Die Einführung neuer organerhaltender chirurgischer und nicht-chirurgischer, multimodaler Verfahren bei fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinomen stellt gegenwärtig eine der aktuellsten klinischen Entwicklungsfronten bei Kopf-Hals-Karzinomen dar. Der aktuelle Brennpunkt liegt hierbei auf der Etablierung chirurgischer und multimodaler Therapiekonzepte zum Organerhalt bei fortgeschrittenen Karzinomen, die in kurativer Intention vielerorts primär chirurgisch mit einer totalen Laryngektomie und adjuvanter Radio-, bzw. Radiochemotherapie behandelt werden. In einem viel beachteten Kommentar zur aktuell nachgewiesenen klinischen Effektivität von Cetuximab in Kombination mit alleiniger Strahlentherapie bei Plattenepithelkarzinomen des Larynx, Oro- und Hypopharynx fokussierte Posner folgende Aussage [46]:

„For advanced resectable tumors of the larynx, hypopharynx, and oropharynx, surgery has taken a back seat to organ-preserving strategies that retain speech and swallowing – chemoradiotherapy is now the standard of care for such cases.“

Diese Feststellung kann bei differenzierter Betrachtung und dem ungebrochen hohen Stellenwert der Chirurgie bei Kopf-Hals-Tumoren nicht unkommentiert bleiben. Der folgende Übersichtsartikel versucht, am Beispiel des Larynx- bzw. Hypopharynxkarzinoms die Komplexizität und aktuelle Bedeutung des Begriffs „Organerhalt“ aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

Ausgangssituation, Problemstellung

Plattenepithelkarzinome des Larynx und Hypopharynx werden in Deutschland aufgrund technischer Weiterentwicklungen und besserem Verständnis der Tumorbiologie unter Erhalt des Larynx in zunehmender Größe mit guten funktionellen Ergebnissen primär chirurgisch behandelt. Die Kehlkopfkomplettentfernung (Laryngektomie, nachfolgend LE genannt) stellt in vielen Fällen, in denen aus verschiedenen Gründen nicht mehr organerhaltend operiert werden kann, eine sinnvolle Therapie dar, bietet jedoch verschiedene Einschränkungen, was zur Rückläufigkeit der LE in den letzten Jahren geführt hat.

Die Einführung der neoadjuvanten Chemotherapie in multimodale Therapiekonzepte in den späten 1970er Jahren ergab, dass allein durch die Chemotherapie häufig komplette Remissionen und bei Patienten mit gutem Ansprechen auf die Chemotherapie mit einer anschließenden Strahlentherapie auch Heilungen erreichbar waren. Diese Beobachtung veranlasste Mitte der 1980er und Anfang der 1990er Jahre die Konzeption und Durchführung zweier großer randomisierter Studien, die eine Induktionschemotherapie mit anschließender Strahlentherapie von Respondern auf die Chemotherapie in Verbindung mit einer Salvage-LE bei Therapieversagern in dem experimentellen Arm mit einer primären LE mit postoperativer Strahlentherapie im Standardarm verglichen. Die Studien wurden von der Veterans Affairs Laryngeal Study Group (VALSG; [60]) und der European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC; [34]) durchgeführt. Beide Studien zeigten, dass die organerhaltende Therapie zu identischen Überlebensraten im Vergleich zur primären LE führen kann und 40–60% Kehlkopferhalt möglich ist.

Sich abzeichnende Erkenntnisse, dass eine Induktionschemotherapie im Gegensatz zur simultanen Radiochemotherapie zu keinem Überlebensvorteil bei weit fortgeschrittenen inoperablen Kopf-Hals-Tumoren führt, trugen Anfang der 1990er Jahre zu der Konzeption und Durchführung einer 3. großen randomisierten Studie bei. Es handelt sich um die 3-armige Studie 91-11 der Radiation Therapy Oncology Group (RTOG), in der im Standardarm eine Induktionschemotherapie entsprechend der VALSG-Studie mit einer simultanen Radiochemotherapie und einer alleinigen Strahlentherapie verglichen wurden [18]. Diese Studie definierte neue Standards in der Betrachtung der multimodalen organerhaltenden Therapie und stieß eine rege Diskussion an.

Chirurgische Therapie

Organerhaltende Chirurgie

Vorteile der organerhaltenden Chirurgie mit oder ohne chirurgische Rekonstruktion in ihren vielfältigen Möglichkeiten bestehen in der exakten histopathologischen Aufarbeitung, Kenntnis der Resektionsgrenzen, des lokoregionären Lymphknotenstatus und dessen optimale Behandlung mittels Neckdissection und postoperativer Radio- bzw. Radiochemotherapie sowie adäquatem Erhalt der Schluck- und Atemwegsfunktion. Vor allem die endoskopische Laserchirurgie hat für den chirurgischen Larynxorganerhalt weltweit enorme Fortschritte gebracht, wie zahlreiche Publikationen der Arbeitsgruppe um Steiner et al. [3, 4, 5, 28, 52, 54, 55, 56, 57] und andere Autoren belegen konnten [49, 66, 67]. Auch die diversifizierten, von außen angewandten larynxerhaltenden chirurgischen Techniken haben sich einen festen Platz im Therapiespektrum des chirurgischen Larynxorganerhalts gesichert [16, 17, 21, 29, 42, 63].

Das primär chirurgische Vorgehen erfordert eine sorgfältige Patientenselektion und hohe technische Expertise.

Manche Autoren beschreiben sehr gute Ergebnisse auch bei supraglottischen und glottischen T3-Larynxtumoren, insbesondere nach Wegnahme eines Aryknorpels, also ausgeschalteter einseitiger aktiver Stimmlippenfunktion. Vergleichbar gute laserchirurgische Ergebnisse können auch bei begrenzt wachsenden und gut einstellbaren Hypopharynxkarzinomen erzielt werden. Eine postoperative Sprech- und Schluckrehabilitation ist bei diesen Patienten in der Regel notwendig, stellt aber kein nennenswertes Problem in der mittelfristigen Beobachtung der Therapieverläufe dar. Die lokale Tumorkontrolle wird als sehr gut beschrieben [33, 58, 61], bzw. lässt sich durch radikalere chirurgische Maßnahmen nicht verbessern.

Bei der morphologischen Definition des Begriffs „Organerhalt“ ist der implizierende Zusatz der Organfunktion in der langfristigen Qualitätsbewertung für den Patienten essenziell. Hierbei steht die Atem- und Schluckfunktion im Vordergrund. Die Stimme hat nachrangige Bedeutung, wenn dies auch oft aus Sicht des Therapeuten umgekehrt suggeriert wird. Insbesondere bei älteren Patienten (>70 Jahre) kann eine latente Aspiration, bedingt durch eine herabgesetzte sensitive Vigilanz und reduzierter neuronaler Funktion des oberen Ösophagussphinkters, trotz bester Stimme die Lebensqualität durch rezidivierende Pneumonien signifikant einschränken. Ab einer gewissen Tumorausdehnung muss also die Indikation einer Larynxteilresektion streng unter Berücksichtigung der Gesamtsituation des Patienten abgewogen werden.

Laryngektomie

Unabhängig von der chirurgischen Expertise, die eine scharfe Indikationsgrenze zwischen Larynxteilresektion und LE im Zentrumsvergleich sehr heterogen ausfallen lässt, zählt die komplette Kehlkopfentfernung, bzw. zusätzliche Resektion von befallenen Anteilen des Hypopharynx ungebrochen zu den etablierten Therapieverfahren, berücksichtigt man die onkologischen und funktionellen Aspekte. Bei den fortgeschrittenen Tumoren werden mit dieser Therapie 2-Jahres-Heilungsraten von 60–70% bei Larynxkarzinomen und 40–50% bei Hypopharynxkarzinomen beschrieben.

Das Thema Stimmrehabilitation nach LE ist mittlerweile gelöst: Einerseits wurden sehr gute chirurgische Techniken entwickelt, wie beispielsweise die Neoglottis nach Hagen, die unter Einsatz eines mikrovaskularisierten Unterarmlappens angefertigt wird [22] oder das Verfahren nach Maier-Weidauer, bei dem ein chirurgischer Stimmshunt angelegt wird [35]. Andererseits steht die positive Entwicklung der Stimmprothesen (Provox, Blom-Singer), eingesetzt in eine ösophagopharyngeale Fistel, die mit sehr guten funktionellen Ergebnissen breite Anwendung gefunden haben. Auch die ohne Hilfsmittel erlernbare Ruktussprache hat unverändert einen festen Stellenwert in der Stimmrehabilitation, obgleich sich ca. 30% der Patienten diese Ersatzstimme trotz bester logopädischer Schulung nicht aneignen können.

Den größten Einfluss auf die Lebensqualität nach LE hat das Vorhandensein eines permanenten Tracheostomas [12]. Faktoren sind hierbei Riech- und Geschmacksbeeinträchtigung durch Umleitung des Luftstroms, Schluckprobleme durch postoperative anatomische Veränderungen, psychologische und kosmetische Probleme durch den Organverlust bzw. die Stigmatisierung durch das Tracheostoma selbst [64]. Dies führte dazu, dass man als Alternative zur LE multimodale Therapieansätze für den Larynxorganerhalt erprobte.

Alleinige Strahlentherapie

Während sich kleine Larynxkarzinome (T1N0, T2N0) gut kurativ mit einer alleinigen Strahlentherapie behandeln lassen (v. a. im angloamerikanischen Sprachraum weit verbreitet), ist die Prognose der fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinome nach alleiniger Strahlentherapie wesentlich schlechter. Als Standard für diese Tumoren gilt daher in Deutschland die Operation in der Regel mit postoperativer Strahlentherapie. Ein randomisierter Vergleich zwischen dem primär operativen Vorgehen und einer alleinigen Strahlentherapie bei fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinomen steht allerdings noch aus. Die bisherigen Kenntnisse beziehen sich auf nicht-randomisierte, prospektive oder retrospektive Analysen, deren Vergleichbarkeit und Aussagekraft durch die Heterogenität der Patientenkollektive äußerst eingeschränkt ist.

In einer Übersichtsarbeit wurden für glottische und supraglottische Larynxkarzinome empirische Faktoren beschrieben, welche eine Einteilung in eine für eine alleinige Strahlentherapie günstige oder ungünstige Gruppe erlaubt [37]. Als Faktoren für eine ungünstige lokale Tumorkontrolle mit hohem Risiko einer Salvage-LE wurden in den verschiedenen Arbeiten eine Weichteilinfiltration, Schildknorpelinfiltration, Notwendigkeit eines Tracheostomas, Infiltration des präepiglottischen Raumes, Hypopharynx oder Oropharynx und infiltratives im Gegensatz zu exophytischem Wachstum identifiziert [6, 17, 19, 24, 38, 43, 62]. Bis auf die Schildknorpelinfiltration handelt es sich um Faktoren, die mehr oder weniger das Tumorvolumen reflektieren.

Der dominante Einfluss des Tumorvolumens auf den Therapieerfolg wurde durch Arbeiten untermauert, die speziell das auf CT-Basis quantitativ ermittelte prätherapeutische Tumorvolumen als prognostischen Faktor untersuchten [31, 36, 48]. Bei selektierten Patienten mit günstigen Prognosefaktoren wurden nach alleiniger Strahlentherapie lokale Tumorkontrollraten bei T4-Tumoren der Glottis von 62% und der Supraglottis von 48% nach 5 Jahren ermittelt. Diese Zahlen sind vergleichbar mit chirurgischen Ergebnissen, z. B. des primär chirurgischen Armes der o. g. VALSG- und EORTC-Studien zum Larynxorganerhalt.

Alternative Fraktionierungen

Bei fortgeschrittenen Hypopharynxtumoren scheinen nach nicht-randomisierten und retrospektiven Untersuchungen die lokalen Kontrollraten nach alleiniger Strahlentherapie im Vergleich zu operativen Serien ungünstiger zu sein. Auch hier sind erhebliche methodische Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten. Zwei große randomisierte Studien der EORTC und RTOG zeigten, dass durch bestimmte alternative Fraktionierungsschemata im Vergleich zur Standardfraktionierung (Einzeldosis 1,8 Gy oder 2 Gy, 1 Fraktion pro Tag, 5 Fraktionen pro Woche) bei fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs eine verbesserte lokale Tumorkontrolle erreicht werden kann.

Die EORTC-Studie 22851 verglich eine hyperfraktionierte mit einer standardfraktionierten Strahlentherapie bei 356 Patienten mit moderat fortgeschrittenen (T2–3, N0–1) Oropharynxkarzinomen. Patienten mit T3N0- und T3N1-Tumoren zeigten im hyperfraktionierten Arm eine signifikant verbesserte lokale Tumorkontrolle von 13% nach 5 Jahren, das Überleben war nicht signifikant verbessert [27].

Die 4-armige RTOG-Studie 90-03 verglich eine hyperfraktionierte (Arm 1), Concomitant-boost- (Arm 2) und akzelerierte Split-course-Fraktionierung (Arm 3) mit einer Standardfraktionierung (Arm 4) bei 1073 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs des klinischen Stadiums III und IV. Die Concomitant-boost- und hyperfraktionierte Strahlentherapie ergab im Vergleich zur Standardfraktionierung eine signifikant verbesserte lokale Tumorkontrolle von 8% nach 2 Jahren, das Überleben war nicht signifikant verbessert. Die Akutreaktionen waren im Vergleich zum Standardarm erwartungsgemäß erhöht, die Spätreaktionen, soweit dies nach der kurzen Nachbeobachtung von 2 Jahren in dem ersten Bericht dieser Studie zu beurteilen ist, dagegen nicht [20].

Die Patientenzahl beider Studien erlaubte keine Subgruppenanalyse, sodass zuverlässige Rückschlüsse auf Larynx- oder Hypopharynxkarzinome hinsichtlich der Fraktionierungsschemata nicht möglich sind. Erst eine randomisierte Studie wird die Wertigkeit einer alleinigen Strahlentherapie im Vergleich zum primär operativen Vorgehen bei operablen, moderat fortgeschrittenen bzw. selektierten Larynx- und Hypopharynxkarzinomen darlegen können. Zu berücksichtigen wären bei der Beurteilung beider Therapiemodalitäten neben der Tumorkontrolle vor allem auch die langfristigen Nebenwirkungen und die Lebensqualität.

Induktionschemotherapie und Strahlentherapie

Basierend auf den Ergebnissen der Studien zur Induktionschemotherapie in den späten 1970er und 80er Jahren wurden Mitte der 1980er Jahren 2 große randomisierte Studien initiiert, welche eine Induktionschemotherapie in Kombination mit einer Strahlentherapie zum Organerhalt direkt mit einer LE verglichen.

VALSG-Studie

In der Studie der Veterans Affairs Laryngeal Study Group (VALSG) wurden 332 Patienten mit nicht vorbehandelten, operablen Plattenepithelkarzinomen der Glottis und der Supraglottis des klinischen Stadiums III und IV untersucht. Die Patienten wurden in 2 Studienarme randomisiert [60]:

  • ein experimenteller Arm mit bis zu 3 Zyklen Chemotherapie mit Cisplatin/5-FU gefolgt von einer standardfraktionierten Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis von 66–76 Gy,

  • ein Standardarm mit einer LE und postoperativer Strahlentherapie.

Patienten im experimentellen Arm, welche nach 2 Zyklen Induktionschemotherapie eine komplette Remission aufwiesen, erhielten einen 3. Zyklus Chemotherapie gefolgt von der Strahlentherapie. Patienten, die keine komplette Remission nach 2 Zyklen Chemotherapie aufwiesen, wurden einer LE zugeführt.

Von 166 Patienten, die in den experimentellen Arm mit Induktionschemotherapie randomisiert wurden, erhielten 78% die anschließende Strahlentherapie, 16% eine LE wegen eines schlechten Ansprechens auf die Induktionschemotherapie, 6% der Patienten verstarben oder verweigerten jede weitere Therapie. Die Gesamtansprechrate auf die Chemotherapie betrug 85%. Nach einer Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren bestand kein signifikanter Unterschied im Überleben zwischen den beiden Studienarmen. Dieses Ergebnis blieb konstant auch nach mehr als 10 Jahren Nachbeobachtungszeit mit einer Gesamtüberlebensrate von jeweils etwa 35%.

In dem Induktionschemotherapiearm erhielten 36% der Patienten eine Salvage-LE, die Larynxerhaltungsrate betrug dementsprechend 64%. Im Rezidivmuster unterschieden sich die beiden Studienarme: Im Induktionschemotherapiearm wurden signifikant mehr Lokalrezidive (12% vs. 2%) und signifikant weniger Fernmetastasen (11% vs. 17%) beobachtet. Patienten mit T4-Tumoren hatten ein signifikant höheres Risiko, eine Salvage-LE zu erhalten, als solche mit T3-Tumoren (56% vs. 29%).

Begleitende Langzeituntersuchungen zur Lebensqualität zeigten 6, 12 und 24 Monate nach Randomisierung bei den organerhaltend erfolgreich behandelten Patienten bessere Sprech- und Kommunikationswerte im Vergleich zu den mit LE behandelten [25]. Bei der Erhebung zur Schluckfunktion bestanden keine signifikanten Unterschiede.

Eine Untersuchung nach einer Nachbeobachtungszeit von etwa 10 Jahren zeigte keine Unterschiede in Bezug auf die Sprechfunktion zwischen den organerhaltend und mit einer LE behandelten Patienten. Beide Gruppen zeigten schlechtere Kommunikationswerte im Vergleich zu Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich anderer Lokalisationen, bei denen das Sprechvermögen nicht betroffen war. Organerhaltend erfolgreich behandelte Patienten zeigten signifikant bessere Werte in den Bereichen mentale Gesundheit, Schmerzen, Emotionen und Selbsteinschätzung des Therapieerfolgs als die mit einer LE behandelten. Insgesamt deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass für die Patienten scheinbar die körperlichen Folgen der LE bzw. deren Auswirkungen auf die soziale Interaktion größeren Einfluss auf die Lebensqualität haben als Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit [39, 59].

EORTC-Studie

Die 2. große randomisierte Studie wurde von der Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) initiiert und rekrutierte 202 Patienten mit nicht vorbehandelten, operablen Plattenepithelkarzinomen des Hypopharynx (78% der Patienten) und des Larynx (22% der Patienten) [34]. Auch hier wurden die Patienten in 2 Arme randomisiert:

  • einen experimentellen Studienarm mit bis zu 3 Zyklen Induktionschemotherapie mit Cisplatin/5-FU und nachfolgender standardfraktionierter Strahlentherapie bis zu einer Gesamtdosis von 70 Gy,

  • einen Standardarm mit partieller Pharyngolaryngektomie und postoperativer Strahlentherapie.

Patienten im experimentellen Arm, die einen partiellen Response nach dem 1. Zyklus Induktionschemotherapie entwickelten, erhielten einen 2. und 3. Zyklus. Patienten, die zu einem beliebigen Zeitpunkt der Induktionschemotherapie eine komplette Remission entwickelten, wurden der Strahlentherapie zugeführt. Patienten, die weniger als einen partiellen Response in Zyklus 1 und 2 oder weniger als eine komplette Response nach dem 3. Zyklus entwickelten, wurden der Pharyngolaryngektomie zugeführt.

Eine komplette Remission nach Induktionschemotherapie entwickelten 54% der Patienten im Bereich des Primärtumors und 43% im Bereich des Primärtumors und der lokoregionären Lymphabflusswege. Nach einer Nachbeobachtung von 5 Jahren bestand kein signifikanter Unterschied im Überleben zwischen beiden Studienarmen (30% vs. 35% im chirurgischen Arm). Die 3- und 5-Jahres-Überlebensraten mit funktionellem Larynx betrugen 42% und 35%. Das Risiko einer Fernmetastasierung war in dem Induktionschemotherapiearm signifikant geringer (25% vs. 36%).

Neben den unterschiedlichen Tumorlokalisationen unterschieden sich die VALSG- und EORTC-Studie hinsichtlich der Selektion zur Strahlentherapie. Bei der VALSG war eine partielle Remission erforderlich, bei der EORTC-Studie eine komplette Remission. Dies mag zur Erklärung der in den beiden Studien beobachteten unterschiedlichen Überlebensraten mit funktionellem Larynx beitragen.

Weitere Studien

Eine dritte, kleinere randomisierte Studie (68 Patienten) mit identischem Studiendesign zur VALSG- und EORTC-Studie zeigte schlechtere Überlebensraten im Studienarm mit Induktionschemotherapie im Vergleich zum Studienarm mit Laryngektomie [47]. Diese von der Groupe d’Etudes des Tumeurs de la Tete et du Cou (GETTEC) durchgeführte Studie wurde wegen technischer Unzulänglichkeiten kritisiert. Die Ergebnisse werden allgemein mit Zurückhaltung gewertet.

In einer deutschen monozentrischen Studie der Universität Würzburg wurde ein Standardarm mit LE und postoperativer Strahlentherapie mit einem experimentellen Arm mit 2 Zyklen Induktionschemotherapie mit Cisplatin (100 mg) und Paclitaxel (200 mg; TP) und anschließender hyperfraktioniert-akzelerierter Strahlentherapie mit Concomitant-boost-Technik verglichen (kumulative Gesamtdosis 69,6 Gy; [44]). Patienten mit mindestens einer partiellen Remission nach Induktionschemotherapie wurden der Strahlentherapie, Non-Responder einer LE zugeführt.

Da im Verlauf der Studie viele Patienten eine Randomisierung verweigerten und im organerhaltenden Studienarm behandelt werden wollten, wurde auf eine weitere Randomisierung verzichtet und die Studie einarmig weitergeführt. Insgesamt wurden 62 Patienten mit fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinomen im Rahmen dieser Studie behandelt. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren betrug die Gesamtüberlebensrate der organerhaltend behandelten Patienten 73% und die lokoregionäre Kontrollrate 91%. Die Überlebensrate mit funktionellem Larynx nach 3 Jahren betrug 60%. Die Therapie war gut durchführbar und die Toxizität akzeptabel.

Nach erfolgreicher Durchführung des TP-Induktionsansatzens der Würzburger Gruppe [44] bildete sich in Deutschland die Deutsche Larynxorganerhalt-Studiengruppe (DeLOS), die den eben beschriebenen Ansatz multizentrisch auf den Weg brachte. Die aktuell vorliegenden stabilen 2-Jahres-Daten (min. Nachbeobachtungszeit 2 Jahre) zeigen eine laryngektomiefreie Überlebensrate von 60%. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass von den 71 der von 11 Zentren eingebrachten Patienten 31 an Hypopharynx- und 40 an Larynxkarzinomen der Stadien III und IV litten.

Die Rolle der Induktionschemotherapie mit nachfolgender Radiotherapie bei der organerhaltenden Therapie wurde durch die 3-armige RTOG-Studie 91-11 untersucht [18], die später noch ausführlicher diskutiert wird. In dieser Studie erwies sich der simultane Radiochemotherapie-Arm als dem Induktionsarm überlegen. Die Daten der DeLOS-Studie sind bezüglich der 2-Jahres-Daten im Simultanarm nicht signifikant schlechter, obgleich ein unmittelbarer Vergleich der beiden Studien aufgrund unterschiedlicher Tumorstadien und -lokalisationen (91-11: lediglich Larynxkarzinome) nicht erlaubt ist.

In der RTOG-Studie erwies sich der simultane Radiochemotherapie-Arm als dem Induktionsarm überlegen

Bemerkenswert jedoch erscheint die relativ hohe Rate von 35% an Dysphagien >Grad 3 nach einem Jahr im Simultanarm der 91-11-Studie. Im Induktionsarm wurden nach dem gleichen Zeitraum Dysphagien vergleichbaren Ausmaßes von 19% gesehen. In der halbjährigen Beobachtung der Spättoxizitäten der DeLOS-Studie wurden keine Dysphagien >2 gesehen [14]. Aus Sicht der Spätkomplikationen ergibt sich hier ein wesentlicher Diskussionspunkt, der im Vergleich zur Laryngekomie, bei der im Verlauf nur selten Dysphagien auftreten, Berücksichtigung finden sollte. Da es sich bei den Organerhaltungsprogrammen um Protokolle für gut resektable Tumore handelt, sollten die funktionellen Spätergebnisse streng gewichtet werden.

Neue Ansätze

Der Sinn einer Induktionschemotherapie bei organerhaltenden Therapiekonzepten kann in einer Erhöhung der Therapieeffizienz durch Volumenverkleinerung des Tumors vor Strahlentherapie und durch eine Selektion strahlensensibler Tumoren bestehen. In neueren Therapieansätzen mit Taxanen (Docetaxel) in der Tripelkombination mit Cisplatin und 5-Fluorouracil (TPF) konnten jetzt deutliche Vorteile bezüglich des Überlebens und der Organerhaltungsrate bei fortgeschrittenen Larynx-, bzw. Hypopharynxkarzinomen gesehen werden. Dies ist insofern bemerkenswert, da bislang kein Überlebensvorteil in zahlreichen Studien der letzten beiden Jahrzehnte zur Induktionschemotherapie bei Kopf-Hals-Tumoren gezeigt werden konnten.

In der angesprochenen Studie wurde eine Induktion mit Cisplatin und 5-Fluorouracil (PF) gegen Induktion mit TPF, jeweils 3 Zyklen mit anschließender Radiatio von 70 Gy verglichen. Die 3-Jahres-Organerhaltungsrate in der TPF-Gruppe war 73% gegenüber 63% in der PF-Gruppe. Bei geringerer Toxizität von TPF resümieren die Autoren, dass die TPF-Induktion derzeit der PF-Induktion im onkologischen Ergebnis signifikant überlegen ist und zu einem höheren Anteil an Larynxorganerhaltungsraten führt [10].

Die Bedeutung für das Auftreten von Fernmetastasen und das Langzeitüberleben ist bislang noch nicht beantwortet, doch klingen die bisher vorliegenden Ergebnisse zur TPF-Induktion auch anderer Gruppen sehr vielversprechend [26, 32].

Simultane Radiochemotherapie

Eine bemerkenswerte Metaanalyse mit individuellen Daten von über 10.000 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs aus 70 Studien ergab, dass eine simultane Radiochemotherapie zu einer signifikanten Verbesserung des Überlebens von ca. 8% führt, eine Induktionschemotherapie oder adjuvante Chemotherapie dagegen keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben hat [45]. Die Überlegenheit einer simultanen Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie im Hinblick auf die lokale Kontrolle und das Überleben bei fortgeschrittenen (nicht-operablen) Kopf-Hals-Tumoren wurde durch neuere randomisierte Studien im Wesentlichen weiter bestätigt [1, 8, 9, 15, 30, 51, 65]. Weitere aktuelle randomisierte Studien deuten darauf hin, dass auch bei einer postoperativen Strahlentherapie von Hochrisikopatienten eine simultane Radiochemotherapie der alleinigen postoperativen Strahlentherapie überlegen sein könnte [2, 7, 11].

Die Rolle der simultanen Radiochemotherapie bei der organerhaltenden Therapie wurde durch die bereits mehrfach angesprochene 3-armige RTOG-Studie 91-11 untersucht [18]. Dabei wurden 547 Patienten mit lokal fortgeschrittenen, operablen Plattenepithelkarzinomen der Glottis und der Supraglottis (79% T3, 72% N0–1) randomisiert:

  • Arm 1: Standardarm mit Induktionschemotherapie entsprechend der VALSG-Studie,

  • Arm 2: experimenteller Arm mit simultaner Radiochemotherapie mit einer standardfraktionierten Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis von 70 Gy und simultaner Chemotherapie mit 100 mg/m2 KO Cisplatin am Tag 1, 22 und 43,

  • Arm 3: experimentellenrArm mit alleiniger standardfraktionierten Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis von 70 Gy.

In allen 3 Armen war eine Salvage-LE für Therapieversager vorgesehen, bei Patienten mit einem N2- oder N3-Status erfolgte eine geplante Neckdissection 8 Wochen nach Abschluss der Therapie des jeweiligen Studienarms. Die Ergebnisse nach einer medianen Beobachtungszeit von 3,8 Jahren waren wie folgt:

  • Die Larynxerhaltungsrate war statistisch signifikant besser im Studienarm mit simultaner Radiochemotherapie im Vergleich zu den Studienarmen mit Induktionschemotherapie und alleiniger Strahlentherapie (145/172=84% vs. 125/173=72% vs. 116/173=67%).

  • Das krankheitsfreie Überleben nach 2 und 5 Jahren war signifikant besser in den Studienarmen mit Chemotherapie (simultane Radiochemotherapie 61% und 36%, Induktionschemotherapie 52% und 38%) im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie (44% und 27%).

  • Das aktuarische Gesamtüberleben war mit etwa 75% nach 2 Jahren und 56% nach 5 Jahren in allen 3 Studienarmen nicht signifikant unterschiedlich.

  • Die Fernmetastasierungsrate nach 5 Jahren betrug 12% bei den Patienten, die eine simultane Radiochemotherapie erhielten, 15% bei den Patienten, die eine Induktionschemotherapie erhielten und 22% bei den Patienten, die eine alleinige Strahlentherapie erhielten.

Der Unterschied zwischen den Studienarmen, die eine Chemotherapie enthielten und dem Studienarm mit alleiniger Strahlentherapie war statistisch signifikant.

Der Studienarm mit simultaner Radiochemotherapie zeigte die größte Akuttoxizität (Akuttoxizität Grad 3 und 4: 77% vs. 51% und 47%). Die Inzidenz von Spätreaktionen Grad 3 und 4 betrug 24% bei Patienten nach Induktionschemotherapie, 30% bei Patienten nach simultaner Radiochemotherapie und 36% bei Patienten nach alleiniger Strahlentherapie.

Die Ergebnisse zeigten, dass die simultane Radiochemotherapie in Bezug auf die Larynxerhaltungs- und lokale Kontrollrate der Induktionschemotherapie und der alleinigen Strahlentherapie überlegen war. Der Vorteil in der lokalen Kontrolle bei der simultanen Radiochemotherapie übertrug sich nicht auf das Überleben. Eine Analyse der Ergebnisse nach Salvage-LE in dieser Studie ergab überraschend, da die klinische Beobachtung im eigenen Patientengut andere Hinweise gibt, dass die Inzidenz leichter und schwerer LE-assoziierter Nebenwirkungen in den Studienarmen 1–3 nicht signifikant unterschiedlich war (58%, 59%, und 52%; darunter Inzidenz pharyngokutaner Fisteln: 12%, 30% und 15%). Die Inzidenz der LE-assoziierten Nebenwirkungen war unabhängig von dem Zeitintervall zwischen Beendigung der Therapie und Durchführung der Salvage-LE. Die Patienten hatten eine gute Prognose nach Salvage-LE (lokale Kontrollraten zwischen 74% und 90%, Überlebensraten nach 2 Jahren zwischen 69% und 76%), wobei die Überlebensrate der Patienten mit Salvage-LE einer multivariaten Analyse nach signifikant schlechter als die der Patienten ohne Salvage-LE war.

Bei der ersten Larynxorganerhaltstudie zur simultanen Radiochemotherapie in Deutschland handelte es sich um eine multizentrische, prospektive und nicht-randomisierte Phase-II-Studie. Patienten mit fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinomen wurde alternativ zur LE die Teilnahme an der Studie angeboten. Zur Anwendung kam eine simultane akzelerierte („concomitant boost“) Radiochemotherapie mit 60 mg/m2 KO Carboplatin in Woche 1 und 5 [14]. Insgesamt wurden 41 Patienten rekrutiert. Die Gesamtüberlebensrate nach 2 Jahren betrug 81% (95%-CI: 68–94%) und die Überlebensrate mit funktionellem Larynx 73% (95%-CI: 59–86%). Die Therapie war gut durchführbar und die Toxizität akzeptabel. Soweit bei den geringen Fallzahlen vergleichbar, liegen die Ergebnisse genau in dem Bereich des Studienarms mit simultaner Radiochemotherapie der RTOG-91-11-Studie.

Grenzbereiche der Chirurgie und multimodalen Therapie

Die Frage nach der richtigen Indikation zur larynxorganerhaltenden Chirurgie, zur Laryngektomie oder multimodalen Therapie kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden.

Die aus Sicht des HNO-Arztes am meisten gefürchtete Problematik bei der Radiochemotherapie ist die Wundheilungsstörung im Rahmen der Salvagelaryngektomie nach erfolgter Radiochemotherapie. Insbesondere nach etwa 4 Monaten post radiationem steigen die Wundheilungsstörungen signifikant aufgrund der einsetzenden Fibrose an. Einfluss auf die Lebensqualität nach Radiochemotherapie haben nach neueren Studien die Änderung on Geschmacks- und Riechvermögen, Mundtrockenheit und Dysphagie mit latenter Aspiration [23, 40]. Als weiteres Problem gelten die radiogen bedingten therapierefraktären Larynxspätödeme, die ca. 1 Jahr nach erfolgter Therapie die volle Ausprägung erfahren. Diese Ödeme können eine tracheotomiepflichtige Relevanz erlangen, was faktisch einer LE gleich käme.

Aus diesen Gründen und aufgrund der in Deutschland bestehenden hohen chirurgischen Expertise in der Therapie des Larynx- bzw. Hypopharynxkarzinoms, wird, wenn immer möglich, organerhaltenden chirurgischen Primärtherapien der Vorzug gegeben. Bei vorliegenden regionären Lymphknotenmetastasen (>N1) kann auch bei stattgefundener Larynxteilresektion (Laser oder von außen) unbeschadet eine adjuvante Radio-, bzw. Radiochemotherapie durchgeführt werden. Das Risiko eine Perichondritis des Restkehlkopfs wurde bislang überschätzt. Auch eine Vorbehandlung mit Radio- bzw. Radiochemotherapie stellt keine Kontraindikation für eine Kehlkopfteilresektion dar [25].

Wenn möglich wird organerhaltenden chirurgischen Primärtherapien der Vorzug gegeben

Organbezogene Ausschlusskriterien für eine organerhaltende Radiochemotherapie sind nach aktuellen Kenntnissen die durchgreifende Knorpelinfiltration mit Infiltration der prälaryngealen Halsweichteile sowie ein Gesamttumorvolumen >80 ml, da hier die Mindestforderung einer wahrscheinlichen Komplettremission von 50% nicht erfüllbar erscheint. Begünstigende Faktoren einer organerhaltenden Radiochemotherapie sind neben dem guten Ansprechen auf eine Induktionschemotherapie auch ein Ausgangshämoglobinwert >13,5 g/dl [10, 50]. In jüngeren Studien konnte sehr eindrucksvoll gezeigt werden, dass der Ausgangshämoglobinwert auch das Ansprechen der Chemotherapie, insbesondere in der Kombination mit der Strahlentherapie positiv beeinflusst.

Leider gibt es bislang keine prädiktiven Marker, die das Auftreten von Spättoxizitäten anzeigen könnten. Da sich in den letzten Jahren auch die Hinweise auf gravierende Dsyphagien nach Radiochemotherapie mehren [18], sollte der klinische Fokus auch auf dieses Thema gerichtet werden. Bestehen Zweifel an der Effektivität oder Durchführbarkeit einer multimodalen Therapie, sollte der LE der Vorzug gegeben werden. Auch wenn bei gegebener Indikation zur Laryngektomie nach multimodaler Therapie noch ein Resttumor im Primärtumorbereich besteht, sollte eine LE durchgeführt werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass ein „Downstaging“ von Larynx- bzw. Hypopharynxkarzinomen nicht möglich ist. Der Tumor zieht sich nicht homogen auf einen kleinen Restkern zurück, sondern hinterlässt kleinere Residuen über das gesamte ehemalige Tumorgebiet.

Als letztlich entscheidend erweist sich der aktive Einbezug des Patienten in die Therapieentscheidung. Hierbei müssen die möglichen Alternativen aufgezeigt und Vor-, bzw. Nachteile offen gelegt werden.

Eine allumfassende Empfehlung kann also aufgrund der Komplexität des Themas nicht gegeben werden, doch liegt die Einsicht nahe, dass nur durch interdisziplinäre Diskussion eines jeden einzelnen Patienten eine vernünftige Therapie eingeschlagen werden kann. Unbeantwortet bleibt derzeit die Rolle der neuen „targeted therapies“, wie beispielsweise Cetuximab in der Kombination einer Radio-, bzw. Radiochemotherapie beim Larynxorganerhalt fortgeschrittener Larynx- und Hypopharynxkarzinome. Derzeit anlaufende Studien werden zu unterschiedlichen Einsatzkombinationen in den nächsten 5 Jahren die ersten Fragen zu diesem Thema beantworten. Aus Sicht der Autoren wird hier eine weitere Verbesserung der Ergebnisse erwartet.

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Therapie des fortgeschrittenen Larynx- bzw. Hypopharynxkarzinoms in Hinblick auf den funktionellen Organerhalt des Larynx eine hoch differenzierte Entwicklung genommen hat. Die zahlreichen chirurgischen Optionen des funktionellen Organerhalts sind scharf von den Möglichkeiten der multimodalen Therapiekonzepte als Alternative zur Laryngektomie abzugrenzen. Prinzipiell ist an dieser Stelle zu betonen, dass nur der in der Larynxchirurgie versierte HNO-Arzt das Spektrum der Möglichkeiten des Larynxorganerhalts richtig zu gewichten vermag. Es erscheint als geboten, dass Institutionen, die in die Therapie von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren involviert sind, in enger Abstimmung zwischen HNO, Strahlentherapie und Onkologie eigene Konzepte entwickeln, die der individuellen Expertise vor Ort gerecht werden.

Eine große Herausforderung stellt die richtige Indikationsstellung unter Berücksichtigung der Spättoxizität nach multimodalen Protokollen, der Gesamtkonstitution des Patienten und die mentale Compliance dar. Es geht nicht um den Organerhalt um jeden Preis, sondern um eine sinnvolle Lösung für eine langfristige Atem-, Schluck- und Sprechfunktion. Bezüglich der Koordination sollte der HNO-Arzt aufgrund der besonderen Diagnostik- und Nachsorgeuntersuchungstechniken den Hut aufbehalten und für den Patienten primärer Ansprechpartner sein.