Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) wird seit der Ottawa-Charta der WHO [35] und der Luxemburger Deklaration zur BGF in der Öffentlichkeit als ein zentrales Feld der Gesundheitspolitik betrachtet [12]. Der BGF wird zum einen ein ökonomischer Nutzen unterstellt [27]. Zum anderen bietet sie die Möglichkeit, berufstätige Erwachsene, die durchschnittlich 60% ihrer aktiv erlebten Zeit im Betrieb verbringen, gut zu erreichen. Damit verbunden, erlaubt sie weiters eine Bevölkerungsgruppe zu erreichen, die sich in der Regel vergleichsweise wenig um Gesundheit kümmert: berufstätige Männer [8, 26].

Sichtet man die Literatur über BGF, so überwiegen bei umfassenden Werken einerseits ökonomische Betrachtungen über die betrieblichen und volkswirtschaftlichen Nutzenpotenziale [2], andererseits werden projektbezogene Instrumente oder Maßnahmen betrachtet [14]. Die Mitarbeiterperspektive wird, wenn überhaupt, eher von einer normativen Sichtweise und meist nur sehr allgemein behandelt: Wie soll das Miteinander sein, das Sozialkapital und die Unternehmenskultur [4, 5], das subjektive Wohlbefinden des Einzelnen oder auch das individuelle Gesundheitsverhalten [6].

Die BGF-Literatur in der Tradition der Ottawa-Charta [35] empfiehlt die Beachtung der Mitarbeiter beim Umsetzen von Gesundheitsförderungsprogrammen, was in einer normativen Forderung nach Mitarbeiterpartizipation zum Ausdruck kommt [25]. Diese Forderung ergibt sich auch aus der Bedeutung von Gesundheit als akzeptanzkritisches Feld im Sinne der Leistungsmotivations-, Handlungs- und Führungstheorien. Dabei ist Gesundheit vom persönlichen Handeln und Wollen abhängig [29, 32]. Unter welchen Bedingungen aber Mitarbeiter aktiv an Gesundheitsförderungsprogrammen teilnehmen bzw. welche Bedingungen eine Nicht-Teilnahme begünstigen, ist kaum erforscht. Explizit werden lediglich die mangelnde Zielgruppenorientierung, mögliche Motivationsprobleme und allgemeine Empfehlungen zum Projektmanagement als hemmende bzw. förderliche Aspekte genannt [34]. Quantitative Studien, wie etwa in Oberösterreich, deuten zwar allgemein darauf hin, dass in 17% der untersuchten 144 Unternehmen die Mitarbeiter kein Interesse an BGF bekunden, Gründe dafür werden jedoch keine genannt [17].

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher zu explorieren, welche Faktoren Hemmnisse bei der Umsetzung von BGF aus Mitarbeiterperspektive darstellen. Dazu diskutieren wir zuerst kurz die relevante Literatur und legen dabei den Fokus auf den Bereich der internen Kommunikation. Dann wird die Methode vorgestellt und anschließend erfolgt die Ergebnispräsentation.

Umsetzung von betrieblicher Gesundheitsförderung

Betriebliche Gesundheitsförderung wird in der Regel im Rahmen eines Projekts in eine Organisation integriert. Da Widerstände und Hemmnisse bei BGF an sich wenig untersucht sind, werden – sofern keine Evidenzen in der BGF Literatur existieren – aus der Projektmanagement- und Implementierungsliteratur mögliche personale Hemmnisse erarbeitet.

Projekte allgemein und auch Gesundheitsprojekte im Speziellen sind in der Regel außerhalb der Standardhierarchien und -abläufe in zirkulären Prozessen schrittweise organisiert: Grossmann u. Scala [14] etwa sehen zuerst eine Planung des Projekts vor, danach werden Entscheidungen zum Projekt getroffen und die Umsetzung beauftragt, worauf eine Realisierungs-, Beobachtungs- und Auswertungsphase folgt. Andere Autoren wiederum teilen 4–5 Phasen ein, wobei typischerweise eine Analyse-, eine Planungs-, eine Realisierungs- und eine Evaluierungsphase genannt werden [33]. Dabei entsteht durch die Sonderstellung innerhalb einer Organisation oft ein Konflikt zwischen temporärer Projekt- und relativ stabiler Unternehmensorganisation [16].

Teile der BGF-Literatur stellen vor Beginn der eigentlichen Projektarbeit eine Aufklärungs- und Vorprojektphase als zentral dar [5, 7, 14]. Hierbei sind v. a. die Rollen und die Ziele zu klären [19] und es wird empfohlen, Betriebsvereinbarungen bezüglich BGF zu treffen [7]. In der Analysephase ist es neben der Erhebung von internen wie externen Expertenmeinungen (Sicherheits- und Gesundheitsfachkraft, Arbeitsmediziner, Krankenkassen etc.) zentral, salutogene und pathogene Faktoren aus Unternehmensdaten systematisch zu erheben und zu analysieren [33]. Dadurch sollen mögliche Problem- und Handlungsfelder in einem ersten Schritt abgesteckt werden. An die Analyse- schließt die Planungsphase an, es erfolgt eine detaillierte Eingrenzung der Handlungsfelder der BGF und die Auswahl der Instrumente zur späteren Umsetzung. Die Realisierungsphase beinhaltet schließlich die konkrete Umsetzung der Pläne mit den ausgewählten Instrumenten. Ein Projekt schließt im Regelfall mit der Evaluierung der Ergebnisse in Hinblick auf die Erreichung der eingangs festgelegten Ziele [20].

Interne Kommunikation, Projekte und Betriebliche Gesundheitsförderung

Eine Analyse der BGF- und Projektmanagementliteratur weist in Hinblick auf mögliche personale Hemmnisse zum einen auf allgemeinen Widerständen gegen Veränderungen hin [9]. Zum anderen wird v. a. der Bereich der internen Kommunikation als Hemmnis für die Akzeptanz von (BGF-)Projekten gesehen. So berichtet etwa eine Evaluierung von Gesundheitszirkeln in Österreich über ein Paradoxon in der internen Kommunikationsgestaltung: Die Mitarbeiter fühlten sich einerseits überinformiert, andererseits beklagten sie zu wenig Information zum Thema Gesundheitsförderung [28]. Allgemein betrachtet bestehen die Aufgaben der internen Unternehmenskommunikation insbesondere in einer Steuerungs-, einer Beziehungs- und in einer Kommunikation zur Vermeidung von Unsicherheit [24]. Dabei wird die einseitig hierarchische Kommunikation als Informationsvermittlung, eine wechselseitige Kommunikation als Dialogführung bezeichnet [31].

Methode

Wie in der kurzen Literaturübersicht angedeutet, stellt interne Kommunikation (insbesondere die Information und der Dialog über Ziele und Maßnahmen der Gesundheitsförderung) einen kritischen Erfolgsfaktor für BGF dar, andere Faktoren können aber nicht ausgeschlossen werden. Wie eingangs erwähnt, existieren kaum Untersuchungen über mögliche mitarbeiterbezogene Hemmnisse der Teilnahme an der Umsetzung von BGF. Die Studie untersucht daher explorativ mögliche Hemmfaktoren allgemein, insbesondere aber die interne Unternehmenskommunikation als Hemmfaktor.

Dazu wurden in 3 Organisationen, die sich bereits ausführlich mit BGF beschäftigt haben, insgesamt 19 Mitarbeiter, 4 BGF-Verantwortliche in diesen Firmen und 9 Gesundheitsexperten aus Wissenschaft, Förderunternehmen und Krankenkassen problemzentriert interviewt [36]. Dabei wurden aufgrund der Dienstleistungsorientierung der untersuchten Firmen knapp 70% Frauen und 30% Männer in unterschiedlichsten Altersklassen interviewt. Durch die Unterschiedlichkeit in der Studienpopulation sollten mögliche organisationsdemographische Unterschiedlichkeiten in genanntem explorativen Verfahren sichtbar werden.

  • Organisation A: ein in Oberösterreich tätiges Non-Profit-Unternehmen im Bereich Sozialdienstleistungen, insbesondere im Bereich der medizinischen, psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Akuthilfe mit ca. 1200 Mitarbeitern. Das BGF-Projekt dieses Unternehmens, das mehrfach öffentlich ausgezeichnet wurde, bearbeitet schwerpunktmäßig die Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung der Mitarbeiter hinsichtlich gesundheitsfördernder sowie -beeinträchtigender Einflüsse.

  • Organisation B: ein Finanzdienstleistungsunternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern. Die Aktivitäten von Gesundheitsförderung reichen von Ernährung, Bewegung und Weiterbildung über Partizipationsförderung bei der Arbeitsgestaltung bis hin zu Führungs- und Unternehmenskulturmaßnahmen.

  • Organisation C: eine einem Bundesministerium zugeordnete Behörde mit etwa 1900 Mitarbeitern in Oberösterreich. Schwerpunkte der Initiativen von BGF sind vor allem Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung, aber auch Führung und Work-life-Balance.

Alle 3 Organisationen sind dem Dienstleistungssektor zuzuordnen, wenn auch mit unterschiedlicher Aufgaben- und Eigentümerstruktur. Des Weiteren arbeiten alle 3 Unternehmen seit mehreren Jahren gemeinsam mit Expertenorganisationen wie der Gebietskrankenkasse aktiv an der Förderung der Mitarbeitergesundheit. Ein klares Bekenntnis zu BGF ist in allen Unternehmen vorhanden.

Im Zuge der Durchführung der empirischen Erhebung wurde ein Interviewleitfaden mit folgenden Themenblöcken verwendet:

  • allgemeine Erfahrungen mit Betrieblicher Gesundheitsförderung,

  • erwarteter bzw. tatsächlicher individueller Nutzen und

  • mögliche Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge.

Im Sinne von Witzel [36] wird dabei dem Befragten die Reihenfolge der Themen weit gehend überlassen. Gleichzeitig werden Pauschalierungen, Vorurteile etc. explizit thematisiert. Das Interview begann bei den Mitarbeitern mit der Bitte, Ihre Erfahrungen mit Betrieblicher Gesundheitsförderung grundsätzlich zu beschreiben. Je nach Verlauf wurden in Folge die einzelnen Frageblöcke thematisiert und Detailfragen wie etwa „Was ist Ihrer Meinung nach wichtig dafür, dass Betriebliche Gesundheitsförderung in einem Unternehmen funktioniert und den MitarbeiterInnen nützt?“ gestellt.

Bei den externen Experten wurden leicht veränderte Leitfragen verwendet, die sich v. a. auf die Erfahrung dieser Gruppe bzw. auf deren Fähigkeit zur Perspektivenübernahme beziehen. So etwa als Beispielfrage „Wie denken Sie, können die Mitarbeiter für eine vermehrte Teilnahme an BGF-Maßnahmen gewonnen werden?“

Die Interviews wurden transkribiert, den Interviewten zur Kontrolle vorgelegt, danach verdichtet und paraphrasiert. Anschließend wurden Kategorien gebildet, die Interviews systematisiert und die daraus abgeleiteten Hypothesen den externen Experten widergespiegelt und im Anschluss einem neuerlichen Auswertungsschritt unterzogen. Beispielsweise wurde allgemein bei den Hemmnissen induktiv eine Grobkategorisierung in Information und Nutzenbedingungen erarbeitet, ein weiterer induktiver Schritt mit den Texten zwischengeschaltet, neuerliche Kategorien gebildet, diese quantitativ betrachtet und anschließend sowohl aus den Interviews als auch theoriebezogen validiert. Dieses Vorgehen spiegelt die Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse und Auswertung nach Mayring [22, 23] wider. Ziel dieses Vorgehens ist es, Hypothesen zu generieren, die sowohl den sozialen Kontext abbilden als auch in späterer Folge die Grundlagen für quantitative Forschung bilden können. Die Hypothesen als solche können auch als Handlungsempfehlungen im Kontext von zu vermeidenden Implementierungsstrategien bei BGF gesehen werden, da es sich bei der vorliegenden Forschung um die Erforschung von hemmenden Faktoren handelt.

Ergebnisse

Allgemein weisen die Mitarbeiter in den 3 untersuchten Firmen einen hohen Reflexionsgrad zum Thema Gesundheit auf, was darauf hindeutet, dass eines der Ziele von BGF (die Steigerung des Gesundheitsbewusstseins) erreicht wird. Allerdings zeigen sich bei der Umsetzung von BGF Hemmnisse, die sich grob in informationsbezogene Hemmnisse und Hemmnisse in Zusammenhang mit der Angebotsgestaltung gliedern lassen. Im Folgenden wird aufgrund des Fokus des vorliegenden Artikels vornehmlich auf Ergebnisse betreffend informationsbezogene Hemmnisse eingegangen.

Bezüglich informationsbezogener Hemmnisse ergeben sich 4 Hypothesen aus den Mitarbeiterinterviews. Eine 5. Hypothese betrifft die mögliche generelle Opposition gegenüber BGF.

Hypothese 1: Die BGF Information erfolgt oft nicht klar und eindeutig genug.

Zwar meinten die Firmen, dass die Information klar und eindeutig war, einige Mitarbeiter beklagten jedoch, dass sie schlecht informiert wurden. So lauteten die Aussagen etwa „BGF war für viele Mitarbeiter halt oft nicht so greifbar“ (Interview 5, 8, 3) oder „es gibt im Kollegenkreis Personen, die sich schlecht/nicht richtig informiert fühlen“ (Interview 2, 5, 21). Von den Autoren in anderen Betrieben durchgeführte Evaluierungen [18] wiesen generell im Sicherheits- und Gesundheitsbereich auf ähnliche Ergebnisse hin. Allgemein wurde dabei sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Experten als Erfolgs- und Verbesserungsfaktor eine transparente Information gesehen, die eher dialogisch geführt wird. Auch symbolische Aktionen, wie ein „großes Eröffnungsevent mit Angeboten zum Schnuppern“ (Interview 23, 10, 2) wurden genannt.

Hypothese 2: Die BGF Maßnahmen sollten persönlich kommuniziert werden.

In vielen Fällen werden Angebote in Rundschreiben, oft auch über E-Mails oder Intranet angeboten. Sowohl die Experten als auch die Mitarbeiter sehen dies als problematisch an. So wurde etwa betont, „Man kann bei der heutigen E-Mail Flut einfach … nicht erwarten, dass jeder alles liest“ (Interview 13, 4, 1). Als mögliche Lösung wurde dabei eine persönliche Information, insbesondere durch die Vorgesetzten, angesprochen.

Hypothese 3: Der Zeitpunkt der Information zu BGF sollte stimmig sein.

Findet etwa in einer Firma gerade eine starke Personalabbauphase oder eine Entwicklung, die in der gesamten Organisation für Unsicherheit und Veränderung sorgt statt (z. B. umfassende ERP-Systemeinführung, Fusion), so funktionieren häufig weder langfristige Personalentwicklungsziele wie etwa die Einführung einer Werteorientierung [10], noch greifen Maßnahmen von BGF. So wurde in den Interviews mehrfach darauf hingewiesen, dass BGF im Widerspruch zu einer in etwa zeitgleich eingeführten allgemeinen Kostensenkungsrichtlinie (insbesondere Personalkosten) steht und deshalb die entsprechende Information auch negativ aufgenommen wurde. In den Interviews wurden weder von den Experten, den Verantwortlichen, noch von den befragten Mitarbeitern Lösungen dazu vorgeschlagen. Die Literatur spricht von einer weit gehenden nötigen „internen Konsistenz“ der Ziele und der Kommunikation darüber [13, 30].

Hypothese 4: Gesundheitsförderung sollte weder als Zwang, noch als Maßregel und auch nicht als einengende Vorschreibung kommuniziert werden.

Hypothese 4 spiegelt sehr stark Argyris‘ [1] klassische Arbeit über den Grundkonflikt Individuum – Organisation wider. Der erwachsene Mensch versucht selbstbestimmt zu sein, während die Organisation dieses Streben nach Eigenständigkeit über Direktiven und Durchschnittsregulierungen einengt. Gerade beim Thema Gesundheit wurde dies schon häufig theoretisch angesprochen. Wegen der persönlichen Betroffenheit bei Gesundheit zeigt sich das Phänomen des Grundkonflikts zwischen Individuum und Organisation stark [15, 29]. In den Interviews wurde die Informationsgestaltung mehrfach erwähnt, etwa, wenn BGF „ … indoktrinierend gestaltet wird“ (Interview 11, 3, 9). Die Literatur betrachtet den Grundkonflikt entweder aus Organisationsperspektive normativ [5] oder im Bereich der kritischen Studien als negatives Kriterium, nämlich als Beherrschungsinstrument im Sinne Focaults [15]. Lediglich im Bereich der Literatur über Systempartizipation finden sich explizit Forderungen nach Mitarbeiterpartizipation [5, 7]. Auch bei Hypothese 4 wurden in den Interviews keine Verbesserungsvorschläge genannt.

Nicht direkt zur Information zu rechnen, allerdings ein einstellungsspezifisches Informationshemmnis stellt die mögliche grundsätzliche Ablehnung von Gesundheitsprogrammen durch die Mitarbeiter dar.

Hypothese 5: Einige Mitarbeiter lehnen Gesundheitsförderungsmaßnahmen grundsätzlich als unpassend ab.

Gerade bei umfassenden Gesundheitsförderungsprogrammen, die oft als Durchschnittsregulierung gesehen werden, lehnen einige Mitarbeiter BGF ab. Aber auch auf die betriebliche Situation speziell angepasste Programme werden nicht von allen Beteiligten getragen. So etwa in einer früheren Studie, in der eine für Gesundheit verantwortliche Führungskraft meinte, dass unabhängig von der jeweiligen BGF-Maßnahme, 5–10% der Beschäftigten BGF immer verweigern würden [11]. Sei es aufgrund des schon erwähnten Grundkonflikts Individuum – Organisation [1] oder aufgrund einer generellen Werte- und Einstellungskomponente dem Betrieb oder dem Thema gegenüber: alle Mitarbeiter zu erreichen, scheint kurzfristig nicht möglich zu sein. Dies verdeutlicht auch folgender Auszug aus einem der Interviews: „Es gibt natürlich schon Leute … die würden kein einziges Angebot nutzen. Weil sie das von Vornherein ablehnen“ (Interview 17, 11, 12). Die mittlerweile langjährige BGF-Erfahrung der Autoren zeigt, dass diese Einstellung zwar von Führungskräften vertreten und von diesen auch den Mitarbeitern zugeschrieben wird. Befragt man jedoch die Mitarbeiter selbst, so begegnet man dieser fundamental ablehnenden Einstellung gegenüber BGF nicht.

Weitere Hemmnisse aus den Interviews bezogen sich schwerpunktmäßig auf die Bewertung des Angebots, insbesondere wenn keine Teilnahmeautonomie, ein fehlendes Empfinden der Professionalität des Angebots oder eine fehlende Sinnhaftigkeit der konkreten Maßnahmen erlebt wurden.

Auch die Experten nannten häufig die Information über BGF allgemein und den nicht nachvollziehbaren Sinn von BGF im Speziellen als kritische Faktoren; hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung wurde oft eine gute Vorabinformation erwähnt.

Diskussion

Die Forschung über personale Widerstände und Hemmnisse bei Umsetzung von Maßnahmen ist seit einem Höhepunkt Ende der 1970er Jahre eher in Vergessenheit geraten [9]. Insbesondere bei Gesundheitsförderung ergibt eine umfassende Literaturanalyse sowohl in den medizinischen und psychologischen Literaturdatenbanken (Medline, Cinal, Psychinfo etc.) wie auch allgemein über sonstige Suchmaschinen (Ebsco, Wiso-Net, Google Scholar etc.) kaum mehr als allgemeine Aussagen, die sinngemäß etwa mit „Gesundheitsförderung dient den Mitarbeitern und muss diese auch ansprechen“ [21] wiedergegeben werden können.

Die vorgenommenen Interviews weisen aber darauf hin, dass nicht nur die Forschung über Wirkungsweisen und Instrumente der BGF zukünftig zentral ist, sondern auch mitarbeiterbezogene Hemmnisse allen Betroffenen zu Folge einen wesentlichen Einflussfaktor auf den künftigen Erfolg von Gesundheitsförderung und insbesondere die Nachhaltigkeit der Maßnahmen darstellen. Vor allem die interne Kommunikation und Information erweisen sich in dieser Studie als erfolgskritische Faktoren. BGF-Maßnahmen sollten basierend auf den vorliegenden Erkenntnissen kurz zusammengefasst, 1. eher durch Personen und 2. v. a. der Firmensituation entsprechend (d. h. nicht im Widerspruch etwa zu Personalkosteneinsparungen) kommuniziert werden und 3. eher dialogisch vermittelt werden. Nicht nur bei der Grundsatzentscheidung über die Einführung von BGF handelt es sich um eine Führungsaufgabe, auch bei der internen Kommunikations- und Informationspolitik sind die Führungskräfte, insbesondere die direkten, gefordert [7]

Fazit für die Praxis

Die aus den Interviews entwickelten Hypothesen können als Handlungsempfehlungen für die Praxis gesehen werden. So sollte die Information und Kommunikation der Maßnahmen dialogisch durchgeführt werden. Insbesondere die Führungskräfte und informellen Führungspersonen sollten die Maßnahmen persönlich kommunizieren. Außerdem sollte auf die aktuelle Unternehmenssituation (Fusion, Massenentlassungen etc.) Rücksicht genommen werden. Aber selbst dann muss damit gerechnet werden, dass es immer einige Mitarbeiter gibt, die BGF grundsätzlich ablehnen oder die BGF-Maßnahmen eher erst bei einer langfristigen Institutionalisierung unterstützen. Die Einführung von BGF sollte aber nicht an dem kleinen Prozentsatz an Mitarbeitern mit ablehnender Haltung scheitern – die BGF hat das Ziel sowohl dem Unternehmen als auch den Mitarbeitern im Sinne Bernhard Baduras zu dienen „Gesundheit fördert Arbeit“ [3].