Die Inhalation von Medikamenten stellt die Grundlage der Therapie chronischer Atemwegserkrankungen dar. Im Alter nimmt die Therapiebedürftigkeit zu, gleichzeitig sinkt die Fähigkeit, eine korrekte Therapie durchzuführen.

Zwei Phänomene sind zu beobachten. Einerseits nehmen der Schweregrad einer obstruktiven Lungenerkrankung sowie die Zahl der Begleiterkrankungen zu. Zusätzlich treten physiologische altersabhängige Veränderungen der Lunge auf wie die Ab-nahme der Compliance der Thoraxwand und der Kraftverlust der Atemmuskulatur [1].

Diese Veränderungen erhöhen die Intensität von Symptomen (Luftnot bei körperlicher Belastung, Husten als Ausdruck der gestörten bronchialen Reinigung). Ein gesteigerter Therapiebedarf ist die Folge.

Andererseits treten manuelle und kognitive Defizite auf, die die korrekte Anwendung der Inhalationssysteme beeinträchtigen und die Adhärenz beeinflussen [2].

Einfluss des Alters auf die Inhalationstechnik

Barbara et al. führten eine Literatursuche zu dieser Fragestellung durch und identifizierten 14 Studien [3]. Hier zeigte sich ein Anstieg der Rate fehlerhafter Inhalationstechnik von ca. 30-40 % bei jüngeren Patienten auf 60-80 % bei Patienten über 65 Jahren. Einschränkend wird erwähnt, dass in diesen Studien "alte Patienten" unterschiedlich definiert wurden und häufig der sozioökonomische Status als wichtiger Einflussfaktor nicht erfasst wurde. In Infobox 1 sind häufige Probleme der Inhalationstechnik älterer Patienten dargestellt. Maricoto konnte in einer weiteren Übersicht diese Ergebnisse bestätigen [4] und einen Zusammenhang mit der Häufigkeit der Exazerbationen bei COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) nahelegen.

Gibt es bezüglich der Fehlerhäufigkeit Unterschiede zwischen den Inhalationssystemen?

Dosieraerosole

Der große Vorteil von Dosieraerosolen ist die konstante Abgabe der Dosis pro Sprühstoß unabhängig vom Inspirationsfluss des Patienten. Das Hauptproblem stellt die Koordination zwischen Inspiration und Freisetzung des Aerosols durch Druck auf den Metallkanister dar. Großvolumige Hohlraumsysteme mit Ventil senken die oropharyngeale Deposition und erleichtern die Koordination. Daher kann die Inhalation durch eine Pflegekraft oder Angehörige vorbereitet werden. Zwischen dem Einsprühen des Aerosols und dem Beginn der Inspiration dürfen je nach Vorschaltkammer 4-10 s vergehen [5]. Die Inhalation sollte stets über das Mundstück und nicht über eine Mund-Nasen-Maske erfolgen. Auch wenn Hohlraumsysteme als unhandlich gelten, stellen diese eine wichtige Hilfe in der Sicherstellung der Inhalationstherapie nicht nur älterer Menschen dar. Daten zur Bewertung der Therapie mit großvolumigen Hohlraumsystemen speziell im Alter liegen aller-dings nicht vor. Hohlraumsysteme werden häufig auch als "Spacer" bezeichnet. Spacer sind eigentlich nur kleinvolumige Distanzhalter.

Bei betagten Patienten kann die Daumenkraft abnehmen und die Auslösung des Dosieraerosols ("pressurized metered dose inhaler" [pMDI]) beeinträchtigt sein [6]. Auch hier ist dann die Unterstützung durch die betreuenden Personen, wie oben erwähnt, möglich.

Trockenpulverinhalatoren

Die Abnahme der Atemmuskelkraft und die Zunahme der Überblähung reduzieren den inspiratorischen Spitzenfluss und damit die Fähigkeit, die zur Desagglomeration des Pulvers erforderliche negative Druckdifferenz zu erzeugen [7]. Die Trockenpulverinhalatoren ("dry powder inhalers" [DPI]) unterscheiden sich u. a. dadurch von den pMDI, dass keine Koordination erforderlich ist. Es gibt aber Einschränkungen. Das Maximum des Inspirationsflusses ist in der frühen Inspiration (bis 200 ms) zu erreichen [8]. Schafft der Patient dies nicht, verlässt Pulver das Reservoir, ohne auf respirable Größe zerkleinert worden zu sein. Dies ist bei der Schulung zu berücksichtigen und stellt Anforderungen an die Koordination. Eine Spirometrie ist hilfreich, um den möglichen Inspirationsfluss abzuschätzen.

Bei Einzelkapselsystemen werden motorische und koordinative Fähigkeiten verlangt, um die Kapsel korrekt ins System einzulegen und nachfolgend anzustechen. Dabei ist auch das Sehvermögen von Bedeutung.

Samarghandi fand eine Beziehung zwischen der Handkraft und dem inspiratorischen Spitzenfluss [9]. Die Verminderung beider Faktoren wurde bei COPD-Patienten im Rahmen einer akuten Exazerbation beobachtet.

Ruessel et al. untersuchten geriatrische Patienten, die älter als 70 Jahre waren und noch nie ein Inhalationssystem benutzt hatten [10]. Es wurden unterschiedliche DPI, 2 pMDI und der Respimat® (Unternehmen Boehringer Ingelheim, Ingelheim) in einem Cross-over-Design zur Verfügung gestellt und die Patientenpräferenz sowie die Häufigkeit einer fehlerhaften Inhalation untersucht. Die Schulungsfrequenz bis zum Erreichen einer korrekten Ausführung war hierbei unabhängig von den kognitiven und motorischen Fähigkeiten. Die Einfachheit der Handhabung war ein wichtiger Faktor für die Prä-ferenz. Der DPI Nexthaler® (Unternehmen Chiesi, Hamburg) schnitt am besten ab. Allerdings ist in diesem System alleine die fixe Kombination aus lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetika (LABA) und inhalativem Steroid (ICS) verfügbar, aber kein lang wirksamer Muscarin-Antagonist (LAMA).

Dies verdeutlicht, dass das zu verordnende Medi-kament an erster Stelle steht und dann erst das mögliche Inhalationssystem ausgewählt werden kann. Prinzipiell können DPI bei geriatrischen Patienten erfolgreich angewendet und geschult werden.

Mechanischer Einstoffdüsenvernebler ohne Treibgas (Respimat®)

Vergleichbar mit dem pMDI sind auch bei diesem System die Anforderungen an die Koordination zu beachten. Allerdings kann bei eingeschränkter motorischer Fähigkeit die Vorbereitung zur Inhalation durch die Drehung des Basisteils mit der Medikamentenkartusche durch eine andere Person erfolgen. Zusätzlich wird die Koordination durch die niedrige Austrittsgeschwindigkeit und die lange im Raum stehende Sprühwolke (bis 1,5 s) erleichtert.

Bisher sind Tiotropium und Olodaterol als Einzel-substanzen und die Kombinationen Ipratropiumbro mid/Fenoterol und Tiotropium/Olodaterol im Respimat® verfügbar, aber kein inhalatives Steroid.

Vernebler

In den Empfehlungen zur Auswahl von Inhalationssystemen [11, 12] wird auf die Bedeutung der Koordinationsfähigkeit und die Höhe des Inspirationsflusses als wichtige Entscheidungskriterien hingewiesen. Falls beide Kriterien nicht erfüllt werden, stehen für die Applikation von inhalativen Medikamenten pMDI bzw. der Respimat® mithilfe von groß-volumigen Hohlraumsystemen sowie Vernebler zur Verfügung.

Am häufigsten werden Düsenvernebler verwendet. Vernebelt werden können kurz wirksame Beta- 2-Sypathomimetika, Anticholinergika sowie Steroide. Lang wirksame antiobstruktive Medikamente sind derzeit für Vernebler noch nicht verfügbar.

Ein neuer Ansatz ist die Entwicklung von Membranverneblern ("vibrating mesh nebulizer"). Diese kommen derzeit vor allem bei Patienten mit zystischer Fibrose zum Einsatz. Ein wichtiger Vorzug ist die Verkürzung der Vernebelungsdauer. Dies kann bei betagten Patienten von Vorteil sein. Der Zeitaufwand ist dann geringer, wenn eine Pflegekraft Hilfestellung geben sollte.

Formal müssten die vorgenannten Substanzen dann viermal täglich verabreicht werden. Dies führt zu einer im Pflegealltag erhöhten Arbeitsbelastung. Bevor aber überhaupt keine Therapie erfolgt, kann die zweimal tägliche Gabe ein akzeptabler Kompromiss sein, ohne dass hier Daten vorliegen würden.

In der akuten Situation können Vernebler dann bevorzugt werden, wenn die Patienten wegen Kurzatmigkeit aus dem Dosieraerosol nicht effektiv inhalieren können [13].

In Tab. 1 sind die Vor- und Nachteile der Verneblertherapie dargestellt. Bei älteren Patienten mit gestörter bronchialer Reinigung ist die Kombination der Inhalation mit einem Physiotherapiesystem (PARI-PEP® [PARI GmbH, Starnberg], VRP-Flutter® [tyco Healthcare, USA], RC-Cornet® [Fa. Cegla, Montabaur]) hilfreich.

Tab. 1 Vor- und Nachteile der Verneblertherapie

Erkrankungsbilder

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Altersunabhängig kommen bei COPD zur Inhalation LABA, LAMA und ICS zur Anwendung [13]. Bei fixen LABA/LAMA-Kombinationen stehen aktuell 5 verschiedene Inhalationsdevices zur Verfügung (Breezhaler® [Fa Novartis, Nürnberg], Ellipta® [GSK, München], Genuair® [Astra-Zeneca, Hamburg], pMDI Aerosphere® [Astra-Zeneca, Hamburg] und Respimat® [Boehringer-Ingelheim, Ingelheim]), bei fixen LABA/LAMA/ICS-Kombinationen ein pMDI, der Ellipta®-Inhaler und der Breezhaler®.

Alle Systeme können benutzt werden. Grundvor-aussetzung ist aber, dass die Systeme geschult werden und die Schulung regelmäßig wiederholt wird. Bei der initialen Schulung ist dann zu beurteilen, welches der genannten Systeme abhängig von der Medikamentenklasse für den individuellen Patienten infrage kommt.

Im Alter nimmt die Bedeutung der Nebenwirkungen zu. LABA können einen Tremor verstärken, der unter anderem die Adhärenz reduzieren kann. Eine Hypokaliämie kann durch die gleichzeitige Gabe von Diuretika und/oder Insulin verstärkt werden und die Zunahme einer schon vorbestehenden Adynamie bedingen.

LAMA können Mundtrockenheit verursachen. Dadurch kann die Nahrungsaufnahme beeinträchtigt und eine vorbestehende Malnutrition aggraviert werden. Ähnliches gilt für Steroide. Mund- und Rachensoor verändern das Geschmacksempfinden. Darüber hinaus können durch LAMA Miktionsbeschwerden bei Prostatahypertrophie verstärkt werden.

Gleichzeitig ist aber die Symptomwahrnehmung im Alter reduziert, Nebenwirkungen werden nicht mitgeteilt. Es ist daher wichtig, Nebenwirkungen aktiv zu erfragen und wahrzunehmen.

Des Weiteren beschreiben Kusonose et al., dass sich Gebrechlichkeit ("frailty") und COPD gegenseitig verstärken [14]. Eine italienische Studie zeigte bei 932 COPD-Patienten im mittleren Alter von 80 Jahren mehr Komorbiditäten im Vergleich zu gleichaltrigen Patienten, die sich ebenfalls in stationärer Be-handlung befanden [15]. Insbesondere waren die Rate kognitiver Defizite und die Einstufung in einem Depressionsscore höher.

Die korrekte Schulung ist in jedem Alter von gro-ßer Bedeutung. Die genannten Defizite bei älteren Patienten führen darüber hinaus dazu, dass neben einem erhöhten Schulungsaufwand auch die Adhärenz abnehmen kann. Hier sollten aktiv willentliche und unwillentliche Gründe erfragt werden.

Außerdem haben Puente-Maestu et al. die Ge-sundheitskompetenz ("health literacy") bei Patienten mit COPD untersucht [16]. COPD-Patienten wiesen eine verminderte Gesundheitskompetenz auf, die die täglichen Aktivitäten beeinträchtigte und die Krankhauseinweisungen erhöhte.

Luley et al. berichteten von einem erfolgreichen videoassistierten Training bei geriatrischen Patienten [17]. Einfache Botschaften, reduzierte Therapiepläne und vereinfachte Therapieschemata mit ggf. Verwendung von Kombinationspräparaten zur Inhalation sind wichtig.

Asthma bronchiale

Letztlich gelten die im Abschnitt COPD genannten Aspekte ebenso für ältere Patienten mit Asthma bronchiale. Chotirmall weist auf die Probleme der Durchführung und Interpretation der Lungenfunktion zum Nachweis einer variablen Obstruktion hin [18]. In der GINA-Empfehlung gibt es ein Unterkapitel zum Thema "ältere Patienten" [19]. Es wird auf die altersabhängige Verschlechterung der Lungenfunktion hingewiesen. Ältere Patienten können eine zunehmende Luftnot bei körperlicher Belastung als altersbedingtes Phänomen einschätzen und in der Folge erst verzögert ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

In Studien werden Nebenwirkungsprofile nur eingeschränkt erfasst, da häufig Patienten > 80 Jahre nicht in Studien einbezogen werden. Auf die Bedeutung eines einfachen Therapieregimes und die Vermeidung des Einsatzes unterschiedlicher Inhalationssysteme wird hingewiesen.

Chronische, nicht obstruktive Bronchitis

Im Alter nimmt die Zahl der Patienten mit einer Verminderung der bronchialen Klärrate zu. Dies ist bedingt durch eine verminderte Mobilität, eine Reduktion der Effizienz des Hustenstoßes und das Auftreten von Thoraxdeformitäten. Die dadurch verlängerte Verweildauer inhalierter infektiöser Partikel kann zu einer erhöhten Rate von Bronchialinfektionen oder Pneumonien mit Hospitalisationen und in der Folge zu einer Reduktion der Lebensqualität führen. Hinzu kommen Mikroaspirationen, die in eine chro-nische Bronchitis münden können. Dies kann bei Residuen nach einem zerebralen Insult oder beim Morbus Parkinson beobachtet werden.

Therapieempfehlungen liegen für diese praktische wichtige Problematik nicht vor. Ebenso gibt es keine Studien, die einen Langzeitvorteil durch die Inhalation von mukoaktiven Substanzen belegen können. Zunächst kann nur der Patient als n = 1-Studie betrachtet werden, d. h. führt die verordnete Substanz zu einer unmittelbaren Erleichterung des Abhustens oder zu einer Senkung der Viskosität des Mukus. Dies könnte durch die Inhalation von kurz wirksamen Beta-2-Sympathomimetika erreicht werden. Isotone Kochsalzlösung dient dabei als Trägerlösung, während hypertone Kochsalzlösung die Rheologie des Mukus beeinflusst [20]. Hier ist zu beachten, dass die hypertone Lösung eine eventuell vorbe-stehende bronchiale Überempfindlichkeit verstärken kann.

Auch die Inhalation von isotonem, alkalischen Emser® (Sidroga, Bad Ems) Salz verbessert im Akutversuch die bronchiale Reinigung bei Patienten mit chronischem Husten [21].

Die bronchiale Reinigung wird insbesondere durch die Erhaltung der Mobilität verbessert. Diese kann z. B. durch die Verordnung eines Rollators oder von Kranken- und Atemgymnastik erfolgen. Unterstützt wird das Abhusten durch Hilfsmittel, z. B. das PARI-PEP®-System, VRP-Flutter® und RC-Cornet®.

Fazit für die Praxis

  • Die Inhalationstherapie im Alter bedarf besonde-rer Aufmerksamkeit.

  • Die korrekte Anwendung der Systeme ist Folge einer an die individuellen Fähigkeiten des Patienten adaptierten Schulung [22]. Dazu gehört ein adäquater Wissensstand der an der Schulung beteiligten Personen. Bei Patienten mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten sollten die Angehörigen oder das Pflegepersonal einbezogen werden.

  • Die Schulung ist im Verlauf zu wiederholen. Der Verweis auf den Beipackzettel allein ist nicht aus-reichend. Die Schulungsvideos zu allen Inhalati-onssystemen der Deutschen Atemwegsliga (www.atemwegsliga.de/richtig-inhalieren.html) sind sehr hilfreich, sowohl für Patienten und Angehörige als auch für die Schulenden.

  • Vor der Auswahl eines Inhalationssystems ist zu klären, welche Erkrankung vorliegt und welche Medikamente zur Anwendung kommen sollen [23]. Daraus ergibt sich die Option verschiedener verfügbarer Inhalationssysteme. Die Koordinationsfähigkeit sowie der inspiratorische Spitzenfluss sind zu prüfen und zu beurteilen.

  • Die Therapiepläne sind einfach zu strukturieren, da durch die erhöhte Komorbidität die weitere Medikation zu berücksichtigen ist. Die Zahl der täglichen Inhalationen soll so gering wie möglich gehalten werden - ggf. unter Verwendung von Kombinationspräparaten. In Bezug auf die Adhärenz und die Merkfähigkeit des korrekten Inhalationsmanövers kann weniger mehr sein.

    Herausgeber der Rubrik CME Zertifizierte Fortbildung: Prof. Dr. med. J. Bogner, München, Prof. Dr. med. H.J. Heppner, Schwelm, Prof. Dr. med. K. Parhofer, München

Dieser Beitrag ist eine aktualisierte und neu bearbeitete Fassung des Beitrags Haidl P, Siemon K, Mezrhab J. Probleme der Inhalation im Alter. Pneumologe. 2021;18:154-61.