Bei der Behandlung des Morbus Crohn wird heute eine endoskopisch unauffällige Mukosa angestrebt. Dafür steht Gastroenterologen inzwischen ein breites Spektrum an Medikamenten zur Verfügung.

Die Inzidenz chronisch entzündlicher Darmerkrankungen nimmt weltweit zu. An einem Morbus Crohn leiden in Deutschland etwa 320 von 100.000 Menschen, das ist eine der global höchsten Prävalenzraten [1]. Die Pathogenese und damit die Ursachen für den Anstieg sind unbekannt, vermutet werden neben einer genetischen Prädisposition auch eine Rolle des Mikrobioms und von Umwelteinflüssen, etwa einer gesteigerten Hygiene. Für die Behandlung dieser chronisch entzündlichen Darmerkrankung, die sich über den Darm hinaus ausbreiten und auch extraintestinal manifestieren kann, gibt es daher trotz zahlreicher Neueinführungen keine kausale Therapie. Wie die vorhandenen Optionen am besten eingesetzt werden, damit Symptome reduziert und Komplikationen verhindert werden, haben Dr. Sarah Fischer und Prof. Markus F. Neurath vom Universitätsklinikum Erlangen in "Der Gastroenterologe" zusammengefasst [2].

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Therapieziel ist die Heilung der Mukosa.

Akuten Schub frühzeitig erkennen

Um das Fortschreiten der Erkrankung zu vermeiden, ist die Mukosaheilung, das heißt die Abwesenheit endoskopisch sichtbarer Läsionen, anzustreben. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Erkrankung früh erkannt und zügig behandelt wird. Ein akuter Schub kann sich z. B. durch Diarrhö, abdominelle Schmerzen und Gewichtsverlust bemerkbar machen. Anamnese und Blut- und Stuhluntersuchungen (z. B. auf Calprotectin) sind für die Diagnose nicht spezifisch genug, entscheidend ist der endoskopische Befund: Vor Beginn einer Therapie muss die Entzündungsaktivität objektiviert werden. Das ist beim M. Crohn besonders wichtig, weil die klinische Aktivität durch krankheitsassoziierte Faktoren (z. B. Nahrungsmittelintoleranz, fibrotische Strukturen) imitiert werden oder differenzialdiagnostisch (z. B. durch GI-Infektionen) bedingt sein kann. Per Endoskopie lassen sich zudem Befallsmuster und Krankheitstyp - inflammatorisch oder stenosierend - feststellen; ggf. sind zusätzlich bildgebende Untersuchungen mit MRT, CT oder Ultraschall erforderlich.

Step-up oder Top-down?

Die Wahl der Therapie im akuten Schub orientiert sich vor allem an Befallsmuster und Schwere der Erkrankung, den Vortherapien sowie patientenspezifischen Kriterien wie Alter, Komorbiditäten oder Familienplanung. Üblicherweise wird dabei auf eine akzelerierte Step-up-Strategie gesetzt. Das heißt, es wird mit niedrigpotenten Therapien begonnen und bei fehlendem Ansprechen nach kurzer Beobachtungszeit auf höherpotente Medikamente eskaliert. Manche Patienten profitieren allerdings von einem aggressiven Therapieeinstieg mit ggf. nachfolgender Deeskalation: Bei einem schweren Schub oder anderen ungünstigen prognostischen Faktoren (Tab. 1) ist eine Top-down-Strategie von Vorteil.

Tab. 1 Prognostisch ungünstige Faktoren

Bei lokalisiertem Befall des Ileums (≤ 30 cm) und milder bis moderater Krankheitsaktivität kann eine Therapie mit Budesonid per os eingeleitet werden. Measalazin kommt anders als bei der Colitis ulcerosa wegen fehlender Wirksamkeit nicht zum Einsatz, wohl aber kann das verwandte Sulfasalazin eingesetzt werden, allerdings nur zur Remissionsinduktion. Ein gastroduodenaler Befall mit maximal mittelmäßiger Aktivität kann mit Protonenpumpeninhibitoren behandelt werden.

Bei moderater bis schwerer Aktivität einer Ileitis terminalis oder Crohn-Kolitis, bei ausgedehntem Dünndarmbefall sowie bei schwerer gastroduodenaler Aktivität oder ösophagealem Befall sind systemisch wirkende Glukokortikoide wie Prednisolon indiziert. Wegen der möglichen Langzeitnebenwirkungen wie Diabetes, Osteoporose oder Wundheilungsstörungen soll die Therapiedauer jedoch zwölf Wochen nicht überschreiten.

Steroidrefraktärer Verlauf

Wenn die Patienten trotz adäquat dosierter Steroidtherapie über vier Wochen eine anhaltende klinische Aktivität zeigen, ist von einem steroidrefraktären Verlauf auszugehen. Können lokale Komplikationen wie Fisteln oder Abszesse als Ursache ausgeschlossen werden, ist bei steroidrefraktärem Verlauf ebenso wie bei Intoleranzen oder Kontraindikationen gegen Steroide eine Behandlung mit den TNF-alpha-Antikörpern Infliximab oder Adalimumab angezeigt. Alternativen zu den TNF-Inhibitoren sind das Antiadhäsionsmolekül Vedolizumab und der IL-12-/IL-23-Antikörper Ustekinumab. Im Sinn einer Top-down-Strategie kann bei ausgedehntem Dünndarmbefall auch der frühe Einsatz von TNF-Antikörpern plus Thiopurin in Betracht gezogen werden. In dieser Situation ist wegen des Verlusts von Resorptionsfläche und der Gefahr einer Malabsorption zudem frühzeitig eine Ernährungstherapie einzuleiten.

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Ein Gewichtsverlust von über 5 kg vor der Diagnosestellung ist prognostisch ungünstig.

Vor allem bei lokalisiertem Befall und fehlendem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie soll mit den Patienten die Möglichkeit einer chirurgischen Resektion besprochen werden. Wiederholte Resektionen sind wegen der Gefahr eines Kurzdarmsyndroms jedoch zu vermeiden.

Kein Remissionserhalt durch Steroide

Die Behandlung des Morbus Crohn beschränkt sich nicht auf die Schubtherapie. Unter bestimmten Voraussetzungen ist zusätzlich eine remissionserhaltende Behandlung angezeigt. Das ist der Fall bei steroidrefraktärem oder -abhängigem Verlauf, bei schweren Schüben, ausgedehntem Dünndarmbefall, mehr als zwei Schüben pro Jahr oder prognostisch ungünstigen Faktoren (Tab. 1).

Da Steroide nicht nur inakzeptable Nebenwirkungen haben, sondern auch nicht in der Lage sind, eine Mukosaheilung zu induzieren, spielen sie im Remissionserhalt keine Rolle. Im Gegenteil: Remissionserhaltende Therapien werden eingesetzt, um langfristig Steroide einzusparen. Nach einer erfolgreichen Schubtherapie mit Steroiden können zum Erhalt der Remission Thiopurine (Azathioprin oder 6-Mercaptopurin) oder Methotrexat gegeben werden. Bei Intoleranz oder Kontraindikationen bzw. mangelndem Ansprechen ist ein Biologikum induziert. Die TNF-alpha-Antikörper Infliximab und Adalimumab sind in Deutschland bei moderatem bis schwerem Crohn sowohl zur Induktion als auch zum Erhalt der Remission zugelassen, sofern mindestens eine konventionelle Therapie versagt hat. Wurde die Remission mit einem TNF-Antikörper erreicht, sollen die Patienten auf dem entsprechenden Medikament belassen werden. Für beide "Original"-TNF-Antikörper ist heute eine Reihe von Biosimilars verfügbar. Laut den Erlanger Ärzten gibt es derzeit keine Hinweise, dass sie den Originatorpräparaten unterlegen sind.

Alternativ kann bei Intoleranzen bzw. unzureichendem Anschlagen einer konventionellen Therapie oder eines Anti-TNF-Medikaments mit Vedolizumab oder Ustekinumab behandelt werden. Auch hier gilt, dass nach erfolgter Remissionsinduktion mit einer dieser Substanzen die Behandlung zum Erhalt der Remission fortgeführt werden soll. Vedolizumab hat einen darmselektiven Wirkmechanismus: Die geringere Immunsuppression kann für Patienten mit rezidivierenden Infektionen von Vorteil sein, ein Effekt auf extraintestinale Crohn-Manifestationen ist aber nicht zu erwarten. Ustekinumab hat zumindest in der niedrigeren Dosierung in der Psoriasistherapie ein sehr günstiges Nebenwirkungsprofil, es könnte folglich das Risiko septischer Komplikationen senken.

Zur Frage, ob und wann eine remissionserhaltende Therapie beendet werden kann, gibt es derzeit keine Empfehlungen.

1. Ng SC et al . Lancet 2017;390:2769-2778 2. Fischer S, Neurath MF. Gastroenterologe 2019; doi.org/10.1007/s11377-019-00392-z