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Nach Rituximab ist Abatacept das zweite Biologikum, welches in Deutschland für die Anwendung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) zugelassen wurde, die auf vorherige Anwendung von Tumor-Nekrose-Faktor- (TNF-)Blockern nicht ausreichend angesprochen oder mit Unverträglichkeit reagiert haben. In Anlehnung an die bereits früher publizierten Therapieempfehlungen zum Einsatz von TNF-Blockern [1] und Rituximab [2] sowie ein internationales Konsensus-Statement [3] soll der nachfolgende Beitrag auf der Basis der verfügbaren Studiendaten Hilfestellung für die Anwendung von Abatacept geben. Er wurde zu diesem Zweck von der Kommission Pharmakotherapie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) erarbeitet und verabschiedet.
Voraussetzungen für den Einsatz von Abatacept bei RA
Grundvoraussetzung für den Einsatz von Abatacept ist die gesicherte Diagnose einer RA. Die Substanz ist bisher ausschließlich für den kombinierten Einsatz mit Methotrexat (MTX; 7,5–25 mg/Woche) zugelassen. Als Therapieziel für die RA gilt heute das Erreichen einer Remission, definiert z. B. durch einen DAS- („Disease Activity Score-“)28-Zielwert von <2,6. Wird mit der laufenden Therapie dieses Ziel in einem angemessenen Zeitraum (in der Regel 3 Monate) nicht erreicht, sollte eine Modifikation erfolgen. Bei Erfolglosigkeit vorheriger DMARD- („Disease Modifying Antirheumatic Drugs-“)Therapie [4], aber auch speziell vorheriger TNF-Blocker-Therapie [5] hat sich Abatacept bei einem Teil dieser Patienten als gut wirksam erwiesen. Es kann demnach eingesetzt werden, wenn die Erkrankung zuvor nicht ausreichend auf die Therapie mit anderen DMARDs einschließlich mindestens eines TNF-Inhibitors angesprochen hat, außerdem wenn unter dieser Therapie eine Unverträglichkeit auftritt und die weitere Gabe unmöglich macht. Bei Kontraindikationen gegen TNF-Blocker, welche für Abatacept nicht relevant sind (z. B. demyelinisierende Erkrankungen), ist ein Einsatz auch ohne deren vorherigen Einsatz möglich.
Auch wenn die bisherigen Studienergebnisse keine erhöhte Rate von Tuberkulose- (Tbc-)Reaktivierungen unter Abatacept signalisieren, sollte in Anbetracht der noch limitierten Erfahrungen vor Beginn der Therapie ein Tbc-Screening analog zu den für die TNF-Blocker-Gabe erstellten Empfehlungen [1] erfolgen. Ebenso sollte eine Hepatitis-B-Testung erfolgen.
Vor der Therapie mit Abatacept sollte ein Tbc-Screening durchgeführt werden
Wie bei anderen Biologika sollte die Therapie mit Abatacept ausschließlich durch Ärzte mit Erfahrungen im Umgang mit derartigen Substanzen, in der Regel internistische Rheumatologen, initiiert, durchgeführt und überwacht werden.
Durchführung der Therapie
Abatacept hemmt über die Modulierung eines kostimulatorischen Signals die Aktivierung von T-Lymphozyten. Die Substanz wird mittels einer halbstündigen Kurzinfusion ohne Prämedikation verabreicht. Die Dosierung liegt bei etwa 10 mg/kg Körpergewicht pro Infusion (<60 kg: 500 mg, 60–100 kg: 750 mg, >100 kg: 1000 mg). Infusionen werden zu Beginn und nach 2 bzw. 4 Wochen, dann 4-wöchentlich gegeben. Für abweichende Dosierungen (z. B. Verkürzung oder Verlängerung des Infusionsintervalls) liegen bisher keine ausreichenden Erfahrungen vor.
Die kombinierte Anwendung mit MTX ist im Label vorgegeben. Für eine Empfehlung alternativer DMARDs als Kombinationspartner z. B. bei MTX-Unverträglichkeit oder -Kontraindikationen reichen die bisherigen Erfahrungen noch nicht aus. Abatacept zeigte sich in einer frühen Phase-II-Studie auch monotherapeutisch wirksam [6]. Aufgrund fehlender weiterer Erfahrungen ist bisher jedoch nicht einzuschätzen, ob eine Monotherapie bei MTX-Unverträglichkeit eine zusätzliche Alternative darstellt.
Eine vorausgegangene TNF-Blocker-Therapie wurde unter Studienbedingungen einen (Etanercept) bzw. 2 Monate (Infliximab) vor der ersten Abatacept-Gabe abgesetzt [5]. Inwieweit dieses Intervall einzuhalten ist oder verkürzt werden kann, ist bisher nicht geklärt. Ebenso gibt es keine Untersuchungen zum Vorgehen nach Beendigung einer Abatacept-Behandlung, insbesondere in Bezug auf weitere Biologikatherapie (erneute TNF-Blocker-Gabe, Rituximab).
Abatacept entwickelt im Vergleich zu TNF-Blockern häufig erst in einem längeren Zeitraum seine volle Wirksamkeit. Eine Entscheidung über ein Absetzen wegen zu geringer Wirksamkeit sollte deshalb frühestens nach 6 Monaten erfolgen.
Empfohlene Ausgangs- und Kontrolluntersuchungen
Vor Beginn der Therapie sollten eine aktuelle Erfassung des klinischen und radiologischen Krankheitsstatus (z. B. DAS 28, Röntgenaufnahmen der Hände und Vorfüße) sowie ein aktueller Laborstatus (BSG, CRP, großes Blutbild, SGOT, Kreatinin) und schließlich ein aktuelles Tbc- und Hepatitis-B-Screening (s. oben) vorliegen.
Die genannten Laborparameter sollten unter Therapie in den ersten 3 Monaten monatlich, danach 3-monatlich überprüft werden. Parameter der Krankheitsaktivität werden im ersten Behandlungsjahr zumindest vierteljährlich bestimmt, radiologische Kontrollen sind mindestens jährlich erforderlich. Auf zusätzlich erforderliche Kontrollen aufgrund der Begleitmedikation ist zu achten.
Kontraindikationen und Sondersituationen
Der Einsatz von Abatacept ist bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und seine Einzelbestandteile kontraindiziert. Eine weitere Kontraindikation stellen schwere sowie unkontrollierte Infektionen dar.
Der kombinierte Einsatz von Abatacept mit anderen Biologika ist nicht zu empfehlen
Ein kombinierter Einsatz von Abatacept mit anderen Biologika ist aufgrund negativer Erfahrungen – erhöhte Infektionsrate in kontrollierten Studien mit TNF-Blockern – bzw. fehlender Erfahrung (Rituximab, Anakinra) nicht zu empfehlen. Der kombinierte Einsatz mit anderen DMARDs als MTX ist bisher nur in geringem Umfang untersucht; hierbei zeigten sich keine negativen Erfahrungen.
Eine Impfung mit Lebendimpfstoffen darf unter laufender Therapie mit Abatacept nicht erfolgen. Nach Absetzen ist eine Latenzzeit von 3 Monaten bis zur Durchführung erforderlich. Impfungen mit abgetöteten Vakzinen sind möglich, Untersuchungen zur Influenza- und Pneumokokkenimpfung unter laufender Therapie haben eine ausreichende Impfantwort in den meisten Fällen gezeigt. Dennoch sollte der Impfstatus möglichst, wie vor jeder anderen immunsuppressiven Therapie auch, vor der ersten Abatacept-Gabe aktualisiert werden.
Zwar wurden unter Abatacept im Tierversuch keine teratogenen Wirkungen festgestellt, dennoch sollte die Substanz mangels Erfahrungen sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit nicht eingesetzt werden. Ein Absetzen 14 Wochen vor Konzeption ist sowohl bei Patientinnen als auch Patienten notwendig. Eine sichere Antikonzeption sollte dementsprechend nach Absetzen noch 14 Wochen lang weiter erfolgen.
Zum perioperativen Risiko unter laufender Therapie mit Abatacept gibt es bisher keine Daten. Es sollte deshalb entsprechend den Empfehlungen zur TNF-Blocker-Therapie ein Absetzen 2 Halbwertszeiten, d. h. etwa 4 Wochen, vor dem geplanten Eingriff und ein Wiederbeginn nach Abschluss der Wundheilung erwogen werden.
Nebenwirkungen
Die Daten zu Nebenwirkungen unter Abatacept stammen überwiegend aus den zulassungsrelevanten 5 publizierten placebokontrollierten Studien. In diesen wurden 1960 Patienten mit verschiedenen Dosen von Abatacept (0,5, 2 oder 10 mg/kg KG) zwischen 24 und 48 Wochen behandelt und beobachtet. Alle Patienten hatten durchgehend eine DMARD-Therapie, in etwa 75% mit MTX.
Die Zahl der Nebenwirkungen war insgesamt ähnlich in den Abatacept- und Placebogruppen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nasopharyngitis, Kopfschmerzen und Übelkeit. Diese traten je nach Studie in bis zu 13% der Fälle auf und waren mehrheitlich nicht signifikant häufiger als in den Placeboarmen.
Auch die Zahl schwerer Nebenwirkungen war in den Abatacept-Gruppen nicht signifikant vermehrt, die Zahl der Abbrüche aufgrund schwerer Nebenwirkungen jedoch leicht erhöht.
Genauer soll die Zahl der Infektionen betrachtet werden: In der Pilotstudie von Moreland et al. [6] ohne begleitende DMARD-Therapie war die Zahl schwerer unerwünschter Ereignisse (UE) in den Verumgruppen mit 4% geringer als in der Placebogruppe mit 13%; ein Patient unter Abatacept-Behandlung entwickelte eine septische Arthritis. Abbrüche aufgrund von UEs traten bei 4 von 90 Verumpatienten auf, jedoch bei keinem Placebopatienten. Infusionsreaktionen waren in den Verum- und Placebogruppen ähnlich häufig.
In der Phase-IIb-Dosisfindungsstudie [7] wurde Abatacept gut vertragen. Die häufigsten UEs – Nasopharyngitis, Kopfschmerz und Übelkeit – kamen bei Verum- und Placebopatienten vergleichbar oft vor. Schwere UEs wurden seltener in der 10 mg/kg-KG-Gruppe berichtet als in den 2 mg- und Placebogruppen, ebenso Studienabbrüche. Atemwegsinfektionen wurden bei 5 Patienten der 10 mg-Abatacept-Gruppe und bei einem Placebopatienten berichtet.
In der ATTAIN-Studie [5] erhielten 258 Patienten nach TNF-α-Hemmer-Versagen Abatacept zusätzlich zu einem DMARD, in 75% MTX. Häufigkeiten von UEs (79,5% und 71,4%) und schweren UEs (10,5% und 11,3%) waren vergleichbar zwischen Abatacept und Placebo, ebenso die Abbruchraten. Infektionen waren in der Abatacept-Gruppe leicht, statistisch nicht signifikant vermehrt (37,6% vs. 32,3%), ebenso Infusionsreaktionen (5% vs. 3%).
In der AIM-Studie [4] wurden 433 Patienten, die auf MTX nicht ausreichend angesprochen hatten, mit Abatacept behandelt, 219 erhielten Placebo. Auch hier waren UEs in der Verumgruppe nicht signifikant erhöht, wohl aber die Abbruchrate wegen der UEs (4,2% vs. 1,8%). Auch schwere UEs waren unter Abatacept etwas häufiger (15,0% vs. 11,9%), dieser Unterschied erreichte jedoch nicht statistische Signifikanz. Sowohl die Zahl schwerer Infektionen (2,5% vs. 0,9%) als auch die der Infusionsreaktionen (8,8% vs. 4,1%) war unter Abatacept höher. Je ein Tbc-Verdachtsfall in der Abatacept- und Placebogruppe konnte histologisch nicht bestätigt werden.
In der ASSURE-Studie [8] wurden 1441 Patienten mit Abatacept zusätzlich zu einem traditionellen DMARD (in 80% MTX) oder darüber hinaus einem Biologikum (in 64% Etanercept) behandelt. Vergleichbar waren die Häufigkeiten von UEs, schwerwiegenden UEs und Studienabbrüchen insgesamt. Die Zahl schwerer Infektionen lag jedoch mit 2,9% (vs. 1,9%) höher als in der Placebogruppe. In der Gruppe, die eine Biologika-Basistherapie und zusätzlich Abatacept erhielt, waren sowohl Studienabbrüche (8,7% vs. 3,1%) als auch schwere Infektionen (5,8% vs. 1,6%) signifikant häufiger als in der Gruppe, die Abatacept kombiniert mit einer herkömmlichen Basistherapie erhielt.
Diese Tendenz fanden auch Weinblatt et al. [9], die den Effekt einer zusätzlichen Abatacept-Therapie zu einer vorbestehenden Etanercept-Therapie an 85 Patienten untersuchten. Nach einem Jahr waren bei ähnlicher Wirksamkeit mehr schwere UEs (16,5% vs. 2,8%) und schwere Infektionen (3,5% vs. 0%) in der Kombinationsgruppe zu beobachten.
Schiff et al. [10] berichteten über eine geringere Rate von schweren UEs (9,6% vs. 18,2%) einschließlich schwerer Infektionen (1,9% vs. 8,5%) nach einem Jahr Abatacept-Therapie (10 mg/kg KG alle 4 Wochen) im Vergleich zu einer Infliximab-Therapie in einer Dosis von 3 mg/kg KG alle 8 Wochen. Eine Metaanalyse unter Einschluss von 5 randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) fand schließlich für Abatacept keine erhöhte Rate an schweren Infektionen im Vergleich zu den Kontrollgruppen [11].
Eine Vermehrung der Infektion mit opportunistischen Erregern, intrazellulären Erregern oder Tbc wurde nicht berichtet.
Infusionsreaktionen waren in allen Studien insgesamt selten und im Vergleich zur Placebogruppe nicht signifikant erhöht.
Noch keine ausreichenden Erfahrungen liegen zur Auswirkung einer Abatacept-Therapie auf die Entstehung und den Verlauf von Malignomen vor. In Studien bei Mäusen wurde unter Abatacept eine erhöhte Rate an Lymphomen und Mammatumoren festgestellt. In kontrollierten Studien traten in den Abatacept-behandelten Gruppen Karzinome, z. B. Bronchialkarzinome, auf. Diese lagen jedoch insgesamt in der Häufigkeit nicht über der erwarteten Inzidenz für eine Vergleichspopulation von RA-Patienten. Allerdings traten mehr Neoplasien in der Gruppe auf, die Abatacept zusätzlich zu einer Biologikatherapie erhielt, als in der mit Abatacept und klassischer DMARD-Therapie (7% vs. 2%, absolut 7 vs. 1 Patient). Insgesamt reichen die bestehenden Erfahrungen zu der Frage der Malignomauslösung oder des Verlaufs von Malignomen unter Therapie für eine definitive Empfehlung noch nicht aus, zumal in Studien Patienten mit Malignomanamnese ausgeschlossen waren.
Antikörper gegen Abatacept wurden bei einer kleinen Zahl von behandelten Patienten (2,8%) nachgewiesen und führten mehrheitlich nicht zu Konsequenzen. Bei Patienten, die die Therapie abbrachen, war der Prozentsatz der Antikörperpositiven erhöht [12].
Literatur
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Krüger, K., Gaubitz, M. & Kommission Pharmakotherapie der DGRh. Empfehlungen zum Einsatz von Abatacept bei Patienten mit rheumatoider Arthritis. Z. Rheumatol. 67, 614–616 (2008). https://doi.org/10.1007/s00393-008-0347-9
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