Zusammenfassung
Fieber bei PatientInnen mit rheumatologischen Erkrankungen ist ein häufiges und wichtiges Symptom, das durch die Aktivität der rheumatologischen Grunderkrankung bedingt sein kann. Dabei zeigt sich bei der Inzidenz von Fieber als Krankheitssymptom eine große Streubreite zwischen den einzelnen Erkrankungen. Das wachsende Verständnis der molekularen Signaturen der Krankheitsbilder kann helfen, diese Diskrepanzen zu erklären: So ist die genetisch bedingte Überaktivierung von stark pyrogenen Zytokinen die Ursache dafür, dass Autoinflammationssyndrome sich fast immer mit Fieber präsentieren. Im Gegensatz dazu tritt Fieber bei Polyarthritiden und Myositiden seltener auf und beschränkt sich in der Regel auf schwere Krankheitsverläufe. In der diagnostischen Abklärung sollten häufige Differenzialdiagnosen wie Infekte, Malignome, Medikamentennebenwirkungen und Hypersensitivitätsreaktionen berücksichtigt werden. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die Physiologie der Fieberentstehung, beschreiben die Relevanz von Fieber bei einzelnen rheumatologischen Erkrankungen und schlagen einen Workflow für die klinische Abklärung bei rheumatologischen PatientInnen mit Fieber vor.
Abstract
Fever is a frequent and important symptom in patients with rheumatological diseases and can be an expression of activity of the underlying rheumatological disease. There is great variability in the incidence of fever as a symptom of the disease between individual diseases. The growing understanding of the molecular signatures of the diseases can help to explain these discrepancies: A genetic overactivation of potently pyrogenic cytokines is the reason why fever is nearly always present in autoinflammatory syndromes. In contrast, fever is less common in polyarthritis and myositis and mostly limited to severe courses of disease. In the diagnostic work-up of fever, frequent differential diagnoses, such as infections, malignancies, side effects of drugs and hypersensitivity reactions should be considered. This article provides an overview of the physiology of the development of fever, describes the relevance of fever in individual rheumatological diseases and proposes a workflow for the clinical clarification of rheumatological patients who present with fever.
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Fieber, definiert als Erhöhung der Körpertemperatur auf > 37,8 (oral) oder 38,2 °C (rektal) [10] ist ein Allgemeinsymptom, das bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten kann. Im Unterschied zu manifesten Fieberzuständen, die bei Überschreiten dieser Grenzwerte vorliegen, liegen beim Überschreiten der physiologischen Schwankungen der Körpertemperatur (> 37,4 °C oral oder 37,8 °C rektal [29]) subfebrile Temperaturen vor. Trotz der geringen Spezifität des Symptoms ist Fieber ein wichtiges klinisches Zeichen, weil es in der differenzialdiagnostischen Abklärung und hinsichtlich der (Un‑)Wirksamkeit von Therapien (z. B. Antiinfektiva oder Immunsuppressiva) entscheidende Informationen liefert.
Fieber wird am häufigsten durch eine Infektion ausgelöst [10, 20, 42]. Da Fieber allerdings nicht nur durch exogene Pathogene entstehen kann, sondern durch eine zentrale Sollwertverstellung der Körpertemperatur infolge der Wirkung von Zytokinen zustande kommt, kommt Fieber auch bei sterilen Inflammationszuständen wie malignen, autoimmunen und autoinflammatorischen Erkrankungen vor. So stellen sich etwa 20 % der Fälle von „fever of unknown origin“ (FUO) letztlich als autoimmun oder autoinflammatorisch bedingt heraus [7].
In diesen Situationen ist Fieber ein wichtiger klinischer Parameter für die Krankheitsaktivität, das Therapieansprechen und die kontinuierliche Reevaluation infektiologischer Differenzialdiagnosen.
Die Inzidenz, die Frequenz und der Charakter des Fiebers unterscheiden sich innerhalb der rheumatologischen Krankheiten jedoch stark. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Fieber bei rheumatologischen Erkrankungen und Empfehlungen für das klinische Vorgehen beim Auftreten von Fieber bei PatientInnen mit dem Verdacht auf oder mit bereits diagnostizierten rheumatologischen Erkrankungen.
Überblick Physiologie des Fiebers
Da autoimmune und autoinflammatorische Erkrankungen auf molekularer Ebene immer besser verstanden werden, lohnt sich ein Blick auf die Prozesse, die an der Entstehung von Fieber beteiligt sind (Abb. 1). Auslöser einer Fieberreaktion sind Moleküle, die als Pyrogene bezeichnet werden.
Diese können in exogene und endogene Pyrogene unterteilt werden: Exogene Pyrogene sind körperfremde Auslöser von Fieber wie exogene Toxine, ionisierende Strahlung und Oberflächenstrukturen von Mikroorganismen. Diese stoßen evolutionär stark konservierte Signalwege des angeborenen Immunsystems an. So können Pattern-Recognition-Rezeptoren (PRR) exogene Pyrogene wie z. B. Lipopolysaccharid (LPS) von gramnegativen Bakterien erkennen und anschließend eine Reihe von Zytokinen produzieren, die in der Lage sind, Fieber auszulösen. Dazu zählen Interleukin(IL)-6, IL-1β, Tumor-Nekrose-Faktor(TNF)-α sowie Interferone. Diese Zytokine werden als endogene Pyrogene bezeichnet, da sie vom Körper selbst, v. a. von aktivierten Monozyten und Makrophagen, produziert werden. Allerdings können auch sterile Entzündungsreaktionen zur Produktion dieser endogenen Pyrogene führen: Immunkomplexe, freie DNA (Desoxyribonukleinsäure), β‑Amyloid und Kristalle können PRR aktivieren und führen so zur Ausschüttung von endogenen Pyrogenen in erster Linie durch Zellen des angeborenen Immunsystems wie Monozyten, Makrophagen, Neutrophile und dendritische Zellen. Im Falle von Autoinflammationssyndromen führen genetische Varianten zu einer Überproduktion der endogenen Pyrogene.
Unabhängig davon, ob sie durch eine Infektion oder eine sterile Inflammation entstehen, gelangen die endogenen Pyrogene in das thermoregulatorische Zentrum des Hypothalamus. Im Organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) induzieren sie unter anderem die Synthese von Prostaglandin E2 (PGE2). PGE2 bindet an den EP3-Rezeptor an Gliazellen, was zu einem Anstieg von zyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP) führt, das wiederum Temperaturneurone stimuliert. Hierdurch kommt es zur zentralen Sollwertverstellung der Körpertemperatur, die durch Muskelkontraktionen, Entkopplung der Atmungskette im braunen Fettgewebe, Umverteilung des zirkulierenden Blutvolumens, Reduktion der Schweißproduktion und Verhaltensänderungen reguliert wird. Neben diesen zentralen Effekten kommt es durch die Pyrogene auch peripher zur Synthese von Prostaglandinen, die z. B. zu Fieber-assoziierten Myalgien führen [21].
Fieber bei rheumatologischen Erkrankungen
Arthritiden
Polyarthritiden
Bei den Arthritiden weist die Inzidenz von Fieber ein breites Spektrum auf. Während eine Erhöhung der Körpertemperatur auf 37,3 bis 38,0 °C bei der rheumatoiden Arthritis (RA) in bis zu 34 % der Fälle beobachtet wird, werden manifeste Fieberzustände in bis zu knapp 15 % der Fälle berichtet [76]. Allerdings weisen weitere Studien auf ein deutlich selteneres Auftreten hin. So fand eine ältere, aber umfangreiche Studie zu den klinischen Präsentationen der rheumatoiden Arthritis Fieber nur in 3 % von 500 untersuchten PatientInnen. Dabei zeigte sich kein Zusammenhang mit dem Outcome im 6‑jährigen Beobachtungszeitraum [59]. In neueren Übersichtsarbeiten wird manifestes Fieber im Zusammenhang mit der rheumatoiden Arthritis gar nicht [14] oder nur bei PatientInnen mit einem aggressiven, systemischen Verlauf erwähnt [26].
Bei den verschiedenen Arthritiden weist die Inzidenz von Fieber ein breites Spektrum auf
Bei den Subtypen der Spondyloarthritiden (SpA) finden sich große Unterschiede, wobei periphere Manifestationen der SpA stärker mit Fieber assoziiert zu sein scheinen [2]. Eine südkoreanische Studie untersuchte retrospektiv das Vorliegen von Fieber als initiales Symptom der SpA. Dabei trat Fieber am häufigsten bei PatientInnen mit reaktiver Arthritis auf, gefolgt von der undifferenzierten SpA, der ankylosierenden SpA und der enteropathischen Spondyloarthritis. Am seltensten war Fieber bei der Psoriasisarthritis (PsA) [11]. Diese Verteilung wird auch durch weitere Studien bestätigt. So präsentierten sich 33 % der PatientInnen mit reaktiver Arthritis bei Vorstellung im Krankenhaus mit Fieber [16]. Dabei tritt das Fieber häufig früh und gehäuft bei gastrointestinaler Beteiligung auf [26]. Da bakterielle Infektionen allerdings in der Regel die Ursache einer reaktiven Arthritis sind, ist nicht auszuschließen, dass Fieber in diesem Zusammenhang auch Ausdruck einer andauernden Infektion ist. Auch im Rahmen der enteropathischen Spondyloarthritis ist Fieber mit dem Auftreten gastrointestinaler Symptome assoziiert. In diesem Zusammenhang hat eine Expertengruppe Fieber als ein Red-Flag-Kriterium für das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung vorgeschlagen und empfiehlt bei diesen PatientInnen eine gastroenterologische Vorstellung [23, 56]. Andererseits wird das Symptom Fieber in einer größeren Untersuchung zur klinischen Präsentation der PsA gar nicht erwähnt [30].
Kristallarthropathien
Eine höhere Fieberinzidenz findet sich bei den Kristallarthropathien. So kommt es in 9 % der akuten Gichtanfälle zu Fieber, bei polyarthritischen Verläufen sogar doppelt so häufig [44]. Pathophysiologisch ist das Fieber hier eng an die Aktivierung des Inflammasoms und die Aktivierung von IL-1β gebunden, was den erfolgreichen Einsatz von Anakinra in der Gichttherapie erklären kann. Mit bis zu 50 % tritt Fieber bei der Chondrokalzinose noch häufiger auf [45].
Da Fieber bei den meisten Arthritiden insgesamt also selten ist, sollte das Augenmerk bei dieser Kombination in erster Linie auf dem Ausschluss einer infektiösen Arthritis liegen, die gerade bei der Monoarthritis imperativ ist. Wie aufgrund der Anwesenheit der Mikroorganismen zu erwarten, tritt Fieber bei der infektiösen Arthritis in 44–88 % der Fälle und damit häufiger als bei anderen Arthritiden auf [26]. Interessanterweise ist diese Zahl bei PatientInnen mit bekannter RA allerdings niedriger: In einer Studie zu der klinischen Präsentation der infektiösen Arthritis präsentierten sich 57 % der PatientInnen mit bekannter RA ohne Fieber, während dies nur für 30 % der PatientInnen ohne RA galt. Diese Unterschiede sind am ehesten auf eine immunsuppressive Therapie zurückzuführen, unter der 16 von 25 (64 %) der RA-PatientInnen standen. Klinisch ist dies insofern relevant, dass der körperlichen Untersuchung hinsichtlich der Differenzialdiagnose der infektiösen Arthritis bei PatientInnen mit bekannter RA eine besondere Bedeutung zukommt [34].
Kollagenosen
Systemischer Lupus erythematodes
Fieber wird beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) im Vergleich zu den bislang genannten Erkrankungen häufig beobachtet, weshalb das Symptom auch Teil des Systemic Lupus Erythematodes Disease Activity Index (SLEDAI) ist; 5 % der PatientInnen mit „fever of unknown origin“ (FUO) werden letztlich mit SLE diagnostiziert [70]. Mit der Bildung verschiedener Autoantikörper und deren Formation zu Immunkomplexen sowie einer deutlichen Interferonsignatur finden sich verschiedene Pyrogene in der Pathophysiologie der Erkrankung, die diese hohe Rate an Fieber bedingen. Einerseits führen die Antikörper und Immunkomplexe zur Aktivierung der Komplementkaskade, die durch Bildung von Anaphylatoxinen zur Rekrutierung weiterer Immunzellen führt. Andererseits können Antikörper und Immunkomplexe diese über die Aktivierung von Fc-Rezeptoren direkt aktivieren, was zur Freisetzung endogener Pyrogene führt [72].
Fieber wird beim SLE häufig beobachtet
Während frühe Studien eine Prävalenz bis zu 86 % beschrieben [36], senkten weitere Untersuchungen diese Zahl auf immerhin noch 41–42 % [25, 58], wobei eine Assoziation zu dem Vorliegen von Arthritis, renaler Beteiligung und Serositis besteht [25, 61]. Der Rückgang der Fieberinzidenz wurde unter anderem durch bessere Therapiemöglichkeiten erklärt [26, 70]. Fieber tritt bei SLE intermittierend auf, wobei milde bis moderate Temperaturanstiege die Regel sind [13]. Dennoch können auch Temperaturen bis über 40 °C erreicht werden [70]. Die Serumlevel von Interferon‑α korrelieren bei unbehandelten SLE-PatientInnen mit dem Auftreten von Fieber, was die Rolle von Interferon‑α in der Fieberentstehung bestärkt [41]. Interessanterweise gibt es eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Fieber und bestimmten Autoantikörperkonstellationen. So ist die Inzidenz von Fieber bei SLE-PatientInnen mit positiven Anti-Ribonucleoprotein-Antikörpern (anti-RNP) knapp 4‑mal so hoch wie bei PatientInnen ohne diese Autoantikörper [38].
Myositiden
Bei der Polymyositis ist Fieber selten. Es kann jedoch bei schweren Verläufen mit Lungenbeteiligung auftreten [62] und ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine ungünstige Prognose [4]. In Einzelfällen kann Fieber das initial führende Symptom sein [77].
Etwas besser ist die Datenlage zu Fieber bei Dermatomyositis (DM). Neben Einzelberichten von DM-PatientInnen, die sich initial mit FUO präsentierten, finden sich interessante Daten bezüglich der Subtypen der DM. So ist Fieber gehäuft bei der MDA5-positiven DM anzutreffen [33], die als klinisch amyopathische DM eine eigene Krankheitsentität mit vorwiegend kutaner und schwerer pulmonaler Beteiligung darstellt. In einer chinesischen Studienpopulation von 26 MDA5-positiven PatientInnen litten 34,6 % an Fieber [15]. Auch PatientInnen mit Antikörper gegen das „small ubiquitin-like modifier activating enzyme“ (Anti-SAE) präsentieren sich häufig mit Fieber: Dieser seltene Subtyp fand sich in einer Kohorte von 266 PatientInnen mit Myositis zwar bei nur 11 PatientInnen (4 %). Von diesen 11 PatientInnen hatten allerdings 9 (82 %) Fieber und andere systemische Symptome [6]. Pathophysiologisch ist Fieber bei DM am ehesten auf eine gesteigerte Aktivität von Interferonsignalwegen zurückzuführen. Einerseits zeigen genetische Interferonopathien ähnliche klinische Manifestationen wie DM. Andererseits findet sich im Blut als auch in Haut- und Muskelbiopsien von DM-PatientInnen eine gesteigerte Expression von IFN(Interferon)-induzierten Genen. Dabei korreliert die Aktivität von Interfonsignalwegen mit der Krankheitsaktivität. Zusätzlich sind einige DM-assoziierte Antikörper gegen Moleküle gerichtet, die bei Interferonsignalwegen eine Rolle spielen: MDA5 induziert als intrazellulärer Sensor für doppelsträngige Ribonukleinsäure (RNA) die Expression von Interferonen, und SAE ist an der SUMO(„small ubiquitin-like modifier“)ylierung beteiligt, eine posttranslationale Modifikation, die eine wichtige Rolle bei der Regulation von Interferonen spielt [8].
Bei dem selteneren Antisynthetasesyndrom, das mit Autoantikörpern gegen Aminoacyl-t(„transfer“)RNA-Synthetasen einhergeht, wird Fieber sogar als klassisches Symptom gelistet [33].
Systemische Sklerose
Fieber ist kein typisches Symptom der systemischen Sklerose (SSc). Daher ist bei febrilen PatientInnen mit systemischer Sklerose in erster Linie an eine Infektion zu denken, z. B. von infizierten Hautläsionen. Dennoch gibt es auch Berichte über PatientInnen, die Fieber im Rahmen der Grunderkrankung entwickeln [27]. Bis auf solche Einzelberichte wird Fieber im Zusammenhang mit der Erkrankung auch in größeren retrospektiven Studien nicht erwähnt [28, 50].
Dennoch besteht eine interessante Verbindung zwischen Fieber und SSc: Eine niederländische Fallserie über 4 PatientInnen beschreibt im Rahmen eines Q‑Fieber-Ausbruchs in den Niederlanden einen zeitlichen Zusammenhang zwischen chronischem Q‑Fieber und der Manifestation einer milde verlaufenden SSc [39]. Neben einem vermuteten Zusammenhang mit viralen Infektionen [51] könnte diese Assoziation mit der Infektion mit dem intrazellulären Erreger Coxiella burnetii auf eine pathophysiologische Relevanz einer gesteigerten Typ-I-Interferon-Antwort hinweisen, die im Rahmen der Immunantwort gegen das schwer fassbare Bakterium induziert wird [66]. Tatsächlich sind mehrere Polymorphismen in Genen für Interferon-regulierende Faktoren (IRF) mit einem erhöhten Risiko für SSc assoziiert [67], und im Blut von SSc-PatientInnen finden sich erhöhte Serumlevel von Typ-I- (und -II-)Interferonen [18].
Mischkollagenose
Bei der Mischkollagenose ist (mildes) Fieber häufiger. In einer Fallserie trat Fieber bei 9 von 20 PatientInnen (45 %) auf, wobei dies bei nur 2 (10 %) bei der initialen Präsentation der Fall war [5]. Eine sudanesische Studie mit 30 PatientInnen berichtet sogar, dass 63 % Fieber entwickelten [1].
Sjögren-Syndrom
Das Sjögren-Syndrom geht selten mit Fieber einher. So wird es in Übersichtsarbeiten zu der Erkrankung nicht erwähnt [46, 78]. Weil die Erkrankung mit einem erhöhten Risiko für Lymphome einhergeht, sollte Fieber bei PatientInnen mit Sjögren-Syndrom v. a. als Warnzeichen für maligne Entartung oder Infektionen und weniger als Ausdruck der Aktivität der Grunderkrankung interpretiert werden.
Vaskulitiden
Vaskulitiden verursachen häufiger Fieber, allerdings findet sich auch hier eine große Bandbreite. Dabei gibt die Chapel-Hill-Klassifikation nach Gefäßgröße auch in dieser Hinsicht Orientierung. So ist Fieber bei Vaskulitiden der großen und mittelgroßen Gefäße ein typisches, teilweise sogar das einzige Symptom [31], während Entzündungen der kleinen Gefäße seltener zu Fieber führen.
Großgefäßvaskulitiden
Ein eher gering ausgeprägtes Fieber ist bei Großgefäßvaskulitiden ein häufiges Symptom. In einer retrospektive Analyse von 100 PatientInnen mit bioptisch gesicherter Diagnose einer Riesenzellarteriitis trat Fieber bei 42 % auf [12]. Bei PatientInnen mit Arteriitis temporalis wird Fieber in 25–30 % festgestellt [52]. Studien von Hall et al. und Soto et al. zeigen, dass Fieber eine Inzidenz von 20–44 % bei der Takayasu-Arteriitis hat, wobei diese in einer nordamerikanischen Population höher lag als in einer mexikanischen [35, 68].
Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße
Bei der sehr seltenen Panarteriitis nodosa trat Fieber in einer Studie von 348 PatientInnen in 64 % der Fälle auf [57].
Auch wenn Fieber im Kindesalter eine Vielzahl von häufigeren Ursachen hat, sollte das Kawasaki-Syndrom aufgrund der schweren Komplikation von Koronararterienaneurysmen berücksichtigt werden. Ein mehr als 5‑tägiges Fieber mit Temperaturen über 39 °C ist regelhaft die Erstmanifestation und das Eingangskriterium für die Diagnosekriterien der Erkrankung [47].
Kleingefäßvaskulitiden
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) präsentiert sich in knapp 60 % der Fälle mit Fieber [32]. Seltener tritt das Symptom bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) auf. In einer Analyse von 158 GPA-PatientInnen zeigte sich Fieber bei der initialen Präsentation nur bei 23 % [37].
Morbus Behçet
Morbus Behçet als Vaskulitis von Gefäßen mit variabler Gefäßgröße manifestiert sich typischerweise in Form von oralen und genitalen Aphten, aber auch die Augen, die Gelenke, die Haut und das zentrale Nervensystem können betroffen sein. Fieber kann auftreten, gerade im Falle einer aseptischen Meningitis, die sich neben Fieber mit Meningismus und Kopfschmerz präsentiert. Eine Untersuchung über 500 PatientInnen mit Morbus Behçet ergab eine Fieberinzidenz von 22 %. Dabei fanden die Autoren eine starke Assoziation von Fieber mit vaskulärer, neurologischer oder Gelenkbeteiligung [63]. Interessanterweise wird aufgrund der ähnlichen ethnischen Verteilung, des Fehlens typischer autoimmuner Charakteristika (spezifische Antikörper, T‑ oder B‑Zell-Aktivierung) und ähnlicher klinischer Phänotypen eine Assoziation zwischen Morbus Behçet und familiärem Mittelmeerfieber (FMF) gesehen. Tatsächlich konnten Fall-Kontroll-Studien, „genome-wide association studies“ (GWAS) und gezielte Sequenzierungsanalysen zeigen, dass Varianten im MEFV-Gen (v. a. p.Met694Val) mit einer erhöhten Suszeptibilität für Morbus Behçet einhergehen [64].
Autoinflammationssyndrome
Zur Diskussion von Fieber im Rahmen von Autoinflammationssyndromen verweisen wir auf den separaten Beitrag von Pankow und Krusche in dieser Ausgabe.
Sonstige
IgG4-assoziierte Erkrankung
Die Ig(Immunglobulin)G4-assoziierte Erkrankung ist eine in der Regel langsam progrediente fibroinflammatorische Systemerkrankung. Fieber ist hier kein typisches Symptom, kann jedoch bei einer thorakalen Beteiligung auftreten [73]. In erster Linie sollte Fieber jedoch an eine begleitende Infektion denken lassen [22].
Sarkoidose
Bei der Sarkoidose ist das Fieber in der Regel mild [55], kann jedoch auch bis 40 °C ansteigen [17]. Eine ältere Studie beschreibt, dass Fieber im Zusammenhang mit Sarkoidose häufig gar nicht erwähnt wird und eine Inzidenz von 3–28 % beschrieben war. In der Studie selbst trat Fieber bei 31 von 75 (41 %) PatientInnen auf, wobei Afroamerikaner eine signifikant höhere Rate aufwiesen als Kaukasier (60 vs. 29 %). Das Auftreten eines Erythema nodosum war mit dem Auftreten von Fieber assoziiert [55]. Auch in neueren Studien wurde bestätigt, dass etwa ein Drittel der PatientInnen mit Sarkoidose Fieber entwickeln [53]. Bei Sonderformen der Sarkoidose ist Fieber häufiger: Sowohl beim akuten Löfgren-Syndrom als auch beim Heerfordt-Syndrom ist Fieber ein typisches Symptom [24, 48].
Die Tab. 1 gibt einen Überblick über die Inzidenzen von Fieber bei rheumatologischen Erkrankungen.
Differenzialdiagnosen
Besonders wichtig ist es, häufige Ursachen von Fieber als Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen. So sind nur 60 % der Fieberschübe beim SLE durch Aktivität der Grunderkrankung erklärt [69].
Daher sollten Infektionen, maligne Erkrankungen sowie therapieassoziierte Nebenwirkungen wie Hypersensitivitätsreaktionen und Medikamentennebenwirkungen berücksichtigt werden.
Infektionen
Neben erhöhter Krankheitsaktivität sollte die Kombination von Fieber und rheumatologischer Grunderkrankung in erster Linie an Infektionen denken lassen, weil die PatientInnen in der Regel immunsupprimiert sind. FUO wird in bis zu einem Drittel der Fälle auf eine Infektion zurückgeführt [19, 75], wobei eine chinesische Studie über knapp 1000 PatientInnen sogar von 48 % berichtet [65]. Die beteiligten Erreger verursachen in der Regel eine indolente Infektion und sind schlecht kultivierbar. Häufige Ursachen sind Osteomyelitiden, kleine Abszesse, Endokarditiden durch Erreger der HACEK-Gruppe, Syphilis, Tuberkulose, Brucellose, Yersiniose sowie Infektionen mit Bartonella, Coxiella, Salmonella oder Rickettsia. Neben bakteriellen Erregern können sich auch virale (z. B. EBV [Epstein-Barr-Virus], CMV [Zytomegalievirus], HIV [humanes Immundefizienzvirus]), fungale (z. B. Aspergillose, Blastomykose) und parasitäre (z. B. Leishmaniose, Malaria) Infektionen als FUO präsentieren [49]. In einer nordamerikanischen Arbeit über 86 FUO-Fälle und in der erwähnten chinesischen Studie waren abdominelle Abszesse bzw. Tuberkulose die häufigsten infektiösen Ursachen [43].
FUO wird in bis zu einem Drittel der Fälle auf eine Infektion zurückgeführt
Daher sind gerade bei immunsupprimierten PatientInnen regelmäßige mikrobiologische Untersuchungen von Blut, Urin und anderem relevanten Material in dieser klinischen Situation essenziell, um frühzeitig mit einer antiinfektiven Therapie beginnen zu können, die großzügiger eskaliert werden sollte, als es bei immunkompetenten PatientInnen der Fall wäre. Neben dem Fiebermuster (z. B. rhythmische Fieberverläufe bei Malaria) können Laborparameter bei der Unterscheidung zwischen Krankheitsaktivität und Infektion helfen: So lässt ein CRP(C-reaktives Protein)-Anstieg bei PatientInnen mit SLE eher an eine Infektion als an Krankheitsaktivität denken. Da CRP bei anderen rheumatologischen Erkrankungen auch ohne Infektion ansteigen kann, hilft die Bestimmung des Procalcitonins (PCT), um eine bakterielle Infektion aufzudecken. Dies gilt insbesondere für PatientInnen unter IL-6-Blockade (wie z. B. Tocilizumab), da CRP in dieser Situation nicht verwertbar ist.
Allerdings können Fieber und Symptome, die an eine rheumatologische Diagnose denken lassen, auch in anderen Situationen auftreten. So wird die Kombination von Fieber und Polyarthritis auch häufig durch eine virale Infektion verursacht [26]. Zum Beispiel kann eine Infektion mit Parvovirus B19 mit Rötungen der Wangenhaut („slapped cheeks“) und Arthritiden das klinische Bild eines SLE nachahmen [54]. Auch andere virale Erreger wie HIV und HBV (Hepatitis-B-Virus) sowie bakterielle Infektionen wie die infektiöse Endokarditis, disseminierte Gonokokkeninfektionen, Borreliose und Morbus Whipple können Arthritiden auslösen [3, 60] und sollten daher in der diagnostischen Abklärung berücksichtigt werden.
Andersherum schließt das Vorliegen einer Infektion eine bislang nicht diagnostizierte rheumatologische Erkrankung nicht aus. Gelegentlich sind Infektionen z. B. durch molekulare Mimikry gar erst der Auslöser einer rheumatologischen Erkrankung: Neben der infektiologischen Ursache der reaktiven Arthritis sind Hepatitisviren typische Auslöser von Kryoglobulinämien oder einer Panarteriitis nodosa.
Maligne Erkrankungen
Zwar kann eine B‑Symptomatik auch bei rheumatologischen Erkrankungen auftreten, allerdings sollte hierbei in erster Linie eine maligne Erkrankung ausgeschlossen werden. Dabei sind die gut beschriebenen Assoziationen zwischen einigen rheumatologischen und malignen Erkrankungen besonders zu berücksichtigen. So treten einige Myositiden, wie z. B. die anti-TIF1γ-positive DM, zu sehr hohen Anteilen paraneoplastisch auf. In einem Kollektiv von 537 PatientInnen mit bioptisch gesicherter Dermatomyositis, Polymyositis oder Einschlusskörperchenmyositis wurde bei 104 PatientInnen (19,4 %) ein Malignom nachgewiesen. Das höchste Risiko bestand bei der Diagnose einer Dermatomyositis (relatives Risiko 6,2) [9]. Zusätzlich gehen sowohl eine langfristige Immunsuppression sowie die karzinogene Wirkung einiger Medikamente, die in der Therapie rheumatologischer Erkrankungen eingesetzt werden (z. B. Cyclophosphamid), mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Malignomen einher.
Hypersensitivitätsreaktionen
Eine weitere Ursache von Fieber sind Hypersensitivitätsreaktionen auf körperfremde Substanzen. Aufgrund ihrer täglichen Relevanz in der klinischen Praxis sei an dieser Stelle besonders auf allergische Reaktionen gegen Medikamente und medizinische Produkte sowie auf Transfusionsreaktionen hingewiesen.
Medikamente
Zu guter Letzt können Medikamente nicht nur durch allergische Reaktionen zu Fieber führen, sondern auch durch die pharmakologische Wirkung des Medikamentes hervorgerufen werden. Insgesamt tritt Medikamenten-assoziiertes Fieber bei bis zu 10 % aller stationären PatientInnen auf [40].
Dazu zählen v. a. Chemotherapeutika, Antibiotika, L‑Thyroxin, Biologika und einige zentral wirksame Medikamente wie Carbamazepin, Phenytoin und Methyldopa. Besonders schwerwiegende Formen sind die maligne Hyperthermie bei genetisch prädisponierten PatientInnen nach Exposition von inhalativen Narkotika, das DRESS(„drug rash with eosinophilia and systemic symptoms“)-Syndrom, das mit einer Mortalität von ca. 10 % einhergeht [74], und das Stevens-Johnson-Syndrom.
Medikamenten-assoziiertes Fieber tritt bei bis zu 10 % aller stationären PatientInnen auf
Bei rheumatologischen PatientInnen sollten die Behandler besonders für Allopurinol, Analgetika und Sulfasalazin sensibilisiert sein. So ist Allopurinol ein typischer Auslöser für das seltene Stevens-Johnson-Syndrom und war in einer Studie für mehr als 5 % der beobachteten DRESS-Syndrome verantwortlich [71]. Zusätzlich wird Fieber häufig bei Therapie mit monoklonalen Antikörpern und intravenösen Immunglobulinen beobachtet, wobei bei Letztgenannten an das mögliche Auftreten einer aseptischen Meningitis gedacht werden sollte.
Gleichzeitig muss beachtet werden, dass häufig für rheumatologische Erkrankungen eingesetzte Medikamente die Fieberreaktion unterdrücken. Steroide, nichtsteroidale Antirheumatika und Acetylsalicylsäure interferieren pharmakodynamisch mit der Fieberphysiologie. Auch Tocilizumab bewirkt durch die Blockade des wichtigen endogenen Pyrogens IL‑6 das Ausbleiben einer Fieberreaktion (und eines CRP-Anstiegs), sodass bei PatientInnen unter Tocilizumab-Therapie ein ganz besonderes Augenmerk auf die klinische Untersuchung gelegt werden muss.
Klinisches Vorgehen bei Fieber
Für die Kombination aus Symptomen, die an eine rheumatologische Erkrankung denken lassen, und Fieber gibt es eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen. Dementsprechend ist bereits initial eine umfangreiche Diagnostik notwendig, um ggf. eine adäquate Spezialdiagnostik und die korrekte Therapie einleiten zu können. Die Abb. 2 zeigt einen möglichen diagnostischen Workflow.
Hierbei ist zu beachten, dass die Pfade im Diagramm sich nicht gegenseitig ausschließen. Beispielsweise hat ein Patient mit hoher Aktivität seiner rheumatologischen Grunderkrankung aufgrund einer intensiveren Immunsuppression ein gesteigertes Risiko für Infektionen. In diesem Zusammenhang sind allergische Reaktionen auf Antibiotika zu bedenken. Außerdem könnte im Rahmen der intensivierten Immunsuppression ein neues Medikament zum Einsatz gekommen sein, das eine fieberhafte Reaktion auslösen kann.
Schlussfolgerung
Fieber ist ein unspezifisches Allgemeinsymptom, das durch exogene Pyrogene wie Oberflächenstrukturen von Pathogenen, aber auch durch nichtinfektiöse Entzündungsreaktionen hervorgerufen wird. Eine pathophysiologische Sequenz von Zytokinen, Prostaglandinen und der Modulation von Neuronen im Temperaturzentrum des Hypothalamus führt zu einer Veränderung des Sollwerts der Körpertemperatur. Fieber kann Ausdruck der Aktivität einer rheumatologischen Grunderkrankung sein. Allerdings gibt es große Unterschiede innerhalb der rheumatologischen Erkrankungen, was das Auftreten von Fieber angeht: Während das Symptom bei manchen Erkrankungen eine Rarität ist, tritt es bei anderen regelhaft auf. So wird Fieber häufig bei SLE, Vaskulitiden (v. a. der großen und mittelgroßen Gefäße), Chondrokalzinose, Subtypen der Dermatomyositis und der Mischkollagenose beobachtet. Autoinflammatorische Erkrankungen gehen fast immer mit wiederkehrenden Fieberschüben einher. Weil PatientInnen mit rheumatologischer Grunderkrankung ein erhöhtes Risiko für Infektionen und die Entwicklung maligner Erkrankungen aufweisen, sollten diese häufigen Differenzialdiagnosen in jedem Fall berücksichtigt werden. In diesem Sinne sollte auch an Medikamenten-induziertes Fieber oder eine Hypersensitivitätsreaktion gedacht werden.
Fazit für die Praxis
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Fieber ist ein wichtiges klinisches Symptom bei rheumatologischen PatientInnen. Dabei ist die Inzidenz von Fieber als Ausdruck von Krankheitsaktivität bei den verschiedenen rheumatologischen Erkrankungen sehr variabel.
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Infektionen, maligne Erkrankungen, Medikamentennebenwirkungen und Hypersensitivitätsreaktionen sollten in jedem Fall in der differenzialdiagnostischen Abklärung von Fieber bei rheumatologischen PatientInnen berücksichtigt werden.
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Dementsprechend umfasst diese Abklärung mindestens eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, umfangreiche Laboruntersuchungen und eine symptomorientierte Bildgebung.
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Infektionen sind bei den meist immunsupprimierten PatientInnen besonders kritisch, weshalb Wiederholungen der Diagnostik im Verlauf entscheidend sind, um Immunsuppression und antiinfektive Therapie in Abhängigkeit vom Therapieerfolg optimal steuern zu können.
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J.F. Nies gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. M. Krusche: Beratung und Vertragshonorare: AbbVie, Pfizer, Galapagos, Lilly, Sobi, Novartis; Forschungsförderung: Sobi, Novartis, Sanofi.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Ina Kötter, Hamburg
Martin Krusche, Hamburg
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Nies, J.F., Krusche, M. Fieber bei rheumatologischen Erkrankungen. Z Rheumatol 83, 341–353 (2024). https://doi.org/10.1007/s00393-024-01505-y
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