Der rheumatische Formenkreis umfasst einige Autoimmunkrankheiten, die potenziell lebensbedrohlich sind. Trotz Fortschritten in der immunsuppressiven Therapie können Leiden wie die systemische Sklerose mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten schwer beherrschbar sein. Daher werden seit Jahren zelltherapeutische Verfahren wie die Transplantation von autologen hämatopoetischen Stammzellen (HSC) bei schweren Verläufen rheumatologischer Systemerkrankungen eingesetzt – mit wachsender Erfahrung und der Evidenz aus einer Reihe von kontrollierten Studien [1]. Demgegenüber befindet sich die Transplantation mesenchymaler Stroma- oder Stammzellen (MSC) in der Rheumatologie noch in einem frühen experimentellen Stadium. Diese pluripotenten Zellen stellen durch ihre enorme Wandlungsfähigkeit ein interessantes Werkzeug der regenerativen Medizin dar. Aktuelle Versuche zur praktischen Anwendung von MSC umfassen klinische Studien zur Reparatur von Knorpelschäden [2, 3] und Hautwunden [4], tierexperimentelle Daten zur Therapie des Morbus Alzheimer [5], der ischämischen Herzerkrankung [6] und der chronischen Niereninsuffizienz [7], aber auch Studien zur β‑Zell-Regeneration bei Diabetes [8] oder zur Behandlung degenerativer Augenerkrankungen wie der Makuladegeneration oder der Retinitis pigmentosa [9]. MSC besitzen jedoch auch immunmodulatorische Eigenschaften [10], sodass sie zum interessanten Werkzeug in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen werden könnten.

Charakterisierung von mesenchymalen Stroma- oder Stammzellen

MSC wurden erstmalig von Friedenstein et al. im Knochenmark beschrieben [11], der ihre Adhärenz an Plastikoberflächen und ihre fibroblastenähnliche Morphologie dokumentierte [12]. In der Folgezeit wurde erkannt, dass MSC als sog. Ammenzellen in der hämatopoetischen Nische des Knochenmarks selbst nicht an der Hämatopoese teilnehmen (ihnen fehlt der hämatopoetische Stammzellmarker CD34), aber durch die Synthese von antiapoptotischen und Wachstumsfaktoren eine wichtige Rolle in der Homöostase des Knochenmarks spielen. Außerdem haben sie durch die Fähigkeit, osteogene Progenitorzellen zu induzieren, einen wichtigen Anteil am Prozess der Knochenheilung (Übersicht in [13]).

Auch wenn MSC aus Knochenmark am besten charakterisiert sind, wurden diese Zellen später auch aus anderen Geweben, insbesondere des Stütz- und Bewegungsapparats (Periost, Perichondrium, Synovialis, Muskel) dargestellt [14]. Es ist davon auszugehen, dass MSC in allen Organen und Geweben anzutreffen sind [15]. MSC wurden für klinische Studien u. a. aus Fettgewebe [16] und aus Nabelschnurblut gewonnen [14].

MSC haben keine spezifischen Marker, die ihre Identifikation erlauben würde. Nach Definition der International Society for Stem Cell Therapy (ISCT) werden MSC (die offizielle Bezeichnung lautet: „multipotent mesenchymal stromal cells“) durch eine Reihe von Eigenschaften bzw. von ausschließenden Merkmalen charakterisiert [17]:

  1. 1.

    Adhärenz an Plastikoberflächen unter regulären Zellkulturbedingungen,

  2. 2.

    ein typisches Muster an Oberflächenmarkern: Expression von CD73, CD90, CD105. Keine Expression des Pan-Leukozyten-Antigens CD45, des Markers für hämatopoetische und endotheliale Progenitorzellen CD34, der Makrophagenmarker CD14 oder CD11b, des B‑Zell-Markers CD79 oder von HLA(humane Leukozytenantigene)-Klasse-II-Antigenen,

  3. 3.

    Fähigkeit zur Differenzierung in Adipozyten, Osteoblasten und Chondrozyten, nachzuweisen durch definierte Kulturbedingungen und Färbetechniken.

Allerdings ist diese Definition umstritten. Die Frage, wie viel von der in vitro nachgewiesenen Wandlungsfähigkeit im Sinne einer Multipotenz auch in vivo relevant ist, wurde noch nicht abschließend beantwortet [18]. Außerdem unterscheiden sich MSC aus verschiedenen Geweben in zahlreichen Eigenschaften [14]. Daher wurde infrage gestellt, ob MSC aus unterschiedlichen Organen und Geweben überhaupt unter einer gemeinsamen Definition vereinigt werden können [19].

Immunmodulatorische Eigenschaften von mesenchymalen Stroma- oder Stammzellen

In vielfältigen Kokulturexperimenten wurde die Fähigkeit von MSC in vitro beschrieben, die Aktivität von Zellen des Immunsystems (Milzzellen, mononukleäre Zellen des peripheren Blutes [PBMC] oder selektierte Lymphozytensubpopulationen) zu beeinflussen. MSC hemmen die Proliferation, die Zytokinproduktion sowie die Zelltoxizität von CD4+- und CD8+-T-Lymphozyten wahrscheinlich über einen Zell-Zyklus-Arrest in der G0/G1-Phase [10]. Darüber hinaus bewirken MSC in vitro die Differenzierung von T‑Zellen in Richtung eines regulatorischen Phänotyps [20], der mit der Sekretion antiinflammatorischer Zytokine wie Interleukin(IL)-10 und „transforming growth factor beta“ (TGF-β) verbunden ist [21]. Zudem inhibieren MSC die Proliferation und Funktion natürlicher Killer-T-Zellen (NK-Zellen) [22].

MSC hemmen die B‑Zell-Funktion und -Reifung und senken dadurch die Immunglobulinproduktion [23]. Auch die Funktion von antigenpräsentierenden Zellen wird gehemmt, unter anderem weil MSC die Differenzierung von Monozyten zu reifen dendritischen Zellen behindern [24].

Die Interaktion zwischen MSC und Lymphozyten erfolgt nicht vordergründig über HLA-Moleküle oder kostimulatorische Moleküle, sondern hauptsächlich über parakrine Mechanismen, z. B. durch die Freisetzung von Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist ([25] und Übersicht in [13, 26]). Allerdings ließ sich die supprimierende Wirkung von MSC auf Th-17-Zellen auch auf direkten Zell-Zell-Kontakt und deren Kommunikation durch den „programmed death-1/programmed death ligand-1“(PD-1/PDL-1)-Mechanismus zurückführen [27]. Damit MSC immunmodulatorische Funktionen ausüben, sind offenbar eine Prägung und Aktivierung ruhender MSC durch inflammatorische Signale wie Interferon‑γ oder TNF‑α notwendig [28].

Die immunmodulierenden Eigenschaften von MSC variieren in Abhängigkeit von ihrer Herkunft

Die immunmodulierenden Eigenschaften von MSC variieren in Abhängigkeit von ihrer Herkunft. So wirken MSC aus Menstrualblut weniger immunsuppressiv als MSC aus Knochenmark [29]. MSC aus Fettzellen („adipose-derived mesenchymal stem cells“ [ASC]) wiesen eine höhere Proliferationsrate und stärkere T‑ und B‑Zell-supprimierende Eigenschaften auf als Knochenmark-MSC [30,31,32]. Außerdem haben sich ASC in einigen Studien als stärker proangiogen, antiapoptotisch und antioxidativ erwiesen (Übersicht in [13]). Aufgrund ihrer unproblematischen Gewinnung aus subkutanem Fettgewebe und ihres ausgeprägten Differenzierungspotenzials in Zellen des Binde- und Stützgewebes werden ASC v. a. in Studien zur Behandlung von degenerativen Erkrankungen getestet, darunter Osteoporose und -nekrose, Arthrose, Knorpelläsionen und Epikondylitis (Übersicht in [33]).

Therapeutische Anwendung von mesenchymalen Stroma- oder Stammzellen bei Autoimmunerkrankungen

Die immunmodulierenden Eigenschaften von MSC, die in vitro erst unter dem Einfluss von proinflammatorischen Stimuli nachweisbar sind, haben zur Annahme geführt, dass Defekte in der MSC-Funktion einen eigenen Anteil an der Pathogenese dieser Erkrankung haben könnten. In der Tat finden sich sowohl bei MSC von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), systemischem Lupus erythematodes (SLE) und systemischer Sklerose Hinweise für eine gestörte immunmodulierende MSC-Funktion und eine frühzeitige Seneszenz der MSC bei diesen Erkrankungen [34,35,36]. So weisen MSC von RA-Patienten verminderte Kapazitäten für Migration und Proliferation auf und können die Th17-Zell-Funktion schlechter inhibieren als Kontroll-MSC [37]. Derartige Ergebnisse legen nahe, durch die Übertragung von MSC gesunder Fremdspender die gestörte Immuntoleranz wiederherzustellen. Immunsuppressive, antiinflammatorische und chondroprotektive Eigenschaften einer allogenen MSC-Transplantation (MSCT) ließen sich in mehreren Tiermodellen der RA [38,39,40] nachweisen. Die antiinflammatorische Wirkung der MSCT beruht dabei unter anderem auf einer Verschiebung des T‑Zell-Repertoires in Richtung Th2 und der Freisetzung antiproliferativer Mediatoren wie Stickstoffmonoxid (NO) und Prostaglandin E2 [41].

Die Art der Applikation (lokal, intravenös, intraperitoneal) ist für die Verteilung der MSC wichtig (Übersicht in [13]). Im Tiermodell werden allogene MSC kurz nach intravenöser Applikation zu einem Großteil im Gefäßsystem der Lunge detektiert, nur geringe Mengen ließen sich in Leber, Milz und Herz nachweisen [42]. Allerdings wandert bei intravenöser Gabe ein größerer Teil der MSC in die Leber als bei intrasplenischer Gabe [43]. Intraartikulär appliziert, finden sich humane MSC für bis zu 6 Monate in den Gelenken von SCID(„severe combined immunodeficiency“)-Mäusen wieder [44].

Die Art der Applikation ist für die Verteilung der MSC nach Transplantation wichtig

Bei Anwendungen am Menschen ist über das Schicksal der MSC nach Transplantation, die Dauer ihrer Persistenz und auch ihre Immunogenität wenig bekannt. Auch wenn sie initial als „immun-privilegiert“ galten, werden allogene MSC durch NK-Zellen eliminiert [45] und können durchaus zelluläre und humorale Reaktionen auslösen [46]. Offen ist die Frage, ob die in vitro beobachteten immunsuppressiven Eigenschaften in vivo wirksam werden, da hier einer applizierten Zahl von MSC ungleich mehr Empfängerlymphozyten gegenüberstehen als in vitro. MSC könnten in vivo sogar eine immunstimulierende Wirkung haben [47]. Eine weitere ungelöste Frage ist, welche Einflüsse die Kultivierung der MSC auf deren genetische Stabilität hat [48]. Erst die Antwort darauf erlaubt eine Beurteilung der langfristigen Sicherheit einer MSCT. Eine Übersicht über wesentliche klinische Studien zur MSCT bei rheumatologischen Systemerkrankungen liefert Tab. 1.

Tab. 1 Übersicht über therapeutische Studien zur MSC(mesenchymale Stroma- oder Stammzellen)-Transplantation (MSCT) bei rheumatologischen Systemerkrankungen

Mesenchymale Stroma- oder Stammzellen-Transplantation

Entzündliche Gelenkerkrankungen

Die immunmodulatorischen Fähigkeiten von MSC auf einzelne Zellpopulationen von RA-Patienten sind in vitro untersucht worden. So induzieren MSC bei RA-Patienten regulatorische T‑Zellen und reduzieren die Freisetzung inflammatorischer Zytokine in PBMC [63] und in Kokulturen von Lymphozyten und Fibroblasten in vitro [64]. Bei PBMC von SpA(axiale Spondyloarthritis)-Patienten reduzieren MSC die proliferative Aktivität [65] und die IL-17-Produktion [66].

Allerdings gibt es nur wenige klinische Studien zur MSCT bei RA-Patienten mit positiven klinischen Ergebnissen [50, 51]. Eine Phase-I/II-Studie an chinesischen Patienten demonstrierte eine signifikante klinische Verbesserung für die Patienten, die bei aktiver RA zusätzlich zu einer neuen Basistherapie 4 × 107 MSC aus Nabelschnurblut intravenös erhielten [49]. Auch serologische Parameter (Rheumafaktor, CRP [C-reaktives Protein]) verbesserten sich. Die Patienten konnten nach 3 Monaten erneut behandelt werden, wenn die RA weiter aktiv war. Nach 8 Monaten hatten 58 % der Patienten ein ACR(American College of Rheumatology)-20-Ansprechen erreicht.

Für die ankylosierende Spondylitis (AS) existiert eine – ebenfalls chinesische – Studie an 31 Patienten. Diese erhielten über 4 Wochen eine wöchentliche Infusion von allogenen Knochenmark-MSC von gesunden Spendern (zur Zellzahl wurden keine Angaben gemacht); 77 % der Patienten hatten unmittelbar danach ein ASAS-20-Ansprechen, das durchschnittlich 7 Wochen anhielt, sowie eine Verbesserung der CRP-Werte und des MRT(Magnetresonanztomographie)-Scores [67].

Eine andere Studie an 5 AS-Patienten verwendete MSC aus Nabelschnurblut. Hier waren die Ergebnisse weniger eindeutig, allerdings sei eine symptomatische Erleichterung bei allen Patienten zu bemerken gewesen [52]. Bei all diesen Berichten muss geklärt werden, wie nachhaltig und reproduzierbar die Ergebnisse sind. In China sind zurzeit 4 Studien zur MSCT bei AS in der Rekrutierungsphase bzw. abgeschlossen und noch unveröffentlicht (Übersicht in [68]). Aussagen zur langfristigen Sicherheit der MSCT bei RA und SpA existieren nicht. Darüber hinaus ist eine therapeutische Verwendung bei RA und SpA durchaus umstritten, da es Hinweise dafür gibt, dass MSC zu den Entzündungs- und im Falle der SpA zu den ankylosierenden Prozessen beitragen könnten, die den Erkrankungen zugrunde liegen [69, 70].

Systemische Sklerodermie

Die Idee, MSC für die Sklerodermie einzusetzen, ist bestechend, weil die immunmodulatorischen, antifibrotischen und angiogenen Eigenschaften von MSC den 3 Hauptsäulen der Sklerodermie entgegenwirken könnten: Autoimmunität, Fibrose und proliferative, obliterative Angiopathie [13]. Es ist jedoch umstritten, ob für eine MSCT autologe oder allogene MSC vorzuziehen sind. MSC von Sklerodermiepatienten altern rascher und differenzieren schlechter in Adipozyten und Osteoblasten [71]. Die Möglichkeit, dass autologe MSC von Sklerodermiepatienten profibrotisch geprägt sind, ist zudem durchaus real [72]. Vorläufige In-vitro-Daten zeigen eine profibrotische micro-RNA(Ribonukleinsäure)-Signatur von MSC bei Sklerodermiepatienten [73]. Außerdem ist das angiogene Potenzial von Knochenmark-MSC von Sklerodermiepatienten in vitro eingeschränkt [74]. Es gibt jedoch auf der anderen Seite Hinweise darauf, dass die gestörten MSC-Funktionen in vitro bei Sklerodermie durch extrazelluläre Einflüsse, v. a. durch Serumfaktoren, vermittelt werden und möglicherweise reversibel sind [75]. Zudem haben andere Wissenschaftler relevante Unterschiede zwischen Sklerodermie- und Kontroll-MSC weder aus dem Knochenmark [76] noch aus Fettgewebe [77, 78] nachweisen können.

Klinische Studien zur Transplantation von Knochenmark-MSC bei Sklerodermie wurden durch positive Erfahrungen bei der Therapie und Prophylaxe der chronischen Graft-versus-Host-Erkrankung ermutigt [79], einer Erkrankung, die viele Gemeinsamkeiten mit der systemischen Sklerose aufweist [80]. Eine Pilotstudie zur Transplantation von allogenen Knochenmark-MSC schloss 5 Patienten mit systemischer Sklerodermie ein, die an schwerer Haut- und Organbeteiligung litten und die refraktär auf konventionelle Therapie waren [53]. Die Patienten erhielten 0,2–1,8 × 106 MSC/kgKG (Körpergewicht) einmalig intravenös. Die MSC wurden dabei durch Knochenmarkpunktion von allogenen Familienspendern unabhängig von der Kompatibilität der HLA-Merkmale gewonnen. Die Patienten wurden 6 bis 19 Monate nachbeobachtet. Der Hautbefund verbesserte sich bei 5 von 5 Patienten in einem Zeitraum von 1 bis 6 Monaten. Die akralen Nekrosen gingen bei 3 von 3 Patienten deutlich zurück. Allerdings war die Sklerodermie im weiteren Verlauf bei 4 der 5 Patienten progredient.

Die allogene MSCT mit Zellen aus Nabelschnurblut war bei Sklerodermiepatienten in den veröffentlichten Fällen Teil einer Komplexbehandlung, so bei 2 Fällen, die zusätzlich Plasmapherese und Rituximab erhielten [81]. In einer weiteren, offenen Studie wurde die MSCT bei 14 Patienten mit Plasmapheresen und 3 Zyklen Cyclophosphamid kombiniert [54]. Im Verlauf sanken sowohl der Haut-Score („modified“ Rodnan-Skin-Score) als auch die Titer von Scl70-Antikörpern. Auch die Lungenbeteiligung verbesserte sich.

Autologe ASC von Sklerodermiepatienten haben ein gutes proangiogenes Potenzial in dreidimensionalen Kulturmodellen [82]. Lokal applizierte ASC wurden bei Sklerodermie erfolgreich für die Therapie von refraktären akralen Ulzera eingesetzt. Bei 15 Patienten führte die Injektion dieser Zellen innerhalb von etwa 4 Wochen zur Abheilung, außerdem kam es zur Schmerzreduktion und zur Verbesserung der Kapillararchitektur in der Auflichtmikroskopie [55]. Allerdings schwankte die Zahl der applizierten ASC zwischen den einzelnen Applikationen sehr stark. Eine andere Studie fokussierte auf die Funktion und die Symptomatik der Hände bei Sklerodermiepatienten. Elf Patienten erhielten autologe ASC lokal injiziert (ca. 3,76 ± 1,85 × 106 Zellen pro injiziertem Finger, also ebenfalls stark schwankende Dosierungen). Die Maßnahme führte zu einer signifikanten Verbesserung von Handfunktion, Schmerzen, Ödem und Raynaud-Phänomen [56]. Dieser Effekt war – in deutlich abgeschwächter Form – auch nach 12 Monaten noch nachweisbar [83].

Systemischer Lupus erythematodes

Der SLE als systemische Autoimmunerkrankung kann in schweren Verlaufsformen zu lebensbedrohlichen Organmanifestationen führen. Viele der schwer Betroffenen leiden zudem unter den Langzeitfolgen einer höher dosierten Steroid- oder Cyclophosphamid-Therapie. Bei SLE-Patienten altern MSC früher und begehen früher Apoptose [84], sind in vitro wachstumsgehemmt und produzieren weniger IL-6- und IL‑7 [85]. Möglicherweise begründen diese Defizite, dass die Gabe von autologen MSC bei 2 Patienten mit SLE keinen klinischen Effekt zeigte [86]. Hingegen bewirken allogene MSC im MRL-lpr/lpr-Mausmodell des SLE die Abnahme der T‑Zell-Proliferation und der Produktion von DNS(Desoxyribonukleinsäure)-Antikörpern [87] und stellen die gestörte Homöostase der Knochenmarknische wieder her [88]. Allogene MSCT wurden daher als Behandlungsoption in klinischen Studien getestet. Diese stammen in der Mehrzahl aus einem einzigen Zentrum in Nanjing, VR China. Keine der unten aufgeführten Studien ist randomisiert und kontrolliert, alle Patienten stammen aus dem asiatischen Raum, dadurch ist die Aussagekraft limitiert.

Sun et al. berichteten 2009 über 4 SLE-Patienten, die mit MSC aus Knochenmarkblut von Familienspendern behandelt wurden [88]. Die Patienten erhielten einmalig mindestens 1×106 MSC/kg Körpergewicht (KG) und wurden für 1,5 Jahre beobachtet. Im SLE Disease Activity Index (SLEDAI) zeigte sich eine Abnahme um 10 Punkte nach 12 Monaten. Die Werte für Komplement C3 stiegen unter der Therapie an, die Anti-dsDNA(Doppelstrang-Desoxyribonukleinsäure)-Antikörper und ANA (antinukleäre Antikörper) fielen ab. Die Proteinurie verringerte sich im ersten Jahr, 2 der 4 Patienten konnten nach 6 Monaten Cyclophosphamid absetzen. Die gleiche Gruppe berichtete 2010 über 16 Patienten mit einer Behandlung mittels MSC aus Nabelschnurblut [57]. Auch hier erhielten die Patienten 106 MSC/kgKG und wurden für 1,5 Jahre nachbeobachtet. Darunter nahm der SLEDAI nach 6 Monaten von 19 auf 7,3 Punkte ab. Drei Monate nach Behandlung mit MSC reduzierte sich die Proteinurie von 3,1 mg/Tag auf 1,3 mg/Tag.

Auch Liang et al. berichteten über 15 SLE-Patienten, die 1×106 MSC/kgKG MSC aus dem Knochenmark von Familienspendern erhielten [58]. Der SLEDAI fiel in dieser Gruppe nach 12 Monaten von 12,2 auf 3,2, ebenso nahmen die Titer der dsDNA-Antikörper ab, die Proteinurie sank bei der Mehrzahl der Behandelten von 2,5 g auf weniger al 1 g/Tag.

Eine weitere Studie berichtete über die Verbesserung von refraktären Zytopenien nach Transplantation von MSC aus dem Knochenmark (20 Patienten mit Leukopenie und 24 mit Anämie oder Thrombopenie). Dieser Effekt war von einem Abfall von Th-17-Zellen und einer Verminderung der Krankheitsaktivität begleitet [59]. Eine allogene Transplantation mit MSC aus Nabelschnurblut ist in Einzelfällen auch für SLE-Patienten mit diffuser alveolärer Hämorrhagie hilfreich gewesen [89, 90].

Eine der größten Studien zu MSC bei SLE mit Lupusnephritis konnte bei 81 Patienten eine renale Remissionsrate von 60 % erzielen, die GFR (glomeruläre Filtrationsrate) stieg von 59 auf 70 ml/min [60]. Allerdings kam es bei 22 % der Patienten zu Rezidiven, je 2 Patienten verstarben an Herzversagen und schweren pulmonalen Infektionen. Refraktäre und schwer verlaufende SLE-Fälle sind mit 2‑maliger Gabe von MSC behandelt worden, hier waren die Ergebnisse ebenfalls ermutigend: 32,5 % weitgehendes, 27,5 % partielles Ansprechen („major and partial clinical response“), die Rezidivrate lag bei 12,5 und 16,7 % nach 9 bzw. 12 Monaten [61]. Die Daten zur Langzeitsicherheit nach MSC-Therapie bei SLE sind spärlich, weisen aber nicht auf mögliche Spätfolgen hin [91].

Sjögren-Syndrom

Auch bei diesem Krankheitsbild finden sich Hinweise für eine gestörte MSC-Funktion. MSC aus Speicheldrüsengewebe zeigen ein vermindertes Potenzial zur Differenzierung, Selbstorganisation und Proteinsynthese [92]. Gesunde allogene MSC führen zur Inaktivierung der T‑Zellen von Sjögren-Patienten und zur Induktion regulatorischer T‑Zellen in vitro [93]. In einer Serie von 24 Patienten mit Sjögren-Syndrom fand sich nach Transplantation von Nabelschnur-MSC eine signifikante klinische Besserung. Dies betraf den Sjögren-Syndrom-Disease-Activity-Index (SSDAI) bei allen Patienten, die Steigerung des Speichelflusses bei allen Patienten mit Xerostomie, aber auch die Verbesserung des Blutbildes. Bei Sjögren-Patienten mit Überlappung zu Autoimmunhepatitis kam es ebenfalls zum Rückgang der Aktivitätsparameter. Dagegen fand sich kein Nachlassen der neurologischen Symptomatik, allerdings ein deutlicher Rückgang der Anti-SSA/Ro-Antikörper [62].

Systemische Vaskulitiden

Gemessen an der Zahl von behandelten Kollagenosepatienten befindet sich die MSC-Therapie bei systemischen Vaskulitiden in den Kinderschuhen. Es existieren lediglich 2 Fallberichte: eine zur ANCA(antinukleäre zytoplasmatische Antikörper)-assoziierten Vaskulitis [94] sowie 1 Serie von 3 Fällen mit Behçet-Syndrom und schwerer retinaler Beteiligung, bei der die MSCT keinen Erfolg brachte [95].

Schlussfolgerung und Ausblick

In den letzten Jahren sind die vielfältigen und erstaunlichen Eigenschaften der MSC zunehmend deutlich geworden. Ihre immunmodulatorischen, antifibrotischen, entzündungshemmenden und proangiogenen Eigenschaften, ihre Fähigkeit zu Differenzierung und zum Anstoßen regenerativer Prozesse haben sie zu einem möglichen innovativen Werkzeug der zukünftigen Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen werden lassen. Da es bei zahlreichen rheumatischen Erkrankungen Hinweise auf eine relevante, evtl. sogar pathogenetisch bedeutsame Funktionsstörung von MSC gibt, erscheint v. a. eine allogene MSCT Erfolg versprechend, um Autoimmunerkrankungen zu therapieren. Der Fokus dieses Beitrags liegt auf Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Daher konnten die Einsatzmöglichkeiten der MSCT bei anderen Autoimmunerkrankungen (u. a. multipler Sklerose, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Typ-I-Diabetes) sowie bei autoinflammatorischen und anderen immunvermittelten Erkrankungen hier nicht besprochen werden, auch wenn es zahlreiche Tierexperimente und erste klinische Studien gibt, die vermuten lassen, dass auch hier neue Einsatzgebiete der MSCT liegen könnten (Übersicht in [96]).

Die allogene MSCT erscheint Erfolg versprechend, um Autoimmunerkrankungen zu therapieren

Dabei ist jedoch eine Reihe von Fragen offen, die Gegenstand kommender Forschungsprojekte sein müssen. Aufgaben für die Zukunft umfassen unter anderem:

  • eine bessere Definition des Begriffes MSC (ggf. auch durch die Charakterisierung spezifischer Subpopulationen),

  • die bessere Charakterisierung der immunmodulatorischen Eigenschaften von MSC durch einheitliche Assays,

  • die bessere Standardisierung und Offenlegung der Bedingungen für die Isolation, Kultivierung und Expansion von MSC, um eine bessere Vergleichbarkeit klinischer Studien zu ermöglichen,

  • die Klärung, welche Quellen von MSC für die Transplantation am besten geeignet sind, v. a. im Vergleich zwischen MSC aus dem Knochenmark, aus Fettgewebe und aus Nabelschnurblut,

  • die Generierung von Daten zur genetischen Stabilität unter Kulturbedingungen, zur langfristigen Sicherheit und Effizienz der MSCT.

Letztlich werden auch die Fortschritte bei der Entwicklung anderer Medikamente wie der Biologika, der Thyrosinkinaseinhibitoren und anderer „small molecules“ einen Einfluss darauf haben, ob sich mit der MSCT eine Therapie durchsetzt, die nach ihrem heutigen technischen Stand vergleichsweise schlecht standardisierbar, in ihrer Applikation aufwendig und in ihrer Wirkung unsicher ist. Dennoch lässt sich schon heute sagen, dass die Forschung an den MSC einen erheblichen Kenntnisgewinn in Bezug auf die Beschreibung immunregulatorischer und regenerativer Prozesse bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen ermöglicht hat.

Fazit für die Praxis

  • Mesenchymale Stroma- oder Stammzellen (MSC) besitzen starke immunmodulierende Eigenschaften. Durch ihr großes Potenzial zu Differenzierung in verschiedene Zellformen sind sie zudem in der Lage, die Reparatur von Gewebeschäden in Gang zu setzen.

  • Da es bei zahlreichen rheumatischen Erkrankungen Hinweise auf eine relevante, evtl. sogar pathogenetisch bedeutsame Funktionsstörung von MSC gibt, erscheint v. a. eine allogene MSC-Transplantation Erfolg versprechend, um Autoimmunerkrankungen zu therapieren.

  • Erste klinische Studien haben positive Effekte bei systemischem Lupus erythematodes, systemischer Sklerodermie, Sjögren-Syndrom und anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises berichtet.