Bisphosphonate

Durch den vielfach geführten Nachweis zur Verhinderung osteoporotischer Frakturen, haben die Bisphosphonate (BP) einen festen Stellenwert in der Therapie der postmenopausalen Osteoporose und der Osteoporose des Mannes, und sie stellen auch bei sekundären Osteopathien, z. B. der steroidinduzierten Osteoporose die Therapie der ersten Wahl dar [16, 17]. In diesen Indikationen wird der Großteil der BP oral appliziert. Seit Kurzem ist für Ibandronat auch die parenterale Gabe zugelassen. Einen Überblick über die Verteilung der BP nach oraler und intravenöser Applikation in die verschiedenen Körperregionen gibt Abb. 1.

Abb. 1
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Pharmakokinetik der Bisphosphonate nach intravenöser und oraler Applikation

Da mit zunehmendem Alter Inzidenz und Prävalenz der Osteoporose aber auch der renalen Funktionseinschränkung ansteigen [4, 10, 11, 13], stellt sich wegen der drohenden Akkumulation der BP die Frage nach der Sicherheit dieser Therapie und nach den erforderlichen und sinnvollen Untersuchungen zu deren Abschätzung.

Auf der Basis von NHANES- („National Health and Nutrition Examination Survey-“ 1988–94) Daten wurden Häufigkeit und Ausmaß der Niereninsuffizienz –berechnet nach Cockcoft-Gault –bei Patienten mit Osteoporose und Osteopenie ab einem Alter von 20 Jahren ermittelt. Danach ist für Frauen mit Osteoporose in 85% eine leichte-moderate Niereninsuffizienz (GFR <60 ml/min) und in 24% eine schwere Niereninsuffizienz (GFR <35 ml/min) anzunehmen. Die altersspezifische Prävalenz der schweren Niereninsuffizienz steigt bei Frauen mit Osteoporose ab dem 60. Lebensjahr bis auf 54%, bei Frauen mit Osteopenie auf 37% an [8].

Das nephrotoxische Potenzial der Biphosphonate ist substanz- und dosisabhängig.

Wie Untersuchungen von Patienten mit tumorinduzierter Hyperkalzämie, multiplem Myelom oder ossär metastasierenden soliden Tumoren zeigen, stellt die Bisphosphonat-induzierte Nephrotoxizität vor allem bei Zoledronat in der in diesen Indikationen üblichen Dosierung von 4 mg alle 3–4 Wochen per infusionem ein bekanntes Problem dar. Bestimmungen der Kreatininclearance vor jeder Therapie und Dosisreduktionen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Nierenfunktionseinschränkung ab einer GFR<60 ml/min werden deshalb empfohlen [15].

Nach der für 2007 zu erwartenden Zulassung von Zoledronat in der Osteoporosetherapie wird die Dosis mit 5 mg/Jahr weit unterhalb der in der Tumortherapie eingesetzten Dosen liegen.

Alendronat

Alendronat wird seit vielen Jahren erfolgreich zur Frakturprävention eingesetzt. Die Elimination erfolgt nahezu ausschließlich renal. Tierexperimentell war mit zunehmender Niereninsuffizienz ein Anstieg der Alendronat-Konzentration in Plasma und Knochen nachweisbar [7]. Systematische Untersuchungen zum Einsatz bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenfunktionseinschränkung (GFR <35 ml/min) existieren bislang nicht. Somit ist bei fehlenden Daten zur Therapiesicherheit Alendronat bei diesen Patienten nicht zu empfehlen. Bei Patienten mit einer leichten bis mäßigen Niereninsuffizienz (GFR 35–60 ml/min) ist eine Dosisreduktion nicht erforderlich. Dies gilt gleichermaßen für die tägliche und wöchentliche Einnahme und für beide Geschlechter.

Risedronat

In einer retrospektiven Analyse von 9 Phase-III-Studien zum Einsatz von Risedronat bei verschiedenen Indikationen, die Patientinnen mit unterschiedlichen Schweregraden der Niereninsuffizienz einschlossen, konnte gezeigt werden, dass die Inzidenz unerwünschter Ereignisse unabhängig vom Ausmaß der Niereninsuffizienz und vergleichbar zur Inzidenz in den Plazebogruppen war. Beurteilt wurden 4500 Patientinnen in den Plazebogruppen und 4496 Patientinnen –darunter 301 Patientinnen mit einer GFR<30 ml/min – in den Risedronat-Behandlungsgruppen; die mittlere Behandlungsdauer betrug 2 Jahre. Die Autoren schließen aus ihren Beobachtungen, dass der Einsatz von Risedronat auch bei schwerer Niereninsuffizienz sicher ist [14].

Risedronat kann auch bei schwerer Niereninsuffizienz gegeben werden

Ibandronat

Ibandronat steht neben der oralen Gabe seit April 2006 auch als intravenöse Bolusinjektion mit 3 mg alle 12 Wochen zur Verfügung.

Für Ibandronat wurde in einer klinischen Phase-III-Studie bei Patienten mit ossär metastasiertem Mammakarzinom belegt, dass bei einer Dosis von 6 mg Ibandronat, infundiert über 1–2 h alle 3–4 Wochen über einen Therapiezeitraum von 2 Jahren, keine Einschränkung der Nierenfunktion auftritt [10]. Patienten mit einer infolge eines urologischen Tumorleidens bereits zu Beginn der Ibandronat-Therapie nachweisbaren Nierenfunktionseinschränkung entwickelten unter 6 mg Ibandronat, infundiert über 1 h an 3 aufeinanderfolgenden Tagen, keine Progredienz der Nierenfunktionseinschränkung im Vergleich zur Ausgangssituation [5].

Pamidronat

Die Substanz ist nicht zur Osteoporosetherapie zugelassen, wird aber häufig bei Patienten mit ossären Metastasen zur Schmerztherapie und zur Behandlung von Hyperkalzämien eingesetzt. Die Dosisabhängigkeit des nephrotoxischen Effektes wurde in mehreren Kasuistiken dargestellt. Das histologische Schädigungsmuster im Nierenbioptat entsprach einer fokal segmentalen Glomerulosklerose [3, 12, 19].

Raloxifen

Der selektive Östrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen bewirkt am Knochen über eine Reaktivierung der Östrogen-Rezeptor-Aktivität eine Hemmung der Osteoklastogenese und -aktivität.

Nach der Bindung an Glucuronsäure wird Raloxifen im Wesentlichen über den Stuhl ausgeschieden, nur 6% werden renal eliminiert. Somit sind Studien zur Beurteilung der „renalen Sicherheit“ nicht gefordert. In einer prospektiven Studie an 50 Frauen unter Hämodialysetherapie konnte gezeigt werden, dass Raloxifen bei einer Einnahmedauer von 12 Monaten im Vergleich zu Plazebo zu einer Zunahme der Knochenmineraldichte und zu einer Abnahme des LDL-Cholesterols führt [6]. Langzeiteffekte wurden bisher nicht untersucht.

Strontiumranelat

Strontiumranelat agiert auf zellulärer Ebene über einen Osteoklasten-hemmenden und die Osteoblasten-stimulierenden Effekt.

Im Rahmen von präklinischen Untersuchungen, deren Daten nicht in veröffentlichter Form zugänglich sind (Mitteilung der MedWiss-Abteilung der Firma Servier), wurde der Einfluss von Strontiumranelat auf die Niere an Ratten getestet. Dabei konnte ein Einfluss auf die GFR ausgeschlossen werden.

Strontiumranelat wird renal und fäkal eliminiert, die renale Clearance beträgt etwa 7 ml/min [17] und nimmt bei einer eingeschränkten Nierenfunktion von 30–70 ml/min um etwa 30% ab.

In den klinischen Phase-III-Studien mit 8000 Patientinnen lag die GFR im Mittel bei 50 ml/min, 6% wiesen eine GFR <30 ml/min auf. In der Fachinformation von September 2004 wird wegen mangelnder Erfahrung empfohlen, Strontiumranelat bei Patientinnen mit einer GFR <30 ml/min nicht einzusetzen, für höhere GFR wird die Substanz ohne Dosisanpassung als sicher eingeschätzt. Veröffentlichungen mit detaillierten Daten zu den einzelnen GFR-Bereichen liegen nicht vor.

Teriparatid

Teriparatid – humanes rekombinantes Parathormon (PTH; Aminosäuresequenz 1–34) – ist zurzeit die einzige osteologische Therapie mit osteoanabolem Wirkprinzip. Für die Substanz liegen Daten von nur 11 Patienten mit einer Kreatininclearance zwischen 73 und 30 ml/min nach einmaliger Injektion vor. Im Vergleich zu gesunden Probanden wurden keine pharmakokinetischen Unterschiede gefunden [20].

In der Fachinformation (Stand Juni 2003) wird die schwere Niereninsuffizienz als Kontraindikation aufgeführt und bei mittelschwerer Niereninsuffizienz (ohne Quantifizierung) Vorsicht empfohlen.

Eine PTH-Erhöhung im Rahmen eines sekundären Hyperparathyreoidismus als Folge eines Vitamin-D-Mangels bei chronischer Niereninsuffizienz stellt eine Kontraindikation für den Einsatz von Teriparatid dar und ist somit vor Therapieeinleitung auszuschließen.

Fazit für die Praxis

Nach den vorliegenden Daten ist der Einsatz der verschiedenen Substanzklassen in den für die Osteoporose zugelassenen Dosierungen bei einer milden-moderaten Niereninsuffizienz – entsprechend einer GFR-Einschränkung zwischen 90 und30 ml/min – unbedenklich. Der mit fortschreitender Niereninsuffizienz auftretende 1α-Hydroxylasemangel führt zu einer Verminderung des Spiegels an aktivem D-Hormon. Die Substitution von D-Hormon ist bei diesen Patienten auch zur Progressionshemmung der renalen Osteopathie zu bedenken. Für Osteoporosepatienten ist eine Behandlung mit aktivem D-Hormon nicht zugelassen.

Die Bestimmung des Ausmaßes der Niereninsuffizienz sollte nicht nur anhand des Serumkreatininwertes sondern auf der Basis der die Nierenfunktion besser beschreibenden GFR-Einschränkung erfolgen. Dazu werden bei Verwendung der MDRD- („Modification of Diet in Renal Disease-“) Formel neben dem Serumkreatinin auch Alter und Geschlecht berücksichtigt [9]. Ein GFR-Kalkulator ist im Internet unter http://www.kidney.org/kls/professionals/gfr_calculator.cfm verfügbar.