Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags ist Ihnen bekannt,

  • welche Untersuchungen für die Diagnose einer ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) erforderlich sind,

  • nach welchen Kriterien Patienten mit CAP eingeteilt werden können,

  • welche Patienten mit CAP ambulant behandelt werden können,

  • wie die antibiotische Therapie der CAP erfolgen sollte,

  • wann die Gabe von Hydrocortison bei einer CAP sinnvoll ist.

Einleitung

Eine ambulante erworbene Pneumonie (community acquired pneumonia, CAP) ist die häufigste Infektion, die zu einer Krankenhausaufnahme führt. In Deutschland werden jährlich 270.000-290.000 stationär behandelte Fälle registriert. Die Gesamtzahl inklusive der ambulant behandelten Patienten wird auf 400.000-600.000 Fälle geschätzt [1].

In Deutschland weisen Patienten mit einer CAP eine Krankenhausletalität von ca. 18% auf [1]. Nach dem Klinikaufenthalt sterben infolge der CAP noch etwa 6%. Damit ist die Sterblichkeit an einer CAP wesentlich höher als nach einem akuten Myokardinfarkt. Laut dem Statistischen Bundesamt starben im Jahr 2021 deutschlandweit 13.545 Menschen an einer Pneumonie. Hier ist jedoch von einer Erfassungslücke auszugehen: Bei einer Mortalität von 18% bei 270.000 Fällen ist mit einer realistischen Zahl von 48.600 durch eine Pneumonie verursachten Todesfällen zu rechnen.

18% der Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie sterben noch im Krankenhaus.

Klassifikation

Folgende Arten von Pneumonien werden unterschieden [2]:

  • CAP,

  • Nosokomiale Pneumonie,

  • Pneumonie unter Immunsuppression.

CAP werden in der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in drei Gruppen eingeteilt [3]:

  • Gruppe 1a: Gute bis ausreichende Funktionalität, definiert als Bettlägerigkeit < 50% des Tages,

  • Gruppe 1b: Im Senioren- bzw. Pflegeheim erworbene Pneumonie (Nursing home acquired pneumonia, NHAP) und/oder schlechte Funktionalität, definiert als Bettlägerigkeit ≥ 50% des Tages,

  • Gruppe 1c: Schwere Komorbidität mit infauster Prognose.

Bei älteren Patienten fehlen häufig typische Zeichen einer Infektion.

Erreger

Häufigste Ursache einer CAP sind Pneumokokken. Nach Daten des deutschen CAP-Netzes und des Robert-Koch-Instituts (RKI) lassen sich Pneumokokken in bis zu 40% der Fälle nachweisen, gefolgt von Mycoplasma pneumoniae und Viren [4].

Sehr häufig ist der Nasen-Rachen-Raum besiedelt, ohne dass dort Symptome auftreten. Allerdings kann als Folge einer lokalen Ausbreitung eine bakterielle Infektion der oberen und unteren Atemwege entstehen. Insbesondere können Pneumokokken invasive Erkrankungen wie eine Sepsis, einen septischen Schock bei einer Pneumonie oder eine Meningitis nach Ausbreitung im Nasen-Rachen-Raum oder nachfolgender Otitis media auslösen. Wesentlich seltener kommt es zu einer Streuung von Pneumokokken in Gelenke oder Aszites.

Weitere häufige Erreger von Pneumonien sind Legionella pneumophila, Staphylococcus aureus sowie gramnegative Bakterien wie Escherichia coli. Keine typischen Erreger aus dem Sputum eines Patienten mit CAP sind vergrünende Streptokokken, Staphylococcus epidermidis, Enterokokken, Corynebakterien, Neisseria-Spezies (außer sehr selten Neisseria meningitidis) und Candida-Spezies.

Zudem ist bei Patienten unter Immunsuppression ein anderes Keimspektrum zu erwarten.

Pneumokokken-Impfung

Ende 2022 traten vermehrt Infektionen mit Pneumokokken auf. Dies betraf in erster Linie Patienten mit einem Alter über 65 Jahren. Gerade diese Gruppe sollte nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission jedoch regelmäßig Pneumokokken-Impfungen erhalten. Wiederholungsimpfungen im Abstand von mindestens 6 Jahren sind für Senioren und für Menschen, die entsprechende Grunderkrankungen aufweisen, grundsätzlich sinnvoll.

Laut RKI wurden 2017 nur rund 11% der Erkrankungsfälle in Deutschland von Serotypen verursacht, gegen die der 13-valente Konjugat-Impfstoff schützen kann. Dagegen waren rund 47% der Fälle durch Serotypen bedingt, gegen die der 23-valente Impfstoff zusätzlich gerichtet ist. Daher sollte für Wiederholungsimpfungen ausschließlich der Polysaccharid-Impfstoff PPSV23 verwendet werden. Wird das Zeitintervall von 6 Jahren unterschritten, ist mit stärkeren Nebenwirkungen zu rechnen [5].

Diagnostik

Die Diagnostik einer Pneumonie ist außerhalb des Krankenhauses schwierig, da sich die Symptome mit dem Alter verändern und typische Zeichen einer Infektion häufig fehlen. Daher ist die Herausforderung für alle ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte, diejenigen Patienten zu finden, die eine Infektion des Lungengewebes aufweisen und ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Tod haben. Essenziell ist, den Schweregrad der Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung hat einen hohen negativen prädiktiven Wert. Mit steigendem Lebensalter werden die Symptome einer Pneumonie weniger charakteristisch für eine Infektion und weisen auf eine eingeschränkte Organfunktion hin. Beispielsweise sind Fieber oder Husten mit Auswurf bei älteren Patienten deutlich seltener als bei jüngeren [6]. Häufiger treten dagegen bei älteren Menschen Symptome wie Verwirrtheit und Durchfall auf, ggf. sogar als einzige Symptome einer Pneumonie. Der klinische Eindruck ist weiterhin ein sehr guter Prädiktor einer Pneumonie [7].

Allerdings sind die körperlichen Untersuchungsbefunde bei pathologischen Befunden relevant: Die Bronchophonie weist die höchste Spezifität (99%) auf, gefolgt von der Perkussion (95%), auch wenn die Sensitivität zur Erkennung einer Pneumonie nur gering ist (5% bzw. 14%).

Die Abwesenheit von Störungen der Vitalfunktion ist dagegen sehr stark negativ prädiktiv. Die Wahrscheinlichkeit einer Pneumonie ist bei normalen Vitalzeichen und einer körperlichen Untersuchung, bei der sich weder Rasselgeräusche noch Giemen finden, als extrem gering (< 1%) einzustufen [7, 8].

Bildgebende Verfahren

In der S3-Leitlinie wird für den ambulanten Bereich empfohlen, bei klinischem Verdacht auf eine Pneumonie die Sicherung der Diagnose durch eine thorakale Bildgebung anzustreben [3].

Röntgenaufnahme des Thorax

Um die Diagnose einer CAP zu sichern, wird in der Leitlinie der Nachweis eines neu aufgetretenen Infiltrats in einem bildgebenden radiologischen Verfahren der Lunge gefordert. Bei der klinischen Verdachtsdiagnose einer CAP sollte, so weit möglich, immer eine Röntgenaufnahme des Thorax in zwei Ebenen durchgeführt werden [3].

Neben der genauen Lokalisation und Ausdehnung einer Pneumonie können mittels Röntgenaufnahme des Thorax oder Computertomografie (CT) Begleiterkrankungen wie eine Herzinsuffizienz, Überwässerung bei Niereninsuffizienz und Komplikationen wie Verlegung der Atemwege, Bildung von begleitenden Pleuraergüssen oder Abszessen erkannt werden [9]. Insbesondere die rasche radiologische Diagnostik innerhalb von weniger als 4 Stunden kann neben der Diagnosefindung auch zu einer rascheren spezifischen Therapie und einem verkürzten stationären Aufenthalt verhelfen [10].

Radiologische Befunde hinken der klinischen Entwicklung jedoch häufig hinterher, sodass gerade zu Beginn der Erkrankung Infiltrate nicht immer ausreichend sensitiv und spezifisch erkannt werden [11, 12, 13, 14]. Zuweilen bilden sich erst im Verlauf der Erkrankung Infiltrate. Andererseits liegt bei einer Infektion der Atemwege ohne radiologischen Nachweis von Infiltraten möglicherweise lediglich eine Bronchitis vor, die sehr häufig primär viraler Natur ist und daher nicht mit Antibiotika behandelt werden muss.

Sonografie

Die sonografische Diagnostik einer Pneumonie wird insbesondere im Kontext eines klinischen Untersuchungsbefundes aufgrund der einfachen Anwendbarkeit am Patientenbett zunehmend eingesetzt und zeigte in Untersuchungen eine gute Sensitivität und Spezifität. Sie wird auch zur Diagnostik von Pleuraerguss oder Empyem genutzt. Jedoch lassen sich mit dem Ultraschall tiefere zentrale Strukturen deutlich schlechter oder kaum darstellen. Ein negativer Befund der Sonografie kann daher eine zentrale Pneumonie nicht ausschließen.

Die Sonografie sollte nur eingesetzt werden, wenn ein Röntgenthorax nicht zeitnah verfügbar ist.

Laut S3-Leitlinie sollte die Thoraxsonografie daher nur dann als alleiniges bildgebendes Verfahren eingesetzt werden, wenn ein Röntgenthorax nicht zeitnah verfügbar ist. Eine positive Thoraxsonografie (Infiltratnachweis) bestätigt eine Pneumonie, eine negative kann eine solche nicht sicher ausschließen [3].

Mittlerweile wird der Ultraschall zur Diagnose einer peripheren Veränderung in der Lunge eingesetzt, da er ubiquitär in der Allgemeinmedizin, bei Patienten zuhause oder in Pflegeheimen mit kleinen Geräten sehr gut durchführbar und nützlich ist. Insbesondere als Point-of-Care-Untersuchung sollte er bei Patienten mit Dyspnoe, Brustschmerzen oder anderen thorakalen Beschwerden eingesetzt werden.

Bei klinischem Verdacht auf eine Pneumonie ist eine thorakale Bildgebung anzustreben.

Die häufigsten sonografischen Merkmale einer Lungenentzündung sind:

  • Konsolidierung (mit unregelmäßiger Randkontur, Luftbronchogramm, Zeichen des Lufteinschlusses),

  • vertikale Artefakte (B-Linien) und

  • das Vorhandensein eines Pleuraergusses [15].

In einer aktuellen Studie mit 234 an COVID-19 erkrankten Patienten konnten durch eine Ultraschalluntersuchung der Lunge die Beteiligung der peripheren Lungenabschnitte sehr gut erkannt werden. Außerdem konnten die Schwere der Erkrankung, das Risiko einer invasiven Beatmung und das Sterberisiko sehr gut bestimmt werden. Die Sonografie schnitt sogar besser ab als die CT [16]. Sensitivität und Spezifität der Sonografie sind für periphere Lungenläsionen besser als von Röntgenaufnahmen oder CT.

Bei unkomplizierter CAP ist eine Thorax-CT nicht routinemäßig erforderlich.

Gerade für eine interdisziplinäre Entscheidung über eine chirurgische Thorakoskopie oder eine lokale Lyse eines Pleuraempyems ist die wiederholt durchgeführte Sonografie ein geeignetes Verfahren, das am Patientenbett einfach zu wiederholen ist. Insbesondere in der Diagnostik der peripheren CAP wird sich der Ultraschall als geeignetes Mittel möglicherweise durchsetzen.

Computertomografie

Eine CT des Thorax ist bei unkomplizierter CAP nicht routinemäßig erforderlich [17]. Insbesondere nach der Abheilung einer Pneumonie ist bei Verdacht auf ein Lungenkarzinom oder eine zugrundeliegende interstitielle Lungenerkrankung eine CT des Thorax sinnvoll.

Bei einer leichten CAP ohne Risikofaktoren ist keine mikrobielle Diagnostik erforderlich.

Mikrobiologische Diagnostik

Gemäß S3-Leitlinie ist bei einer leichten CAP ohne Risikofaktoren keine mikrobielle Diagnostik erforderlich. Da die Komplikations- und Letalitätsrate sehr gering sind, und es bei mindestens 40% der ambulanten Patienten selbst unter Studienbedingungen nicht gelingt, die Ätiologie zu sichern und die zur Erregerdiagnostik notwendigen Verfahren aufwändig und/oder teuer sind, ist es vertretbar, im Regelfall bei leichten, ambulant behandelbaren Pneumonien auf eine Erregerdiagnostik zu verzichten [3].

Bei allen wegen einer mittelschweren und schweren Pneumonie hospitalisierten Patienten der Gruppen 1a und 1b soll dagegen eine Erregerdiagnostik erfolgen [3]. Diese beinhaltet folgende Untersuchungen:

  • Mindestens zwei Blutkulturen (jeweils anaerob und anaerob),

  • Urin-Antigentest auf Legionellen und

  • ein adäquates Sputum, das innerhalb von 4 Stunden für Gramfärbung und Kultur verarbeitet werden soll. Ist dies nicht möglich, soll eine Sputumuntersuchung unterlassen werden.

    Für Patienten der Gruppen 1a und 1b ist das primäre Therapieziel die Heilung.

Zusätzlich soll vor allem bei Patienten auf der Intensivstation und zur Diagnostik bei einem epidemischen Ausbruch ein Antigentest auf Pneumokokken im Urin verwendet werden. Dieser Test ermöglicht ggf. auch eine Therapiefokussierung [3].

Klar spricht sich die Leitlinie gegen molekulare Detektionsverfahren aus. Nur bei entsprechenden epidemiologischen Hinweisen (Saison, Epidemie, Pandemie) sollen während der stationären Behandlung der Patienten molekulare Amplifikationsverfahren verwendet werden, z.B. für Influenza A/B oder COVID-19.

Der am besten validierte Score zur Bestimmung des Schweregrads einer CAP ist der CRB-65-Score.

Bestimmung des Schweregrads

Der Schweregrad der Erkrankung lässt sich mit Score-Systemen einschätzen. Allerdings ist gerade in der Gruppe von Patienten mit eingeschränkter Funktionalität die Aussagekraft des CRB-65-Scores eingeschränkt, da die Letalität aufgrund des reduzierten Allgemeinbefindens deutlich erhöht ist. Für diese Patienten kann zusätzlich die Oxygenierung durch Bestimmung des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks (PaO2), der O2-Sättigung (< 90%) oder idealerweise durch eine kapilläre Blutgasanalyse herangezogen werden. Der damit ermittelte CORB-Score konnte in einer retrospektiven Analyse die Wahrscheinlichkeit einer Beatmung oder eines Kreislaufversagens und letztlich die Letalität nach 30 Tagen gut vorhersagen [18].

Wenn genauere Parameter der Oxygenierung wie das Verhältnis von SpO2 und FiO2 verwendet werden, so ist die Aussage über die Prognose verbessert [18]. Bisher fehlen jedoch größere prospektive Studien, um den Stellenwert der Score-Systeme ausreichend zu etablieren. Weiterhin am besten validiert erscheint der CRB-65-Score (Tab. 1).

Tab. 1 CRB-65-Score

Therapie

Therapieziele

In der S3-Leitlinie wird vor allem die Relevanz des individuellen Therapieziels betont, das anhand der Kriterien Funktionalität, Komorbiditäten und Prognose des Patienten festgelegt werden kann. Wert wird vor allem auch daraufgelegt, dass sich das Therapieziel während einer Behandlung ändern kann. Für Patienten der Gruppen 1a und 1b ist das primäre Therapieziel die Heilung [3].

Ambulante Behandlung

Gemäß S3-Leitlinien können folgende Patienten, die nach klinischer Einschätzung des Arztes stabil erscheinen und auf die alle folgenden Kriterien zutreffen, ambulant behandelt werden, sofern keine Komplikationen vorliegen oder soziale Faktoren eine stationäre Aufnahme erforderlich machen [3]:

  • CRB-65 = 0,

  • keine neu aufgetretene Minderung der Sauerstoff-Sättigung (SaO2) bzw. ausreichende Oxygenierung (SaO2 > 92%),

  • keine Hinweise auf instabile Komorbiditäten.

Für Patienten, die im Seniorenheim leben und/ oder eine schlechte Funktionalität aufweisen (Gruppe 1b), gelten zusätzliche Überlegungen, ebenso für Patienten mit palliativem Therapieziel (Gruppe 2) [3].

Darüber hinaus wird in der Leitlinie empfohlen, im Fall einer Entscheidung für eine ambulante Behandlung eine Reevaluation der Patienten nach 48- 72 Stunden durchzuführen, da eine klinische Verschlechterung häufig in diesem Zeitrahmen eintritt. Die Risikostratifizierung für den ambulanten Bereich ist in Abb. 1 zusammengefasst [3].

1
figure 2

Risikostratifizierung hinsichtlich einer ambulanten Behandlung [3]

Antibiotische Therapie

Nach der Diagnose einer Pneumonie sollte so rasch wie möglich mit einer effektiven antibiotischen Therapie begonnen werden. Im Krankenhaus und in den Notaufnahmen gilt ein Zeitfenster von 8 Stunden bis zum Beginn der spezifischen Therapie. Für Patienten im septischen Schock ist diese Zeit jedoch wesentlich zu lang. Bei ihnen muss innerhalb von 1 Stunde eine spezifische Therapie eingeleitet werden, da die Mortalität linear mit der Verzögerung der Therapie steigt.

Daher kann es je nach Situation vor allem bei Pateinten mit Risikofaktoren erforderlich sein, dass bereits innerhalb der primär versorgenden Struktur vor dem Transport oder bei Ankunft im Krankenhaus eine Therapie eingeleitet wird, bevor die Diagnostik komplett vorliegt. Insbesondere sollten dabei S. pneumoniae und Mycoplasma pneumoniae als Erreger berücksichtigt werden.

Der frühzeitige Einsatz von Makroliden wird bei schwer erkrankten Patienten im Krankenhaus empfohlen.

Bei der Verordnung von Antibiotika ist darauf zu achten, dass Interaktionen mit der Komedikation vermieden werden.

Auswahl des Antibiotikums

Die CAP betrifft sehr häufig ältere Patienten über 65 Jahren, die oft eine Komedikation mitbringen. Es ist immer darauf zu achten, dass Interaktionen mit der Komedikation vermieden werden, z.B. Interaktionen zwischen Makroliden und Statinen. Die Verlängerung der QT-Zeit z.B. durch Makrolide erfordert bei schwerer kardialer Komorbidität ein Monitoring.

Wenn man das Verhältnis von Nutzen und Risiko betrachtet, hat Azithromycin deutliche Vorteile gegenüber z.B. Clarithromycin. Das Risiko für eine Verlängerung der QTc-Zeit ist in höherem Alter, bei kardiovaskulären Komorbiditäten, hoher Dosierung und vor allem bei einer raschen parenteralen Applikation erhöht [19, 20]. Insbesondere Clarithromycin kann mit einer erhöhten Komplikationsrate (verlängerte QTc Zeit) und erhöhten Mortalität vergesellschaftet sein und sollte daher vermieden werden.

Gemäß S3-Leitlinie sollte Azithromycin insbesondere bei älteren Patienten bzw. interaktionsrelevanter Komedikation bevorzugt eingesetzt werden. Unter sorgfältiger Nutzen-Schaden-Abwägung sollten Fluorchinolone aufgrund der Chinolon-assoziierten typischen Toxizitäten in folgenden Fällen vermieden werden [3]:

  • Bei Sportlern,

  • im hohem Alter (> 80 Jahre),

  • bei eingeschränkter Hirnleistung,

  • bei Aortenaneurysma,

  • bei gleichzeitiger systemischer Steroidtherapie.

Mittel der Wahl zur Behandlung einer ambulant erworbenen Pneumonie sind Penicillin-Derivate.

Ciprofloxacin sollte bei einer CAP aufgrund seiner schlechten Wirksamkeit gegen Pneumokokken und der raschen Selektion von Resistenzen vermieden werden und gilt sogar als kontraindiziert. Die Verwendung von Ciprofloxacin ist mit dem Auftreten von multiresistenten Enterobacteriaceae vergesellschaftet. Die Empfehlungen zur initialen kalkulierten antimikrobiellen Therapie sind in Tab. 2 zusammengefasst [3].

Tab. 2 Empfehlungen zur initialen kalkulierten antimikrobiellen Therapie der CAP [3]

Antibiotika bei Penicillin-Allergie

Mittel der Wahl bei einer CAP, vor allem wenn sie in Deutschland erworben wurde, sind wegen des günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses sowohl hinsichtlich der individuellen Toxizität als auch wegen der sehr geringen Resistenz in erster Linie Penicillin-Derivate. Allerdings geben bis zu 20% der Bevölkerung an, eine Penicillin-Allergie zu haben. Die Mehrzahl der Angaben von Patienten zu Penicillin-Allergien sind jedoch nicht valide [21]. Weniger als 5% der Patienten mit positiver Anamnese scheinen real auf Penicillin allergisch zu sein. Daher ist es sinnvoll, die Angabe einer Penicillin-Allergie zu hinterfragen und die Patienten aktiv von ihrem Stigma zu befreien (De-labeling-Strategie).

Grundsätzlich ist es sinnvoll und als ideale Vorgehensweise anzusehen, alle Patienten mit anamnestischen Angaben einer Penicillin-Allergie genau allergologisch durch einen Prick-Test zu untersuchen. Dies ist bei Vorliegen einer CAP jedoch nicht praktikabel. Mit dem PEN-FAST-Score können diejenigen Patienten identifiziert werden, die nur mit geringer Wahrscheinlichkeit tatsächlich eine Penicillin-Allergie haben (PEN-FAST-Score < 3) (Tab. 3) [22].

Tab. 3 PEN-FAST-Score [22]

In der Patientengruppe mit niedrigem Risiko für eine Penicillin-Allergie kann eine orale Exposition mit Penicillin unter Monitoring gefahrlos durchgeführt werden [23]. Diese Patienten sollten jedoch zumindest zu Beginn der Penicillin-Therapie stationär behandelt und dauerhaft überwacht werden.

Bei mäßigem Risiko oder schweren Reaktionen (Früh- oder Spätreaktionen sowie Typ-III-Reaktionen) bleiben alle Betalaktam-Antibiotika kontraindiziert.

Therapiedauer

Die empfohlene Dauer der antibiotischen Therapie wurde weiter reduziert (Tab. 4). Vor Therapieende soll eine klinische Stabilisierung für mindestens 2 Tage erfolgt sein. Eine Procalcitonin (PCT)-gesteuerte Strategie zur Bestimmung der Therapiedauer im individuellen Fall kann eingesetzt werden.

Tab. 4 Empfehlungen zur Dauer der Antibiotika-Therapie [3]

Azithromycin sollte in der Regel nicht länger als 3 Tage verabreicht werden, außer es handelt sich um eine Legionellen-Pneumonie. Eine Pneumonie durch Legionellen kann in schweren Fällen und bei Patienten mit Immunsuppression bis zu 10 Tage mit Azithromycin behandelt werden.

Umstellung auf orale Therapie

Zur Frage einer frühzeitigen oralen Therapie wurde eine Analyse aus 642 amerikanischen Krankenhäusern publiziert. Sie ergab, dass eine Umstellung auf eine orale Therapie bei einer CAP innerhalb von 3 Tagen möglich ist. Dies verkürzt die Dauer der antibiotischen Therapie und die gesamte Krankenhauszeit, ohne dass sich kritische Endpunkte wie das Auftreten von sekundären Infektionen, die Inzidenz einer invasiven oder nicht invasiven Beatmung, sekundäres Kreislaufversagen oder die 14-Tage-Mortalität verschlechtern [24].

Damit ergeben sich Optionen, wie die Therapie effektiver gestaltet und die Patienten früher entlassen werden können, wenn dies der allgemeine Zustand der oft multipel erkrankten Patienten zulässt. Durch die Umstellung kann der Aufenthalt im Krankenhaus und damit auch der Kostenfaktor reduziert werden. Doch eine Umstellung ist nur bei weniger schwer erkrankten Patienten möglich. In der Studie erfolgte eine Umstellung nur bei 6% der Patienten [24].

Tab. 5 Checkliste vor Anwendung von Glukokortikoiden bei Patienten mit CAP

Hydrocortison

Für Patienten mit einer schweren CAP (CRB-65-Score > 2), die auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, zeigte eine Studie, dass bei zusätzlicher Gabe von Hydrocortison die Mortalität niedriger war als in der Kontrollgruppe. Zudem waren die invasive Beatmung und das Auftreten eines septischen Schocks unter Hydrocortison weniger häufig. Typische Nebenwirkungen wie die Entgleisung des Blutzuckers traten nicht auf, auch wenn in den ersten Tagen der Bedarf an Insulin unter Hydrocortison höher war [25].

Die Gabe von Hydrocortison sollte zeitlich limitiert erfolgen. Die Dosis sollte nach etwa 4 Tagen beginnend schrittweise reduziert werden. In der Studie betrug die maximale Therapiedauer 14 Tage.

Typische Folgen der Therapie mit Hydrocortison sind mineralokortikoide Wirkungen mit dem Auftreten einer Hypernatriämie und die potenzielle Immunsuppression, die eine Reaktivierung viraler Infektionen, insbesondere eine Reaktivierung von Infektionen mit dem Zytomegalievirus (CMV) und Herpes begünstigen.

Mithilfe der Checkliste in Tabelle 5 kann geprüft werden, ob Hydrocortison eingesetzt werden kann. Für die Patientengruppe mit schwerer CAP ist die Gabe von Hydrocortison über einen zeitlich limitierten Verlauf nach dem aktuellen Stand zu empfehlen. Allerdings sollte das Auftreten von Virusreaktivierungen oder von Candida-Infektionen weiter analysiert werden.

Fazit für die Praxis

  • Klinische Zeichen der Pneumonie sind unspezifisch. Die klinische Untersuchung hat lediglich eine hohe negative Prädiktionskraft (Ausschluss einer Pneumonie).

  • Eine thorakale Bildgebung ist für eine sichere Diagnose unverzichtbar.

  • Das diagnostische Vorgehen ist abhängig von der Logistik für eine Röntgenaufnahme (Zeit bis zum Vorliegen des Ergebnisses), der Verfügbarkeit von thorakalem Ultraschall und der damit bestehenden Expertise, der Verfügbarkeit von Biomarker-Untersuchungen bzw. der Zeit bis zum Vorliegen der Ergebnisse.

    Die Therapie einer ambulant erworbenen Pneumonie sollte gemäß den etablierten Leitlinien durchgeführt werden.

  • Die diagnostische Aussagekraft einer Röntgenaufnahme des Thorax gerade bei leichtgradigen Pneumonien ist deutlich eingeschränkt.

  • Die Sonografie des Thorax ist nicht allgemein etabliert bzw. überall verfügbar. Zudem ist sie in der Identifikation von zentral gelegenen Verschattungen limitiert.

  • Biomarker erlauben weder eine sichere Identifikation von Pneumonien noch eine sichere Differenzierung von Fällen, die antimikrobiell behandelt werden sollen.

  • Die Therapie einer CAP sollte gemäß den etablierten Leitlinien durchgeführt werden.

  • Frühzeitig sollte ein kuratives versus palliatives Therapieziel festgelegt werden.

  • Alter und Zustand des Patienten (Mobilität, Bettlägerigkeit, subakute oder akute Symptomatik) sowie die soziale Einbindung des Patienten (allein lebend oder in Gemeinschaft) sollen in die Entscheidung einfließen, ob der Patient stationär behandelt werden soll.

    Die Gabe von Hydrocortison sollte zeitlich limiert erfolgen.

    Herausgeber der Rubrik CME Zertifizierte Fortbildung: Prof. Dr. med. J. Bogner, München, Prof. Dr. med. H.J. Heppner, Bayreuth, Prof. Dr. med. K. Parhofer, München

  • In erster Linie sollten Penicillin-Derivate eingesetzt werden, bei schwer erkrankten Patienten in Kombination mit Azithromycin. Die Antibiotika-Therapie sollte nur in begründeten Ausnahmefällen länger als 5 bis 7 Tage erfolgen.

  • Bei schwer erkrankten Patienten auf der Intensivstation sollte die Therapie eine auf maximal 14 Tage beschränkte Gabe von Hydrocortison beinhalten.