Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist weltweit der fünfthäufigste Tumor und die dritthäufigste tumorassoziierte Todesursache [24]. Im Jahr 2005 waren weltweit mehr als 650.000 neue Fälle zu verzeichnen, aufgrund der Verbreitung der Hepatitis-C-Virus- (HCV-)Infektion ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg zu rechnen (www.cancer.org). In Zusammenschau mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von lediglich 3–7% sowie den aktuell zur Verfügung stehenden therapeutischen Optionen mit zum Teil marginalem klinischem Benefit, stellt das HCC wie keine andere Tumorentität eine zunehmende Herausforderung für die Onkologie der Gegenwart dar.

Mortalität und Therapiekonzepte

Prinzipiell stellt das Vorliegen einer Leberzirrhose die wichtigste Präkanzerose dar. Ätiologisch sind neben den chronisch viralen Hepatitiden [Hepatitis-B- (HBV-) und HCV-Infektion], die Einnahme von mit Aflatoxin B1 verseuchten Nahrungsmitteln, ein chronischer Alkoholmissbrauch, bestimmte hereditäre Stoffwechselerkrankungen (Hämochromatose) sowie zunehmend der Einfluss der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) zu nennen (Tab. 1; [7]).

Tab. 1 Risikofaktoren für die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms

Die hohe Mortalität der Erkrankung ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen [7]:

  • Das Fehlen geeigneter Biomarker führt dazu, dass die Erkrankung bei mehr als 70% der Patienten erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird.

  • Das HCC entsteht in über 80% der Fälle auf der Grundlage einer Leberzirrhose, die sowohl potenziell kurative Ansätze als auch den palliativen Einsatz chemotherapeutischer Substanzen einschränkt.

  • Das HCC besitzt Resistenzmechanismen (MDR-1, Multi-Drug-Resistance-Gen) gegenüber herkömmlichen chemotherapeutischen Substanzen.

Die Tumorgröße, die funktionelle hepatische Reserve sowie die Folgen der portalen Hypertension limitieren den Einsatz chirurgischer (Resektion) und lokal ablativer Verfahren wie den der Ethanolinjektion (PEI) oder Radiofrequenzthermoablation (RFTA), die zudem mit einer hohen Rezidivrate (50–100% innerhalb von 5 Jahren) behaftet sind [14, 19].

Die Lebertransplantation ist aufgrund der Organknappheit und der oft weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung nicht universell einsetzbar, sodass eine potenziell kurative Therapie nur etwa 20% der Patienten angeboten werden kann [11]. Palliative Therapiekonzepte wie die transarterielle Chemoembolisation (TACE) kommen für Patienten mit multifokalen Tumoren in Frage, wobei sich ein Überlebensvorteil nur bei asymptomatischen Patienten mit gut erhaltener Leberfunktion und fehlender Pfortaderthrombose gezeigt hat [21, 22]. Bei Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung und insbesondere bei Vorliegen einer extrahepatischen Manifestation hat keine der in den letzten Jahren im Rahmen einer systemischen Chemotherapie eingesetzten Substanzen – alleine oder als Kombinationstherapie – höhere Ansprechraten als 25% bzw. einen Überlebensvorteil bei nicht zu unterschätzendem Nebenwirkungsprofil gezeigt [9, 34].

Aufgrund der ausgeprägten biologischen Heterogenität, die sich insbesondere in einer sehr variablen Prognose äußert [20], ist es erst in letzter Zeit gelungen, grundlegende genetische Veränderungen und zelluläre Signalwege der Hepatokarzinogenese zu identifizieren [7, 8, 26, 29, 30]. Ein tieferes Verständnis dieser Abläufe ist jedoch die Grundvoraussetzung für eine frühzeitige Diagnose, gezielte und damit effektivere und nebenwirkungsärmere Therapien und letztendlich auch für eine verbesserte Prävention.

Hepatokarzinogenese

Analog zu anderen Tumorentitäten geht man heute davon aus, dass die Hepatokarzinogenese ein mehrstufiges Geschehen („multistep carcinogenesis“) ist, das seinen Ursprung in einem chronischen Inflammationsprozess hat, der zur Entstehung einer Leberzirrhose und letztendlich zum HCC führt (Abb. 1; [6, 7, 26]). Die Schädigung des Leberparenchyms durch verschiedene hepatotoxische, aber auch durch nicht direkt zytopathische (HBV, HCV) Agenzien führt infolge einer Zytokinausschüttung zur Infiltration der Portalfelder durch inflammatorische Zellen. Dies bewirkt die Ausschüttung immunmodulierender Substanzen wie Interleukine, Interferone und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), aber auch von Proteasen und Wachstumsfaktoren [6]. Folge ist einerseits die Destruktion des betroffenen Lebergewebes, andererseits aber auch eine kompensatorische Proliferation des verbleibenden Parenchyms. Hierbei kommt den „hepatic stellate cells“ (ruhende Fibroblasten) eine entscheidende Rolle zu. Diese tragen im Rahmen der ständig ablaufenden parenchymalen Umbauprozesse („liver remodeling“) durch vermehrte Synthese extrazellulärer Matrixproteine zur Leberfibrose und -zirrhose bei [29]. Durch fortwährende Schädigung kommt es im Verlauf zu einer unkontrollierten, überschießenden Proliferation und in dem zunehmend zirrhotisch umgebauten Lebergewebe zur Ausbildung hyperplastischer bzw. dysplastischer Regeneratknoten [6, 7]. Hier entstehen atypische, monoklonale Zellnester, die als direkte Vorstufe des hepatozellulären Karzinoms angesehen werden können. Eine wichtige Rolle wird in diesem Zusammenhang den hepatischen Stammzellen („oval cells“) zugewiesen [26]. Die maligne Transformation dieser Zellnester resultiert dabei sowohl aus Veränderungen auf genetischer (Allelverlust, Mikrosatelliteninstabilität, Telomerasenaktivierung) als auch auf epigenetischer (DNA-Methylierungen, Histondeacetylierungen) Ebene. Dies führt einerseits zur Aktivierung von Protoonkogenen, andererseits zur Inhibierung von Tumorsuppressorgenen. Eine immer größer werdende genetische Instabilität mündet letztendlich in der Beeinflussung intrazellulärer Signalwege [2, 6, 7, 26, 29].

Abb. 1
figure 1

Mehrschrittpathogenese des hepatozellulären Karzinoms

Die chronische Inflammation spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Leberzirrhose und letztendlich des HCC

Neben der zentralen Rolle der chronischen Inflammation, existieren in Abhängigkeit von der Ätiologie der Lebererkrankung noch weitere relevante Pathomechanismen der Hepatokarzinogenese [7]. Man weiß heute, dass das HBV direkt an der malignen Transformation beteiligt ist. Die Integration des Virus ins Wirtsgenom führt zu einer Vielzahl von DNA-Veränderungen die tumorrelevante Gene betreffen können. Das HBx-Protein kann direkt an das Tumorsuppressorprotein p53 binden und dessen apoptotische Wirkung bzw. den Zellzyklusarrest aufheben. Beide Mechanismen ermöglichen die HCC-Entstehung auch in der nichtzirrhotischen Leber. Ebenso können das HCV und das Aspergillustoxin Aflatoxin B1 direkt mit p53 interagieren, wobei Letzteres mit einer spezifischen Mutation im Codon 249 des Tumorsuppressorgens vergesellschaftet ist. Außerdem werden wichtige intrazelluläre Signalwege (z. B. Ras/Raf/Erk1/2-MAP-Kinase-Signalweg) direkt durch HBV und HCV beeinflusst. Ein gemeinsames Phänomen sowohl der viralen als auch der alkoholbedingten Schädigung ist darüber hinaus die Induktion von oxidativem Stress. Neben einem direkt mutagenen Potenzial bewirkt dieser eine Modulation relevanter Signalwege, eine Verkürzung der Telomere (einzelsträngige Chromosomenenden), hat aber auch eine Promoterwirkung hinsichtlich der Fibrose- und Zirrhoseentstehung.

Ein grundlegendes Problem der molekularen Pathogenese des HCC ist, dass die im Folgenden beschriebenen (epi)genetischen und zellulären Veränderungen nicht einheitlich bei jedem Tumor auftreten, was die Entwicklung gezielter Therapien so schwierig gestaltet.

Genetische Veränderungen

Genetische Veränderungen treten in unterschiedlicher Häufigkeit in verschiedenen Stadien der Erkrankung auf, wobei bisher nur ansatzweise verstanden ist, wie diese Veränderungen mit der zugrunde liegenden Ätiologie oder dem resultierenden HCC-Phänotyp korrelieren. Mit Hilfe von Genexpressionsanalysen ist es gelungen, Genexpressionsprofile zu identifizieren, die eine Unterscheidung zwischen HBV- und HCV-assoziierten HCCs, zwischen frühen und späten Rezidiven nach Resektion und Patienten mit unterschiedlicher Prognose ermöglichen [12, 18, 23, 31].

Eine Aneuploidie oder numerische Chromosomenanormalität weisen 40% der Tumoren auf [6]. Strukturelle Veränderungen wie Amplifikationen oder die häufig auftretenden Allelverluste („loss of heterozygosity“) betreffen eine Vielzahl chromosomaler Regionen, wobei das Chromosom 1q in fast allen bisher durchgeführten Studien betroffen war [6]. Ein weiterer wichtiger Faktor stellt die Mikrosatelliteninstabilität (10–30% der HCCs) dar [6, 30]. Durch Mutationen in DNA-Reparatur- („mismatch repair“) Genen kommt es zur Erweiterung oder Kontraktion einfacher repetitiver Sequenzen (Mikrosatelliten), was zu einer Verschiebung des Leserahmens führt [6]. All diese Veränderungen, aber auch direkte Mutationen, führen letztendlich zu einer Dysregulation von Protoonkogenen und Tumorsuppressorgenen [6, 7, 26, 29]. Exemplarisch soll an dieser Stelle auf das Tumorsuppressorgen p53 eingegangen werden.

Tumorsuppressorgen p53

p53 bewirkt nach genomischer Schädigung einen Wachstumsarrest, initiiert die DNA-Reparatur und ggf. die Apoptose der betroffenen Zelle. p53-Mutationen sind in 50% der HCCs zu finden, wobei der Funktionsverlust mit undifferenzierten Tumoren und einer schlechteren Prognose korreliert ist [29]. Im Kontext einer Aflatoxin-B1-Exposition wurde in einigen Studien die charakteristische Mutation im Codon 249 in frühen Stadien der Erkrankung detektiert, während in anderen Studien p53-Mutationen lediglich in weit fortgeschrittenen Tumoren gefunden wurden. Es wird daher davon ausgegangen, dass p53 sowohl an der Initiierung als auch an der Progression des HCCs beteiligt ist [7]. Therapeutische Strategien liegen in der Gentransfertherapie, wobei sowohl retrovirale als auch adenovirale Ansätze zum Einsatz kommen [29].

Verkürzung der Telomere

Als Telomere werden einzelsträngige Chromosomenenden bezeichnet, die eine Degradierung, aber auch Verklebung mit anderen Chromosomen verhindern. Im Lauf der natürlichen Zellalterung, aber auch in Folge des kontinuierlichen Proliferationsprozesses prämaligner Zellen kommt es zu einer Verkürzung der Telomere, einer zunehmenden genomischen Instabilität und als Konsequenz zum Zelltod [7, 26]. Maligne Zellen exprimieren jedoch gleichzeitig Telomerasen, die die Telomerenlänge restaurieren und damit die Einleitung des programmierten Zelltodes verhindern. Da Telomerasen nur von malignen Zellen exprimiert werden, scheint ihre Inhibierung ein vielversprechendes Konzept der Tumortherapie zu sein [7, 26].

Epigenetische Veränderungen

Methylierungen/Histondeacetylierungen

Im Genom maligner Zellen kommt es charakteristischerweise zur inaktivierenden Hypermethylierung regulatorischer Introns verschiedener Tumorsuppressorgene. Substanzen, die in diesem Kontext zu einer Demethylierung führen, können so eine Reexpression der betroffenen Gene und damit einen Wachstumsarrest bewirken [7, 26]. Einen ähnlichen Effekt haben Inhibitoren der Histondeacetylase (HDAC), einem Enzym, welches zur Geninaktivierung („gene silencing“) beiträgt. Hiervon sind v. a. Gene betroffen, die normalerweise zu einem Wachstumsarrest oder zur Apoptose führen. Klinisch werden aktuell mehrere HDAC-Inhibitoren getestet [26].

Intrazelluläre Signaltransduktionswege

Ras/Raf/Erk1/2-MAP-Kinase-Signalweg

Hepatozyten produzieren unter dem Einfluss der chronischen Inflammation eine Reihe von Wachstumsfaktoren wie TGF-α („tissue growth factor α“), IGFII („insulin-like growth factor II“), HGF („hepatocyte growth factor“), VEGF („vascular endothelial growth factor“) und EGF („epidermal growth factor“), die über Bindung an verschiedene Rezeptoren [EGFR; FGFR („fibroblast growth factor receptor“); c-met („HGF receptor“); c-kit („stem cell growth factor receptor“); PDGFR („platelet derived growth factor receptor“); VEFGR] wichtige intrazelluläre Signalwege regulieren [6, 7, 26, 29]. Der ausgeprägten Fähigkeit der Hepatozyten zur Regeneration und Proliferation unter Einbeziehung dieser Wachstumsfaktoren kommt eine Schlüsselfunktion innerhalb der Karzinogenese zu. Die angesprochenen Rezeptoren bestehen aus einem extrazellulären Anteil, der die Ligandenbindung ermöglicht, sowie einem für die Signalweiterleitung notwendigen intrazellulären Anteil. Hierzu gehört eine Rezeptortyrosinkinase, deren Aktivierung für den nachgeschalteten Signalweg von entscheidender Bedeutung ist. Vor allem die Aktivierung des Ras/Raf/Erk1/2-MAP-Kinase-Signalweges spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle (Abb. 2). Dieser mündet in der Transkription von Genen, die für die Zellproliferation, Apoptoseinhibierung und Neoangiogenese entscheidend sind [26]. Hypervaskularisierung und frühzeitige Portalveneninfiltration stellen daher auch wichtige klinische Merkmale des HCC dar.

Abb. 2
figure 2

Ras/Raf/Erk1/2-MAP-Kinase-Signalweg: Nach Bindung verschiedener Wachstumsfaktoren an den Rezeptor kommt es zu einer Aktivierung der entsprechenden Rezeptortyrosinkinase. Dies bewirkt über Phosphorylierungen eine Aktivierung der nachgeschalteten Signalkaskade (Ras, Raf, MEK, Erk1/2), was zur Aktivierung von Transkriptionsfaktoren führt, die zur Zellproliferation, Apoptoseinhibierung und Neoangiogenese beitragen

Der EGFR ist in 68% der HCCs überexprimiert, was mit einem aggressiveren Tumorwachstum verbunden ist [13]. Transgene Tiere für TGF-α zeigen ein erhöhtes Tumorwachstum [15], und in mehr als 50% der HCCs ist die ERK/MAPK-Expression um das 3- bis 4-fache gesteigert [27]. Je nach untersuchtem Kollektiv ist die Expression des entsprechenden Wachstumsfaktors oder Rezeptors mit einer schlechteren Differenzierung, frühzeitigeren Gefäßinvasion, schlechterem Therapieansprechen oder einer höheren Rezidivrate nach Resektion assoziiert [7, 29]. Therapieansätze ergeben sich sowohl durch Inhibierung der Rezeptoren (EGFR, VEGFR), der entsprechenden Tyrosinkinasen (Rezeptortyrosinkinaseinhibitoren, RTKIs) als auch durch Hemmung spezifischer Komponenten des Signalweges (Ras-Hemmung durch Inhibierung der Farnesyltransferasen, notwendig für die posttranslationale Modifikation, Einsatz von Antisense-Oligonukleotiden; [2, 7, 26, 29]).

β-Catenin/Wnt-Signalweg

β-Catenin ist ein wichtiger Bestandteil des Wnt-Signalweges (Abb. 3). Nach Bindung von Wnt-Liganden an den Frizzled Rezeptor wird β-Catenin aus der Bindung an APC („adenomatous popyposis coli“) und Axin1/2 freigesetzt und damit seine Degradation verhindert. β-Catenin transloziert in den Kern und bewirkt dort die Aktivierung verschiedener Transkriptionsfaktoren („T-cell factor“, TCF; „lymphoid enhancer binding protein family“, LEF)). Dies führt zur Transkription wichtiger Faktoren wie c-Myc, Cyclin D1, VEGF, COX-2 (Cyclooxygenase-2) oder MMP7 (Matrixmetalloproteinase 7; [7, 26]. Der Wnt/β-Catenin-Signalweg spielt v. a. bei der Regulation der Leberregeneration (Proliferation, Zellüberleben) eine wichtige Rolle. Eine Aktivierung des Wnt-Signalweges konnte in 30–40% der HCCs nachgewiesen werden, β-Catenin-Mutationen treten in ca. 20% der HCCs auf [10]. β-Catenin spielt sowohl bei der Initiierung [30] als auch der Progression [1] des HCC eine wichtige Rolle, wobei bemerkenswert ist, dass β-Catenin-Mutationen typischerweise in HCCs auftreten, die nicht durch eine erhöhte genetische Instabilität charakterisiert sind. Dies könnte darauf hindeuten, dass hier ein alternativer Weg der Hepatokarzinogenese vorliegt [4].

Abb. 3
figure 3

β-Catenin/Wnt-Signalweg. Nach Bindung von Wnt-Liganden an den Frizzled Rezeptor wird β-Catenin aus der Bindung an APC und Axin1/2 freigesetzt und damit seine Degradation verhindert. β-Catenin transloziert in den Kern und bewirkt dort die Aktivierung verschiedener Transkriptionsfaktoren (TCF, LEF), die für die Proliferation und das Zellüberleben eine wichtige Rolle spielen

PI3-Kinase/Akt/mTOR-Signalweg

Mehrere Wachstumsfaktoren, wie z. B. Ras, IGF, aber auch Zytokine wie Interleukin-2, aktivieren über Rezeptortyrosinkinasen den PI3-Kinase-Signalweg (Abb. 4). Infolgedessen kommt es zu einer Aktivierung der Akt/Proteinkinase B (PKB), die durch Phosphorylierung unter anderem das proapoptotische Protein BAD deaktiviert, aber auch die mTOR- („mammalian target of rapamycine“) Kinase aktiviert. mTOR reguliert die Phosphorylierung verschiedener Proteine (unter anderem die p70-S6-Kinase), die über Translationsvorgänge für die Progression des Zellzyklus verantwortlich sind [26]. Das Tumorsuppressorgen PTEN unterbindet in diesem Signalweg die Bildung des zentralen „second messangers“ PIP3 („phophoinositol triphosphate“) und damit die Akt-Aktivierung. Passend hierzu findet man in ca. der Hälfte der HCCs eine Reduktion von PTEN bzw. in 15/45% der Fälle eine Überexpression von mTOR bzw. der p70-S6-Kinase [26]. Rapamycin, ein Makrolidantibiotikum mit antifugaler und immunsuppressiver Wirkung, bindet an das zytoplasmatische „FK506-binding protein-12“ (FKBP12) und hemmt im Komplex die mTOR-Kinase, was zu einem G1-Phase-Arrest führt [5]. Rapamycin kommt bereits als Immunsuppressivum nach Lebertransplantation zum Einsatz; in Studien wird getestet, ob es das Risiko eines HCC-Rezidivs senkt [17].

Abb. 4
figure 4

PI3-Kinase/Akt/mTOR-Signalweg. Über Rezeptortyrosinkinasen kommt es zu eine Aktivierung der Akt/Proteinkinase B (PKB), die durch Phosphorylierung unter anderem das proapoptotische Protein BAD deaktiviert, aber auch die mTOR- („mammalian target of rapamycine“) Kinase aktiviert. mTOR reguliert die Phosphorylierung verschiedener Proteine (unter anderem die p70-S6-Kinase), die über Translationsvorgänge für die Progression des Zellzyklus verantwortlich sind. Das Tumorsuppressorgen PTEN unterbindet in diesem Signalweg die Bildung des zentralen „second messangers“ PIP3 und damit die Akt-Aktivierung

NFκB-Signalweg

Der klassische NFκB- („nuclear transkription factor κB“) Signalweg wird durch TNF-α aktiviert und führt zu einer Translokation von NFκB in den Zellkern, wo es die Transkription von apoptoseinhibierenden Genen bewirkt (Abb. 5). NFκB scheint durch Inhibierung der Apoptose insbesondere für die Tumorprogression verantwortlich zu sein [25]. Darüber hinaus bewirkt TNF-α eine Aktivierung von JNK („Jun kinase“), was zur AP-1-vermittelten Proliferationssteigerung führt [16]. Die Inhibierung von TNF-α-vermittelten Signalen und insbesondere die Beeinflussung von NFKB stellen somit potenzielle therapeutische Ziele dar [16].

Abb. 5
figure 5

NFκB-Signalweg (klassischer Signalweg). Nach Bindung von TNF-α an den TNF-Rezeptor 1 (TNFR1) kommt es zur Aktivierung von Complex I, der unterer anderem aus TRADD („TNFR-associated protein“) und TRAF2 („TNFR-associated factor 2“) besteht. Dies führt zu einer Aktivierung der „inhibitor of NFκB (IκB) kinase“ (IKK), was zu einer Phosphorylierung der IκBs und damit zu deren Degradation durch das Proteasom führt. Die freigesetzten NFκB-Dimere (die zumeist aus p50/RelA bestehen) translozieren in den Kern und bewirken die Transkription von Genen, die prinzipiell in 3 Klassen eingeteilt werden können. Sie tragen zur Inflammation (COX-2, Interleukin 6, TNF-α), zum angeborenen Immunsystem (Zytokine, Chemokine, Proteasen, Adhäsionsmoleküle) oder zur Apoptoseinhibierung (BCl-XL, cIAPs, GADD45β) bei. Darüber hinaus bewirkt TNF-α eine Aktivierung von JNK („Jun kinase“), was zur AP-1 vermittelten Proliferationssteigerung führt

Zellzykluskontrolle

Die Kontrolle des Zellzyklus obliegt den cyclinabhängigen Kinasen (CDKs), die nach Bindung an verschiedene Cycline die Progression des Zellzyklus steuern. CDK2 ist im Komplex mit Cyclin A für die S-Phase zuständig, CDK4 und CDK6 zusammen mit verschiedenen D-Cyclinen für die G1-Phase [29]. Der p16/Cyclin-D1/pRB-(Retinoblastom) Signalweg spielt hier eine zentrale Rolle, wobei p16 und pRB als Tumorsuppressorgene und Cyclin D1 als Onkogen agieren [32]. Aktuell wird, neben dem Einsatz von HDAC-Inhibitoren, das „small molecule“ Flavopiridol getestet, das die für die Zellzyklusprogression essenziellen CDKs 1, 2 und 4, aber auch die Protein-Kinase C sowie die EGFR-Kinase hemmt [28]. Eine andere Möglichkeit, den Zellzyklus zu kontrollieren, bietet das Ubiquitin-Proteasom-System.

Ubiquitin-Proteasom-System

Durch das 26S-Proteasom werden nach vorausgegangener Polyubiquitinierung zytoplasmatisch 80% der intrazellulären Proteine zu Peptidfragmenten degradiert. Eine Vielzahl von Tumorsuppressorproteinen wird durch das Ubiquitin-Proteasom-System reguliert, unter anderem p53, p27, pRB, PTEN, aber auch onkogene Proteine wie die Rezeptoren für VEGF/EGF und TGF-β [3]. Eine Inhibierung des Proteasoms führt zu einem Wachstumsarrest in der G2/M-Phase und kann somit die gesteigerte Proliferation maligner Zellen bremsen. Aktuell kommt PS-341 (Bortezomib) zum Einsatz, das zur reversiblen Inhibierung des Proteasoms und darüber hinaus zur Inhibierung von NFκB (Stabilisierung des inhibierenden IκB-Proteins) führt [26, 29].

Cyclooxygenase-Inhibition

Man weiß heute, dass Prostaglandine wie die Cyclooxygenase-2 (COX-2) an der Hepatokarzinogenese beteiligt sind. Eine Überexpression der COX-2 wird bereits in der zirrhotischen Leber, v. a. aber in gut differenzierten Tumoren gefunden, sodass davon ausgegangen wird, dass die COX-2 an der Frühphase des HCCs beteiligt ist [33]. Die Rationale für einen therapeutischen Einsatz von COX-2-Inhibitoren ergibt sich aus den vielfältigen Angriffspunkten. Neben der Prostaglandinsynthesehemmung wird eine Reihe essenzieller Signalwege (u. a. NF-κB, Wnt/β-Catenin) beeinflusst [26, 29, 33].

Fazit für die Praxis

Betrachtet man die steigende Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms sowie die aktuell zur Verfügung stehenden therapeutischen Optionen, wird die Notwendigkeit effektiver systemischer Therapien offensichtlich. Nur ein besseres Verständnis der grundlegenden molekularen und zellulären Abläufe dieses in pathogenetischer Hinsicht sehr heterogenen Tumors wird die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien ermöglichen. Aktuell existiert nur ein vages Bild, das in Abhängigkeit von Tumorstadium, Differenzierung oder Ätiologie Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden (epi)genetischen und zellulären Veränderungen zulässt. Hoffnungen ruhen v. a. auf dem sich rasch entwickelnden Gebiet der Genexpressionsanalyse. Mit Hilfe dieser Ansätze soll es in Zukunft möglich sein, neue Biomarker für eine frühzeitige Diagnose zu etablieren und Patienten in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ätiologie und individuellen Tumorbiologie gezieltere Therapien zukommen zu lassen.