Zusammenfassung
Die individuelle Trainingsberatung stellt einen laufenden Prozess zwischen Arzt/Betreuer und Patient dar. Nach einer einleitenden Anamnese wird ein initiales Aktivitätskonzept erstellt, das bei wiederkehrenden Kontrollbesuchen regelmäßig in seiner Wirkung kontrolliert und inhaltlich adaptiert wird. Durch diese fortlaufende Adaptation wird der Patient Schritt für Schritt zu mehr körperlicher Aktivität im Alltag angeleitet. Im vorliegenden Beitrag werden Empfehlungen zum Ausdauer- und Krafttraining gegeben.
Abstract
An individual training plan represents an ongoing process between physician/carer and the patient. After an introductory assessment of medical history, an initial activity concept is developed. During regular follow-up visits, the effectiveness of this concept is monitored and the contents adapted. Through this continued adaptation, patients are guided, step-by-step, toward more physical activity in their daily routines. The current article provides recommendations regarding stamina and strength training.
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Trainingsberatung ist ein laufender Prozess zwischen Arzt bzw. Betreuer und Patient. Nach einer einleitenden Anamnese wird ein initiales Aktivitätskonzept erstellt, das bei wiederkehrenden Kontrollbesuchen regelmäßig in seiner Wirkung kontrolliert und inhaltlich adaptiert wird. Hat sich beispielsweise durch Einhaltung des bisherigen Aktivitätskonzepts die körperliche Fitness der jeweiligen Person verbessert, ergeben sich daraus auch Änderungen der individuellen Empfehlungen. Jede Veränderung im Anamneseprotokoll führt zu einem neuen, individuell angepassten Aktivitätskonzept. Durch diese fortlaufende Adaptation wird der Patient Schritt für Schritt zu mehr körperlicher Aktivität im Alltag angeleitet. Für bisher körperlich wenig aktive oder inaktive Personen ergibt sich so eine sinnvolle Adaptation des Aktivitätskonzepts nach 3, 6 und 9 Monaten, dementsprechend eine Begleitung für ein Jahr.
Ausdauertraining
Zur Verbesserung der allgemeinen Ausdauer eignen sich im Breitensport besonders Trainings nach dem Prinzip der Dauermethode. Dies liegt darin begründet, dass diese Methode nachweislich positiven Einfluss auf die Ausdauerleistungsfähigkeit inklusive aller zugehörigen physiologischen Anpassungsmechanismen hat. Im Gegensatz zu anderen Methoden, wie z. B. der Intervallmethode, ist sie deutlich einfacher zu gestalten und durchzuführen. Darüber hinaus weist sie ein geringeres Überlastungspotenzial auf. Die positiven und in einzelnen Bereichen überlegenen Auswirkungen der Intervallmethode bleiben dabei unbestritten.
Beim Ausdauertraining werden Zeitraum und Intensität in eine sinnvolle Korrelation gesetzt
Das Prinzip der Dauermethode besteht darin, eine Ausdauerleistung über einen längeren Zeitraum hinweg ohne Pause und mit annähernd gleichbleibender Intensität zu erbringen. Zeitraum und Intensität werden dabei in eine sinnvolle Korrelation gesetzt. Ist die Intensität höher, wird der Zeitraum kürzer und umgekehrt. Dies ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass sportliche Leistung mit hoher Intensität aufgrund zunehmender körperlicher Erschöpfung nicht über einen längeren Zeitraum erbracht werden kann. Andererseits stellt eine sportliche Leistung mit geringer Intensität über einen kurzen Zeitraum keinen wirksamen Trainingsreiz dar.
Die gewünschte Intensität eines Ausdauertrainings lässt sich über verschiedene Steuerungsgrößen definieren. Allen voran seien hier die Herzfrequenz, das metabolische Äquivalent (MET, „metabolic equivalent of task“) und das individuelle Belastungsempfinden (BORG) genannt. Es ist das subjektive Anstrengungsempfinden auf einer 10-stufigen Skala (BORG-10) gemeint. Dabei gilt 1 für ruhiges sitzen, 10 für maximale Anstrengung. Im Gesundheitssport werden Ausdauerbelastungen mittlerer und höherer Intensität empfohlen, wobei eine höhere Intensität nur angestrebt werden sollte, wenn dies der Gesundheitszustand der jeweiligen Person erlaubt. Entsprechend können folgende Empfehlungen ausgesprochen werden (Tab. 1):
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Training mit mittlerer Intensität
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64–76 % der maximalen Herzfrequenz – bei Frauen plus 10 Schläge – oder
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40–59 % der Herzfrequenzreserve oder
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leistungsspezifische Äquivalente zwischen 2,6 und 7,5 MET (Tab. 2) oder
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ein individuelles Anstrengungsempfinden von 5–6 auf der 10-stufigen Borg-SkalaFootnote 1.
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Training mit höherer Intensität
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77–93 % der maximalen Herzfrequenz – bei Frauen plus 7 Schläge – oder
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60–84 % der Herzfrequenzreserve oder
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leistungsspezifische Äquivalente zwischen 3,4 und 10,2 MET (Tab. 2) oder
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ein individuelles Anstrengungsempfinden von 7–8 auf der 10-stufigen Borg-Skala.
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Werden Herzfrequenzen in Ableitung von der maximalen Herzfrequenz zur Steuerung von Ausdauertraining angegeben, gelten für Frauen bei Bewegung mittlerer Intensität 10 Schläge/min, bei Bewegung höherer Intensität 7 Schläge/min mehr [4, 6].
Krafttraining
Beim Krafttraining sollen alle großen Muskelgruppen miteinbezogen werden. Dazu zählen die Muskelgruppen der Beine, des Rumpfs, des Rückens und der Arme. Dabei ist auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zug- und Druckbelastungen zu achten, um jeweils die Beuger und Strecker der einzelnen Systeme anzusprechen. Durch regelmäßiges Training können die muskuläre Fitness und die Knochendichte positiv beeinflusst werden. Neben einer verbesserten Leistungsfähigkeit führt dies auch zu einer Prävention oder Verbesserung von muskulären Dysbalancen, Haltungsschwächen und übermäßiger Gelenkabnutzung.
Krafttraining kann sowohl mit Maschinen und freien Gewichten als auch nur mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden. Dabei ist bei nichtbetreutem Training unerfahrener Personen dem Krafttraining an Maschinen der Vorzug zu geben, da hier die Belastung genau zu definieren und die Bewegungsstruktur grob vorgegeben ist. Mit zunehmender Erfahrung soll vermehrt Krafttraining mit freien Gewichten und/oder dem eigenen Körpergewicht eingesetzt werden.
Um positive leistungsphysiologische Anpassungsmechanismen dauerhaft zu gewährleisten, sollte Krafttraining mindestens 2‑mal pro Woche durchgeführt werden [2].
Krafttraining sollte mindestens 2‑mal pro Woche durchgeführt werden
In Anlehnung an Bouchard et al. [3] wird gesundheitswirksames Krafttraining entweder als Muskelaufbautraining oder als allgemeines Krafttraining nach dem Prinzip des anaeroben Kraftausdauertrainings empfohlen. Der anaerob-laktazide Stoffwechsel läuft sehr schnell ab und benötigt keinen Sauerstoff. Als Energieträger dient Glukose, aus welcher durch Glykolyse ATP gewonnen wird, bei gleichzeitiger Bildung von Milchsäure (Glykogen ↔ 2ATP + Milchsäure). Beim anaeroben Kraftausdauertraining wird vorrangig das intrazelluläre Glykogen (die Speicherform von Glukose) herangezogen, da es bei muskulären Anstrengungen ab 30 % der Maximalkraft zu einem erheblichen Gefäßverschluss, ab 50 % zu einem vollständigen Gefäßverschluss in der Arbeitsmuskulatur kommt und somit die Zufuhr über das Blut eingeschränkt ist.
Bei einem Muskelaufbautraining (Gewichtstraining) ist ein Satz von 8 bis 12 Wiederholungen wirksam, wobei eine darüber hinausgehende Wiederholung kaum noch möglich sein sollte. Angesteuert wird also eine weitestgehende Ausschöpfung der muskulären Speicher innerhalb von 8 bis 12 Wiederholungen. Das bewegte Gewicht richtet sich nach der machbaren Wiederholungszahl. Sind gerade 8 bis 12 Wiederholungen möglich, stimmt die Intensität. Sind mehr als 12 Wiederholungen möglich, sollte das Gewicht gesteigert werden, sind weniger als 8 Wiederholungen möglich, sollte das Gewicht reduziert werden. Nach jeweils einer kurzen Pause von 2 min kann diese Serie 2‑ bis 3‑mal wiederholt werden. Für betagte Menschen ist die Forderung nach einer erschöpfenden letzten (8. bis 12.) Wiederholung nicht gültig [7].
Bei einem Krafttraining nach dem Prinzip des anaeroben Kraftausdauertrainings werden Sätze von 20 bis 40 Wiederholungen oder einer Belastungszeit von 45–90 s empfohlen. Dabei sollte eine deutliche muskuläre Ermüdung eintreten, die Forderung nach einer erschöpfenden letzten Wiederholung wie beim Muskelaufbautraining besteht jedoch nicht. Nach jeweils einer kurzen Pause von 30–60 s kann dieser Satz 2‑ bis 3‑mal wiederholt werden.
Für das Krafttraining zu Hause, im Büro oder im Fitnessstudio werden somit folgende Empfehlungen ausgesprochen:
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Anaerobe Kraftausdauer (2–4 Serien, 60 s Pause)
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20–64 Jahre: 20–40 Wiederholungen (WH), starke Muskelermüdung
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65–79 Jahre:20–40 WH, spürbare Muskelermüdung
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>80 Jahre: 15–25 WH, spürbare Muskelermüdung
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Muskelaufbau (1–3 Serien, 120 s Pause)
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20–64 Jahre: 8–12 WH, erschöpfende letzte WH
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65–79 Jahre: 15 WH, starke Muskelermüdung
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>80 Jahre: keine Empfehlung für Krafttraining höherer Intensität
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Notes
Wobei 1 ruhiges Sitzen und 10 maximale Anstrengung bedeutet. Als Hilfe kann genannt werden, dass bei Borg 5–6 Sprechen noch möglich, Singen jedoch nicht mehr möglich ist. Bei Borg 7–8 ist kein durchgehendes Gespräch mehr möglich und die Atmung ist stark beschleunigt.
Literatur
Blair S, Kohl H, Paffenbarger R, Clark D, Cooper K, Gibbons L (1989) Physical fitness and all cause mortality. A prospective study of healthy man and women. J Am Med Assoc 262(17):2395–2401
Blair S, LaMonte M, Nichaman M (2004) The evolution of physical activity recommendations: how much is enough? Am J Clin Nutr 79(5):913–920
Bouchard C, Blair SN, Haskell WL (2012) Physical activity and health. Human Kinetics, Champaign
Hottenrott K, Neumann G (2007) Geschlechterspezifische Formel für optimale Trainingsherzfrequenzen. Dtsch Z Sportmed 58(7–8):275
Howley E (2001) Type of activity: resistance, aerobic and leisure versus occupational physical activity. Med Sci Sports Exerc 33(6 Suppl):364–369
Tarnopolsky M (2008) Sex differences in exercise metabolism and the role of 17-beta estradiol. Med Sci Sports Exerc 40:648–654
Titze S, Ring-Dimitriou S, Schober PH, Halbwachs C, Miko HC, Lercher P, Stein KV, Gäbler C, Bauer R, Gollner E, Windhaber J, Bachl N, Dorner TE (2010) Österreichische Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung. Bundesministerium für Gesundheit, Geschäftsbereich Fonds Gesundes Österreich, Wien
Weiterführende Literatur
U.S. Department of Health and Human Services (2008) 2008 physical activity guidelines for Americans. U.S. Department of Health and Human Services, Washington DC
Funding
Open access funding provided by University of Vienna.
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H.-C. Miko gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Dieser Beitrag beruht auf einem Vortrag gehalten auf dem Kongress Konservative Orthopädie im Fokus in Pörtschach im Juli 2017
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Miko, HC. Individuelle Trainingsberatung. Manuelle Medizin 56, 71–73 (2018). https://doi.org/10.1007/s00337-017-0358-1
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00337-017-0358-1