Kasuistik

Anamnese

Eine 45-jährige Patientin stellte sich mit seit 7 Monaten zunehmender Müdigkeit, subfebrilen Temperaturen und Gewichtsverlust von 10 kg erstmalig in unserer Klinik vor. Es traten belastungsabhängige Muskelschmerzen, insbesondere im Bereich der proximalen Extremitäten hinzu. Relevante Vorerkrankungen bestanden nicht. Die Patientin war Raucherin und ihr Bruder war 6 Jahre zuvor an einem M. Hodgkin verstorben.

Die klinische Untersuchung konnte keine pathologischen Befunde erheben. Der Pulsstatus war unauffällig. Seitendifferente Blutdruckwerte konnten nicht festgestellt werden.

In der Laborchemie zeigte sich eine leichte mikrozytäre Anämie und Thrombozytose, eine deutlich erhöhte BSG auf 82 mm (in der 1. Stunde) und ein leicht erhöhtes CRP. Die daraufhin durchgeführte weitere Diagnostik (Röntgenthorax, Mammographie, kranielle CT, KM-Punktion, Sono-Abdomen, EKG, Echokardiographie/TEE, Gastroskopie, Koloskopie) ergab ausschließlich Normalbefunde. Die gesamte Antikörperdiagnostik, insbesondere ANA, ANCA, C3, C4 und RF war ohne pathologischen Befund.

Mittels der Doppler-Duplex-Sonographie konnten keine Veränderungen der peripheren Gefäße nachgewiesen werden. Zur Komplettierung der Diagnostik führten wir eine CT des Abdomens durch: Hier zeigte sich überraschenderweise eine zirkuläre Wandverdickung der Aorta abdominalis (Abb. 1). Für die Differenzialdiagnosen Syphilis oder Mykose lagen keine Hinweise vor.

Abb. 1
figure 1

CT des oberen Abdomens der Patientin: Man erkennt die verdickte Aortenwand als Hinweis auf eine Aortitis. (Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie, Ev. Krankenhaus Oldenburg, Chefarzt Dr. Fahrendorf)

Wir stellten aufgrund des CT-Befundes die Verdachtsdiagnose einer atypischen Takayasu-Arteriitis (TA). Unter der Gabe von 30 mg/Tag Prednisolon bildeten sich die Beschwerden innerhalb von 48 Stunden vollständig zurück.

Drei Monate später, beim zweiten stationären Aufenthalt, klagte die Patientin unter einer Prednisolondosis von 20 mg/Tag über ein zunehmendes nahrungsunabhängiges, pulssynchrones, epigastrisches Druckgefühl sowie erneut polymyalgische Schmerzen im Bereich der Oberarme/-schenkel.

Klinischer Untersuchungsbefund

45-jährige Patientin in gutem allgemeinem Körperzustand (BMI 23) mit unauffälligem Herz- und Lungenbefund. Keine abgeschwächten, fehlenden oder seitendifferenten Pulse, RR beidseits normoton. Epigastrisch konnte ein kräftiges, arterielles, pulssynchrones Geräusch auskultiert werden. Es zeigte sich ein epigastrischer Druckschmerz bei weichen Bauchdecken und lebhaften Darmgeräuschen. Der neurologische Status sowie die Untersuchung der Extremitäten waren unauffällig. Keine druckschmerzhaften oder prominenten Aa. temporales tastbar.

Laborbefunde (Normwerte in Klammern)

BSG 18 (<10), Leukozytose von 12,6/nl (4–10) unter Steroidtherapie.

Hb, MCV, Thrombozyten lagen im Normbereich. Im Verlauf kam es zu einem Anstieg der BSG auf 80, danach rückläufig auf 30–40. Das CRP lag zwischen 0,3 und 15,1 mg/dl (0–1 mg/dl).

Apparative Diagnostik

MR-Angiographie.

Hochgradige Stenosierungen des Truncus coeliacus (Tc) im Abgangsbereich (Abb. 2), hochgradige Stenosen der A. mesenterica superior (Ams) im Bereich der Aufteilung.

Abb. 2
figure 2

MR-Angiographie der abdominellen Aorta. Hochgradige Stenose des Truncus coeliacus im Abgangsbereich sowie der A. mesenteria superior im Bereich der Aufteilung. (Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie, Ev. Krankenhaus Oldenburg, Chefarzt Dr. Fahrendorf)

Konventionelle Angiographie.

In der konventionellen Angiographie zeigen sich proximale Astverschlüsse der A. mesenterica superior zum Ileum ziehend, hier retrograde Versorgung über die Riolan-Anastomose der mäßig betroffenen A. mesenterica inferior (Ami) mit insgesamt spärlicher Vaskularisierung der rechten Hemikolons (Abb. 3). Konturunregelmäßigkeiten der Aorta abdominalis, keine Gefäßalterationen im Bereich der supraaortalen Gefäße und der Nierenarterien. Weitere Stenosierungen: A. lienalis, Aa. iliacae interna/externa, Aa. tibiales anterior und posterior, Aa. fibulares.

Abb. 3
figure 3

Konventionelle Angiographie der Mesenterialgefäße. Mehrere höhergradige Stenosen im Verlauf der A. mesenterica superior und proximale Astverschlüsse der Gefäße, welche das rechte Kolon und Ileum sowie Anteile des Jejunum versorgen (zur besseren Darstellung wurde die A. mesenterica superior durch entsprechende Maskensubstraktion weiß hervorgehoben). (Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie, Ev. Krankenhaus Oldenburg, Chefarzt Dr. Fahrendorf)

Dopplersonographie.

Dopplersonographischer Nachweis der kurzstreckigen Stenose des Truncus coeliacus mit erhöhter Strömungsgeschwindigkeit von maximal 5 m/s. A. mesenterica superior nach etwa 3,5 cm nicht mehr sicher darstellbar mit Farbumschlag als Hinweis auf eine höhergradige Stenose (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Dopplersonographie der Abdominalgefäße. Kurzstreckige Stenose im Abgangsbereich des Truncus coeliacus mit maximaler (5 m/s) und minimaler Strömungsgeschwindigkeit (2 m/s)

Computertomographie.

Bei einer Kontroll-CT des Abdomens konnte die vormals beschriebene Wandverdickung der Aorta abdominalis nicht mehr nachgewiesen werden. Es zeigte sich nun eine mäßiggradige Wandverdickung einer Ileumschlinge als Hinweis auf eine mögliche Durchblutungsstörung.

Therapie und Verlauf

Die oben genannte Gefäßdiagnostik sicherte die anfängliche Verdachtsdiagnose: Takayasu-Arteriitis mit seltenem mesenterialen Befall und einer Angina abdominalis aufgrund der hochgradigen Stenosierungen des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior.

Wir intensivierten daraufhin die Therapie in Form von hochdosierten Steroiden (75 mg/Tag Prednisolon) und leiteten eine Cyklophosphamid-Dauertherapie nach dem FAUCI-Schema ein. Im Verlauf kam es intermittierend zu starken abdominellen Beschwerden im Sinne einer Angina abdominalis. Klinisch imponierte das Bild als rezidivierender Subileus bis Ileus. In Anbetracht der multiplen Gefäßstenosen bestand nach interdisziplinären Konsultationen keine Möglichkeit einer erfolgversprechenden Revaskularisation z. B. mittels Dilatation und Stentimplantation. Die Patientin war inzwischen fast vollständig bettlägerig, da Bewegung die Abdominalschmerzen verschlimmerte. Eine orale Kostaufnahme war nur sporadisch möglich. Der Allgemeinzustand der Patientin verschlechterte sich täglich und war trotz parenteraler Ernährung katabol.

Da es im Verlauf auch unter Cyklophosphamid-Dauertherapie zu keiner Besserung kam, stellten wir die Patientin zur Einleitung einer Off-Label-Behandlung mit Etanacerpt im Vaskulitis-Zentrum Bad Bramstedt (Direktor: Prof. Dr. W. L. Gross) vor. Neben der Anti-TNF-Therapie erhielt die Patientin 60 mg/Tag Prednisolon und 20 mg/Woche MTX. Darunter trat ein akutes Abdomen auf, sodass die Patientin laparotomiert werden musste. Hier zeigte sich eine Totalgangrän des gesamten Jejunums/Ileums und des rechten Kolonanteils (Stromgebiet der A. mesenterica superior). Es wurde eine komplette Resektion des Dünndarms und eine erweiterte Hemikolektomie rechts vorgenommen.

Die histologische Untersuchung des Resektates zeigte eine ausgedehnte ulzerierende und gangränöse Enteritis und Kolitis, passend zu einer ischämischen Schädigung. An den Mesenterialarterien fand sich eine hochgradige Intimahyperplasie und -fibrose mit hochgradiger Lumenstenose, vereinbar mit Residuen einer abgelaufenen Arteriitis. Eine aktive Arteriitis bestand nicht. Ebenso waren Venen und Kapillaren nicht alteriert.

Im weiteren komplikationsreichen Verlauf entwickelte sich u. a. eine Sepsis und Pneumonie mit respiratorischer Insuffizienz, sodass die Patientin maschinell beatmet werden musste. Zur immunsuppressiven Therapie wurde 30 mg/Tag Prednisolon eingesetzt.

Als die Patientin nach 10 Wochen wieder in unsere Abteilung zurückverlegt wurde, war sie weiterhin vollständig bettlägerig mit einer Kachexie und ausgeprägter Muskelatrophie (BMI 18). Die Atmung erfolgte über eine Trachealkanüle. Im EKG zeigten sich erstmals terminale T-Negativierungen über der Vorderwand und in der Echokardiographie eine Hypokinesie des Septums, sodass wir trotz normwertiger Herzenzyme eine Mitbeteiligung der Herzkranzgefäße annahmen. Es wurde ein Ernährungsplan zur totalparenteralen Ernährung (TPE) entwickelt und die häusliche Versorgung vorbereitet. Zum Ende des Aufenthaltes konnte die Patientin mit einer Gehhilfe aus eigener Kraft über den Stationsflur laufen. Sie erhielt 15 mg/Tag Prednisolon, und in Anbetracht der Gesamtsituation entschieden wir uns gegen eine andere Form der Immunsuppression. Nach einer Stabilisierungsphase von etwa 3 Monaten war die Möglichkeit einer Dünndarmtransplantation angedacht.

10 Monate nach Erstdiagnosestellung und nach 7-monatiger stationärer Behandlung konnte die Patientin entlassen werden. Zwei Monate später trat eine Portinfektion mit Sepsis auf, und die Patientin kam im somnolenten und exsikkierten Zustand zur Wiederaufnahme. Es konnte noch für 3 Wochen eine leichte Stabilisierung erreicht werden, jedoch zeigte sich eine zunehmende Desorientierung und sinkende Widerstandskraft. Nach einem 20-monatigen Krankheitsverlauf verstarb die Patientin im Rahmen eines Multiorganversagens bei Candidasepsis.

Diskussion

Takayasu-Arteriitis

Die Takayasu-Arteriitis ist eine chronische, systemische Entzündung im Sinne einer Großgefäßvaskulitis der Aorta und ihrer großen Äste, vorwiegend der A. subclavia und der supraaortalen Gefäße. Frauen sind von dieser Erkrankung in einem Verhältnis 8:1 häufiger betroffen als Männer. Das Alter zu Beginn der Erkrankung liegt zwischen 20 und 40 Jahren, etwa 13% der Patienten sind älter als 40 Jahre [11, 13, 28]. Die Inzidenz wird für Deutschland mit 1 pro 1 Mio. pro Jahr angegeben, für Nordamerika mit 2,6 pro 1 Mio. pro Jahr, im asiatischen Raum liegt diese deutlich höher [23, 28].

Als unspezifische Symptome können Fieber, Appetitlosigkeit, Schwäche, Arthralgien/Myalgien und Gewichtsverlust auftreten. Lokale Schmerzen als Folge der Ischämie zeigen sich als Claudicatio intermittens meist an den oberen Extremitäten. Der Puls des betroffenen Gefäßes fehlt oder ist nur schwach zu tasten („pulseless disease“). Im Labor finden sich meist eine deutlich erhöhte BSG und eine systemische Entzündungsreaktion. Es konnten bisher keine spezifischen Antikörper nachgewiesen werden.

Die Diagnostik der Takayasu-Arteriitis stützt sich insbesondere auf die bildgebenden Verfahren wie Doppler-Duplex-Sonographie und (MRT-) Angiographie sowie zunehmend die PET-Untersuchung.

Die Diagnose beruht auf klinischen Zeichen und einem charakteristischen Gefäßbild mit segmentalen Stenosen und poststenotischen Dilatationen [8].

Eine Histologie ist selten zu gewinnen, welche dann entzündliche mononukleäre Zellinfiltrate und gelegentlich Riesenzellen mit einer Intimaproliferation zeigt [18, 30].

Zur Therapie wird Prednisolon eingesetzt, etwa 1 mg/kg KG mit anschließender langsamer Reduktion bis zu einer geringen Erhaltungsdosis. Etwa 60% der Patienten erreichen darunter eine Remission. Bei fehlendem Erfolg kann Methotrexat (15–25 mg/Woche) oder Cyklophosphamid (Bolus- oder Dauertherapie) eingesetzt werden [13]. Die rein medikamentöse Therapie bleibt bei etwa 23% erfolglos [11], hier stehen die chirurgische Sanierung und die radiologische Intervention zur Revaskularisierung zu Verfügung. Die Prognose ist mit den immunsuppressiven Medikamenten deutlich besser geworden, die Fünf- bzw. Zehnjahresüberlebensrate liegt bei 80–97% [13].

War es wirklich eine Takayasu-Arteriitis? – Diagnosekriterien und Differenzialdiagnose

Nach den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) aus dem Jahr 1990 erfüllt unsere Patientin die Kriterien einer Takayasu-Erkrankung mit einer Sensitivität von 90,5% und einer Spezifität von 97,8% (3 von 6 Kriterien sind erfüllt; Tab. 1). Die Altersgrenze von 40 Jahren wird nicht von allen Autoren akzeptiert, da gezeigt werden konnte, dass etwa 13% der Takayasu-Patienten über 40 Jahre alt sind [13, 27, 29]. Sharma et al. [27] entwickelten daraufhin einen neuen Kriterienkatalog, welcher bezüglich Sensitivität/Spezifität die bisherigen Diagnosetabellen übertrifft und keine Altersbegrenzung setzt. Auch nach diesem Katalog erfüllt unsere Patientin die Kriterien für eine Takayasu-Arteriitis.

Tab. 1 ACR-Kriterien (1990) [30], mit Angabe „trifft zu?“ bei der hier vorgestellten Patientin

Bei der zirkulären Wandverdickung der Aorta abdominalis (Abb. 1) stellten wir die Verdachtsdiagnose Takayasu-Arteriitis aufgrund der Anamnese, dem klinischen Bild, der erhöhten BSG und dem prompten Ansprechen auf Prednisolon. Für die Differenzialdiagnosen Syphilis, Mykose und sekundäre Aortitis bei entzündlichen Darmerkrankungen gab es klinisch und aufgrund der oben genannten Diagnostik keine Hinweise [4, 10].

Als die Patientin sich 3 Monate später wieder vorstellte und der Nachweis multipler Gefäßveränderungen, insbesondere mesenterial gelang, konnte die Diagnose als gesichert angesehen werden. Die histologischen Veränderungen an den Mesenterialarterien des Dünndarmresektates stimmten mit einer abgelaufenen Arteriitis überein. Dass eine aktive Vaskulitis im Resektat nicht vorlag, ist gut vereinbar mit der vorausgegangenen immunsuppressiven Therapie. Die Arteriosklerose – als häufigste Ursache eines Mesenterialinfarktes [6, 16] – schied schon aufgrund des zeitlichen Verlaufs und fehlenden Risikofaktoren praktisch aus. Die aufgrund der hochgradigen Intimafibrose und -hyperplasie differenzialdiagnostisch zu erwägende fibromuskuläre Dysplasie passte nicht zum klinischen oder radiologischen Befund [4]. Da sich die Venolen und Kapillaren unauffällig zeigten, konnte auch das seltene MIVOD-Syndrom („mesenteric inflammatory veno-occlusive disease“; [17]) ausgeschlossen werden.

Trotz fehlenden Ansprechens auf die immunsuppressive Therapie und deutlichem Krankheitsprogress kommt nach unserem Ermessen keine andere Diagnose als die Takayasu-Arteriitis in Betracht. Ungewöhnlich bleibt der primäre Befall der Abdominalgefäße als im Vordergrund stehendes, von der Vaskulitis betroffenes Gefäßareal.

Welche Konsequenzen ergeben sich für die Praxis? – Therapie

Wäre ein Progress der Erkrankung möglicherweise noch zu verhindern gewesen, hätte man schon aufgrund der Verdachtsdiagnose während des ersten stationären Aufenthaltes eine stärkere immunsuppressive Therapie eingeleitet? Alle Therapieempfehlungen der Literatur geben zunächst eine reine Kortisontherapie an, erst bei fehlendem Erfolg wird eine Therapie mit MTX oder Cyklophosphamid vorgeschlagen [3, 11, 13, 30]. Unsere Patientin zeigte innerhalb der ersten 48 Stunden eine vollständige Beschwerdefreiheit nach Einleitung der Prednisolontherapie, sodass wir von einer erfolgreichen Therapie ausgehen konnten. Nach einer dann folgenden 3-monatigen Steroidtherapie fiel die BSG von 82 auf 18, und das CRP war normwertig, die stenotischen Prozesse der Gefäße hatten jedoch erheblich zugenommen.

Wäre die Entwicklung der Darmnekrose nicht durch eine frühzeitige Katheterintervention oder eine chirurgische Therapie zu verhindern gewesen? Wir entschieden uns nach ausführlicher Beratung mit interventionellen Radiologen und Abdominalchirurgen aus folgenden Gründen gegen eine Intervention und für eine rein medikamentöse Therapie:

  1. 1.

    Das gesamte rechtsseitige Versorgungsgebiet der A. mesenterica superior war angiographisch nicht mehr nachweisbar (Abb. 3), d. h. hier lagen sehr langstreckige Stenosen bis hin zu kompletten Verschlüssen auch der kleineren Arterien im distalen Bereich der A. mesenterica superior vor. Eine Revaskularisierung mittels Intervention war hier gar nicht möglich.

  2. 2.

    Im klinisch hochaktiven Stadium der Arteriitis erschien uns die Dilatation der Stenosen an der A. mesenterica superior und dem Truncus coeliacus zu risikoreich mit der Gefahr der Gefäßruptur.

  3. 3.

    Für eine chirurgische Sanierung sahen wir bei dem Befall aller 3 Mesenterialgefäße keine Möglichkeit der suffizienten Bypass- und Anastomosenversorgung. Die Alternative wäre die frühe Darmresektion gewesen, die wir mittels medikamentöser Therapie zu verhindern hofften.

Die Frage, wann eine Katheterintervention mit Ballon und/oder Stentimplantation empfehlenswert ist, wird in der Literatur und unter Experten kontrovers diskutiert. Die meisten Empfehlungen raten zu einer Intervention nur in der nichtaktiven Phase der Erkrankung, um das Risiko einer Verletzung des entzündlich veränderten Gefäßes zu minimieren [13, 30]. Heller [9] dagegen befürwortet bei kurzstreckigen Stenosen, insbesondere wenn diese am Gefäßabgang gelegen sind, frühzeitig auch im aktiven Stadium der Erkrankung eine Intervention. Bei 11 Patienten mit einer Großgefäßvaskulitis konnte er bei 33 Gefäßterritorien einen primären Erfolg von 50% aufzeigen; nach teilweise 2- und 3-maliger Reintervention lag die Erfolgsrate bei 75,9%, der Follow-up betrug 60 Monate [1]. Langstreckige Verschlüsse waren dagegen ein Ausschlusskriterium. Kerr et al. [14] berichten von einer Erfolgsrate mittels PTCA von nur 56%. Die divergierenden Erfolgsraten werden möglicherweise durch die unterschiedliche Lokalisation der Stenose verursacht (Heller [9]: vorwiegend brachiozephal, Kerr et al. [14]: überwiegend renal) sowie durch neuere Techniken, z. B. bei der Beschichtung der implantierten Stents. Es gibt einige Berichte von erfolgreichen Interventionen auch im akuten Stadium [15, 24], ebenso aber auch mit tödlichem Ausgang [20, 22].

Aktivitätsparameter – schwerer und komplikationsreicher Verlauf – Prognose

Bisher gibt es keinen objektiven Verlaufsparameter, der die Aktivität der Erkrankung valide darstellt. Zwar wird immer wieder die BSG diesbezüglich genannt, es muss jedoch infrage gestellt werden, ob die BSG ein wirklich verlässlicher Parameter ist (erhöhte BSG bei 72% mit aktiver Takayasu-Arteriitis und bei 56% mit nichtaktiver Takayasu-Arteriitis [14]). Auch wir können die fehlende Zuverlässigkeit der BSG als Aktivitätsparameter bestätigen: Es gab schwankende Werte zwischen 18–82 mm ohne Korrelation zum Gefäßstatus oder der Klinik. Dies zeigte sich auch für CRP, Hb, Leukozyten und Thrombozyten. Somit schließen wir uns der Mehrheit der Autoren an [13, 28], dass eine Aktivitätsbestimmung nur klinisch und angiographisch möglich ist. Dies bedeutet, dass die Anpassung der immunsuppressiven Therapie nur vom klinischen Befinden und der bildgebenden Diagnostik abhängig gemacht werden kann.

Die Prognose hängt entscheidend von den vorliegenden Komplikationen zu Beginn der Diagnosestellung ab. Bei einem komplikationslosen Verlauf ist die Prognose mit einer Fünfzehnjahresüberlebensrate von 95% sehr gut [25]. Verschiedene Studien ergaben eine Fünf- bzw. Zehnjahresüberlebensrate bezüglich aller Takayasu-Arteriitis-Patienten von 80–97% [13]. Ishikawa et al. [12] teilen die Patienten zur Ermittlung der individuellen Prognose in 4 Gruppen (I, IIa, IIb, III) ein, abhängig von den bestehenden Komplikationen bei Diagnosestellung. Sie konnten zeigen, dass alle Patienten, die nach 5 Jahren verstorben waren, den Gruppen II b und III angehörten. Nimmt man im vorliegenden Fall die zweite stationäre Aufnahme als Ermittlungszeitpunkt (gesicherte Diagnose), ergibt sich die Einteilung in Gruppe II b – danach können wir die Befunde von Ishikawa et al. bestätigen.

Eine Aktivitätsbestimmung ist nur klinisch und angiographisch möglich

Der hier vorgestellte Fall zeigt einen außerordentlich schweren und komplikationsreichen Verlauf. Eine derart fulminante Entwicklung vom Zeitpunkt des zweiten stationären Aufenthalts bis zur Resektion des komplett nekrotischen Darms in nur 2 Monaten ohne jede Besserung durch die medikamentöse Therapie ist sehr selten. In der Literatur beschreiben nur Nussaume et al. [20] 2 ähnlich dramatische Fälle. In Übereinstimmung mit Nussaume et al. zeigt auch dieser vorliegende Fallbericht, dass der symptomatische Befall der mesenterialen Gefäße bei einer Takayasu-Arteriitis eine schwerwiegende Komplikation bedeutet, die Prognose deutlich verschlechtert und die Effektivität der medikamentösen immunsuppressiven Therapie erheblich reduziert.

Mesenterialer Befall bei Takayasu-Arteriitis

Tab. 2 zeigt die Häufigkeit der verschiedenen Manifestationsorte bei 60 amerikanischen Patienten mit einer Takayasu-Arteriitis an. Bei einer italienischen Studie mit 67 Patienten zeigte sich eine Beteiligung der abdominellen Aorta in 39% der Fälle, der A. mesenterica superior in 22% und des Truncus coeliacus in 12% [28]. Nussaume et al. [20] beschreiben eine mesenteriale Beteiligung von 24–43%, mit einer absteigenden Häufigkeit bezogen auf A. mesenterica superior, Truncus coeliacus und A. mesenterica inferior. Demgegenüber steht die Seltenheit einer abdominellen Symptomatik im Sinne einer Claudicatio abdominalis. Weniger als 10% der Patienten mit mesenterialen Gefäßveränderungen zeigen eine entsprechende Symptomatik, was vermutlich durch die gute kollaterale Kompensation bedingt ist [20]. Es treten vorwiegend Stenosen im Bereich der Gefäßabgänge auf, Aneurysmen sind hier selten [14]. Bei unserer Patientin waren alle 3 mesenterialen Gefäße betroffen mit hochgradigen Stenosen der A. mesenterica superior und des Truncus coeliacus, Aneurysmen lagen nicht vor. Zwei Monate später kam es zu einem ausgeprägten Mesenterialinfarkt.

Tab. 2 Häufigkeit der Manifestationsorte [14]

In der Literatur sind in den letzten 50 Jahren nur 11 Fallberichte von Patienten mit einem Mesenterialinfarkt verzeichnet, der vorliegende ist der erste in Deutschland.

Koyama et al. [15] berichten von einer 50-jährigen Patientin mit einer Arteriitis u. a. der thorakoabdominellen Aorta und einem Verschluss der distalen A. mesenterica superior. Zwei Monate später kam es bei abdominellen Schmerzen zu einem Mesenterialinfarkt, und es folgte die subtotale Resektion des Dünndarms und des rechten Kolons. Es zeigte sich ein komplikationsloser Verlauf im Einjahres-Follow-up.

Sanders u. Dalsing [24] berichten von einer 30-jährigen Patientin mit einer bekannten Takayasu-Arteriitis und abdominellen Schmerzen bei Vorstellung. Es zeigten sich hochgradige, proximale Stenosen aller 3 Mesenterialgefäße und beider Nierenarterien. Bei der Notfalllaparotomie wurde eine Nekrose eines Teils des Dünndarms nachgewiesen, welche sogleich reseziert wurde. Die Versorgung mit einem Bypass zwischen Aa. iliaca communis und A. mesenterica superior zeigte sich in einem 2 1/2-Jahres-Follow-up unauffällig.

Nussaume et al. [20] berichten von 2 jungen Patientinnen aus den 1980er Jahren in Frankreich. Bei der ersten 22-jährigen Patientin zeigten sich abdominelle Schmerzen und ein Nierenversagen bei multiplen Läsionen u. a. aller 3 mesenterialen und der renalen Gefäße. Nach einer kurzen beschwerdefreien Phase verstarb die Patientin an einem akuten Abdomen und Kreislaufkollaps. Die zweite 21-jährige Patientin erlitt 7 Jahre nach der Diagnosestellung einer Takayasu-Arteriitis bei neuaufgetretener Beteiligung aller 3 Mesenterialgefäße einen ausgedehnten Mesenterialinfarkt. Sie verstarb 6 Wochen nach der subtotalen Resektion des Dünndarms.

Sieben weitere Berichte von einem Mesenterialinfarkt bei Takayasu-Arteriitis sind veröffentlicht [2, 5, 7, 19, 21, 22, 26]. 5 der 11 Patienten verstarben an den Komplikationen der Takayasu-Arteriitis, der Follow-up bezüglich der Überlebenden beträgt zwischen 2 Monaten und mehreren Jahre. Auch wenn die Beteiligung der mesenterialen Gefäße mit immerhin etwa 20% angegeben wird, so sind die darauf zurückzuführenden abdominellen Beschwerden im Sinne einer Angina abdominalis selten und ein Mesenterialinfarkt eine Rarität.

Fazit für die Praxis

Obwohl die Arteriosklerose die häufigste Ursache der mesenterialen Ischämie ist, sollte bei atypischen Veränderungen und gleichzeitig bestehender systemischer Entzündung und Allgemeinsymptomen an eine Vaskulitis gedacht werden. Der Befall der Mesenterialgefäße durch die Vaskulitis erfordert umgehend den Einsatz einer immunsuppressiven Therapie. Der richtige Zeitpunkt einer interventionellen lokalen Therapie ist nur im Einzelfall in interdisziplinärer Konsultation zu entscheiden. Als Aktivitäts- und Entscheidungskriterium bezüglich der Therapie können nur der klinische Befund und die bildgebende Diagnostik herangezogen werden. Laborparameter, insbesondere die BSG bzw. CRP haben sich als nicht zuverlässig erwiesen. Dies macht die Behandlung der Takayasu-Arteriitis besonders schwierig, vor allem auch dadurch, dass die Erkrankung histologisch in der Regel nicht bewiesen werden kann. Der Befall der mesenterialen Gefäße ist prognostisch besonders ungünstig.