„Die wesentliche medikamentöse Behandlung bei Vorhofflimmern ist die Antikoagulation“, betonte Prof. Paulus Kirchhof von der Universität Birmingham beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Indiziert sind orale Antikoagulanzien (OAK), wenn im CHA2DS2-VASc-Score zwei oder mehr Punkte erreicht werden. Bei nur einem Punkt „sollten sie erwogen werden“, so Kirchhof. Voraussetzung ist, dass keine Kontraindikationen bestehen und reversible Blutungsrisiken korrigiert werden. Patienten mit 0 Punkten im CHA2DS2-VASc-Score, also unter 65-Jährige ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren, sollen dagegen weder OAK noch ASS erhalten.

10% niedrigere Mortalität

Vorhofflimmernpatienten mit entsprechender Indikation haben mit nicht Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAK) eine um rund 10% niedrigere Mortalität als mit — unter Studienbedingungen gegebenen — Vitamin-K-Antagonisten (VKA), wie Kirchhof berichtete. „Das hängt wahrscheinlich mit der geringeren Rate intrakranieller Blutungen zusammen“. Die Vorhofflimmern-Leitlinien empfehlen deswegen, zur Einleitung der Schlaganfallprävention bevorzugt NOAK zu verwenden. Alle vier verfügbaren Wirkstoffe — Apixaban, Dabigatran, Edoxaban, Rivaroxaban — sind dafür zugelassen.

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Die wesentliche medikamentöse Behandlung bei Vorhofflimmern ist die Antikoagulation.

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Praxisleitfaden überarbeitet

Obwohl NOAK bereits seit 2009 in dieser Indikation eingesetzt werden, gibt es in spezifischen klinischen Situationen noch Fragen. Die EHRA hat deswegen ihren Praxisleitfaden überarbeitet und außerdem die zehn wichtigsten Botschaften zusammengefasst [1]:

  • NOAK können bei Patienten mit Herzklappenerkrankungen eingesetzt werden, ausgenommen sind Patienten mit mechanischen Herzklappen und rheumatischer Mitralklappenstenose.

  • Die Patienten sollten für den Notfall mit der EHRA-NOAK-Karte ausgestattet werden (herunterzuladen unter www.NOACforAF.eu).

  • Durch Aufklärung und Hilfsmittel wie Tablettenboxen oder elektronische Reminder soll die Therapieadhärenz maximiert werden.

  • Um den optimalen Nutzen zu erzielen, sind die getesteten Standarddosierungen zu verwenden. Dosisreduktionen sollten sich an den Kriterien der Phase-III-Studien orientieren.

  • Vor der Anwendung von NOAK müssen mögliche Arzneiinteraktionen geprüft werden.

  • Die Nierenfunktion sollte regelmäßig anhand von Kreatinin und Kreatinin-Clearance (CrCl) geprüft werden (Daumenregel: Intervall in Monaten = CrCl/10).

  • Routinemäßige Kontrollen der NOAK-Serumspiegel sind nicht erforderlich. Messungen können erwogen werden, wenn Notfallsituationen (zum Beispiel schwere Blutung, Schlaganfall) oder komplexe Patientenprofile vorliegen. Die Beurteilung erfordert Gerinnungsexperten, harte Daten gibt es dazu nicht.

  • Bei Patienten mit begleitender KHK ist die Kombination aus NOAK und plättchenhemmender Therapie (PT) möglich und besser als die Kombination aus VKA und PT. Eine Tripletherapie mit NOAK und dualer PT sollte so kurz wie möglich gegeben werden.

  • Bei einem akuten Schlaganfall unter NOAK-Therapie ist die Thrombektomie vorzuziehen. Eine Lysetherapie ist nur möglich, wenn keine NOAK-Wirkung mehr nachweisbar ist.

  • Gebrechliche und ältere Patienten nicht untertherapieren! Wirksamkeit und Sicherheit der NOAK sind auch für diese Hochrisikopatienten belegt.