Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine schubförmig verlaufende, chronisch-entzündliche systemische Autoimmunerkrankung [1]. Der klinische Phänotyp, der Verlauf und die Prognose sind hoch variabel und unterscheiden sich zwischen individuellen Patienten, Geschlechtern, Ethnien und Altersgruppen [2,3,4,5]. Bei schätzungsweise 10–20 % der Patienten tritt der SLE vor dem Erwachsenenalter auf. Für die Definition des juvenilen SLE (jSLE; [6]) wird meist eine maximale Altersgrenze von 16 Jahren herangezogen, sie variiert in verschiedenen Studien aber zwischen 14 und 20 Jahren. Verglichen mit dem adulten SLE (aSLE) weist der jSLE meist akutere und aggressivere Krankheitsverläufe auf [7, 8] und ist trotz einer geringeren Inzidenz von Komorbiditäten im Kindesalter mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Die ausgeprägtesten Unterschiede im Erscheinungsbild betreffen häufigere renale und neurologische Manifestationen beim jSLE. In dieser Übersichtsarbeit werden die relevantesten Unterschiede und Gemeinsamkeiten von jSLE und aSLE in Epidemiologie, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie diskutiert.

Epidemiologie

Im Erwachsenenalter liegt das Hauptmanifestationsalter zwischen 37 und 50 Jahren, wobei Frauen ca. 10-mal häufiger betroffen sind als Männer [9]. Die Gesamtprävalenz der Krankheit beläuft sich auf 20–150 pro 100.000 mit erheblichen geographischen Unterschieden, was hauptsächlich auf ethnische Unterschiede und den abweichenden Zugang zu spezialisierter Versorgung zurückzuführen ist [10]. Die Inzidenz und Prävalenz von SLE sind insbesondere bei schwarzen, asiatischen und hispanischen Patienten erhöht, die dazu neigen, den Lupus früher zu entwickeln und eine schwerere und aktivere Erkrankung aufzuweisen als weiße Patienten [11]. Dies trifft im Kindes- und Erwachsenenalter gleichermaßen zu [3]. In Deutschland beträgt die Prävalenz ca. 1:2500, die Inzidenz liegt bei etwa 7:100.000 [12].

Bei etwa 10–20 % aller SLE-Patienten entwickeln sich Symptome im Kindes- und Jugendalter

Bei schätzungsweise 10–20 % aller SLE-Patienten entwickeln sich Symptome im Kindes- und Jugendalter und es wird daher ein jSLE [6] diagnostiziert. In der pädiatrischen Altersgruppe liegt der Erkrankungsgipfel zwischen 12 und 14 Jahren. Ein Erkrankungsbeginn vor dem 5. Geburtstag ist sehr selten. Das Verhältnis von Mädchen zu Jungen variiert zwischen den Altersgruppen innerhalb der pädiatrischen Kohorte. Bei besonders jungen Patienten mit jSLE (< 5 Jahre) ist das Verhältnis ausgewogen (1:1), was sich auf 4–5:1 bei Kindern mit Krankheitsbeginn um die Pubertät und dann zu dem bei aSLE typischen Verhältnis von 9–10:1 nach der Pubertät verschiebt [2, 4, 5, 13, 14].

Pathophysiologie und immunologische Biomarker

Die Pathophysiologie des SLE ist komplex und trotz signifikanter Forschungsfortschritte in den letzten Jahren noch inkomplett verstanden. Insgesamt liegt eine genetische Prädisposition zugrunde, diese ist jedoch, über alle Altersgruppen hinweg, nur bei 1–3 % der Patienten stark genug, um allein die Erkrankung auszulösen [1, 2]. Tatsächlich liegt die Krankheitskonkordanz bei eineiigen Zwillingen lediglich bei 20–40 % [15], was darauf hindeutet, dass neben einer genetischen Prädisposition auch Umwelteinflüsse sowie hormonelle und epigenetische Faktoren zur Krankheitsentstehung beitragen [16,17,18,19]. Es wird angenommen, dass eine gestörte Clearance von Zellbestandteilen, speziell nukleären Komponenten und/oder „neutrophil extracellular traps“ (NETs), entscheidend an der Entwicklung des SLE beteiligt ist. Die Freisetzung von intrazellulären Komponenten, die mit der Bildung und Akkumulation von Immunkomplexen verbunden ist, führt zur gesteigerten Produktion von Typ-I-Interferon (T1IFN) sowie zur Generierung und Aktivierung von autoreaktiven B‑Zellen, die sich anschließend in Plasmazellen differenzieren und pathogene Autoantikörper produzieren.

Eine gestörte B‑Zell-Homöostase mit erhöhter Frequenz zirkulierender kurzlebiger Plasmazellen bzw. Plasmablasten in Korrelation zur Krankheitsaktivität wurde initial beim aSLE beschrieben [20, 21]. Die Zahl an Plasmablasten ist auch bei jSLE-Patienten bei Krankheitsschüben im Blut erhöht [22]. Ferner weisen Plasmablasten spezifische Transkriptionsprofile auf [23], sodass eine gesteigerte B‑Zell-Aktivierung ebenso beim jSLE nachweisbar ist. Eine Hochregulierung T1IFN-stimulierter Gene wurde 2003 mithilfe von Genexpressionsanalysen beim jSLE beschrieben [24] und später beim aSLE bestätigt [25]. Zum Monitoring der Erkrankung wurden verschiedene T1IFN-Surrogatmarker entwickelt und getestet, wobei sich an der Charité die Bestimmung von Siglec‑1 auf Monozyten etabliert hat [26]. In Validierungsstudien konnte damit nicht nur eine Korrelation zur Krankheitsaktivität bestätigt werden, sondern erlaubte sowohl beim aSLE [27] als auch beim jSLE [28] eine Vorhersage von Krankheitsschüben. Gleichzeitig spielen eine gesteigerte Differenzierung und Aktivierung von T‑Zellen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Inflammation und Zelluntergang. Eine Vielzahl an Mechanismen, inklusive fehlregulierter Aktivierung von Proteinkinasen, Phosphatasen [29,30,31,32,33] und Transkriptionsfaktoren [16, 32, 34,35,36,37], ist an der vermehrten Generierung von Effektor-T-Zell-Phänotypen, der gesteigerten Produktion von proinflammatorischen Zytokinen (IL-17A, IL-23 etc.) und der reduzierten Produktion von immunregulatorischen Zytokinen (IL-2) beteiligt. Die verminderte Produktion von Interleukin 2 (IL-2) trägt zur gestörten Funktion von regulatorischen T‑Zellen bei [38], ist an der Amplifikation von Entzündungsreaktionen beteiligt (verminderter aktivitätsinduzierter Zelltod) und spielt eine Rolle bei der Entstehung des sekundären Immundefekts im Rahmen des SLE (verminderte Funktion zytotoxischer T‑Zellen; [17, 39]).

Genetik

Speziell im Kindesalter spielen krankheitsauslösende Mutationen in T1IFN-assoziierten Genen eine Rolle (Tab. 1). Sogenannte primäre Typ-I-Interferonopathien werden von Mutationen in Genen verursacht, die an der Detektion und Metabolisierung von zytoplasmatischen Nukleinsäuren beteiligt sind. Sekundäre Typ-I-Interferonopathien resultieren in einer T1IFN-Expression als Resultat der Akkumulation von Immunkomplexen und beinhalten Komplementdefekte [2, 5, 13, 40].

Speziell im Kindesalter spielen Mutationen in T1IFN-assoziierten Genen eine Rolle

In einer Kohortenstudie (n = 348 jSLE-Patienten) im Vereinigten Königreich (UK) fanden wir krankheitsauslösende Mutationen in > 5,5 % aller jSLE-Patienten, dabei betrafen > 90 % der Mutationen die gennannten T1IFN-assoziierten Gene (Charras et al., „under review“). Obwohl ein Panel-Sequenzierungsansatz (25 Gene) verwandt wurde, liegt der Anteil an „genetischen SLE-Patienten“ in der jSLE-Kohorte deutlich über den zuvor dokumentierten 1–3 % in allen Altersgruppen [1]. Die T1IFN-Produktion kann auch bei Patienten mit „klassischem SLE“ gesteigert sein. Dies ist vermutlich das Resultat von Zelluntergang, der Akkumulation von Immunkomplexen und deren Erkennung durch die Toll-like-Rezeptoren TLR‑7 und TLR‑9 [13, 40].

Tab. 1 Mutationen, assoziiert mit „genetischem SLE“ (Liste evtl. unvollständig)

Klinische Manifestationen und Klassifikation

Kinder und Jugendliche mit SLE weisen insgesamt eine höhere Krankheitsaktivität auf, haben häufiger eine ausgedehnte Organbeteiligung und zeigen ein schlechteres Therapieansprechen im Vergleich zu Patienten mit Erkrankungsbeginn im Erwachsenenalter [7, 8]. Dabei besteht insbesondere eine erhöhte Häufigkeit von Nieren-, neurologischer und hämatologischer Beteiligung beim jSLE zum Zeitpunkt der Diagnose [8, 52]. Auch Fieber und Lymphadenopathie werden beim jSLE öfter beschrieben. Im Gegensatz dazu weisen Erwachsene mit SLE häufiger eine Arthritis auf. Während Anämie, Thrombozytopenie oder Lymphopenie bei etwa einem Drittel sowohl der aSLE- als auch der jSLE-Patienten auftreten, kommt eine Leukopenie bei jSLE häufiger vor als bei aSLE (31–35 % vs. 18 %; [53]). In einer kanadischen Inzeptionskohorte mit 67 jSLE-Patienten betrug der durchschnittliche Krankheitsaktivitätsscore, gemessen mit dem SLE Disease Activity Index, zum Zeitpunkt der Diagnose16,8 gegenüber lediglich 9,3 in der Vergleichsgruppe mit 131 aSLE-Patienten [54].

Daten einer UK-JSLE-Kohortenstudie zeigten, dass sich der klinische Phänotyp von jSLE-Patienten verschiedener Altersgruppen unterscheidet [4]. Jüngere Patienten (präpubertär, < 7 Jahre) haben weniger häufig klassische Antikörpermuster (insbesondere hochtitrige antinukleären Antikörper und dsDNA-Antikörper, s. unten) sowie weniger schwere Nierenbeteiligung und hämatologische Auffälligkeiten. Dies hängt wahrscheinlich mit den o. g. Unterschieden in der molekularen Pathophysiologie zusammen. Interessanterweise gleichen sich aber die Phänotypen im Lauf der Zeit an, und beim letzten Studienbesuch (meist bei Transition) waren die anfänglichen Unterschiede zwischen den Altersgruppen nicht mehr nachzuweisen. Dies deutet darauf hin, dass eine frühe und individualisierte Therapie die Akkumulation von Gewebe- und Organschäden bei jSLE-Patienten verhindern könnte. Mindestens 6 Kohorten bieten einen direkten Vergleich von Krankheitsmerkmalen bei jSLE und aSLE im Zeitverlauf [6, 7, 55,56,57,58], die zwischen 1998 und 2016 publiziert wurden. Der Vergleich zweier kürzlich veröffentlichten Inzeptionskohorten von jSLE (aus dem UK; [3, 6]) und aSLE (multizentrisch, international; [59]) mit vergleichbarer ethnischer Verteilung bestätigt die vorbeschriebenen Unterschiede im klinischen Phänotyp, diese sind in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Klinische Manifestationen bei juvenilem vs. adultem systemischen Lupus erythematodes. ZNS Zentralnervensystem (Mod. nach Ambrose et al. [6], Mosca et al. [59] und Kaul et al. [60])

Serologische Unterschiede

Ähnlich wie beim aSLE sind zirkulierende antinukleäre Antikörper (ANA) bei der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit jSLE vorhanden. Der Anteil ANA positiver Patienten ist jedoch bei jungen Kindern, speziell vor Erreichen der Pubertät, kleiner (bis zu 86% bei präpubertären Kindern) als bei Jugendlichen (93–97 %) und Erwachsenen (94–99 %) [4, 6, 59]. Da die kürzlich publizierten Klassifikationskriterien der European League Against Rheumatism (EULAR) und des American College of Rheumatology (ACR) für SLE den Nachweis von ANA als Eingangskriterium vorsehen [61], ist diese Beobachtung von direkter klinischer Relevanz, da sie die ANA-negative Patientenkohorte direkt ausschließt [62]. Die meisten Studien, die den jSLE direkt mit dem aSLE vergleichen, deuten darauf hin, dass erhöhte Spiegel von dsDNA-Antikörpern beim jSLE häufiger vorkommen als beim aSLE (61–93 % vs. 25–78 %; [6, 57]; Tab. 2). Interessanterweise korrelieren dsDNA-Antikörpertiter mit postpubertärem Krankheitsbeginn und dem Vorhandensein renaler Beteiligung, bei der Immunkomplexe eine wichtige Rolle spielen [4]. Insgesamt sind dsDNA-Antikörper über alle Altersgrenzen hinweg zum Monitoring der Erkrankung geeignet [63].

Tab. 2 Serologische Unterschiede zwischen juvenilem und adultem systemischen Lupus erythematodes (SLE) basierend auf den Studiendaten dreier Kohorten

Zum Monitoring sind dsDNA-Antikörper über alle Altersgrenzen hinweg geeignet

Neben dsDNA-Antikörpern sind auch weitere Antikörper gegen nukleäre Komponenten, inklusive Histon- und Ribosomal-P-Antikörper, beim jSLE häufiger nachweisbar als beim aSLE [57]. Ribosomal-P-Antikörper sind bei 25–42 % der Patienten mit jSLE erhöht, verglichen mit nur 6–11 % der Patienten mit aSLE [64]. Interessanterweise treten Antikörper gegen nukleäre Bestandteile auch bei Patienten mit „genetischem jSLE“ auf. Diese sind allerdings beim letzten Studienbesuch (meist bei Transition) deutlich seltener nachweisbar, was darauf hindeutet, dass sie sekundär als Ergebnis von Zelluntergang auftreten, das Krankheitsgeschehen durch Amplifikation von Entzündungsgeschehen beeinflussen (TLR7/9-Aktivierung und T1IFN-Produktion), diesem aber nicht ursächlich zugrunde liegen (Charras A et al., „under review“).

Therapie

Die Behandlungsstrategien für jSLE und aSLE sind weitgehend identisch und werden durch individuelle Organbeteiligung und Krankheitsaktivität bestimmt, beinhalten einen „Multi-Target-Ansatz“ und beruhen auf einer gemeinsamen Entscheidung von Arzt und Patient. Das für aSLE implementierte „Treat-to-Target-Prinzip“ mit anzustrebender Remission oder niedrigstmöglicher Krankheitsaktivität findet wenngleich nicht srukturiert auch bei jSLE Anwendung, obwohl Validierungsstudien hierzu fehlen. Für aSLE sind Therapierichtlinien in den EULAR-Empfehlungen verankert, wobei zusätzlich zu den spezifischen Empfehlungen für das Antiphospholipidsyndrom [65], den neuropsychiatrischen (NP-)SLE [66] und schwangerschaftsbezogene Aspekte beim SLE [67] kürzlich Empfehlungen für SLE [68] und Lupusnephritis [69] aktualisiert wurden. Die Therapieempfehlungen für jSLE beruhen auf der SHARE-Initiative, einer europäischen evidenzbasierten Empfehlung für die Diagnose und Behandlung des SLE im Kindesalter [70], die ebenso den juvenilen NP-SLE beinhalten.

Basierend auf der hervorragenden Evidenzlage beim aSLE wird in allen Altersgruppen grundsätzlich eine Behandlung mit Hydroxychloroquin empfohlen, wobei die Dosierung im Erwachsenenalter dauerhaft nicht 5 mg/kg Körpergewicht/Tag überschreiten sollte [68, 70]; Empfehlungen für das Kindesalter sehen eine Dosierung von maximal 6 mg/kg KG/Tag vor [70].

Grundsätzlich wird in allen Altersgruppen eine Behandlung mit Hydroxychloroquin empfohlen

Bei unzureichendem Ansprechen auf Hydroxychloroquin wird altersübergreifend der Einsatz von immunmodulierenden Medikamenten, zunächst „disease-modifying antirheumatic drugs“ (DMARDs), empfohlen. Dabei weisen Studien darauf hin, dass beim jSLE im Vergleich zum aSLE insgesamt häufiger immunmodulierende Medikamente eingesetzt werden, wobei sich die Art der verordneten Immunmodulatoren zwischen Kindern und Erwachsenen nicht wesentlich unterscheidet, ggf. mit Ausnahme eines häufigeren Einsatzes von Methotrexat beim aSLE (31 % vs. 9 %; [54]). Auch wenn für die Erhaltungstherapie Glukokortikoide auf weniger als 7,5 mg/Tag (Prednisonäquivalent) minimiert werden sollten, belegen vergleichende Studien an Erwachsenen und Kindern, dass der jSLE häufiger mit höheren Glukokortikoiddosen behandelt wird als der aSLE [8, 54]. Bei Kindern und Jugendlichen ist zudem zu bedenken, dass die Glukokortikoiddosierung wegen des insgesamt geringeren Körpergewichts und des Risikos von Nebenwirkungen in der vulnerablen Altersgruppe individuell berechnet werden sollte. Für die Dauertherapie sollten Dosen unterhalb der „Cushing-Schwelle“ (0,1–0,2 mg/kg KG Körpergewicht) eingesetzt werden.

Zur Behandlung von Patienten mit fehlendem Ansprechen auf DMARDs und Glukokortikoide oder schwerer Organbeteiligung stehen zytotoxische Medikamente (Cyclophosphamid) und/oder Biologika (Anti-B-Zell-Therapie) zur Verfügung. Eine aktuelle Kohortenstudie aus dem UK zeigte, dass Cyclophosphamid und Mycophenolat-Mofetil (MMF) bei Kindern und Jugendlichen mit Klasse-III/IV-Lupusnephritis äquivalent in der Effizienz zu sein scheinen [71] und MMF zunehmend häufig eingesetzt wird. Dies ist von besonderer Relevanz, auch für aSLE-Patienten, da MMF generell als besser verträglich und weniger nebenwirkungsreich angesehen wird [72].

Die aktuell einzige Biologikatherapie, die mit einem Empfehlungsgrad A (d. h. gute Evidenz für die Empfehlung einer Intervention) empfohlen wird und für die Behandlung des SLE zugelassen wurde, ist der gegen den B‑Zell-aktivierenden Faktor gerichtete monoklonale Antikörper Belimumab. Sowohl beim aSLE [23] als auch beim jSLE [73] wurde in kontrollierten Studien eine Wirksamkeit als Zusatztherapie belegt. Eine Zulassung für die Behandlung des aktiven autoantikörperpositiven SLE nach unzureichendem Ansprechen auf die Standardtherapie besteht in Deutschland seit 2019 auch für Kinder ab 5 Jahren [24].

Trotz fehlender Zulassung in Deutschland wird Rituximab zur Behandlung des SLE außerhalb des Regelfalls eingesetzt. Im UK wird Rituximab innerhalb der Zulassung bei hoher Krankheitsaktivität und fehlendem Ansprechen auf Glukokortikoide und DMARDs bei Kindern nach Pubertätsbeginn im Rahmen der Studien der British Isles Lupus Assessment Group (BILAG) und der UK-JSLE-Kohortenstudie eingesetzt und ist auch Bestandteil der SHARE-Behandlungsempfehlungen zum jSLE [70].

Prognose

Kinder und Jugendliche mit SLE haben eine höhere Sterblichkeitsrate als aSLE-Patienten, und es wird angenommen, dass sie mehr Krankheitsschäden aufweisen als Erwachsene [8]. Die 5‑Jahres-Überlebensraten beim jSLE haben sich von 30–40 % in den 1950er Jahren auf über 90 % in den 1980er Jahren verbessert [74]. Vergleichbare Entwicklungen sind beim aSLE zu verzeichnen [75]. Historische Daten der LUMINA-Kohorte, einer multizentrischen, multiethnischen SLE-Längsschnittstudie mit einem Follow-up von über 10 Jahren, wiesen 2008 auf eine fast 2‑fach höhere Mortalität bei jSLE im Vergleich zu aSLE (19,4 % vs. 10,4 %, p = 0,34) hin [8]. Allerdings bestand die Kohorte nur aus 31 jSLE- und 48 aSLE-Patienten und die Haupttodesursache bei jSLE war überproportional (66,7 % der Fälle) mit Infektionen assoziiert. Vergleichbare Ergebnisse zeigten später Daten einer 2014 veröffentlichten multiethnischen Längsschnittstudie mit einem 15-Jahres-Follow-up aus dem UK. Dabei war die standardisierte Sterblichkeitsrate bei SLE-Patienten im Jugendalter im Vergleich zu aSLE-Patienten signifikant erhöht (14,4; 95 %-Konfidenzintervall 4,44) [76]. Während vaskuläre Ereignisse, Malignität und Nierenversagen als Todesursache gleich verteilt waren, bestand eine erhöhte Rate an Infektionen bei jSLE (62,5 % der Fälle). Die genaue Ursache dafür bleibt unklar, könnte aber (neben Faktoren im Zusammenhang mit Studiengröße und Design) zumindest teilweise mit Unterschieden in der Pathophysiologie und einer größeren Bedeutung genetischer Ursachen im Kindes- und Jugendalter, die zumeist das Komplementsystem und/oder T1INF-Signalwege betreffen, erklärt werden [2].

Des Weiteren bestehen signifikante Unterschiede in der Entwicklung von akkumulierenden Organschäden zwischen jSLE und aSLE. Kinder und Jugendliche zeigen mehr Organbeteiligung und Komplikationen bereits bei Diagnose, insbesondere mehr Beteiligung der Nieren und des Zentralnervensystems. Ein Vergleich kanadischer Inzeptionskohorten ergab, dass Kinder mit SLE einen mittleren SLICC/ACR-Schadensindex von 1,7 und Erwachsene von 0,76 aufweisen [54]. Dabei hatten statistisch gesehen häufiger Kinder insbesondere Augen- und muskuloskeletale Schäden. In der LUMINA-Kohorte gab es einen Trend zu höheren Raten jeglicher Krankheitsschäden in der Gruppe mit jugendlichem Krankheitsbeginn im Vergleich zur aSLE-Gruppe (mittlerer SLICC/ACR-Schadensindexscore bei der letzten verfügbaren Untersuchung 2,3 vs. 1,6; [8]); Nierenschäden waren signifikant seltener in der Gruppe mit Krankheitsbeginn im Erwachsenenalter.

Auch im Kindesalter bestehen Unterschiede in der klinischen Präsentation und Schwere der Erkrankung

Interessanterweise bestehen Unterschiede in der klinischen Präsentation und Schwere der Erkrankung auch im Kindesalter. Obwohl Aktivität und Organschäden im Gesamtkollektiv der jSLE-Patienten gegenüber aSLE-Kohorten gesteigert sind, zeigten in der UK-JSLE-Kohortenstudie jüngere Kinder im Vergleich zu Jugendlichen (> 13 Jahre) eine weniger hohe Krankheitsaktivität, weniger ausgedehnte Organbeteiligung, insbesondere weniger Manifestationen, die mit autoantiköpervermittelten Pathomechanismen in Verbindung gebracht werden, wie z. B. hämatologische und Nierenbeteiligung [4]. Diese Beobachtungen werden durch aktuell noch nicht publizierte genetische Daten unterstützt. Wir konnten in einer aktuellen Studie ebenso wie in der UK-JSLE-Kohorte zeigen, dass Kinder- und Jugendliche mit „genetischem SLE“ früher erkranken und weniger Nierenbeteiligung sowie weniger Beteiligung der hämatologischen und gastrointestinalen BILAG-Organdomänen aufweisen als Patienten mit „klassischem SLE“ (Charras A et al., „under review“). Eine neuropsychiatrische Beteiligung entwickelte sich bei einem großen Teil der Patienten mit genetisch bedingtem jSLE erst über die Zeit. All dies und die Beobachtung, dass sich Antikörpermuster, Krankheitsaktivität und Organmanifestationen bis zum Transitionszeitpunkt im jungen Erwachsenenalter angleichen [4] deuten darauf hin, dass molekulare Patientenstratifikation (wie in der Tumormedizin bereits angewendet) dazu beitragen kann, eine individualisierte Therapie und Behandlungsregimes anzubieten, um Schäden und therapiebedingte Nebenwirkungen zu verhindern.

Fazit

Der SLE ist eine entzündliche Systemerkrankung, die über Altersgrenzen hinweg schwere Organschäden verursachen kann und mit eingeschränkter Lebensqualität verbunden ist. Experimentelle Daten belegen, dass sich hinter dem Begriff „SLE“ eine Zahl an Entitäten mit verschiedener Pathophysiologie verbirgt. Im Kindes- und Jugendalter scheinen genetische Faktoren eine größere Rolle als im Erwachsenenalter zu spielen. Diese beinhalten (seltene) krankheitsauslösende Genmutationen und/oder das Vorhandensein von meist mehreren Risikoallelen. Mit zunehmendem Alter spielen, neben der genetischen Veranlagung, hormonelle Faktoren und Umwelteinflüsse eine wachsende Rolle. Diese mehr oder weniger altersspezifischen Faktoren sind sehr wahrscheinlich auch Grundlage der klinischen Variabilität und unterschiedlichen Prognosen der individuellen Patienten und Altersgruppen. Die Frage, ob Kinder im Kontext des SLE „kleine Erwachsene“ sind, kann, insbesondere bei Manifestation vor Abschluss der Pubertät und obwohl auch bei adultem Krankheitsbeginn vereinzelt (mono-)genetisch bedingte Erkrankungen zugrunde liegen können, mit „Nein“ beantwortet werden. Trotz dieser Erkenntnisse stehen bisher keine individualisierten Therapien und Behandlungspläne zur Verfügung. Die Entwicklung von Werkzeugen zur molekularen Patientenstratifikation und zielgerichteten Therapien ist im Gange und stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar.