Die flexible Endoskopie wandelt sich zunehmend zu einer therapeutischen Disziplin, die hierfür eingesetzten Endoskope sind jedoch seit mehr als 50 Jahren nahezu unverändert. Eine neue Generation flexibler Endoskope schickt sich nun an, den geänderten Anforderungen gerecht zu werden.

Flexible Endoskopie

Aktueller Stand

Die derzeit gebräuchlichen Endoskope entsprechen mechanisch weitgehend den flexiblen Instrumenten, die 1958 von Hirschowitz vorgestellt wurden. Die eigentliche Weiterentwicklung dieser Geräte betraf fast ausschließlich die optische Achse. So wurden die ursprünglichen Fiberendoskope durch den Aufsatz von Videokameras und der späteren Integration von Chipkameras an die Bedürfnisse der diagnostischen Endoskopie angepasst; zudem konnten in den vergangenen Jahren die High-Definition(HD)-Technologie und bildverarbeitende Systeme (Chromoendoskopie etc.) die Auflösung verfügbarer Endoskope weiter steigern. Die Weiterentwicklung der therapeutischen Endoskopie hingegen beschränkte sich weitgehend auf die über die Arbeitskanäle eingebrachten Instrumente.

Zukünftige Entwicklung

Neben der Domäne der diagnostischen Endoskopie konnte sich in den vergangenen Jahren ein therapeutischer Zweig abgrenzen, der schon lange über die Schlingenektomie gastrointestinaler Tumoren hinausgewachsen ist. Komplexe Interventionen, wie endoskopische Submukosadissektion (ESD), endoskopische Vollwandresektionen oder auch thermoablative Verfahren prägen schon jetzt den Alltag vieler interventionell tätiger Endoskopiker und werden im zunehmenden Maße zur lokalen Behandlung geeigneter Tumoren eingesetzt werden.

Daneben wird die therapeutische Endoskopie auch in anderen Domänen – im Rahmen der Traumaminimierung – an Bedeutung gewinnen. So konnte sich mit der transluminalen Chirurgie ein vollkommen neues Indikationsfeld für die flexible Endoskopie entwickeln. Bei diesem Verfahren werden viszeralchirurgische Eingriffe über natürliche Körperöffnungen durchgeführt, die für den Zugang zum Abdomen genutzt werden. Bis dato werden diese Interventionen unter Verwendung diagnostischer Endoskope vorgenommen, so wie sie in jeder gastroenterologischen Praxis genutzt werden.

Demgegenüber bekommt die diagnostische Endoskopie zunehmend Konkurrenz. Zum einen aus dem eigenen Lager, nämlich in Form der Kapselendoskopie, die ihr Indikationsspektrum längst auf den gesamten Gastrointestinaltrakt ausgeweitet hat. Zum anderen durch bildgebende Verfahren, die eine objektive Befunderhebung und den Einsatz einer automatisierten Bildanalyse erlauben.

Die Entwicklung neuer Endoskope hinkt diesen Veränderungen hinterher. Erst vor kurzer Zeit wurden einige Prototypen für dedizierte therapeutische Endoskope vorgestellt, die dem neuen Anspruch gerecht werden könnten.

Geänderte Anforderungen an therapeutische Endoskope

Welche Anforderungen müssen an ein therapeutisches Endoskop gestellt werden? Diese Frage ist prinzipiell nicht einfach zu beantworten, da schwer vorherzusagen ist, welche Prozeduren zukünftig endoskopisch durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung der aktuellen Anforderungen und in Anlehnung an die Grundprinzipien der Laparoskopie können allerdings gewisse Kriterien definiert werden.

Betrachtet man die Therapie endoluminaler Befunde, so muss das Endoskop zunächst über den Gastrointestinaltrakt an derartige Befunde herangeführt werden können. Daher wird sich der Korpus der neuen Geräte wohl weitgehend an bekannte Endoskope anlehnen und aus einem mehr oder weniger flexiblen Schaft bestehen. Prinzipiell sind zwar auch abgekoppelte, mechatronische Systeme denkbar, diese benötigen jedoch eine aufwendige Steuerung und werden aus Kostengründen spezialisierten Zentren vorenthalten bleiben.

Der an den Korpus angegliederte, therapeutisch aktive Teil muss deutlich flexibler werden, um Läsionen präziser einstellen zu können. Wünschenswert ist dabei eine mechanische Trennung zwischen Schaft und Endteil, so dass eine stabile Position des Gesamtgerätes gewährleistet werden kann, während die Bewegung des Endteils nur für die Therapie genutzt wird. Ein einfaches Bending, wie aktuell üblich, wird diesen Anforderungen nicht alleine gerecht werden. Als Maßzahl für die Beweglichkeit ist der Begriff Freiheitsgrad gebräuchlich: Konventionelle Endoskope verfügen über 4 Freiheitsgrade, therapeutische Endoskope müssten über mehr Freiheitsgrade verfügen.

Die Grundvorrausetzung für eine sichere Gewebedissektion ist weiterhin die Triangulation, für die mindestens 2 unabhängig steuerbare Instrumente benötigt werden. Dementsprechend werden therapeutische Endoskope mit zusätzlichen Arbeitskanälen ausgestattet werden müssen. Zwar verfügen bereits heute einige Endoskope über 2 Arbeitskanäle, diese sind aber parallel und dicht beieinander angeordnet, so dass sie nur eingeschränkte Manipulationen zulassen. Zudem werden zusätzliche Kanäle für akzessorische Instrumente, Saug-Spül-Einrichtungen, Insufflation etc. notwendig, so dass wohl mindestens 3–4 unabhängig voneinander steuerbare Kanäle angedacht werden müssen.

Komplexe Interventionen verwenden meist eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente. Ob sich der bisherige Lösungsansatz, lange, flexible Instrumente über die Arbeitskanäle ein- und auszuführen, auf Dauer halten kann, darf zumindest angezweifelt werden. Günstiger wäre eine Instrumentengruppe, die am Manipulatorarm je nach Bedarf durchgetauscht werden kann und die einen schnelleren Wechsel, aber auch eine präzisere Steuerung der Instrumente zulassen würde. Der Durchmesser der Arbeitskanäle muss an verbesserte Instrumente angepasst werden (wie z. B. Ultraschall- oder bipolare Dissektoren) und wird im Durchmesser größer werden. Dennoch dürfen die Gesamtgeräte eine kritische Größe von etwa 20 mm Durchmesser nicht wesentlich überschreiten, da ihr Einsatz innerhalb des Darms ansonsten nicht mehr vertretbar wäre.

Werden darüber hinaus Operationen über natürliche Körperöffnungen die Zukunft der therapeutischen Endoskopie prägen, so sollte das Endoskop in seiner aktuellen Konfiguration eingefroren werden können, um auch außerhalb der Darmwandung eine stabile Gerätelage zu gewährleisten. Zudem könnten erweiterte Funktionalitäten, wie etwa die Anlage einer chirurgischen Naht, für die nächste Gerätegeneration verlangt werden.

Lösungsansätze (Auswahl)

Die genannten Anforderungen für die neue Generation der Endoskope werden Ingenieure noch über viele Jahre hinweg beschäftigen. Jedoch gibt es bereits erste Lösungsansätze [1, 2], die im Folgenden vorgestellt werden sollen.

USGI-TransPort

Beim TransPort (USGI Medical, San Clemente, USA) handelt es sich um die erste endoskopische Plattform, die eine Fusion aus einem laparoskopischen Trokar und einem flexiblen Endoskop darstellt. Der Transport besteht aus einem steuerbaren Schaft, der 4 Arbeitskanäle besitzt (4–7 mm). Da das System über keine integrierte Optik verfügt, muss diese über einen der Arbeitskanäle eingebracht werden. Die Visualisierung ist damit unabhängig von den weiteren Arbeitskanälen, so dass der TransPort als erstes System eine Trennung zwischen optischer und therapeutischer Achse erreichen konnte.

Über die verbleibenden großen Arbeitskanäle können konventionelle Instrumente eingebracht werden; hierüber wird wohl eine gewisse Triangulation ermöglicht. Da die Kanäle jedoch parallel zueinander angeordnet sind, ist der Wirkungsradius deutlich eingeschränkt.

Das System wird über mehrere Personen bedient und erlaubt eine bimanuelle Manipulation. Als Besonderheit wurde eine Version des Transports mit der sog. Shape-lock-Eigenschaft ausgestattet, die zur bedarfsorientierten Versteifung des ansonsten flexiblen Geräts genutzt werden kann. Außerdem garantiert ein separater Anschluss die druckkontrollierte Insufflation von CO2.

Das System wurde umfassend tierexperimentell und am Menschen getestet und überzeugte durch eine stabile Positionierung und eine effektivere Manipulation. Allerdings wurde die Steuerung des Schafts als ungenau kritisiert. Der Schaft des TransPort ist zudem kürzer als der eines konventionellen Endoskops. Auch kam es bei diesem Gerät zu einer deutlichen Steigerung der Arbeitsbelastung.

DDES

Das DDES („Direct Drive Endoscopic System“, Boston Scientific, Natick, USA) unterscheidet sich vom USGI-TransPort durch die Verwendung multidirektional steuerbarer Instrumente, die maßgeblich zu den verfügbaren 7 Freiheitsgraden des Gerätes beitragen. Zudem kann das DDES über ein Schienensystem an den Operationstisch fixiert werden, was zwar die Stabilität erhöht, sich in experimentellen Untersuchungen jedoch bei wiederholten Rekalibrierungen störend bemerkbar machte. Der flexible und steuerbare Schaft ist nur 55 cm lang und verfügt über 3 Arbeitskanäle. Wie beim TransPort wird ein Arbeitskanal für die unabhängige, flexible Optik verwendet. Durch die systemeigenen, steuerbaren Instrumente erreicht das DDES eine wesentlich bessere Triangulation, welche die Gewebedissektion nachhaltig vereinfacht und sogar das Knoten erlaubt.

Das DDES wurde bisher nur tierexperimentell evaluiert, überzeugte hierbei jedoch beim Einsatz bei NOTES-Prozeduren und bei der ESD. Bemängelt wurde die eingeschränkte Anzahl verfügbarer Instrumente.

Endosamurai

Eine neue Generation von Multitasking-Plattformen wurde mit dem Endosamurai (Olympus, Tokyo, Japan) begründet. Während der Geräteschaft dem eines konventionellen Endoskops entspricht, verfügt das Gerät über zwei unabhängige Manipulatorarme (Abb. 1). Diese können über ein Ellenbogengelenk vom Schaft weg abgespreizt werden und in 5 Freiheitsgraden bewegt werden. Die Arme führen Arbeitskanäle, über die konventionelle, flexible Instrumente eingeführt werden. Somit hat das Endosamurai als erstes Instrument Arbeitskanäle, die nicht parallel zueinander angeordnet sind. Ein weiterer, passiver Arbeitskanal wurde im Schaft integriert und kann für weitere Funktionen (z. B. Saug-Spül-Einrichtung) verwendet werden.

Abb. 1
figure 1

a Das Endosamurai verfügt über 2 Manipulatorarme, die über ein Ellenbogengelenk abgewinkelt werden können. Die Arme besitzen Arbeitskanäle, über die sich flexible Instrumente einführen lassen. Ein weiterer Arbeitskanal ist im Schaft untergebracht und kann für weitere Funktionen genutzt werden. b Die Steuerung der Manipulatorarme erfolgt über eine ergonomisch gestaltete Konsole, die unabhängig von der Gerätesteuerung bedient werden kann. (Mit freundlicher Genehmigung der Olympus Deutschland GmbH)

Für eine stabile Positionierung verfügt das Endosamurai über einen versteifbaren Overtube, der ein Einfrieren der Endoskopkonfiguration möglich macht. Die Manipulatorarme werden unabhängig vom Endoskopschaft über ein spezielles Bedienfeld gesteuert. Die Optik ist allerdings fest in den Schaft integriert, weswegen die Visualisation wiederholt als unzureichend empfunden wurde – u. a. lag dies aber auch an den langen Manipulatoren, die eine große Distanz zwischen Optik und Instrumenten verursachen.

Das System erlaubt eine effektive Gewebeexposition durch Traktion und Gegentraktion. In zahlreichen Untersuchungen erwies sich das Endosamurai als deutlich effektiver als vergleichsweise herangezogene Doppelkanalendoskope. Kritisiert wurde, dass das System selten invertiert werden kann und dass die komplexe Ansteuerung eine spürbare Zeitverzögerung nach sich zog.

Anubiscope

Ähnlich wie das Endosamurai verfügt auch das Anubiscope (Karl Storz, Tuttlingen) über einen flexiblen Schaft, zwei ausklappbare Arbeitskanäle, einen weiteren im Schaft befindlichen Arbeitskanal und eine integrierte Optik (Abb. 2). Im Gegensatz zum vorgenannten Endoskop sind die Arbeitskanäle jedoch nicht multidirektional steuerbar, vielmehr wird dies über spezielle Instrumente erreicht, die über die Kanäle eingebracht werden. Dank dieser Konstruktion verfügt das Anubiscope über 6 Freiheitsgrade. Das Endoskop wird mit angelegten Arbeitskanälen in den Körper eingeführt und kann, nachdem es am Wirkungsort angelangt ist, in seiner Lage an einem Stativ fixiert werden.

Abb. 2
figure 2

a Das Anubiscope entspricht weitgehend einem konventionellen Endoskop, wobei 2 der insgesamt 3 Arbeitskanäle wie Flügel abgespreizt werden können. In diese Kanäle werden spezielle Instrumente eingeführt; hierdurch wird die therapeutische Effektivität des Systems erreicht. b Die Detailansicht zeigt die abgespreizten Flügel mit den beiden äußeren Arbeitskanälen. Um Verletzungen zu vermeiden, werden die Flügel beim Einführen des Gerätes angelegt. (Mit freundlicher Genehmigung der Karl Storz GmbH & Co. KG)

Für das Anubiscope konnte eine effektive Triangulation tierexperimentell belegt werden, allerdings sind dafür spezielle Instrumente notwendig. Das Fehlen einer aktiven Steuerung ermöglicht ein schnelles Arbeiten. Auch bei diesem Gerät wird die Bedienung als anspruchsvoll bezeichnet. Die Visualisierung wird durch die integrierte Optik beeinträchtigt. Das Anubiscope befindet sich noch in der Entwicklung und ist noch nicht verfügbar.

HVSPS

Noch komplexer als die bisher vorgestellten Lösungen ist das „Highly Versatile Single Port System“ (HVSPS), das von der eigenen MITI-Arbeitsgruppe entwickelt wird („Arbeitsgruppe für minimal-invasive interdisziplinäre therapeutische Intervention“, Klinikum rechts der Isar, TU München). Es soll die geforderten Verbesserungen noch konsequenter umsetzen [3]. Die besondere Stärke des Systems besteht insbesondere in der Trennung zwischen Schaft und Effektoren auf der einen und in einer unabhängigen, hochflexiblen Optik auf der anderen Seite. Um dem Anspruch, „die Arme des Operateurs ins Abdomen zu projizieren“, gerecht zu werden, wurde ein zusätzliches Ellenbogengelenk an die flexiblen Endeffektoren angegliedert, wodurch das System über 7 Freiheitsgrade verfügt (Abb. 3). Das HVSPS konnte sich tierexperimentell und am Phantom bewähren und zeigte bereits in diesem frühen Entwicklungstadium eine hohe Performance. Allerdings stellt die Bedienung eines derartigen mechatronischen Instruments eine besondere Herausforderung dar, weswegen diese Problematik durch eine DFG-Forschergruppe komplett überarbeitet werden soll.

Abb. 3
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a Modell des HVSPS mit ersichtlich unabhängiger Optik und opponierbaren Manipulatorarmen. Das Gerät kann passiv in den Patienten eingebracht oder an einen Führungsarm angekoppelt werden. b In ersten Versuchen am Gewebephantom konnte das HVSPS seine überragende Triangulation und Visualisierung beweisen

Master

Einen nochmals anderen Lösungsansatz verfolgt das Master-System („Master and Slave Transluminal Endoscopic Robot“, Nanyang Technological University, Singapur), ein Master-Slave-Roboter, bei dem die Effektoren auf die Spitze eines Endoskops aufgesetzt werden. Die Effektoren sind motorangetrieben und besitzen 9 Freiheitsgrade. Die Ansteuerung wird über ein intelligentes Computersystem und ein eigens entwickeltes Interface realisiert. Die Kabelzuführung zu den beiden Effektoren erfolgt über jeweils einen Arbeitskanal. Auch der Master trennt die Navigation des Endoskops von der Bedienung der Manipulatoren; die Entwickler versprechen zudem eine deutlich intuitivere Bedienung und Verkürzung der Lernkurve im Vergleich zu anderen Konzepten.

Das System wurde erfolgreich bei NOTES-Eingriffen (Leber-PE, Cholezystektomie) wie auch für die ESD getestet. Bisher werden nur 2 Effektortypen angeboten (Greifer, Dissektor). Eine relevante Zeitverzögerung und Trägheit in der Bedienung des Masters konnte wohl signifikant verbessert werden.

Fazit für die Praxis

  • Auch wenn weiterhin kein dediziertes therapeutisches Endoskop verfügbar ist, stellen die vorgestellten Prototypen bereits vielversprechende Lösungsansätze dar.

  • Als entscheidende Leistung waren zunächst die Anforderungen an ein Interventionsendoskop zu definieren. Von keinem der beschriebenen Instrumente werden diese allerdings schon umfassend erfüllt. Insbesondere ist die zu komplexe Bedienung der Geräte nachzubessern.

  • Für alle Prototypen konnten bereits positive Auswirkungen auf gängige Interventionen bestätigt werden. Sie lassen zudem eine Erweiterung des Indikationsspektrums der therapeutischen Endoskopie erwarten.

  • Für alle besprochenen Systeme gilt jedoch, dass die Umsetzung vom Prototyp in die Praxis bisher nicht oder nur kaum stattgefunden hat.