Ätiologische Klassifikation als Basis für die Schlaganfallprävention

Die Ursachenabklärung und hierauf basierende ätiologische Klassifikation des ischämischen Schlaganfalls ist von großer Bedeutung für eine rationale präventive Therapie (Abb. 1). Basierend auf den Kriterien des Trial of Org 10172 in Acute Stroke Treatment (TOAST) [1] werden makroangiopathische, mikroangiopathische, kardioembolische und unklare ("kryptogene") Ursachen unterschieden, mit einem Anteil von je 20-30% am Gesamtaufkommen der Hirninfarkte [2]. Vom Pathomechanismus her sind makroangiopathische, kardiogene und kryptogene Infarkte oft embolisch, während mikroangiopathische Infarkte durch lokale Arterio- bzw. Arteriolosklerose der kleinen intrazerebralen Gefäße entstehen. Für die Ursachenaufklärung spielt die kraniale Magnetresonanztomografie (MRT) eine wichtige Rolle, da sich anhand des Infarktmusters häufig Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Ätiologie ziehen lassen [3]. Embolische Infarkte weisen im MRT typischerweise eine Beteiligung des Kortex auf, wobei größere Territorialinfarkte mit kortikal-subkortikaler Ausdehnung häufig bei kardiogener Embolie z.B. infolge eines Vorhofflimmerns zu finden sind (Abb. 2), während multiple kleinere, rein kortikal in einem Gefäßterritorium verstreute Infarkte vor allem bei symptomatischer Makroangiopathie, z.B. symptomatischer Stenose der ipsilateralen Arteria carotis interna, vorkommen [3]. Die bei Hypertonikern und Diabetikern häufigen mikroangiopathischen Infarkte zeichnen sich durch eine charakteristische MR-Morphologie mit sogenannten lakunären, d. h. relativ kleinen Läsionen aus (bis ca. 2 cm Durchmesser), die subkortikal im Versorgungsgebiet kleiner penetrierender Arterien und Arteriolen in den Stammganglien oder der weißen Substanz liegen (Abb. 3a). Darüber hinaus zeigt das MRT bei der Mikroangiopathie oft multiple ältere, bihemisphärisch verteilte Lakunen und Hyperdensitäten der weißen Substanz (Abb. 3b), die als subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie bezeichnet werden und ihr klinisches Korrelat in fortschreitenden kognitiven, psychiatrischen und neurologischen Defiziten finden [4].

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Quelle: S. Jander, Marien Hospital Düsseldorf

Sekundärprävention des Hirninfarktes. Konsequente Risikofaktortherapie ist grundsätzlich erforderlich. Darüber hinaus stellen Revaskularisation und Antikoagulation spezifische Therapieansätze bei makroangiopathischer bzw. kardioembolischer Ätiologie dar.

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© Fotos: Prof. Dr. S. Diederich, Marien Hospital Düsseldorf

78-jährige Patientin mit schwerer Hemiparese links und Vigilanzminderung. Das diffusionsgewichtete MRT (a) zeigt einen ausgedehnten Territorialinfarkt im rechten Mediastromgebiet, korrespondierend zu einem embolischen Verschluss der Arteria cerebri media in der MR-Angiografie (b).

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© Fotos: Prof. Dr. S. Diederich, Marien Hospital Düsseldorf

74-jährige Patientin mit leichter Hemiparese rechts und Dysarthrie. Das diffusionsgewichtete MRT (a) zeigt einen akuten lakunären Infarkt in der Capsula externa links (Pfeil). In der FLAIR-Wichtung (b) finden sich darüber hinaus ausgeprägte chronische Veränderungen im Sinne einer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie.

Die ätiologische Abklärung des ischämischen Schlaganfalls umfasst standardmäßig nicht invasive Gefäßdiagnostik mittels extra- und transkranieller Duplexsonografie und ggf. auch CT- oder MR-Angiografie, EKG- und Langzeit-EKG-Ableitungen mit der Frage nach (paroxysmalem) Vorhofflimmern sowie die transthorakale Echokardiografie zur Abklärung bzgl. einer strukturellen kardialen Pathologie. Sollten diese Untersuchungen keine Anhaltspunkte für eine potenzielle Emboliequelle ergeben und die Bildgebung nicht für eine mikroangiopathische Genese sprechen, muss zusätzliche Diagnostik durchgeführt werden. Besondere Bedeutung hat bei kryptogen-embolischer Infarktätiologie die Suche nach paroxysmalem Vorhofflimmern, das selbst bei wiederholter Langzeit-EKG-Ableitung vielfach dem Nachweis entgeht. Zur erweiterten Rhythmusdiagnostik werden implantierbare Loop-Recorder (ILR) eingesetzt, die in der CRYSTAL-AF-Studie beim kryptogen-embolischen Schlaganfall über einen Zeitraum von drei Jahren in ca. 30% den Nachweis okkulten Vorhofflimmerns erbrachten [5]. Alternativ zeichnet sich in jüngster Zeit auch der Einsatz appbasierter Methoden zum Rhythmusmonitoring, z.B. anhand von Smartwatches ab [6]. Trotz aller diagnostischer Bemühungen verbleibt ein relevanter Anteil von ca. 30% der Hirninfarkte und TIA's im klinischen Alltag ätiologisch ungeklärt und stellt damit auch für die präventive Therapie ein ungelöstes Problem dar. Hieran haben auch die auf dem ESUS(Embolic Stroke of Undetermined Etiology)-Konstrukt basierenden Therapiestudien zur oralen Antikoagulation leider nichts geändert [2, 7, 8].

Therapiekonzepte der Schlaganfallprävention

Die Therapie zur Prävention eines Schlaganfalls umfasst zum einen die Einstellung kardiovaskulärer Risikofaktoren, zum anderen die gezielte Behandlung spezifischer Schlaganfallursachen (Abb. 1). Überragende Bedeutung hat die orale Antikoagulation bei nachgewiesenem Vorhofflimmern, bevorzugt mit direkten oralen Antikoagulantien [9], und die revaskularisierende Therapie hochgradiger Stenosen der A. carotis interna mittels Thrombendarteriektomie oder Stentimplantation. Eine bereits eingetretene neurologische Symptomatik in Form eines Schlaganfalls oder einer TIA ist grundsätzlich mit einer erheblichen Steigerung des kardiovaskulären Gesamtrisikos und des Schlaganfallrisikos verbunden und für die Therapieentscheidung häufig ausschlaggebend. So ist das Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern und nach durchgemachtem Schlaganfall- bzw. einer TIA fast doppelt so hoch wie bei neurologisch asymptomatischen Patienten [10], sodass die orale Antikoagulation nach kardioembolischem Schlaganfall oder TIA auch ohne Vorliegen weiterer Risikofaktoren grundsätzlich indiziert ist.

Eckpfeiler in der Prävention des nicht kardioembolischen Hirninfarkts ist die thrombozytenaggregationshemmende Therapie. Standard ist die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg pro Tag. Basierend auf den Ergebnissen der POINT-Studie wird nach leichtem Hirninfarkt oder TIA mit Hochrisikoprofil auch die vorübergehende duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel für das Initialstadium der ersten drei Wochen nach Ereignis empfohlen [11, 12]. Hiervon scheinen Patienten mit atherosklerotischer Makroangiopathie in besonderem Maße zu profitieren [13]. Hingegen führt die duale Therapie bei mikroangiopathischen Infarkten zu keiner signifikanten Reduktion des Rezidivrisikos bei gleichzeitig erhöhter Blutungsrate [14]. In der Primärprävention hat die Behandlung mit ASS keinen signifikanten Nettonutzen. So war in der ASCEND-Studie die ASS-Therapie bei Diabetikern ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung zwar mit einer signifikanten Reduktion des kardiovaskulären Kombinationsendpunktes und einer nicht signifikanten Senkung des Schlaganfallrisikos assoziiert, was aber durch eine signifikant erhöhte Rate schwerer Blutungen neutralisiert wurde [15].

Schlaganfallprävention bei Menschen mit Diabetes mellitus

Der Diabetes mellitus ist mit einem erhöhten Risiko für alle ätiologischen Subgruppen des Hirninfarktes verbunden. Genetische Randomisierungsanalysen zeigten insbesondere eine Assoziation zwischen Typ-2-Diabetes und makroangiopathischem und mikroangiopathischem Schlaganfall [16]. Im klinischen Alltag liegt der Diabetes nahezu immer gemeinsam mit anderen Risikofaktoren vor, von denen die arterielle Hypertonie und erhöhtes LDL-Cholesterin in therapeutischer Hinsicht besonders relevant sind. Intensivierte Blutdrucktherapie führt generell zu einer erheblichen Absenkung des Schlaganfallrisikos [17]. Bei Typ-2-Diabetikern reduzierte die systolische Blutdrucksenkung unter 120 mmHg im Vergleich zu Werten unter 140 mmHg in der ACCORD-Studie das jährliche Schlaganfallrisiko um 41%, war allerdings auch mit einer erhöhten Rate schwerwiegender Nebenwirkungen assoziiert [18]. In der Metaanalyse wurde ein systolisches Blutdruckziel <130 mmHg als optimaler Kompromiss zwischen kardiovaskulärer Risikoreduktion und der Vermeidung schwerwiegender Nebenwirkungen identifiziert [17].

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© Pixel-Shot / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

Diabetespatienten haben meist auch erhöhte Blutfett- und Blutdruckwerte und profitieren von präventiven Interventionen in besonderem Maße.

Hinsichtlich LDL-senkender Therapie nach Schlaganfall führte in der Studie SPARCL (Stroke Prevention by Aggressive Reduction in Cholesterol Level) die Behandlung mit 80 mg Atorvastatin täglich über 5 Jahre zu einer 16%igen Risikoreduktion für Rezidivschlaganfälle [19]. Die Ausgangswerte für das LDL-Cholesterin lagen zwischen 100 und 190 mg/dl und erreichten während des Studienzeitraums im Durchschnitt 73 mg/dl mit dem Statin und 129 mg/dl mit Placebo. Typ-2-Diabetiker hatten in SPARCL ein 1,6-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko und profitierten hinsichtlich der relativen Risikoreduktion ähnlich wie Nichtdiabetiker, wiesen aufgrund der höheren Ereignisrate aber eine größere absolute Risikoreduktion auf [20]. In der TST(Treat Stroke to Target)-Studie führte die LDL-Senkung unter 70 mg/dl im Vergleich zu 90-110 mg/dl zu einer weiteren Absenkung des kardiovaskulären Kombinationsendpunktes und war in der Sekundäranalyse auch mit einer signifikanten Reduktion des Schlaganfallrisikos assoziiert [21, 22]. Diabetiker hatten auch in der TST-Studie eine höhere Ereignisrate und wiesen im Vergleich zu Nichtdiabetikern bei LDL-Absenkung unter 70 mg/dl eine größere absolute Risikoreduktion für Rezidiv-Schlaganfälle auf [22].

Insgesamt zeigen die Studien zur Blutdruck- und LDL-Senkung eindrücklich eine zum Ausmaß der Risikofaktor-Absenkung proportionale Reduktion des Schlaganfallrisikos, wobei Diabetiker von einer intensivierten Behandlung besonders profitieren.

Komplexer ist jedoch die Situation hinsichtlich der antidiabetischen Therapie. Obwohl das Schlaganfallrisiko von Diabetikern pro 1%-Anstieg des HbA1c-Wertes um den Faktor 1,17 erhöht ist [23], konnte lange Zeit keine Risikoreduktion durch intensivierte antidiabetische Therapie nachgewiesen werden. So ergab sich in der Metaanalyse zum Metformin ein neutrales Ergebnis für das Schlaganfallrisiko (HR 1,04 vs. Kontrolle) und allenfalls tendenzielle, statistisch nicht signifikante Vorteile für die Endpunkte kardiovaskulärer Tod (HR 0,96) und nichtfataler Herzinfarkt (HR 0,89) [24]. Der PPARgamma-Agonist Pioglitazon hat zwar einen protektiven Effekt mit Reduktion des Schlaganfallrisikos auch bei Prädiabetes [25], spielt aber aufgrund seines Nebenwirkungsprofils in der Therapie keine Rolle. Erst die Studien zu neueren Antidiabetika erbrachten beim Typ-2-Diabetes signifikante Risikoreduktionen für kardiovaskuläre Endpunkte bei gleichzeitig akzeptablem Nebenwirkungsprofil [26].

Besondere Bedeutung für die Schlaganfallprophylaxe haben GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) wie Dulaglutid und Semaglutid. In einer explorativen Sekundäranalyse der REWIND-Studie hatten während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,4 Jahren 158 (3,2%) Teilnehmer in der Dulaglutid-Gruppe und 205 (4,1%) Teilnehmer in der Placebo-Gruppe einen Schlaganfall (HR 0,76, 95%-KI 0,62-0,94; p = 0,010) [27].

Ischämische Schlaganfälle wurden in ähnlichem Ausmaß reduziert (HR 0,75, 0,59-0,94, p=0,012), während die Rate hämorrhagischer Schlaganfälle nicht beeinflusst wurde (HR 1,05, 0,55-1,99; p=0,89). Nach Adjustierung für Effekte auf HbA1c und Blutdruck (im Mittel -0,61% bzw. -1,7 mmHg unter Dulaglutid) war die Schlaganfallreduktion durch Dulaglutid statistisch zu ca. 50% auf die Senkung des HbA1c und zu ca. 14% auf die des Blutdrucks zurückzuführen [27], sodass ein signifikanter Einfluss weiterer protektiver Effekte anzunehmen ist. Hierfür werden direkte Wirkungen von GLP-1-RA auf zerebrale Blutgefäße postuliert wie die Verbesserung des mikrovaskulären Blutflusses, antiproliferative Effekte auf glatte Myozyten und gesteigerte NO-Produktion [27].

Neben den GLP-1-RA wurden auch für SGLT-2-Inhibitoren wie Empagliflozin und Dapagliflozin protektive kardiovaskuläre Effekte nachgewiesen, die sich jedoch im Unterschied zu den GLP-1-RA in einer Reduktion schwerer Herzinsuffizienz manifestieren, das Schlaganfallrisiko aber nicht absenken [26].

Vaskuläre versus degenerative Pathogenese von Demenzerkrankungen

Bei den Demenzerkrankungen werden nach klassischen Konzepten neurodegenerative Demenzen mit dem Prototyp des Morbus Alzheimer von sogenannten vaskulären Demenzen unterschieden. Die Diagnose einer Alzheimer-Demenz wird klinisch anhand des neuropsychologischen Befundes bei Ausschluss anderer Ursachen wahrscheinlich gemacht und anhand der quantitativen Bestimmung von Amyloid-beta-, Tau- und Phospho-Tau-Peptiden im Liquor cerebrospinalis gestützt [28]. Kompliziert wird die Situation dadurch, dass in vielen Fällen einer klinisch wahrscheinlichen Alzheimer-Demenz das MRT mehr oder weniger ausgeprägte vaskuläre, meist mikroangiopathisch anmutende Veränderungen aufweist [29] (Abb. 4). Eine offene Frage ist, ob es sich hierbei um eine Koinzidenz häufiger Pathologien handelt oder ob vaskuläre Prozesse kausal an der Entstehung neurodegenerativer Demenz beteiligt sind. Unabhängig von derartigen mechanistischen Überlegungen legen epidemiologische Modellrechnungen nahe, dass die weltweite Inzidenz von Alzheimer-Demenz durch konsequente Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren langfristig um bis zu 25% abgesenkt werden könnte [30].

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Quelle: S. Jander, Marien Hospital Düsseldorf

Pathogenetisches Kontinuum neurodegenerativer und vaskulärer Demenz.

Diabetes und Demenz

Im Einklang mit kernspintomografischen Befunden wiesen Autopsie-Studien in Gehirnen von Typ-2-Diabetikern im Vergleich zu Nichtdiabetikern vermehrte Arteriolosklerose mit ischämischer Rarefizierung der weißen Substanz und lakunären Infarkten nach. Hingegen ergab sich autoptisch kein klarer Zusammenhang zwischen einem vorbestehenden Diabetes mellitus und einer für Alzheimer typischen Amyloid- oder Tau-Pathologie [31, 32]. Inwieweit Diabetes neben vaskulärer auch alzheimertypische Hirnpathologien auslösen oder verstärken könnte, wird somit kontrovers diskutiert. Als neuer Erklärungsansatz für den epidemiologisch gesicherten Zusammenhang zwischen Diabetes und Demenz hat das Konzept der sog. Hirn-Insulin-Resistenz ("brain insulin resistance") besonderes Interesse gefunden [33, 34]. Insulin-Rezeptoren werden im ZNS ubiquitär auf neuronalen und glialen Zellen exprimiert, induzieren synaptische Plastizität und inhibieren neuronale Apoptose. In Post-mortem-Studien mit Gehirnen von Alzheimerpatienten war die Expression von Insulin, Insulinrezeptoren und hiervon abhängigen Signalproteinen in für die Kognition kritischen Hirnarealen reduziert [35], sodass eine reduzierte Insulinwirkung im Gehirn ursächlich an der Demenzentwicklung beteiligt sein könnte. Interessanterweise führt die selektive Ausschaltung von neuronalen Insulinrezeptoren in Knock-out-Mäusen zu diätetisch induzierbarer Fettleibigkeit mit gesteigerter Körperfettmasse und Insulinresistenz [36]. Umgekehrt beeinträchtigt periphere Insulinresistenz den rezeptorvermittelten Transport von zirkulierendem Insulin über die Blut-Hirn-Schranke [37], sodass eine verminderte Insulinwirkung im Gehirn einerseits direkt durch zentrale Insulinresistenz entstehen, andererseits aber auch Folge peripherer Insulinresistenz sein könnte. Die komplexe Interaktion zwischen zentraler und peripherer Insulinresistenz und der Entstehung neurodegenerativer Demenzen wird derzeit noch nicht ganz verstanden, könnte aber neue Ansätze für die präventive Therapie liefern.

Demenzprävention durch antidiabetische Therapie?

Kognitive Verlaufsuntersuchungen wurden in einer Reihe kardiovaskulärer Outcome-Studien zur Therapie des Typ-2-Diabetes durchgeführt. In der ACCORD-MIND-Studie wurde kognitive Leistungsfähigkeit durch intensivierte Blutzuckerkontrolle mit einem HbA1c-Zielwert < 6,0% nicht positiv beeinflusst [36]. Von den neueren Substanzen konnte für den Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitor Linagliptin ebenfalls kein vorteilhafter Effekt auf den kognitiven Abbau nachgewiesen werden [39]. In einer explorativen Sekundäranalyse der REWIND-Studie wurde hingegen erstmals gezeigt, dass der GLP-1-RA Dulaglutid die Rate substanziellen kognitiven Abbaus signifikant verringerte (HR 0,86, 95%-KI 0,79-0,95) [40]. Das Ergebnis wurde durch Adjustierung für im Studienverlauf neu auftretenden Schlaganfall nicht beeinflusst, sodass die kognitiven Auswirkungen von Dulaglutid unabhängig von seinem Effekt auf das Schlaganfallrisiko zu sein scheinen und u. a. über zentral exprimierte GLP-1-Rezeptoren vermittelt werden könnten.

Von den kognitiven Substudien kardiovaskulärer Outcome-Studien bei Typ-2-Diabetes zu unterscheiden sind jene Studien, in denen die Auswirkungen einer antidiabetischen Therapie bei nichtdiabetischen Patienten mit kognitiver Dysfunktion oder Demenz untersucht wurden. Basierend auf dem Konzept einer zentralen Insulinresistenz könnte eine Erhöhung der Insulinkonzentration im Gehirn auch bei primär neurodegenerativer Demenz therapeutische Wirkungen haben. Zur Testung dieser Hypothese ist die intranasale Verabreichung von Insulin ein interessanter Ansatz, da Insulin hierbei unter Umgehung der Blut-Hirn-Schranke rasch entlang olfaktorischer und trigeminaler Nervenbahnen in das ZNS gelangt. In einer placebokontrollierten Pilotstudie mit 104 Patienten mit kognitiver Beeinträchtigung oder milde bis mäßig ausgeprägter Alzheimer-Demenz führte eine intranasale Insulintherapie über vier Monate zu einer Verbesserung kognitiver und mnestischer Funktionen [41]. Dieser Effekt konnte in einer anschließenden Studie, die intranasale Insulintherapie bei 289 Demenzpatienten über einen längeren Zeitraum von 12 Monaten untersuchte, jedoch nicht reproduziert werden [42].

Zusammenfassung

Eckpfeiler in der Prävention des ischämischen Schlaganfalls ist einerseits die Reduktion klassischer modifizierbarer Risikofaktoren, andererseits die Behandlung spezifischer Schlaganfallursachen, unter denen das Vorhofflimmern und die atherosklerotische Makroangiopathie besondere Bedeutung haben. In der Risikofaktortherapie beim Typ-2-Diabetes führt vor allem stringente Blutdruckeinstellung und LDL-Absenkung zu einer deutlichen Reduktion des Schlaganfallrisikos. Neuere Studien geben jetzt erstmals auch Anhaltspunkte für schlaganfallreduzierende Effekte einer antidiabetischen Therapie mit GLP-1-Rezeptoragonisten. Das erhöhte Demenzrisiko von Diabetikern ist wahrscheinlich Folge mikrovaskulär bedingter Hirnschädigung, könnte aber auch auf zentrale Insulinresistenz zurückzuführen sein. Auch in der Demenzprävention gibt es erste Hinweise für einen protektiven Effekt von GLP-1-Rezeptoragonisten.

Herausgeber der Rubrik CME Zertifizierte Fortbildung: Prof. Dr. med. J. Bogner, München, Prof. Dr. med. H.J. Heppner, Schwelm, Prof. Dr. med. K. Parhofer, München

Danksagung

Die kernspintomografischen Bilder wurden freundlicherweise von Prof. Dr. S. Diederich, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Marien Hospital Düsseldorf, zur Verfügung gestellt.