeitserfahrung erworben und bestehendes Wissen veraltet (Mincer und Ofek 1982), sodass Mütter durch eine lange Elternzeit deutliche Nachteile erleiden gegenüber kinderlosen Frauen und Müttern, die nur kurz pausieren (Beblo und Wolf 2002; Ziefle 2004; Sigle-Rushton und Waldfogel 2007; Waldfogel 1997; Schubert und Engelage 2010).

H4:

Je länger die Dauer einer Erwerbsunterbrechung, desto geringer ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen und Mutterschaft ist mit längeren Erwerbsunterbrechungen verbunden als Vaterschaft.

Auch nach der Rückkehr in den Arbeitsmarkt stehen Eltern vor der Aufgabe, die Anforderungen von Beruf und Familie zu koordinieren. Dank der Bestandsgarantie des Arbeitsplatzes kehren Frauen zwar häufig auf gleichwertige Stellen zurück, sie tun dies aber zumeist bei einer verringerten Arbeitszeit (Waldfogel et al. 1999; Kreyenfeld et al. 2007; Ziefle 2004; Gangl und Ziefle 2009). Zudem führt die Geburt eines Kindes zu einer Verstärkung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Frauen übernehmen zusätzlich Aufgaben der Kinderbetreuung und des Haushalts, während Männer sich verstärkt dem Erwerbsleben widmen (Maume 2006; Grunow et al. 2007). Vor allem hoch qualifizierte Männer steigern auf diese Weise nach der Geburt eines Kindes ihr Einkommen (Pollmann-Schult und Diewald 2007).

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Einkommenseinbußen, die Frauen nach der Geburt eines Kindes erfahren, vorwiegend über die verminderte Arbeitszeit vermittelt sind (Trappe und Rosenfeld 2000; Trappe und Sørensen 2006; Ziefle 2004). Es ist anzunehmen, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit sich auf das Erreichen einer Managementposition noch stärker negativ auswirkt als auf das Einkommen, denn während Lohnvereinbarungen überwiegend unmittelbar zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder im Rahmen eines Tarifvertrags getroffen werden, sind Beförderungen in Leitungspositionen ein knappes Gut, um das in einem Wettbewerb konkurriert wird (Rosenbaum 1979). Es ist daher davon auszugehen, dass hohe Arbeitszeiten als Mittel eingesetzt werden, um dem Arbeitgeber hohe Leistungsbereitschaft und Loyalität zu signalisieren und auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil für Beförderungen zu erzielen (Sørensen 1983, S. 209). Obwohl mit zusätzlichen Arbeitsstunden der Grenzlohn von Arbeitnehmern sinkt (Morgan und Arthur 2005) sind gerade karriereorientierte Personen bereit, Überstunden zu leisten, sodass es nahe liegt, diese Bereitschaft als Investition in einen künftigen Aufstieg zu betrachten. Weibliche Führungskräfte leisten deutlich mehr Wochenarbeitszeit als Hochqualifizierte ohne Führungsfunktion (Holst 2006) und während fast die Hälfte aller abhängig beschäftigten Frauen in der Privatwirtschaft in Teilzeit arbeiten, tun dies nur 14 % derer, die eine Führungsposition bekleiden (Kleinert et al. 2007, S. 81 f.). Die beruflichen Nachteile, die durch eine Verringerung der Arbeitszeit entstehen, sollten sich für Mütter also auch für Aufstiege in Managementpositionen nachweisen lassen.

H5:

Mutterschaft führt zu einer Reduzierung der Arbeitszeit, Vaterschaft hingegen nicht. Mutterschaft verringert somit ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit eines Aufstiegs in eine Managementposition, Vaterschaft hingegen nicht.

Das Ausmaß, in dem Mutterschaft mittel- und langfristig zu einem teilweisen oder vollständigen Rückzug aus dem Berufsleben führt, variiert dabei mit dem institutionellen Kontext (Waldfogel et al. 1999; Ziefle 2009; Trappe und Rosenfeld 2000). So arbeitet in Skandinavien und den USA die Mehrzahl der Frauen in Vollzeit und nutzt die Teilzeitoption nach einer Geburt lediglich als Brücke zurück in eine volle Erwerbstätigkeit. In Spanien, Italien, den Niederlanden und Deutschland stellt Teilzeit hingegen bei Frauen und insbesondere bei Müttern, ein weit verbreitetes und im Lebensverlauf länger währendes Erwerbsmuster dar (Kreyenfeld und Geisler 2006; Aisenbrey et al. 2009; Esping-Andersen 2009, S. 52). Auch innerdeutsche Unterschiede sind belegt. So hatte Mutterschaft in der BRD mit einer familiaristisch-konservativen Familienpolitik einen erheblich größeren Einfluss auf das Einkommen (positiv für Männer, negativ für Frauen) als in der DDR mit einer aktivierenden Familienpolitik (Trappe und Rosenfeld 2000).

Die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsmöglichkeiten spielt für die Verringerung der Arbeitszeit von Müttern eine entscheidende Rolle. Schon in westdeutschen Landkreisen besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Versorgung mit ganztägigen Kindergartenplätzen und dem Erwerbsstatus von Müttern (Büchel und Spieß 2002). Trappe und Sørensen (2006) zeigen ferner, dass die Wahrscheinlichkeit westdeutscher Frauen, gar nicht oder weniger zu arbeiten als ihr Partner höher ist als ostdeutscher Frauen und dieser innerdeutsche Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Müttern noch deutlicher ausgeprägt ist. Mit Blick auf den Wettbewerbscharakter des Karriereprozesses lässt dies vermuten, dass ostdeutsche Frauen im Falle von Mutterschaft ihre Arbeitszeiten weniger als westdeutsche reduzieren müssen und somit gegenüber kinderlosen Frauen und Männern auch geringere Karrierenachteile erleiden.

H6:

Mutterschaft führt in Ostdeutschland ceteris paribus zu einer geringeren Reduzierung der Arbeitszeit als in Westdeutschland. Der relative Karrierenachteil, der Müttern gegenüber kinderlosen Frauen und Vätern entsteht (H5), ist in Ostdeutschland somit ceteris paribus geringer als in Westdeutschland.

2.3 Selbstselektionstheorien

Eine Prämisse der Segmentationstheorie war zuletzt der Kritik ausgesetzt. So wird argumentiert, die Hochphase betriebsstabiler „Kaminaufstiege“ in internen Arbeitsmärkten neige sich mit dem technologischen Wandel, den gestiegenen Anforderungen an unternehmerische Flexibilität und an die Mobilität von Arbeitnehmern ihrem Ende zu und würde zunehmend durch eine gelockerte Beziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ersetzt, auch im Bereich der Kernbelegschaften (Osterman 1994; DiPrete et al. 2002; Bühlmann 2008). Andere Studien ziehen diesen Trend hingegen in Zweifel (Erlinghagen 2002). Vermittelnde Positionen behaupten, es habe eine Differenzierung stattgefunden. Insbesondere im Privatsektor sei die Karriereplanung von großen Unwägbarkeiten bestimmt und Führungspositionen und Karrieren dort nur noch durch Anpassung an eine belastungsintensive Leistungskultur erreichbar (Leuze und Rusconi 2009). Frauen, die ihre Karriere stärker als Männer mit Familienplanung in Einklang bringen müssen, verzichten in dieser Situation auf rasche Aufstiege zugunsten planbarer und mit Erwerbsunterbrechungen besser zu vereinbarenden Laufbahnen im öffentlichen Dienst (Ebd.; Stier und Yaish 2008). Schon die Antizipation der Doppelbeanspruchung durch Karriere und Familie, dem mit einer Selbstselektion in den öffentlichen Dienst begegnet wird, trägt demnach zur Unterrepräsentierung von Frauen in Managementpositionen bei.

H7:

Eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst vermindert ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen, und Frauen sind darin häufiger als Männer tätig.

Ein ähnliches Argument führen Solga und Pfahl (2009) an, die argumentieren, dass Frauen schon bei der Studienfachwahl die belastenden Bedingungen einer Karriere in Ingenieurberufen antizipieren und die dort herrschende Überstundenkultur durch eine bewusste Entscheidung gegen diese Berufe meiden. Auch die Humankapitaltheorie behauptet das Wirken eines solchen Selbstselektionsmechanismus (Polachek 1981; Becker 1985). Während Männer demnach die ganz aufs Erwerbsleben ausgerichtete Versorgerrolle verinnerlichten, begegneten Frauen dem Erwerbsleben mit einer Haltung, die besser vereinbar mit der Mutterrolle ist (Hakim 1991). Auch in Deutschland streben weibliche Hochschulabsolventen seltener als männliche Geld und Macht als Lebensziele an (Wottawa et al. 2011). In bisherigen Studien konnte ein Teil der Geschlechterungleichheit im Arbeitsmarkt durch ebensolche Unterschiede der beruflichen Ambitionen von Frauen und Männern erklärt werden (Daymont und Andrisani 1984; Marini und Fan 1997).

H8:

Hohe berufliche Zielsetzungen haben einen positiven Effekt auf das Erreichen von Managementpositionen, und Frauen setzen sich geringere berufliche Ziele als Männer.

H9:

Hohe familiäre Zielsetzungen haben einen negativen Effekt auf das Erreichen von Managementpositionen, und Frauen streben stärker als Männer familiäre Ziele an.

Geschlechtsspezifische Orientierungen zeigen sich jedoch nicht erst im Berufsleben, sondern bereits zuvor, beim Übergang von der Schule zur Hochschule (Blakemore und Low 1984; Ethington und Wolfle 1988; Wilson und Boldizar 1990; Correll 2001). Langzeitstudien stellen übereinstimmend fest, dass obwohl Frauen beim Hochschulzugang in den vergangenen Jahrzehnten mit Männern mindestens gleichgezogen haben, unverändert große Unterschiede bei der Fachwahl bestehen. Frauen studieren überproportional geistes- und sozialwissenschaftliche Studiengänge, während sie in den Technik- und Naturwissenschaften unterrepräsentiert sind (Jacobs 1996; Charles und Bradley 2002; Franzen et al. 2004; Smyth 2005). Auch dieses Verhalten bei der Studienwahl kann als Verinnerlichung der gesellschaftlichen und institutionellen Geschlechterrollenerwartungen verstanden werden, da sich hier erneut die geringere Orientierung von Frauen an Erwerbschancen zeigt. Das gilt besonders in Deutschland, wo das Studium nicht notwendig als Berufsausbildung im engeren Sinn verstanden werden muss, da eine besondere Bildungssemantik auch die Option eröffnet, die Studienphase als Zeit der Persönlichkeitsentwicklung und der Aneignung eines spezifischen Weltzugriffs zu interpretieren (Koselleck 2006: 105–158). Verschiedene Studien legen nahe, dass Frauen stärker als Männer von dieser Interpretationsmöglichkeit Gebrauch machen. Sie studieren deutlich häufiger als Männer geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer, welche die für praxisferne Ausbildungssysteme typischen (Gangl 2001) brüchigen Übergangsmuster in den Arbeitsmarkt aufweisen (Haak und Rasner 2009). Durch Berücksichtigung der resultierenden fachlichen Segregation kann ein Teil der Nachteile erklärt werden, die Frauen erfahren (Daymont und Andrisani 1984; Marini und Fan 1997; Machin und Puhani 2003; Shauman 2006; Leuze 2007).

H10:

Das Studium mathematisch-technischer Studienfächer, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, erhöht ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, eine Managementposition zu erreichen im Vergleich mit Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften, in denen Frauen überrepräsentiert sind.

3 Daten und Methoden

Die empirischen Analysen werden mit den Daten des HIS-Absolventenpanel 1997 durchgeführt. Dessen Grundgesamtheit stellen die Hochschulabsolventen dar, die im Prüfungsjahr 1997 ihren ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss im Gebiet der BRD erreicht haben. Sie wurden 1998, erneut 2002/2003 und ein drittes Mal 2007/2008 nach Merkmalen von Lebens-, Bildungs- und Erwerbsverlauf befragt (Fabian und Minks 2006; Fabian und Briedis 2009). Für die vorliegenden Analysen wurde durch den Ausschluss aller Absolventen, die vor 1962 geboren wurden und somit beim Examen über 35 Jahre alt waren, annäherungsweise Altershomogenität hergestellt, da anzunehmen ist, dass die interessierenden Zusammenhänge bei Personen, die ihre Karriere mit fortgeschrittenem Lebensalter neu aufnehmen einer speziellen Theoriebildung bedürften, die hier nicht geleistet werden kann. Um den Vergleich des familienpolitischen Kontexts auf einen Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland zu begrenzen, wurden ferner Personen ausgeschlossen, die nicht mehr in Deutschland leben. Um die Vergleichbarkeit der Schätzungen zu ermöglichen, wurde die Stichprobe um Personen reduziert, die auf mindestens einer der Modellvariablen fehlende Werte aufweisen. Die dadurch verursachte Verzerrung der Stichprobe wurde untersucht und ist nur sehr geringfügig.

Die zu prüfenden Theorien treffen Aussagen zur unterschiedlichen Verteilung von Merkmalen auf die Geschlechter sowie zum Einfluss von Merkmalen auf das Erreichen einer Managementposition. Erstere werden in einer bivariaten Betrachtung der Merkmalsverteilungen getestet (Tab. 1), letztere mit logistischen Regressionen untersucht (Tab. 2 und 3).

Mit den Modellen wird das Innehaben einer Managementposition zehn Jahre nach dem Examen geschätzt, das aus dem Item berufliche Stellung gebildet wird, das mit 15 Ausprägungen verschiedene Positionen vergleichsweise präzise erfasst. Zur Ausprägung1 der dann binär kodierten abhängigen Variablen werden daraus die zwei Ausprägungen leitende Angestellte (z. B. Abteilungsleiter/in, Prokurist/in, Direktor/in) und wissenschaftlich qualifizierte Angestellte mit mittlerer Leitungsfunktion (z. B. Projekt-, Gruppenleiter/in) [Hervorhebung (fett) im Fragebogen, FO] gruppiert. Die anderen 13 Ausprägungen von berufliche Stellung werden zur Ausprägung 0 gruppiert, darunter auch die Ausprägung wissenschaftlich qualifizierte Angestellte ohne Leitungsfunktion [Hervorhebung (fett) im Fragebogen, FO].Footnote 2 Da hier der Aufstieg in erste Managementpositionen untersucht werden soll, legen wir somit eine eher breite Definition von Managementposition an, die gleichermaßen Positionen im unteren, mittleren, und Topmanagement umfasst (vgl. dazu Kleinert et al. 2007, S. 27).

Mit Modell 1 wird das Innehaben einer Managementposition mit dem Geschlecht als einziger Determinante geschätzt. Die Reihenfolge, mit der dann weitere Variablengruppen in das Modell aufgenommen werden, orientiert sich an der Abfolge der durch sie abgebildeten Phasen im Lebensverlauf.

In Modell 2 werden Variablen zur Studienfachwahl und Wahl des Hochschultyps berücksichtigt. Die Studienfächer, in denen die Befragten ihren Abschluss erworben haben, werden in zehn Fächergruppen unterteilt, wobei das Schema von Leuze und Strauß (2009) übernommen wird. Die einzige Abweichung hiervon stellt die zusätzlich gebildete Fächergruppe Mathematik und Informatik dar.

Es ist bekannt, dass in Deutschland Erwerbstätigkeit während des Studiums weit verbreitet ist und oftmals einen wichtigen frühen Beitrag zum Aufbau von Berufserfahrung und sozialen Kontakten leistet (Franzen und Hecken 2002). Modell 3 berücksichtigt den Erwerb von Humankapital während des Studiums.Footnote 3 Auch die Examensnote wird in Modell 3 als Kontrollvariable einbezogen.Footnote 4

Modell 4 berücksichtigt zusätzlich die durch die Selbstselektionstheorien begründeten Variablen öffentlicher Dienst, berufliche Ambition und private Ambitionen. Die Berücksichtigung letzterer ist außer zum Test von Hypothesen 8 und 9 wichtig, um den Effekt der Elternschaft von einem möglichen Selbstselektionseffekt von an Karriere Desinteressierten in die Elternschaft separieren zu können. Die Informationen wurden aus der ersten Befragung, kurz nach dem Examen bezogen, sodass die Angaben nicht beeinflusst sind von der in den allermeisten Fällen erst danach erfolgten Familiengründungen und Karriereverläufen. Die Ausprägungen von fünf Items in Likert-SkalierungFootnote 5 wurden zum Index Ambition Beruf addiert (Cronbachs a = 0,63) und auf einen Wertebereich von 0 bis 10 gebracht, sodass hohe Werte für hohe Aspirationen stehen. Die Dummyvariable Ambitionen Familie nimmt dann eine positive Ausprägung an, wenn eine Person sich 1998 für die Zukunft sehr stark das Ziel mich der Familie widmen setzte.

In Modell 5 wird auch die mögliche Arbeitsmarktsegmentation als Folge von Diskriminierung durch Arbeitgeber berücksichtigt: die Beschäftigung bei einem Großunternehmen (> 499 Mitarbeiter) und die Beteiligung an betrieblicher Weiterbildung.Footnote 6

Mit Modell 6 wird der Effekt von Mutter- oder Vaterschaft geschätzt, indem als Dummyvariablen der Interaktionsterm Frau*Kind/er und der Haupteffekt für Elternschaft (Kind/er) berücksichtigt werden.

Um zu untersuchen, inwiefern der Mutterschaftseffekt über den Verlust an Berufserfahrung vermittelt ist, werden in Modell 7 zusätzlich auch die Dauer der Elternzeit und die Berufserfahrung eingebracht.Footnote 7 Aus einem Verlaufsdatensatz wurde dazu aus folgenden Episodentypen die „Berufserfahrung“ berechnet und als Dauer in Monaten in die Modelle eingebracht: unselbständige Erwerbsarbeit, selbständige Erwerbsarbeit, Werk- und Honorartätigkeiten, Referendariat, Praktika und Volontariate. Die Dauer von Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Elternschaft wurde ebenfalls aus dem monatsgenauen, um Überlappungen korrigierten Verlaufsdatensatz generiert.

Um Hypothese 6 zu testen, wird in Modell 8 Modell 6 um den Interaktionsterm Frau*Kinder*Ost und die entsprechenden Haupteffekte ergänzt. Mit eben diesen Determinanten und der Dummyvariable Managementposition wird in Modell 9 mittels OLS-Regression die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit in der Haupterwerbstätigkeit geschätzt, um den durch Hypothese 5 behaupteten Arbeitszeitmechanismus zu untersuchen.

Wesentliche Aussagen werden somit auf Basis der Schätzergebnisse für Interaktionsterme getroffen. Ai und Norton (2003) argumentieren, eine konventionelle Schätzung von Interaktionseffekten in Logit-Modellen, analog zu jener in linearen Modellen, sei fehlerhaft und schlagen eine alternative Schätzung vor (Norton et al. 2004). Puhani (2012) hat das konventionelle Verfahren, das auch hier verwendet wird, hingegen zuletzt rehabilitiert. Die im folgenden Abschnitt berichteten Ergebnisse bleiben von dieser aktuell geführten Diskussion jedoch unberührt, da die Interpretierbarkeit von Interaktionseffekten in linearen Modellen unumstritten ist. Mood (2010, S. 78) weist darauf hin, dass anstelle eines Logit-Modells ebenso gut ein Linear-Probability-Modell (LPM) geschätzt werden kann, wenn die Fehlspezifikation durch ignorieren des s-förmigen Zusammenhangs unbedeutend ist. Es wurden Modelle geschätzt, die eben dies für den vorliegenden Fall bestätigen: Die marginalen Effekte unterscheiden sich kaum über die Breite der Verteilung.Footnote 8 Das Ergebnis des LPM repliziert jenes des Logit-Modells, insbesondere auch für die Interaktionsterme (vgl. Modell 8 und 8b in Tab. 3). Die Ergebnisse der logistischen Regressionen werden stets als durchschnittliche Marginaleffekte (AME) berichtet, um Fehlinterpretationen vorzubeugen und die Vergleichbarkeit über die genesteten Modelle hinweg zu gewährleisten (Bartus 2005; Best und Wolf 2010).

4 Ergebnisse

Eine Untersuchung der Häufigkeitsverteilungen (Tab. 1), zeigt einmal mehr die eklatante Geschlechterungleichheit bei der Besetzung von Managementpositionen, die das zu erklärende Faktum der folgenden Analysen darstellt: Zehn Jahre nach dem Examen haben 23 % der weiblichen Absolventen eine erste Managementposition erreicht, aber 42 % der männlichen. Ohne Berücksichtigung von Drittvariablen ist demnach das Innehaben einer Managementposition für einen Mann fast doppelt so wahrscheinlich wie für eine Frau. Auch wächst der „gender gap“ im Verlauf der zehn Jahre nach Abschluss des Studiums stetig an. Keine Unterschiede sind hingegen bei der Familiengründung festzustellen. Sechs von zehn Absolventinnen und Absolventen sind zehn Jahre nach dem Examen Eltern. Entsprechend Hypothese 4 ist dies jedoch fast ausschließlich für Mütter mit einer Erwerbsunterbrechung verbunden. Der Geschlechterunterschied bei der Berufserfahrung ist denn auch nahezu vollständig ein Unterschied zwischen Müttern und Vätern (vgl. Fn. 7) und der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Berufserfahrung korrespondiert mit dem der Elternzeiten (Tab. 1).

Ebenfalls nachweisbar sind die durch die Theorie der betrieblichen Segmentation behaupteten Unterschiede. Frauen nehmen seltener an betrieblicher Weiterbildung teil und arbeiten seltener in großen Betrieben als Männer (Hypothesen 2 und 3). Auch zeigen sich die hypostasierten Selbstselektionsmuster bei der Studienfachwahl und den persönlichen Zielsetzungen: In den technischen Disziplinen (Ingenieurswissenschaften, Informatik und Mathematik) sind Frauen deutlich unterrepräsentiert, in den Sozial-, Geistes-, Erziehungs-, aber auch in den Gesundheitswissenschaften hingegen überrepräsentiert, ebenso beim Kunststudium. Für Recht, Wirtschafts- und Naturwissenschaften unterscheidet sich die Studierneigung hingegen nicht zwischen den Geschlechtern. Frauen nehmen jedoch deutlich häufiger ein Lehramtsstudium auf. Bei der Verteilung der persönlichen Zielsetzungen unmittelbar nach dem Studium zeigen sich ebenfalls Unterschiede. Männer setzen sich tatsächlich etwas ambitioniertere berufliche Ziele als Frauen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Frauen, wie durch Hypothese 9 angenommen, ihre Ambitionen umgekehrt auf die Familie verlegen; auch hier haben relativ mehr Männer als Frauen sehr hohe Zielsetzungen (Hypothese 8 wird bestätigt, Hypothese 9 nicht). Dies kann als Anzeichen dafür interpretiert werden, dass bei Frauen berufliche und familiäre Rollenerwartungen in Konflikt treten und eine Entscheidung für die eine und gegen die andere erzwingen, während sich für Männer berufliche und familiäre Ziele eher als miteinander kombinier- und steigerbar darstellen (Bielby und Bielby 1989).Footnote 9 Entsprechend Hypothese 7 arbeiten weibliche Absolventen sehr viel häufiger im öffentlichen Dienst als männliche.

Lediglich geringfügige Geschlechterunterschiede zeigen sich bei den Anteilen derer, die eine Promotion abschließen oder bereits während dem Studium durch fachnahe Tätigkeiten Berufserfahrung sammeln. Obwohl immer wieder gegenteilig behauptet (Kleinert et al. 2007, S. 8), ist kein Leistungsvorsprung der Frauen beim Examen festzustellen. Ihre Noten liegen durchschnittlich 2,2 % einer Standardabweichung über denen ihrer männlichen Kommilitonen. Insofern Frauen und Männer dasselbe Fach studieren, erbringen sie darin also gleiche Leistungen.

Tab. 1 Merkmalsverteilung nach Geschlecht (Alle Tabellen erstellt mit Hilfe von esttab (Jan. 2007)). (Quelle: HIS-Absolventenpanel 1997)

Die sich auf bivariate Zusammenhänge beziehenden Aussagen der verschiedenen Theorien werden demnach fast alle empirisch bestätigt. Inwiefern die Theorien zur Erklärung der Geschlechterungleichheit beitragen, zeigt hingegen erst die multivariate Analyse. Hier wurde als abhängige Variable das Innehaben einer Managementposition zehn Jahre nach dem Examen mittels logistischer Regression geschätzt. Modell 1 wiederholt noch einmal den bereits benannten Befund, wonach Frauen bivariat betrachtet relativ zu Männern eine um 19 Prozentpunkte geringere, also fast halbierte Wahrscheinlichkeit haben, zehn Jahre nach dem Examen eine erste Managementposition zu bekleiden. Der Vergleich mit Modell 2 zeigt, dass ein nicht unerheblicher Teil dieses Gefälles durch die Unterschiede der Studienfachwahl vermittelt ist. Durch die Berücksichtigung der entsprechenden Variablen verringert sich der direkte Effekt des weiblichen Geschlechts um 4,6 Prozentpunkte auf − 13,4 Prozentpunkte. Hypothese 10 wird teilweise bestätigt: Relativ zu den Geisteswissenschaften wirkt sich ein Studium der Ingenieurs- und Naturwissenschaften deutlich positiv aus, ein Studium der Informatik oder Mathematik allerdings nicht. Einen ähnlichen Effekt wie das Studium der Geisteswissenschaften hat jenes der Sozial- und Erziehungswissenschaften. Bemerkenswert und erklärungsbedürftig ist der selbst gegenüber den Geisteswissenschaften signifikant negative Effekt eines Jurastudiums. Vermutlich erklärt er sich aus der Tatsache, dass viele Juristen den Anwaltsberuf ergreifen, der zwar mit hohen Einkommen verbunden ist, bei dem es sich aber um eine der klassischen Professionen handelt, die häufig in Selbständigkeit ausgeübt werden, oder eine Laufbahn im öffentlichen Dienst verfolgen. Relativ wenige Juristen scheinen hingegen Führungskarrieren in formalen Organisationen der Privatwirtschaft zu durchlaufen. Ähnliches gilt für Ärzte. Das Gegenmodell dazu stellen Absolventen der Wirtschaftswissenschaften dar. Die moderne Betriebswirtschaftslehre bestimmt sich als Kind des Managerialismus (Kocka 1981; Chandler 1990) gerade durch die Ausbildung für Karrieren in bürokratischen Unternehmen, folgerichtig hat diese Studienwahl den stärksten positiven Effekt auf das Erreichen einer Managementposition.

Tab. 2 Determinanten des Innehabens einer Managementposition zehn Jahre nach dem Examen. (Quelle: HIS-Absolventenpanel 1997)

Die Berücksichtigung von Unterschieden beim Erwerb von Humankapital während des Studiums (Modell 3) oder durch eine Promotion verringert den direkten Effekt des Geschlechts kaum. Gleiches gilt für die Einbeziehung der Selbstselektionsmuster nach dem Studium (Modell 4), obwohl die entsprechenden Effekte mit der behaupteten Wirkungsrichtung nachweisbar sind.

In Modell 5 gehen auch die Variablen zur betrieblichen Segmentation ein, mit denen eine mittelbare Diskriminierung von Frauen getestet wird. Auch sie tragen zur Erklärung der Geschlechterungleichheit beim Erreichen einer Managementposition fast nichts bei, denn der direkte negative Effekt des Geschlechts verharrt auf nahezu unverändert hohem Niveau. Dies ist der erste zentrale Befund dieser Studie.

Im nächsten Schritt wird durch den Interaktionsterm Kind/er*Frau und den Haupteffekt von Elternschaft schließlich zwischen kinderlosen Frauen, Müttern, kinderlosen Männern und Vätern differenziert (Modell 6). Der verbliebene, erhebliche direkte Effekt des Geschlechts kann dadurch restlos erklärt werden. Während Vaterschaft moderat positiv mit dem Innehaben einer Managementposition assoziiert ist, zeigt sich ein starker negativer Effekt der Mutterschaft. Auf Grundlage von Modell 6 wird die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit Kind 10 Jahre nach dem Examen eine Managementposition bekleidet, ceteris paribus auf 18 % geschätzt.Footnote 10 Der Wert für Väter beträgt 40 %, für Frauen ohne Kind 36 % und für Männer ohne Kind 34 %. Was vordergründig als Ungleichheit zwischen Frauen und Männern erscheint, stellt sich somit ganz überwiegend als Ungleichheit zwischen Müttern einerseits und Vätern, kinderlosen Frauen und kinderlosen Männern andererseits dar. Entgegen der Theorie statistischer Diskriminierung erfahren Frauen offenbar keine Benachteiligung unmittelbar aufgrund ihres Geschlechts. Dies ist der zweite zentrale Befund der Untersuchung.

In Modell 7 werden zusätzlich Variablen für die Dauer der Elternzeit und die nach dem Studium gesammelte Berufserfahrung eingebracht. Beide zeigen statistisch signifikante Effekte in den zu erwartenden Richtungen an. Der Koeffizient für den direkten (Nicht-)Effekt des Geschlechts bleibt dadurch unbeeinflusst, die Effektstärke des Interaktionsterms Kind/er*Frau nimmt hingegen deutlich ab. Der negative Effekt von Mutterschaft ist folglich zu einem Teil vermittelt durch die daraus resultierenden Erwerbsunterbrechungen und den Verlust an Berufserfahrung.

Diese Vermittlung ist allerdings nicht vollständig, was als Hinweis für die über Erwerbsunterbrechungen hinausgehende Doppelbeanspruchung und die Verminderung der Arbeitszeit gedeutet werden kann. Dieser Arbeitszeitmechanismus kann aufgrund eines Endogenitätsproblems nicht direkt getestet werden, über eine Untersuchung von Ost-West-Unterschieden jedoch plausibel gemacht werden. In Ostdeutschland sollte sich die für Gesamtdeutschland bereits nachgewiesene Ungleichheit zwischen Müttern/Vätern und kinderlosen Frauen/kinderlosen Männern weniger drastisch darstellen als in Westdeutschland, da die bessere Versorgung mit Betreuungsangeboten kürzere Elternzeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Kind und Karriere nach der Rückkehr in die Erwerbstätigkeit ermöglichen dürfte (H6). Modell 8 (und 8b) bestätigt dies. Auf Grundlage von Modell 8 wird die Differenz der Wahrscheinlichkeiten einer ostdeutschen Frau ohne Kind und einer ostdeutschen Mutter ceteris paribus auf 8 Prozentpunkte geschätzt, in Westdeutschland beträgt dieser „mother gap“ hingegen 18 Prozentpunkte. Die Kluft zwischen Müttern und Vätern beträgt in Ostdeutschland 18 Prozentpunkte und in Westdeutschland 23 Prozentpunkte. Hypothese 6 wird durch diese Befunde bestätigt.Footnote 11 In Modell 9 wird die tatsächliche Wochenarbeitszeit in der Haupterwerbstätigkeit zehn Jahre nach dem Examen (in Stunden) mittels OLS-Regression geschätzt. Hier interessiert vor allem der Koeffizient des Interaktionsterms Kind/er*Frau*Ostdt, der anzeigt, dass Mütter in den neuen Bundesländern ihre Arbeitszeit signifikant weniger stark verringern als Mütter in den alten Ländern. Es liegt nahe, dieses Faktum als Ursache für die geringere Benachteiligung von ostdeutschen Müttern beim Innehaben einer Managementposition zu betrachten, obgleich eine direkte empirische Prüfung dieser Annahme hier nicht möglich ist.

Tab. 3 Determinanten des Innehabens einer Managementposition (M8, M8b) und der tatsächlichen Wochenarbeitszeit in der Haupterwerbstätigkeit (in Stunden, M9) mit Berücksichtigung von Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutschland. (Quelle: HIS-Absolventenpanel 1997)

5 Zusammenfassung und Ausblick

Ausgangspunkt der Untersuchung war die deutliche Unterrepräsentierung von Frauen in Managementpositionen, die jüngst den Anstoß für eine öffentliche Debatte gab, in der die These von einer gläsernen Decke in den Betrieben als populäre Erklärung für die Karrierenachteile von Frauen fungierte. Dieser These unterliegt die Vorstellung, dass die Unterrepräsentierung maßgeblich das Resultat einer betrieblichen Diskriminierung von Frauen sei, wie sie die organisationssoziologisch orientierte Ungleichheitsforschung behauptet. Diese Sicht der Dinge hat durch unsere empirische Analyse keine Bestätigung erfahren. Eine direkte Diskriminierung von Frauen bei der Beförderung in erste Managementpositionen konnte nicht nachgewiesen werden, die bestehende Unterrepräsentierung konnte vielmehr durch Drittvariablen restlos aufgeklärt werden und betriebliche Segregation, die als mittelbare Diskriminierung zu werten wäre, stellte sich dabei als weitgehend bedeutungsloser Faktor heraus.

Die eklatante Unterrepräsentierung von Frauen schon in ersten Managementpositionen konnte fast vollständig durch zwei Variablengruppen erklärt werden, die überbetriebliche Faktoren abbilden. Frauen entsteht ein deutlicher Karrierenachteil durch geschlechtsspezifische Muster bei der Wahl des Studienfachs am Übergang von der Schule zur Hochschule. Als noch bedeutsamer erwiesen sich die für Männer und Frauen sehr unterschiedlichen Folgen einer Familiengründung. Elternschaft geht bei Frauen mit einer beinahen Halbierung der Wahrscheinlichkeit einher, zehn Jahre nach dem Examen eine Managementposition inne zu haben. Für Männer ist Elternschaft hingegen nicht mit einem Karriereknick assoziiert.

Nach Theorien der Wohlfahrtsstaatenforschung variiert das Maß an Geschlechterungleichheit infolge von Elternschaft mit dem institutionellen Kontext, den Familienpolitik gestaltet. Während in Westdeutschland das Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung als Folge einer lange konservativ-familialistisch geprägten Politik vergleichsweise gering ist, steht Familien in den neuen Bundesländern ein umfassendes Betreuungsangebot zur Verfügung. Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich Kind und Karriere für Frauen in Ostdeutschland entsprechend weniger gegenseitig ausschließen als in Westdeutschland. Es wurde argumentiert, dass dieser Effekt über die geleistete Wochenarbeitszeit vermittelt wird, die im Wettbewerb um Beförderungen als wichtige Ressource gelten kann und gezeigt, dass in Ostdeutschland Mutterschaft tatsächlich weniger stark als in Westdeutschland zu einer Verringerung der tatsächlich geleisteten Wochenarbeitszeit in der Haupterwerbstätigkeit führt.

Zusammengenommen nähren diese Ergebnisse Zweifel an der Problemadäquanz rein betrieblicher Maßnahmen zur Nivellierung des „gender gap“ in Managementpositionen, da in einer frühen Karrierephase der Aufstieg von Frauen offenbar nicht an Diskriminierung in den Betrieben scheitert. Unsere Befunde unterstreichen hingegen die Bedeutung des Arbeitszeitmechanismus beim Aufstieg in erste Managementpositionen und deuten darauf hin, dass der Wohlfahrtsstaat den Konflikt zwischen beruflichen und familiären Anforderungen moderieren kann, obgleich dabei sicherlich Grenzen bestehen, weshalb nicht aus den Augen verloren werden darf, dass zeitliche Verfügbarkeitskonflikte auch ein Ergebnis der Arbeitsorganisation sind, die im Gestaltungsbereich der Betriebe liegt.

Auch sind methodische Beschränkungen der vorliegenden Studie zu reflektieren. So muss erstens daran erinnert werden, dass die ausgewerteten Daten die Berufsverläufe lediglich über die ersten zehn Jahre nach dem Examen, also eine eher frühe Karrierephase, abbilden. Aufstiege ins Topmanagement werden typisch erst in einem Alter erfolgen, das die ausgewerteten Daten nicht berücksichtigen. Es ist denkbar, dass Netzwerke und Diskriminierung in dieser späteren Phase an Bedeutung gewinnen, wenn Leitungsfunktionen zunehmend von fachlichen Aufgaben entkoppelt werden und die Mikropolitik strategischer Entscheidungen wichtiger wird. Ob das der Fall ist, wird erst mit dem Vorliegen von Daten zu beurteilen sein, die mit einer vergleichbaren Qualität einen noch längeren Zeitraum abbilden.

Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die Wirkungsrichtung des Zusammenhangs zwischen Mutterschaft und dem Innehaben einer Managementposition mit den hier verwendeten Querschnittsmethoden nicht zweifelsfrei gezeigt werden kann. Es ist stark anzunehmen, dass Effekte in beiden Wirkungsrichtungen vorliegen und sich überlagern. Die Separierung wird in Untersuchungen mit Berücksichtigung zeitabhängiger Kovariate zu leisten sein. Auch wurde hier sehr pauschal zwischen Eltern und Kinderlosen unterschieden. Zukünftige Analysen sollten hier ansetzen und die Auswirkung von Elternschaft auf Führungskarrieren nach Anzahl und Alter der Kinder differenzieren. Die vorliegende Studie bietet also für die weitere Forschung zahlreiche Anknüpfungspunkte. Die Ergebnisse können dabei als Mahnung gegen eine organisationssoziologische Verengung der Arbeitsmarktforschung begriffen werden.