Hintergrund

Bis in die 1970er Jahre war die Entdeckung zystischer Läsionen der Bauchspeicheldrüse eine Rarität. Die Zunahme der Sonographie-, CT- und MRT-Untersuchungen, die Entwicklung neuer endoskopischer Untersuchungsmethoden wie der Endosonographie (Abb. 1) sowie eine verbesserte Pankreaschirurgie führten seitdem zur deutlichen Zunahme ihrer Diagnose. Dadurch gelang auch die Beschreibung neuer Tumorentitäten wie der intraduktal-papillär-muzinösen Neoplasie (IPMN), den muzinös-zystischen Neoplasien (MZN), den zystisch-duktalen Adenokarzinomen (DAK), den serös-zystischen Tumoren und anderen (Übersicht bei Kosmahl et al. [3]). Dennoch ist das duktale Pankreaskarzinom weiterhin der prädominante Tumor der Bauchspeicheldrüse, und alleine aufgrund seines aggressiven Wachstums kommt einer genauen Differenzierung zwischen benignen und malignen Tumoren eine herausragende Bedeutung zu. Zudem muss ein standardisiertes und effektives Screening von Patienten mit einem erhöhten Karzinomrisiko ein weiteres Ziel sein. Dieses Gebiet gehört damit weiter zu den größten Herausforderungen in der Gastroenterologie.

Abb. 1
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Pankreaspseudozyste: Radiärscan mittels Endosonographie

Zusammenfassung der Studie

Studiendesign und Methodik

Für die prospektive Studie von Tada et al. wurden 197 Patienten mit zum größten Teil zufällig detektierten zystischen Läsionen des Pankreas (initial asymptomatisch oder untersucht im Rahmen anderer Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts), 80 mit IPMN (Dilatation des Pankreasgangs >3 mm) und 117 mit so genannten Non-IPMN, über 3,8 Jahre (Mittelwert) beobachtet. Diese Gruppe wurde aus einer größeren Kohorte (n=259) ausgewählt, wobei Patienten mit muzinösem Zystadenom (unilokuläre zystische Masse mit Septum/moderates Karzinomrisiko), Patienten mit serösem Zystadenom (mikrozystische Läsion/benigner Tumor) sowie Patienten mit IPMN und Kriterien für ein erhöhtes Entartungsrisiko (Durchmesser des Pankreasgangs >7 mm, noduläre Strukturen der Zystenwand, Zysten >4 cm) zu einer Operation geraten wurde. Diese wurden aus der Studie ausgeschlossen. Zudem wurden 21 Patienten mit einer pankreatitisassoziierten Pseudozyste ausgeschlossen.

Mindestens 2-mal jährlich wurde eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, die eine Blutentnahme und Tumormarker (CEA; CA-19–9) sowie eine transabdominelle Ultraschalluntersuchung (US) (n=107), ein CT (n=65) oder MRT/MRCP (n=24) oder Endosonographie (n=1; EUS) bei entsprechendem Bedarf umfasste. Bei 102 Patienten wurde zudem im Rahmen einer ERCP Pankreassekret gewonnen und eine k-ras-Mutationsanalyse durchgeführt.

Ergebnisse

Ein Pankreaskarzinom entwickelte sich bei 7 Patienten [5 duktale Adenokarzinome und 2 intraduktal-papillär-muzinöse Karzinome (IPMC)] im Durchschnitt nach 42 Monaten (14–61 Monate). Dabei war bei 3 Patienten mit duktalem Adenokarzinom zuvor ein IPMN an selber Stelle beschrieben worden. Bei 2 Patienten konnte sicher von einer anderen Lokalisation ausgegangen werden, da die zystische Läsion auch im Resektat ohne Malignitätsnachweis blieb. In 2 Fällen entwickelte sich aus einem IPMN ein IPMC. Das Risiko, an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, war somit 22,5-fach gegenüber dem der japanischen Normalbevölkerung erhöht.

Interessanterweise wurde bei 39 der 102 mittels ERCP untersuchten Patienten eine k-ras-Mutation entdeckt (38%), was allerdings der gleichen Prozentzahl k-ras-positiver Proben bei den Karzinompatienten entsprach (2 von 5 der zur Verfügung stehenden Proben). Insgesamt konnte jedoch auch das studienbedingte Screening nicht verhindern, dass bei 2 Patienten das Pankreaskarzinom erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden konnte.

Diskussion

Die Autoren hoben hervor, dass das Karzinomrisiko in der beobachteten Kohorte 22,5-fach erhöht war. Zudem stellten sie fest, dass das Argument eines bereits bei der Diagnose bestehenden oder gar übersehenen Karzinoms dadurch entkräftet werden kann, dass die Karzinome erst nach durchschnittlich 4 Jahren auftraten und somit Ausdruck einer malignen Transformation waren. In 3 Patienten entwickelten sich die Karzinome dabei aus den möglicherweise prämalignen, zystischen Läsionen.

Eine mögliche Feinnadelaspiration wurde laut Autoren nicht durchgeführt, da Fälle einer punktionsbedingten Metastasierung bekannt sind. Die Autoren gaben jedoch zu bedenken, dass dies die Diagnosesicherheit erhöhen könnte. Aus ihren Ergebnissen zogen sie den Schluss, dass sowohl Zysten als auch IPMN das gleiche maligne Potenzial besitzen und das Karzinomrisiko erhöhen.

Eine mögliche Methode, das Risiko besser abzuschätzen, besteht in der k-ras-Mutationsanalyse, wobei in dieser Studie kein signifikantes Ergebnis erzielt werden konnte. Darüber hinaus konnte sich auch kein anderer Marker wie Alter, Zystengröße oder Anzahl der Zysten als aussagekräftiger Parameter etablieren.

Kommentar

Die von Tada et al. publizierte Studie ist lesenswert, da an ihr sehr genau die Problematik und das Dilemma bei der Betreuung von Patienten mit zystischen Pankreasläsionen deutlich werden.

Korrekte Verdachtsdiagnose

Sie stellt das erste Problem dar. Anhand einer gründlichen Anamnese und mit Hilfe möglichst nichtinvasiver Verfahren sollte ein Diagnoseversuch erfolgen. Klassische Fälle wie Pseudozysten nach klinisch apparenter Pankreatitis sind dabei leichter zu identifizieren als benigne Tumoren wie das seröse Zystadenom, bei dem möglicherweise das Geschlecht (fast ausschließlich Frauen), das Lebensalter (im Mittel in der 4. Lebensdekade), das Erscheinungsbild (mikrozystisch, Honigwabenstruktur, zentrale Kalzifizierung) und die Lokalisation helfen können. Bei den muzinösen Tumoren ist dies schwieriger und gelingt evtl. nur sicher über die Erweiterung der Diagnostik, womit wir uns beim 2. Problem befinden.

Nötige und mögliche Schritte zur Diagnosesicherung

Tada et al. bedienten sich insbesondere des transabdominellen Ultraschalls (US) (n=107), dem CT (n=65), der MRT/MRCP (n=24) und nur in 1 Fall der Endosonographie. Dabei scheint der endoskopische Ultraschall bei einem angewandten Frequenzspektrum von 5 –20 MHz und der damit einhergehenden detailgetreuen Darstellung der Organfeinstruktur dem transabdominellen Zugang überlegen. Mit der EUS besteht darüber hinaus die Möglichkeit der schonenden Gewinnung einer Feinnadelpunktionszytologie (FNP).

Die Frage der korrekten Diagnose ist jedoch von essenzieller Bedeutung, denn auch den Studieninitiatoren gelang es nicht, die Risikopatienten zu identifizieren und auftretende Karzinome zu verhindern. Ein schrittweises Vorgehen (nichtinvasive – invasive Methoden) ist denkbar im Sinne von US, CT/MRCP, EUS/ERCP mit Zytologie (FNP/Bürstenzytologie) und der Analyse molekulargenetischer Marker. Zwar konnten Tada et al. hinsichtlich der k-ras-Mutationen nicht die nötige Trennschärfe beweisen, um sie als Diagnose- oder gar Verlaufsparameter zu empfehlen, aber zahlreiche andere Studien haben belegt, dass die k-ras-Analyse in Kombination mit der Suche nach einem chromosomalen Verlust von Tumorsuppressorgenen sinnvoll sein könnte [1, 2]. Diese Arbeiten waren bisher experimentell, können aber neben der ebenfalls untersuchten Telomeraseaktivität zu etablierten Methoden reifen. Ein Panel aus klinischen, endoskopischen, zytopathologischen, laborchemischen und molekulargenetischen Markern wäre ein realistisches Ziel, um die Patienten genauer zu stratifizieren, womit sich möglicherweise auch eine Lösung für das 3. Problem ergeben könnte.

Kontrollintervall

Es stellt sich die Frage, welches Kontrollintervall vorgeschlagen und ob überhaupt eine abwartende Haltung eingenommen werden sollte. Berücksichtigt man die Ergebnisse von Tada et al., erkennt man, dass weder die von ihnen gewählten Methoden noch das verwendete Untersuchungsintervall von 2-mal jährlich stattfindenden Untersuchungen in der Lage waren, den Übergang zu einem Karzinom zu detektieren oder dessen Auftreten zu verhindern. In 2 Fällen wurde das Pankreaskarzinom sogar erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Diese Frage kann also nur unter Berücksichtigung der vorhergehenden Frage, der korrekten Diagnose, beantwortet werden.

Da es bisher keine Leitlinien gibt, sollte auch beim geringsten Verdacht auf ein erhöhtes Malignitätsrisiko die Möglichkeit der Operation in Erwägung gezogen werden.

Eine in diesem Jahr publizierte Studie zu IPMN lieferte zudem den Hinweis, dass gerade IPMN, die vom Hauptgang ausgehen, ein hohes Malignitätsrisiko haben (64%). Das Risiko der IPMN, die aus sekundären Gängen („branch duct type“) entstehen, ist dagegen deutlich niedriger (19%) [4]. Auch bei diesen Tumoren sollte daher die Indikation zur Operation weiter gefasst werden.

Nachfolgestudien unter Ausschöpfung aller verfügbarer diagnostischer Methoden wie des EUS in Kombination mit histopathologischen und molekulargenetischen Markern, vielleicht auch ein Follow-up der von Tada et al. bereits eingeschlossenen Patienten, können darauf vielleicht in Zukunft eine Antwort geben.