Auf das Thema Komorbiditäten wurde beim diesjährigen Kongress der European League Against Rheumatism (EULAR) in Amsterdam ein besonderes Augenmerk gerichtet. Auf den vorderen Plätzen finden sich hier in einer Auswertung des PROCLAIR-Projekts (n = 96.921 Patienten mit rheumatoider Arthritis [RA]) neben kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, Hyperlipidämie und Übergewicht auch Komorbiditäten wie Osteoporose und Depression. In der Auswertung von Dr. Katinka Albrecht vom DRFZ (Deutsches Rheuma-Forschungszentrum) in Berlin und Kollegen wirkte sich eine Depression unter anderem negativ auf den Funktionsstatus und die Anzahl der Gelenke mit Druckschmerz aus.

Eine weitere auf dem EULAR vorgestellte Untersuchung der Universität Glasgow mit 848 RA-Patienten bestätigt einen engen Zusammenhang zwischen Depression und Angst mit der Diagnose einer Rheumatoiden Arthritis. So zeigte sich eine deutliche Verringerung der Ängstlichkeit von 19 auf 13,4% und der Depression von 12,2 auf 8,2% ein Jahr nach Diagnose — dies entsprach dem beobachteten Rückgang der Krankheitsaktivität. Besonders interessant ist die enge Assoziation zwischen CRP-Wert und Depression. Denkbar ist, dass der Depression manch eines Patienten eine Entzündung zugrunde liegt.

Vieles eine Frage der Entzündung?

Doch nicht nur Depressionen scheinen inflammatorisch verursacht, bzw. getrieben zu sein, auch bei kardiovaskulären Erkrankungen gibt es hierfür zunehmend Hinweise [1]. So kam es in einer Studie mit einer antiinflammatorischen — mit Canakinumab auf den Interleukin-1-Weg-zielenden — Therapie, zu einer signifikant geringeren Rate an wiederkehrenden kardiovaskulären Ereignissen als unter Placebo. Teilgenommen hatten 10.061 Patienten mit vorbestehendem Myokardinfarkt und erhöhtem CRP-Level. Wie hoch die Sterberate und die Rate an kardiovaskulären Erkrankungen bei RA sind, zeigt unter anderem die fünf Jahre dauernde KARRA- Studie, die beim EULAR präsentiert wurde. Dabei betrug die Sterberate bei den RA-Patienten 10,7 (44/412) und 1,4% (3/221) in der Kontroll-Gruppe. Die Rate an kardiovaskulären Ereignissen betrug bei den RA-Patienten 11,4 (47/412), und 0,9% (2/21) in der Kontroll-Gruppe. Aufmerksam sollte auf RA-Patienten geachtet werden, die über Brustschmerzen klagen. Dies bestätigt eine Studie, die Daten von über 96.000 Patienten (1312 mit RA) aus vier schwedischen Notaufnahmen ausgewertet hat. Hier kristallisierte sich eine RA als unabhängiger Risikofaktor für ein akutes Koronarsyndrom besonders bei Patienten mit Brustschmerzen heraus. Besondere Aufmerksamkeit sollte vor allem auch den Geschwistern von Patienten mit Rheumatoider Arthritis gelten. Dies legt eine Untersuchung nahe, die von Dr. Helga Westerlind vom Karolinska-Institut in Stockholm vorgestellt wurde. „Unsere Studienergebnisse erbringen den Nachweis, dass es eine geteilte Disposition zwischen RA und akutem Koronarsyndrom (ACR) gibt“, bestätigte Westerlind. An der Untersuchung teilgenommen hatten 7.492 RA-Patienten und ihre 10.671 Geschwister sowie 35.120 Kontroll- Personen und ihre 47.137 Geschwister. Es stellte sich heraus, dass die RA-Patienten und ihre Geschwister eine um 44 und 23% höhere Wahrscheinlichkeit für ein ACR hatten, verglichen mit den Kontroll- Personen. Der direkte Vergleich zwischen den RA-Patienten und ihren Geschwistern zeigte ein um 19% erhöhtes ACR-Risiko.

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Die Diagnose rheumatoide Arthritis ist ein Risikofaktor für das akute Koronarsyndrom.

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EULAR-Empfehlungen

Bereits 2016 publizierte die EULAR Vorschläge, wie mit Komorbiditäten im Alltag umgegangen werden sollte [2]. Es beinhaltet unter anderem drei übergreifende Prinzipien und 15 „Points to consider“. Die übergeordneten Prinzipien lauten:

  • Komorbiditäten sollten sorgfältig erfasst und behandelt werden.

  • Alle an der Behandlung von Rheumapatienten beteiligten Fachgruppen spielen eine wichtige Rolle bei der Suche nach Komorbiditäten.

  • Komorbiditäten sollten regelmäßig nach einem standardisierten Protokoll, zumindest alle fünf Jahre erfasst werden.