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Reizdarmsyndrom und chronische Obstipation, Fettleber, Zöliakie, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: die Darmmikrobiota scheint den Verlauf dieser und anderer Krankheiten mit zu beeinflussen. 10.000 mal 10 Milliarden Bakterien besiedeln den Darm. Sie sind Teil der Physiologie des menschlichen Organismus. Mit dem Wissen darum, was eine normale Darmflora ist und was Krankheit anzeigt, stehen Forscher noch am Anfang. Dass das Konzept, die Darmmikrobiota therapeutisch zu beeinflussen, erfolgversprechend ist, zeigen bereits heute die Erfahrungen bei rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen des Darmes. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist das dagegen noch keineswegs sicher.

Mikrobiota-Transplantation

„Die Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhoe ist ein klassisches Beispiel für eine Erkrankung, die durch eine gestörte Zusammensetzung der Darmmikrobiota verursacht wird“, berichten Dr. Daniel Autenrieth und Prof. Daniel Baumgart von der Charité Berlin in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift [1]. Meist sind es Antibiotika-Therapien, die die natürliche Zusammensetzung der Darmflora zerstören und dadurch die Kolonisation mit C. difficile ermöglichen. Die Clostridien-Toxine beschädigen das Darmepithel und lösen Kolitiden aus.

Mit Metronidazol oder Vancomycin werden zwar meist initial hohe Heilungsraten erreicht. Aber bei bis zu 20% der Patienten komme es zu Zweitinfektionen, so Autenrieth und Baumgart. „Die Wahrscheinlichkeit weiterer Rezidive steigt damit auf 40—65%.“ Mit der fäkalen Mikrobiota-Transplantation (FMT) werde versucht, den „Teufelskreis aus Antibiotikatherapie und rezidivierenden Infektionen“ zu unterbrechen. Ziel ist es, die normale Mikrobiotadiversität wiederherzustellen.

Dazu wird der Stuhl eines gesunden Spenders prozessiert und per Koloskop im Kolon des Empfängers instilliert. Ein einheitliches Verfahren für die Spenderauswahl und für die Filtrat-Aufbereitung existiert bislang nicht. Nichtsdestotrotz hatte die Kombination aus Vancomycin und FMT in einer Studie so durchschlagenden Erfolg, dass mehrere Fachgesellschaften bereits die Kombination der oralen Antibiose mit der FMT bei C.-difficile-Infektion empfehlen: Von 16 Patienten, die nach der viertägigen Antibiose eine Darmlavage und anschließend die Stuhltransplantation erhalten hatten, sistierte die Diarrhoe bei 13 Patienten bereits nach der ersten Instillation. Drei weitere Patienten erhielten eine zweite FMT von einem anderen Spender, zwei wurden daraufhin gesund [2].

Probiotikum bei Colitis erfolgreich

Eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der FMT bedürfen noch der Klärung. So empfiehlt die European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases bei Auftreten eines ersten Rezidivs keine FMT, sondern die Antibiose.

Auch bei Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa unterscheiden sich die Mikrobiotazusammensetzungen von jener bei Gesunden. So kommt der Bakterienstamm der Firmicutes zum Beispiel vermindert vor, während sich, besonders bei M. Crohn mit Beteiligung des terminalen Ileums, vermehrt Enterobacteriacae nachweisen lassen. Aber: „Eine alleinige Veränderung der Mikrobiotadiversität führt nicht zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“, betonen die Autoren. Hoffnungen, per FMT bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Erfolge zu erzielen, hätten sich bisher nicht bestätigt.

Gewisse Erfolge können zumindest bei Colitis ulcerosa mit einem Probiotikum erzielt werden. Probiotika sind Zubereitungen lebender Mikroorganismen wie Lactobacillus, Escherichia coli oder Hefen. Sie sollen bestimmte Pathogene hemmen, die Barrierefunktion des Darmes verbessern und die Immunantwort modulieren.

Welche Alternativen kommen infrage?

Bei aktiver Colitis ulcerosa (CU) konnten in manchen Studien mit E. coli Nissle 1917 (EcN) ähnliche Remissionsraten erzielt werden wie mit Mesalazin. Auch zum Remissionserhalt existieren entsprechende Studiendaten. Insofern könnte E. coli Nissle 1917 eine Alternative bei Mesalazin-Unverträglichkeit sein, so die Berliner Gastroenterologen. Ein objektiver Wirksamkeitsnachweis fehle bislang jedoch noch.

So geht aus einer Metaanalyse von sechs kontrollierten Studien zwar hervor, dass EcN in etwa 62% der Patienten mit CU eine Remission induzieren kann und damit ebenso häufig wie mit Mesalazin. Aber nur eine Studie zeigt eine bessere Wirkung als Placebo. Insofern könne EcN nicht zur Remissionsinduktion empfohlen werden, so die Autoren. Besonders zum Remissionserhalt und vor allem bei distaler CU dagegen scheine EcN hoch effektiv zu sein [3].

Eine weitere Option wären Präbiotika. Das sind unverdauliche Bestandteile in Lebensmitteln, die die Zusammensetzung und die Aktivität der Darmmikrobiota günstig beeinflussen sollen. Für die Anwendung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen existieren jedoch keine klinisch relevanten Daten.