Zusammenfassung
Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) sind alle infektionsbedingten Erkrankungen, die durch sexuelle Kontakte übertragen werden können. Als klassische STD gelten Syphilis, Gonorrhö, Lymphogranuloma inguinale und Ulcus molle. Diese Erkrankungen haben in den westlichen Ländern eine geringe Inzidenz, die aber in den letzten Jahren deutlich ansteigt. Als nichtklassische STD gelten Herpes genitalis, Chlamydieninfektionen, Condylomata acuminata, Trichomoniasis, Granuloma inguinale und Molluscum contagiosum, aber auch Filzläuse und Skabies. Diese Infektionen nehmen an Bedeutung zu. Daneben können systemische Erkrankungen wie Aids, Hepatitis B und C sowie Zytomegalieviren ebenfalls durch sexuelle Kontakte übertragen werden. Die meisten STD manifestieren sich im Genitalbereich. Die Diagnostik orientiert sich an der jeweiligen Infektion, wobei die Anamnese, insbesondere die Sexualanamnese, eine zentrale Rolle spielt. Bei STD sollte stets der Sexualpartner mit behandelt werden. Die wichtigste Prävention ist der konsequente Gebrauch von Kondomen, auch wenn dies nicht vor allen STD schützt.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Lernziele
Nach der Lektüre dieses CME-Artikels
-
kennen Sie die wichtigsten Erreger sexuell übertragbarer Erkrankungen (STD).
-
kennen Sie die Symptome, Diagnostik und Therapie von STD.
-
kennen Sie die wichtigsten Präventivmaßnahmen.
Einleitung
Sexuell übertragbare Krankheiten („sexually transmitted diseases“, STD, oder „sexually transmitted infections“, STI) sind Infektionserkrankungen, die bei sexuellen Kontakten übertragen werden. Die Bezeichnung „Geschlechtskrankheiten“ wird nicht mehr verwendet.
Die Erkrankungen können unterteilt werden in
-
klassische STD,
-
nichtklassische STD und
-
systemische Erkrankungen mit sexuell übertragbaren Erregern ([1][2][3], Tab. 1 )
Das Erregerspektrum umfasst Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen und Parasiten.
Die klassischen STD haben in unseren Breitengraden eine niedrige Inzidenz, die aber in den letzten Jahren deutlich ansteigt. Zudem nehmen Infektionen mit Herpes genitalis, Chlamydien und humanen Papillomaviren (HPV) zu. Eine große Bedeutung haben auch Hepatitis-B- und HIV-Infektionen. In erster Linie sind junge, sexuell aktive Menschen mit ungeschütztem Geschlechtsverkehr betroffen. Bei Kindern mit STD sollte immer auch an sexuellen Missbrauch gedacht werden.
Anamnese
Die meisten STD manifestieren sich im Genitalbereich. Die Diagnosestellung ist aber wegen der vielfältigen uncharakteristischen Symptome oft schwierig [2][4]. Richtungsweisend ist in der Regel die Anamnese einschließlich der Sexualanamnese. Diese sollte möglichst unter vier Augen erhoben werden und folgende Fragen umfassen [2]:
-
Wann war der letzte Geschlechtsverkehr?
-
Welche sexuellen Kontakte bestanden in den letzten Wochen?
-
Mit wem? Mann/Frau? Homosexuelle Kontakte?
-
Was genau haben Sie gemacht?
-
Welcher Art ist Ihre Partnerschaft (fester Partner/Gelegenheitsbekanntschaft/unbekannt)?
-
Waren Sie und/oder Ihr Partner im Ausland?
-
Mit wem hatten Sie davor Geschlechtsverkehr? (Wiederholen, bis der zurückliegende 3- bis 24-monatige Zeitraum abgedeckt ist).
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung umfasst die Inspektion und Palpation der Genitalregion sowie die bimanuelle Palpation der Adnexbereiche.
Diagnostik
Die weitere Diagnostik orientiert sich an der Verdachtsdiagnose. In der Regel werden Sonographie, Phasenkontrastmikroskopie und ggf. mikrobiologischer Erregernachweis durchgeführt [2][4].
Meldepflicht
In Deutschland sind derzeit nur HIV- und Hepatitis-B-Infektionen meldepflichtig. Syphilis-Erkrankungen werden anonymisiert an das Robert-Koch-Institut gemeldet.
Prävention
Die Verbreitung von STD kann durch Kondome signifikant eingeschränkt werden. Entsprechend sollten Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene aufgeklärt und regelmäßig informiert werden. Bei Infektionen sollte stets der Sexualpartner mit untersucht und behandelt werden.
Syphilis
Die Syphilis (Lues) ist weltweit verbreitet und nimmt in den letzten Jahren deutlich zu (http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2014/50/Art_01.html;jsessionid=E08B81127F3157B28CF6DD7EB82DAA1A.2_cid390). Der Erreger ist Treponema pallidum ssp. pallidum. Er wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen, seltener auch durch Blutkontakt. Bei einer kongenitalen Syphilis wird die Infektion während der Schwangerschaft auf das Kind übertragen. Die Syphilis verläuft in mehreren Phasen:
-
primäre Syphilis (Lues I),
-
sekundäre Syphilis (Lues II),
-
latente Syphilis (Lues latens seropositiva),
-
tertiäre Syphilis (Lues III),
-
Neurosyphilis (Lues IV).
Klinik
Bei der primären Syphilis tritt eine einzelne, schmerzlose Papel an der Eintrittsstelle des Erregers auf, meist an Labien und Vulva. Sie geht in ein schmerzloses Ulcus durum über. Dieses heilt nach etwa 3 Wochen von selbst wieder ab und kann demzufolge leicht übersehen werden. Bei der sekundären Syphilis treten etwa 9 bis 24 Wochen nach der Infektion Allgemeinsymptome auf, wie Fieber, Gewichtsverlust, Kopfschmerzen und generalisierte Lymphknotenschwellungen. Fast immer sind Haut und Schleimhäute betroffen. Die makulösen bzw. makulopapulösen Exantheme können schubweise auftreten (Abb. 1 ).
Nässende Effloreszenzen sind hochinfektiös. In bis zu 40% der Fälle ist in diesem Stadium bereits das Zentralnervensystem befallen. Nach Abklingen der Symptome geht die Erkrankung in ein symptomfreies Stadium über, die latente Syphilis. Bei unbehandelten Patienten entwickeln sich innerhalb des ersten Jahres fast immer Rezidive. Die tertiäre Syphilis tritt in der westlichen Welt nur noch selten auf. Typische Symptome sind Gummen, also derbe, braunrote, subkutane Knoten. Die Knochenzerstörung führt häufig zur Sattelnase.
Diagnose
Diagnostik der Wahl sind serologische Untersuchungen. Primär wird der Treponema-pallidum-Hämagglutinationsassay (TPHA-Suchtest) durchgeführt.
Falls der Test negativ ist, kann auf weitere Untersuchungen verzichtet werden, außer wenn eine Frühinfektion vermutet wird. Bei positivem Ergebnis müssen weitere serologische Tests nach einem Stufenplan durchgeführt werden. IgM-Antikörper sind teils schon 2 Wochen nach der Infektion nachweisbar. IgG-Antikörper lassen sich frühestens 4 Wochen nach der Infektion erfassen, eine IgG-Serumnarbe bleibt lebenslang bestehen.
Therapie
Penicillin ist immer noch das Mittel der ersten Wahl (Tab. 2 ).
Zu Beginn der Antibiotikatherapie können durch den massiven Zerfall der Treponemen und der entsprechenden Toxinfreisetzung Fieber, Schüttelfrost und Allgemeinsymptome auftreten.
Zur Prophylaxe dieser Jarisch-Herxheimer-Reaktion wird vor Beginn der Antibiotikatherapie einmalig Prednisolon verabreicht.
Gonorrhö
Die Gonorrhö ist, vor allem in der Dritten Welt, eine häufige STD. In Deutschland ist sie schwer zu quantifizieren, da nur in Sachsen eine Meldepflicht besteht. Dort zeigte sich innerhalb von 10 Jahren ein Anstieg der Erkrankungen von 297 auf 738 Fälle pro 100.000 Einwohner (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2014/Ausgaben/37_14.pdf?__blob=publicationFile).
Die Erreger sind Neisseria gonorrhoeae, sie sind hochinfektiös.
Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt beim Geschlechtsverkehr oder unter der Geburt. Das Infektionsrisiko bei einmaligem Kontakt beträgt bei Männern 20–50%, bei Frauen 60–90%.
Klinik
Das Leitsymptom beim Mann ist eine heftige, schmerzhafte Entzündung der Harnröhre nach 2 bis 7 Tagen. Aus dem Orificium urethrae tritt Eiter aus. Bei der Frau sind die Symptome meist weniger auffällig, am häufigsten ist die Zervix befallen. Übel riechender eitriger gelb-grünlicher Fluor spricht für eine Zervizitis. Auch die Bartholin-Drüsen können befallen sein (Abb. 2 ).
Eine aufsteigende Infektion kann eine Adnexitis verursachen [6]. Im weiteren Verlauf können durch die Narbenbildung Harnröhrenstrikturen auftreten. Gefürchtete Komplikationen sind Sterilität bzw. Tubargravidität. Extragenitale Infektionen sind möglich, z. B. eine Pharyngitis oder Proktitis. Bei etwa 1–3% der Patienten treten disseminierte Infektionen auf. Die Symptome reichen von leichten Gelenkbeschwerden oder Hautläsionen ohne Fieber bis hin zu manifester Polyarthritis und hohem Fieber. Es sind aber auch septische Komplikationen mit Meningitis, Endokarditis oder Osteomyelitis möglich. Bei Neugeborenen kommt es durch die Gonokokkenübertragung zu einer charakteristischen Konjunktivitis.
Diagnose
Die Diagnose einer Gonorrhö beruht auf klinischen Symptomen und Erregernachweis.
Therapie
Das Mittel der ersten Wahl sind β-Lactam-Antibiotika. Aufgrund der Resistenzlage werden primär Cephalosporine der 2. oder 3. Generation, häufig in Kombination mit dem Makrolid Azithromycin, empfohlen ([7], Tab. 3 ).
Die Therapie sollte frühzeitig begonnen werden.
Lymphogranuloma inguinale
Das Lymphogranuloma inguinale (LGI) oder venereum (LGV) wird von Chlamydia trachomatis der Serotypen L1–L3 verursacht. Die genaue Prävalenz und Inzidenz sind derzeit nicht bekannt, da die Erkrankung nicht meldepflichtig ist. Es wird mit 1 Fall/1 Mio. Einwohner in Mitteleuropa gerechnet.
Klinik
Initial treten an der Vulva bläschenartige Läsionen auf, die rasch ulzerieren und abheilen. Die inguinalen Lymphknoten sind vergrößert und schmerzhaft. Im Verlauf kann sich eine chronische eitrige Lymphangitis mit Ödembildung, Ulzerationen, Fistelbildung und schließlich Elephantiasis des Beins bzw. betroffenen Gebiets entwickeln ([8], Abb. 3 ).
Diagnose
Die Diagnose wird klinisch gestellt. Der mikrobiologische Nachweis ist häufig erschwert.
Therapie
Primär muss eine adäquate antibiotische Therapie durchgeführt werden ([5][9], Tab. 4 ).
Bei persistierender rektovaginaler Fistelbildung oder großer destruierender Verlaufsform kann eine chirurgische Sanierung indiziert sein [8].
Ulcus molle
Das Ulcus molle wird durch Haemophilus ducreyi verursacht, einem gramnegativem Stäbchenbakterium. Der Erreger wird ausschließlich bei sexuellem Kontakt übertragen. In einigen tropischen Ländern ist er weit verbreitet. Männer sind etwa 10-fach häufiger infiziert als Frauen, welche oft asymptomatische Träger sind.
Nach einer Infektion bleibt keine Immunität gegenüber einer Zweitinfektion. Eine Meldung an das Gesundheitsamt ist nur bei gehäuftem Auftreten erforderlich.
Klinik
Nach 3 bis 5 Tagen entwickelt sich am Eintrittsort eine kleine, schmerzhafte Papel, die nach einigen Tagen zerfällt. Das charakteristische Bild ist ein großes, schmerzhaftes Ulkus mit weichem Rand auf granulomatösem Grund [10]. Der Inhalt ist schmierig und eitrig. Bei 50% der betroffenen Frauen findet sich eine inguinale Lymphadenopathie. Die befallenen Lymphknoten sind meist entzündlich gerötet und weich, ihr Inhalt fluktuiert bei Palpation. Ohne antibiotische Therapie kann sich ein Bubo in den drainierenden Lymphknoten entwickeln.
Diagnose
Die Diagnose basiert auf Anamnese, klinischer Symptomatik und mikrobiologischen Methoden. Entscheidend ist der kulturelle Nachweis, dafür muss das gewonnene Gewebematerial umgehend in einem speziellen Medium transportiert werden.
Therapie
Aufgrund der Resistenzentwicklungen von Haemophilus ducreyi gegen Tetrazyklin, Ampicillin und Sulfonamide sollte primär Erythromycin oder Cotrimoxazol gegeben werden (Tab. 5 , [7]). Bei Bubo lindert die Punktion und Entleerung des Eiters die Beschwerden. Die Geschwüre sollten durch regelmäßiges Waschen mit Seife trocken und sauber gehalten werden.
Trichomoniasis
Die Trichomoniasis vaginalis ist weltweit mit geschätzten 170 Mio. Neuerkrankungen pro Jahr die häufigste sexuell übertragene Erkrankung. Am häufigsten sind Frauen im Alter von 19 bis 35 Jahren betroffen.
Der Erreger ist Trichomonas vaginalis. Das Protozoon vermehrt sich ausschließlich in der Vaginal- und Urethralschleimhaut.
Klinik
Die Inkubationszeit nach sexueller Übertragung beträgt 5 bis 30 Tage. Bei starker Vermehrung kommt es zu einer Urethritis und Kolpitis mit gelbgrünem schaumigem Fluor vaginalis.
Allerdings verlaufen die Infektionen häufig asymptomatisch.
Diagnose
Diagnostisch wegweisend ist der typische Fluor und ein erhöhter vaginaler pH (>4,5).
In der Phasenkontrastmikroskopie können die Trichomonaden im Nativpräparat mit einer Sensitivität bis zu 80% erkannt werden. Typisch ist die birnenförmige Morphologie sowie die wellenförmige Schlagbewegung entgegen dem Flüssigkeitsstrom (Abb. 4 ).
Therapie
Trichomonaden sind sensitiv gegenüber Metronidazol, da sie einen anaeroben Energiewechsel besitzen (Tab. 6 ). Empfohlen wird eine systemische Therapie über 7 Tage. Eine Eintagestherapie mit 2 g Metronidazol ist möglich, muss aber ggf. 3 Tage später wiederholt werden.
Bei Therapieversagen sollten Non-Compliance sowie Reinfektion durch den Partner ausgeschlossen werden.
Herpes genitalis
Infektionen mit Herpes-simplex-Viren (HSV) haben in den letzten Jahren weltweit zugenommen. Die Durchseuchungsrate für HSV-1 beträgt etwa 40–90%, für HSV-2 etwa 25%.
Beide HSV-Typen können einen Herpes genitalis verursachen, allerdings sind Genitalrezidive häufiger bei HSV-2 anzutreffen.
Klinik
Bei einer HSV-2-Infektion treten nach etwa 4 bis 5 Tagen die typischen Herpesbläschen auf (Abb. 5 ).
Bei der Erstinfektion können die Allgemeinsymptome sehr ausgeprägt sein, z. B. Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf-, Muskel- und Kreuzschmerzen. Wegweisend sind die typischen Effloreszenzen, häufig begleitet von Juckreiz, Brennen, Schmerzen, Fluor genitalis und Dysurie. Die inguinalen Lymphknoten sind oft geschwollen. Die Zervix ist etwa 80% der Fälle befallen. Erneute Infektionen verlaufen milder und kürzer.
Diagnose
Die Diagnose wird vorrangig klinisch gestellt.
Therapie
Medikament der ersten Wahl ist Aciclovir (Tab. 7 ). Die alleinige medikamentöse Lokalbehandlung mit Sitzbädern ist meist nicht ausreichend.
Condylomata acuminata
Die häufigste virale STD ist die HPV-Infektion. Die HP-Viren verursachen Condylomata acuminata. Obwohl etwa 30–80% der erwachsenen Bevölkerung infiziert sind, persistiert die Infektion nur bei 10–30% der HPV-positiven Frauen. Die Übertragung erfolgt überwiegend durch Sexualkontakte.
Die Papillomaviren werden in Low- und High-Risk-Typen unterteilt. Mischinfektionen sind möglich und können zu malignen Veränderungen führen. HPV-positive Frauen müssen engmaschiger kontrolliert werden, um das Vor- bzw. Frühstadium eines Karzinoms rechtzeitig zu erkennen.
Klinik
Die Inkubationszeit beträgt 4 Wochen bis 8 Monate. Klinisch imponieren einzelne oder kranzförmig angeordnete, kleine spitze oder mittelgroße blumenkohlartige Kondylome, vorwiegend an der hinteren Kommissur und im Perianalbereich (Abb. 6 ). Oft besteht ein unspezifischer Juckreiz.
Die Diagnose erfolgt klinisch. Das Betupfen der Vulva mit 3%iger Essigsäure lässt auch subklinische Infektionen als weiße Flecken mit diskreter Punktierung sichtbar werden. Bei Verdacht auf subklinische Infektionen kann ein DNA-Nachweis der HPV-Typen mit Hybridisierung oder Polymerasekettenreaktion durchgeführt werden.
Therapie
Primär kann abgewartet werden, da die Kondylome in der Mehrzahl der Fälle spontan abheilen. Bei ausbleibender Spontanremission oder auf Patientenwunsch sollten die Kondylome entfernt werden. Je nach Ausmaß des Lokalbefunds kann die Therapie mit Imiquimod, Podophyllotoxin, Sinecatechinen, Trichloressigsäure, Lasertherapie, Kryotherapie oder einem chirurgischen Verfahren erfolgen.
Mittlerweile wird für junge Frauen vor dem ersten Geschlechtsverkehr die HPV-Impfung als prophylaktische Maßnahme empfohlen.
Granuloma venereum
Das Granuloma venereum bzw. inguinale wird durch das Calymmatobacterium granulomatis verursacht. Das gramnegative Bakterium vermehrt sich intrazellulär und ist nah mit Klebsiellen verwandt.
Die Endemiegebiete liegen hauptsächlich in Südafrika, Teilen von Südostasien, der Karibik und Australien. Die genaue Inzidenz ist unbekannt. Vermutlich findet die Übertragung in den meisten Fällen durch Geschlechtsverkehr statt. Konfektionen mit z. B. Syphilis oder HIV sind häufig.
Klinik
Die Inkubationszeit variiert zwischen einigen Tagen bis 12 Wochen. Die Primärläsion ist eine schmerzlose, juckende, vesikulopustulöse, derbe Papel oder ein subkutaner Knoten, der innerhalb weniger Tage exulzeriert. Das Ulkus wächst peripher und bildet ulzerogranulomatöse Läsionen aus [13]. Die inguinalen Lymphknoten sind geschwollen und druckdolent.
Nach Ausheilung bleiben narbige Veränderungen zurück, die in Einzelfällen einen Lymphstau bis hin zur Elephantiasis verursachen können.
Diagnose
Diagnostisch wegweisend ist der Lokalbefund im Zusammenhang mit der Herkunft des Patienten oder einem Auslandsaufenthalt in den Endemiegebieten [13][14].
Die Diagnose wird in der Praxis durch den mikroskopischen Nachweis der bekapselten, unbeweglichen Bakterien gestellt. Die Bakterien können auch mithilfe einer Giemsa-Färbung oder Warthin-Starry-Silberfärbung, z. B. in einem Papanicolaou-Abstrich, einer Gewebebiopsie oder Kürettage dargestellt werden.
Therapie
Die Erreger sind empfindlich gegenüber Tetrazyklinen, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Fluorchinolonen und Makroliden (Tab. 8 ).
Da die Erreger intrazellulär liegen, muss das Antibiotikum ausreichend dosiert und lange genug eingenommen werden. Dennoch kann die Infektion narbig abheilen.
Molluscum contagiosum
Das Molluscum-contagiosum-Virus (MCV) gehört zu den Pockenviren. Es wird sowohl sexuell als auch nichtsexuell übertragen.
Gesicherte Angaben über die Kontagiosität existieren nicht. Vermutlich suchen viele Betroffene gar keinen Arzt auf, da die Infektion keine weiteren Beschwerden verursacht. Daher gibt es auch keine Angaben zur Inzidenz und Prävalenz.
Klinik
Die hautfarbenen Dellwarzen sind etwa 2–5 mm groß, kommen in Gruppen vor und sind schmerzlos (Abb. 7 ). Bei einer sexuellen Übertragung treten sie typischerweise im Genitoanalbereich und der unteren abdominalen Region auf.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt klinisch. Im Zweifelsfall kann eine histologische Sicherung oder der elektronenmikroskopische Virianachweis erfolgen.
Therapie
Eine spezifische Therapie steht derzeit nicht zur Verfügung. Viele Infektionen heilen spontan ab. Bei entsprechender Indikation können chirurgische oder oberflächendestruierende Maßnahmen erwogen werden. Ein direkter Hautkontakt mit sichtbaren Läsionen sollte vermieden werden.
Pediculosis pubis
Die Pediculosis bzw. Phthiriasis pubis wird durch Filzläuse in der Genitoanalregion verursacht. Die Übertragung erfolgt durch Geschlechtsverkehr oder kontaminierte Matratzen, Decken und Kleidung.
Klinik
Typisch ist der Juckreiz im vorderen Schamhaarbereich, vor allem abends im Bett. Häufig fallen dort Kratzspuren auf.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt klinisch. Beweisend ist der Nachweis der blass-gelblichen Filzläuse und Nissen bzw. von Blutkrusten und Kotbällchen zwischen den Schamhaaren.
Therapie
Die Therapie erfolgt bei Befallenen und Kontaktpersonen lokal (Tab. 9 ). Allgemeine Maßnahmen umfassen die prophylaktische Körper- und Wäsche-hygiene, das Entfernen der Nissen durch Spülen mit Essigwasser und das mechanische Entfernen der Filzlausnissen mit Pinzette oder Kamm.
Die Kontrolluntersuchung sollte nach einer Woche erfolgen, ggf. muss die Therapie wiederholt werden. Bei sekundärem Ekzem wird eine kurzzeitige lokale Behandlung mit Glukokortikoiden empfohlen.
Skabies (Krätze)
Skabies wird durch die Kratzmilbe verursacht. Diese wird durch engen körperlichen Kontakt übertragen.
Klinik
Klinisch imponieren juckende Knoten sowie typische Hautveränderungen mit Exanthemen, Milbengängen und sekundären Kratzeffekten.
Prädilektionsstellen sind primär die Interdigitalräume der Hände sowie Handgelenke, Ellenbogen, Vulva, vordere Achselfalte, Nabel oder Fußränder.
Diagnose
Die Diagnose wird klinisch gestellt, in seltenen Fällen kann eine Biopsie hilfreich sein. Die Diagnosesicherung erfolgt durch den Nachweis der Gänge (ggf. mittels Auflichtmikroskopie), von Kotballen und seltener der Milbe selbst.
Therapie
Die Therapie sollte bei den Infizierten und ihren Kontaktpersonen mit antiparasitären Externa durchgeführt werden (Tab. 10 ).
Während der Behandlungsphase sollten Kleidung und Bettwäsche täglich gewechselt werden. Kontaktpersonen mit Hauterscheinungen werden simultan an drei Tagen behandelt, solche ohne Hauterscheinung nur an einem Tag. Bei ekzematösen Hautveränderungen wird eine kurzzeitige lokale Glukokortikoidgabe nach der letzten antiparasitären Behandlung empfohlen. Körperhygiene kann den Verlauf modifizieren, verhindert aber nicht die Infektion.
Fazit für die Praxis
-
Sexuell übertragbare Erkrankungen (STD) werden durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen und steigen in den letzten Jahren wieder sprunghaft an. Die wichtigste Präventionsmaßnahme ist der konsequente Gebrauch von Kondomen. Die gleichzeitige Übertragung mehrerer Erreger ist möglich. Bei der Diagnostik sind Anamnese und Sexualanamnese oft wegweisend. Bei allen STD sollten die Sexualpartner mit untersucht und behandelt werden.
-
Die Syphilis verläuft zyklisch, wobei sich klinisch auffällige mit unauffälligen Stadien abwechseln. Die typische Symptomatik der unbehandelten Syphilis tritt heutzutage selten auf. Die Therapie der Wahl ist weiterhin Penicillin.
-
Leitsymptom der Gonorrhö ist eine Urethritis, bei Frauen kommt häufig eine Zervizitis hinzu. Die Therapie der Wahl sind β-Lactam-Antibiotika.
-
Die Infektion mit Chlamydia trachomatis der Serotypen L1–L3 ist die Ursache für ein Lymphogranuloma inguinale.
-
Die Infektion mit Haemophilus ducreyi verursacht ein Ulcus molle. Männer werden häufiger infiziert als Frauen. Die Therapie erfolgt mit Erythromycin oder Cotrimoxazol. Ohne antibiotische Therapie kann sich ein Bubo in den drainierenden Lymphknoten entwickeln.
-
Die Trichomoniasis vaginalis ist weltweit die häufigste STD. Sie verläuft meist asymptomatisch. Therapie der Wahl ist Metronidazol.
-
Herpes genitalis wird durch Herpes-simplex-Viren ausgelöst. Die Krankheit verläuft ebenfalls häufig asymptomatisch. Therapie der Wahl ist Aciclovir.
-
Patientinnen mit Condylomata acuminata sind häufig beschwerdefrei. In den meisten Fällen kommt es zu einer spontanen Remission. Als prophylaktische Maßnahme kann eine Impfung empfohlen werden.
-
Bei einem Granuloma venereum tritt initial eine schmerzlose, juckende Papel oder ein subkutaner Knoten auf. Die inguinalen Lymphknoten sind geschwollen und druckdolent. Nach der Ausheilung können narbige Veränderungen einen Lymphstau bis hin zur Elephantiasis verursachen. Die Therapie erfolgt mit Tetrazyklinen, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Fluorchinolonen oder Makroliden.
-
Viele Molluscum-contagiosum-Infektionen heilen spontan ab, sodass eine Therapie häufig nicht erforderlich ist.
-
Filzläuse verursachen einen starken Juckreiz im Schamhaarbereich. Neben hygienischen Maßnahmen erfolgt eine lokale Therapie mit Pedikuloziden.
-
Skabies kann durch typische Hautveränderungen mit Exanthemen, Milbengänge und sekundären Kratzeffekten diagnostiziert werden. Die Therapie wird mit antiparasitären Externa durchgeführt.
Sexuell übertragbare Erkrankungen unter der Lupe
Was ist weltweit die derzeit häufigste sexuell übertragbare Erkrankung?
□ Syphilis
□ Gonorrhö
□ Trichomoniasis vaginalis
□ Condylomata acuminata
□ Granuloma venereum
Was ist das Medikament der ersten Wahl bei der Behandlung der Syphilis Stadium I und II?
□ Benzathin-Benzylpenicillin
□ Ceftriaxon
□ Cotrimoxazol
□ Erythromycin
□ Ciprofloxacin
Welches sind die bevorzugten Antibiotika zur Behandlung der unkomplizierten Gonorrhö?
□ Amoxicillin plus Metronidazol
□ Cefuroxim plus Clarithromycin
□ Levofloxacin plus Erythromycin
□ Ceftriaxon plus Azithromycin
□ Cliundamycin plus Gentamycin
Ein solitäres, schmerzhaftes vulväres Ulkus ist bei welcher Erkrankung zu erwarten?
□ Ulcus molle
□ Granuloma inguinale
□ Lymphogranuloma inguinale
□ Gonorrhö
□ HPV
Welche der genannten Erkrankungen muss anonymisiert an das Robert-Koch-Institut gemeldet werden?
□ Syphilis
□ Gonorrhö
□ Ulcus molle
□ Trichomoniasis
□ Lymphogranuloma inguinale
Bei welcher Erkrankung ist typischerweise in der Spekulumuntersuchung schaumig, gelb-grünlicher Fluor genitalis sichtbar?
□ Syphilis
□ Gonorrhö
□ Ulcus molle
□ Trichomoniasis
□ Lymphogranuloma inguinale
Reinfektionen mit Herpes-simplex-Viren verlaufen milder und kürzer als die Erstinfektion. Welches Symptom ist typisch für eine Erstinfektion?
□ Abgeschlagenheit
□ Juckreiz
□ Fluor genitalis
□ Effloreszenzen
□ geschwollene inguinale Lymphknoten
Welcher der genannten Erreger hat einen anaeroben Stoffwechsel und ist daher auf Metronidazol sensibel?
□ Treponema pallidum
□ Neisseria gonorrhoeae
□ Haemophilus ducreyi
□ Chlamydia trachomatis
□ Trichomonas vaginalis
Die wichtigste Prävention von sexuell übertragbaren Erkrankungen ist der konsequente Gebrauch von Kondomen. Für welchen Erreger gilt eine Impfung ebenfalls als Präventivmaßnahme?
□ Haemophilus ducreyi
□ Chlamydia trachomatis
□ Trichomonas vaginalis
□ Herpes-simplex-Virus 2
□ Humanes Papillomavirus
Bei Filzlausbefall erfolgt eine lokale Therapie mit Pedikuloziden. Nach welchem Zeitraum ist eine Kontrolluntersuchung angezeigt?
□ keine Kontrolluntersuchung notwendig
□ direkt nach dem Haarewaschen
□ 3 Tage nach Behandlung
□ 1 Woche nach Behandlung
□ 2 Wochen nach Behandlung
Literatur
Friese K, Schäfer A, Hof H (2003) Infektionskrankheiten in Gynäkologie und Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg New York
Mylonas I, Friese K (2009) Infektionserkrankungen in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Elsevier Urban & Fischer, München
Petersen E (2003) Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart
Mylonas I (2010) Infektionserkrankungen der Vulva und Vagina. Gynäkologe 43:429–440
Centers for Disease Control and Prevention, Workowski KA, Berman ST (2006) Sexually transmitted diseases treatment guidelines, 2006. MMWR Recomm Rep 55:1–94
Mylonas I, Friese K (2009) Adnexitis — eine klinische Herausforderung. Gynäkologe 42:786–792
Ison CA, Dillon JA, Tapsall JW (1998) The epidemiology of global antibiotic resistance among Neisseria gonorrhoeae and Haemophilus ducreyi. Lancet 351(Suppl 3):8–11
White JA (2009) Manifestations and management of lymphogranuloma venereum. Curr Opin Infect Dis 22:57–66
Yu Y, Wei M, Huang Y et al (2010) Clinical presentation and imaging of general paresis due to neurosyphilis in patients negative for human immunodeficiency virus. J Clin Neurosci 17:308–310
Janowicz DM, Ofner S, Katz BP et al (2009) Experimental infection of human volunteers with Haemophilus ducreyi: fifteen years of clinical data and experience. J Infect Dis 199:1671–1679
Mendling W (2006) Vaginose, Vaginitis, Zervizitis und Salpingitis. Springer, Berlin Heidelberg New York
Mylonas I, Petersen EE (2009) Infektionserkrankungen der Vulva. Gynäkologe 42:247–255
O’Farrell N (1991) Donovanosis (granuloma inguinale) in pregnancy. Int J STD AIDS 2:447–448
Govender D, Naidoo K, Chetty R (1997) Granuloma inguinale (donovanosis): an unusual cause of otitis media and mastoiditis in children. Am J Clin Pathol 108:510–514
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Additional information
Interessenkonflikt
I. Mylonas gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Mylonas, I. Sexuell übertragbare Erkrankungen unter der Lupe. CME 12, 7–18 (2015). https://doi.org/10.1007/s11298-015-1205-0
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s11298-015-1205-0