Zusammenfassung
Hintergrund
Die suffiziente Betreuung von Sportlern mit Wirbelsäulenbeschwerden setzt die Kenntnis sportartspezifischer Belastungsmuster einerseits und potenziell wirbelsäulenschädlicher Bewegungsabläufe andererseits voraus.
Fragestellung
Der vorliegende Artikel soll in erster Linie biomechanische Grundüberlegungen und somit Hinweise darauf liefern, welche Bewegungsabläufe potenziell Schäden an der Wirbelsäule verursachen können.
Material und Methoden
Die vorliegende Literatur wurde mittels PubMed und Google Scholar sowie orthopädischer Lehrbücher gesichtet. Weiterführenden Verweisen auf ältere Literatur wurde mit der Google Suchfunktion und anhand der Zentralbibliothek der Medizinischen Universität Wien nachgegangen.
Ergebnisse
In erster Linie zeigen sich Veränderungen der Wirbelsäule im Leistungssportbereich und dabei v. a. bei Kraftsportarten. Rein axiale Belastungen führen kaum zu nachweisbaren Läsionen, in Kombination mit Flexion, Extension oder auch Rotation sind aber durchaus Schädigungen möglich. Die jugendliche Wirbelsäule reagiert besonders empfindlich auf singuläre und speziell auch repetitive Belastungen.
Schlussfolgerungen
Nennenswerte Läsionen der Wirbelsäule finden sich in erster Linie im Leistungssport und sind im Breiten- bzw. Gesundheitssport deutlich seltener zu beobachten. Die positiven Effekte regelmäßiger körperlicher Betätigung auf den Gesamtorganismus überwiegen die potenziellen Schädigungen aber bei Weitem.
Abstract
Background
Adequate treatment of athletes with spine complaints presupposes knowledge of the particular sport-specific stress patterns on one hand, and potentially spinal column-damaging movements on the other.
Purpose
The present work is primarily intended to present biomechanical principles and thus provide information on the motion sequences that can potentially cause damage to the spine.
Material and methods
The present literature was reviewed using PubMed and Google Scholar, as well as orthopaedic textbooks. Further references to older literature were investigated using the Google search function and the central library of the Medical University of Vienna.
Results
Special changes in the spine are most present in the performance sport sector, and especially in the case of power sports. Pure axial loads hardly lead to detectable lesions, but in combination with flexion, extension or rotation, damage is possible. The juvenile spine reacts particularly sensitively to singular and repetitive stresses.
Conclusions
Significant lesions of the vertebral column are found primarily in performance athletes; they are observed less frequently with leisure time sports and health-related exercise. However, the potentially damaging effects of regular physical activity on the spine are far outweighed by the positive effects on the whole organism.
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Wer Sportler mit Wirbelsäulenbeschwerden suffizient betreuen will, muss einerseits die sportartspezifischen Belastungsmuster und andererseits die potenziell wirbelsäulenschädlichen Bewegungsabläufe kennen. In diesem Beitrag wird besonders auf die Bewegungsabläufe anhand der vorliegenden Evidenz, deren Nachweis teilweise weit zurückliegt, eingegangen.
Lumbale Beschwerden sind sowohl in Industriestaaten als auch in Entwicklungsländern Hauptgrund für Einschränkungen der Patienten im alltäglichen Leben an Jahren der Lebenszeit gerechnet [14, 35]. Die Lebenszeitprävalenz von Beschwerden im Hals- oder Lendenwirbelsäulenbereich beträgt in Industriestaaten 60–85 % [5]. Ein Review aus dem Jahr 2012 über 165 Studien aus 54 Ländern beschreibt die weltweite Punktprävalenz von Kreuzschmerzen mit 18,3 %, Schmerzen im letzten Monat gaben dabei 30,8 % der Befragten an [13]. Lumbale Beschwerden finden sich dabei häufiger bei Frauen als bei Männern und besonders oft in der Altersgruppe von 40 bis 69 Jahren. Die Punktprävalenz war in Ländern mit höherem Durchschnittseinkommen (30,3 %) ausgeprägter als in solchen mit niedrigen Einkommen (18,2 %). Es fand sich aber kein Unterschied zwischen der Häufigkeit in städtischen oder ländlichen Regionen.
Als schmerzursächliche Strukturen werden Facettengelenkschmerzen bei jüngeren Patienten mit 15 %, bei älteren Patienten mit bis zu 40 % angegeben [30]. Das Iliosakralgelenk wird in 18–30 % der Fälle für Beschwerden verantwortlich gemacht. Diskogene Veränderungen dürften zu 39 % hauptursächlich für den Kreuzschmerz sein.
Treten Rückenschmerzen bei sportlicher Betätigung auf, kann dies vielfältige Ursachen haben. Diese reichen von Überanstrengung der Rumpfmuskeln (Kraftsport, Ringen) über Verspannungen bei lang andauernder Halteposition in Fehlhaltung (Rennradfahren, Segeln, Surfen) bis hin zu Gelenkblockierungen. Bei jedem der genannten Fälle handelt es sich um funktionelle Probleme, sie alle sind spontan reversibel.
Ob tatsächlich strukturelle Schäden durch sportliche Betätigung verursacht wurden, ist im Einzelfall meist schwer zu beurteilen. Eine Untersuchung unter Schulkindern zeigte eine erhöhte Rate von Rückenschmerzen unter den Kindern, die regelmäßig Wettkampfsport betrieben, wie auch in der Gruppe, die als besonders inaktiv eingestuft wurde und anamnestisch viel Zeit vor dem Fernsehgerät verbrachte.
Bei Leistungssportlern finden sich häufiger Wirbelsäulenläsionen als in der Gesamtbevölkerung
Die Autoren diverser Studien halten fest, dass sich im Leistungssportbereich generell häufiger Läsionen im Bereich der Wirbelsäule finden als in der Gesamtbevölkerung. Insbesondere werden frühe Bandscheibenschäden, Osteochondrosen sowie erhöhte Spondylolyseraten beschrieben. Sie werden v. a. auf Verletzungen oder Überlastungen der vulnerablen jugendlichen Wirbelsäule zurückgeführt. Dabei müssen die höchst individuellen Belastungsmuster verschiedener Sportarten unterschieden werden. So fanden sich in Zwillingsuntersuchungen bei Ausdauersportlern keine nennenswerten Unterschiede hinsichtlich des Auftretens sichtbarer Zeichen einer Bandscheibendegeneration, bei Kraftsportarten lagen hingegen vermehrt Degenerationen der Bandscheiben in der unteren Hälfte der Brustwirbelsäule vor.
Als besondere Risikosportarten für die Lendenwirbelsäule werden v. a. jene diskutiert, die mit extremer Hyperextension und Rotation einhergehen wie Turnen, Ballett oder Ringen [29].
Sportassoziierte Wirbelsäulenveränderungen
Schon im Jahr 1985 beschäftigte sich ein Review mit den biomechanischen Aspekten von Lendenwirbelsäulenverletzungen unter Sportlern [2]. Muskel- und Bänderzerrungen wurden naturgemäß häufig beobachtet, seltener waren ernste Verletzungen wie lumbale Wirbelkörperfrakturen und Bandscheibenläsionen. Die häufigsten ernsteren Verletzungen waren damals traumatische Spondylolysen, also Bogenfrakturen der Pars interarticularis, oftmals verbunden mit einer konsekutiven Spondylolisthese. Am häufigsten fanden sich Verletzungen im Bereich der Lendenwirbelsäule unter Turnern, Gewichthebern und Footballspielern.
Die akuten Makrotraumen der Wirbelsäule auch in Kontaktsportarten sind dank Änderungen am Regelwerk sowie Modifikationen der Ausrüstung deutlich rückläufig, wie sich in einer südafrikanischen Studie an Rugbymannschaften im Schulalter zeigte, in der ein Rückgang um 46 % beobachtet werden konnte [24]. Die auf den ersten Blick weniger dramatischen Überlastungserscheinungen an der Wirbelsäule scheinen allerdings unter jungen Athleten tendenziell zuzunehmen. Sie dürften den vielfach durchgeführten Übungswiederholungen als Teil des Trainings der jungen Athleten geschuldet sein. Sobald einmal Beschwerden aufgrund dieser Überlastungserscheinungen auftreten, zeigen 26 % der untersuchten männlichen und 33 % der untersuchten weiblichen Probanden rezidivierende Beschwerden.
Überlastungserscheinungen scheinen unter jungen Athleten tendenziell zuzunehmen
Allerdings ist festzuhalten, dass bei Weitem nicht nur sportliche junge Menschen unter Wirbelsäulenproblemen leiden. Eine Untersuchung an über 400.000 Kindern und Jugendlichen aus 28 Ländern ergab eine 37%ige Wahrscheinlichkeit für monatliche oder noch häufiger auftretende Schmerzepisoden im Bereich der Lendenwirbelsäule in dieser Population [32]. Dabei waren Mädchen etwas häufiger betroffen als Jungen (38,9 % vs. 35,0 %), die Häufigkeit nahm mit steigendem Alter zu und reichte von 27,4 % bei 11-Jährigen über 37,0 % bei 13-Jährigen bis zu 46,7 % bei 15-Jährigen. Ein deutlicher Unterschied fand sich auch zwischen den einzelnen teilnehmenden Ländern mit monatlichen Prävalenzen von 28 % (Polen, Litauen und Russland) bis 51 % (Tschechien). Eine dänische Zwillingsstudie berichtete, dass die Kinder und Jugendlichen, die bereits über Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule klagen, ein etwa doppelt so hohes Risiko haben, auch im Erwachsenenalter unter derartigen Beschwerden zu leiden [11].
Unspezifische Kreuzschmerzen
Anhand der eingangs genannten Statistiken bezüglich der Hauptschmerzgeneratoren für Lumbago in unterschiedlichen Altersklassen ist zu erkennen, dass es einen nicht unerheblichen Anteil an sog. unspezifischen Schmerzen gibt. Diese sind gekennzeichnet durch keine klar zugrunde liegende Pathologie, weshalb zumeist von muskulären bzw. funktionellen Problematiken ausgegangen wird. Generell ist zu sagen, dass die Rumpfmuskelkontrolle nicht nur essenziell für die sportliche Leistungsfähigkeit ist, sondern dass eine unzureichende Koordinierung der Rumpfmuskulatur mit einem erhöhten Risiko für Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich einhergeht [7].
Bandscheibenläsionen
Unter welchen Umständen von bandscheibenbedingten (diskogenen) Schmerzen auszugehen ist, steht nach wie vor zur Diskussion. Genau genommen wird die Existenz des diskogenen Schmerzes an sich vielfach diskutiert, da die gesunde Bandscheibe keine sensible Innervation aufweist.
Eine Untersuchung aus dem Jahr 1993 verglich das Aufkommen von Diskusherniationen sowohl lumbal als auch zervikal im Sinne einer fallkontrollierten epidemiologischen Studie. Die Ergebnisse zeigten bei den meisten Sportarten keine Assoziation mit einem erhöhten Risiko für Bandscheibenherniationen, im Gegenteil wurde ein eher protektiver Effekt vermutet. Lediglich Bowling zeigte ein schwach erhöhtes Risiko für sowohl zervikale als auch lumbale Bandscheibenvorfälle, freies Hanteltraining führte hingegen zu einem geringfügig erhöhten Risiko für zervikale Bandscheibenläsionen [22].
Dies wirft die Frage auf, ob bestimmte Belastungsmuster überhaupt für die Degeneration von Bandscheiben ursächlich sein können. Hohe axiale Kompressionskräfte auf die Lendenwirbelsäule zeigten beispielsweise in vitro primär Impressionen von Grund- oder Deckplatten der Wirbelkörper und gelegentlich die Bildung von Schmorl-Knoten, praktisch nie waren aber Verletzungen des Bandscheibenfaserrings bzw. Herniationen im Sinne eines Bandscheibenvorfalls zu beobachten. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um singuläre oder repetitive Belastungen handelt.
Bei hohen axialen Belastungen in Kombination mit Flexionsbewegungen finden sich allerdings erhöhte Rupturraten von Anulus fibrosus und hinterem Längsband [1].
Wiederholte Flexions- und Extensionsbewegungen, wie sie beispielsweise bei Leistungsschwimmern zu finden sind, scheinen ebenso einen rascheren Verschleiß der Bandscheiben zur Folge zu haben. Eine Untersuchung an Leistungsschwimmern mit Monoflosse im Alter von 16 bis 23 Jahren ergab bei 45 % der Probanden akute Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule. Dabei fanden sich radiologische Veränderungen der Bandscheiben bei 78,5 % der Probanden mit Beschwerden und bei 52,9 % der Probanden ohne Beschwerden. Nebenbei wurden in 13 % der untersuchten Schwimmer Spondylolysen entdeckt [34].
Repetitive Rotationsbewegungen von 7° führen zu Läsionen des Anulus fibrosus
In-vitro-Untersuchungen zeigten außerdem, dass repetitive Rotationsbewegungen von 7° zu Läsionen des Anulus fibrosus führen [25]. Während das Rotationsausmaß der einzelnen Segmente der Lendenwirbelsäule in aufrechter Position nur 2–3° beträgt, da die Wirbelgelenke eine weitere Rotation verhindern, sind im Sitzen 9–11° segmentale Rotation möglich. Vorn übergebeugtes Stehen hat allerdings keine Änderung der Rotationsbeweglichkeit zur Folge, was in erster Linie auf die erhöhte Muskelaktivität zurückgeführt wird. Etwa 35–50 % der Torsionskräfte werden durch den Anulus fibrosus übertragen, der restlichen Kräfte über die Wirbelgelenke. Bei bereits bestehenden degenerativen Veränderungen der Bandscheibe kommt es zu größeren Scher- und Zugbelastungen des Faserrings als Folge der Instabilität.
Allerdings führen nicht nur willkürliche Rotationsbewegungen des Rumpfs zu Torsionen im Wirbelsegment. Auch beim Anheben einer Last erfolgt zunächst eine kleine Rotationsbewegung des Rumpfs zur Beschleunigung und Heranführung der Last. Je schwerer die Last, desto größer ist die Rotationsbewegung [33].
Spondylolysen
Spondylolysen finden sich in der kaukasischen Normalbevölkerung bei 5–15 % der 17- bis 30-Jährigen, wobei eine genetische Prädisposition bestehen dürfte. Nahezu beweisend dafür erscheint die Tatsache, dass bei über 50 % der Eskimos Spondylolysen vorliegen [31]. Sie treten hauptsächlich im Segment L5/S1, etwas weniger im Segment L4/5 auf. Kranial davon gelegene Spondylolysen legen den Verdacht auf weitere Deformitäten nahe [20].
Spondylolysen können durch chronische Hyperlordosierungstraumata entstehen
Spondylolysen können allerdings ebenso durch chronische Hyperlordosierungstraumata entstehen, wobei es sich dabei in erster Linie um Ermüdungsfrakturen der Interartikularportion handeln dürfte [28]. Während sich im Rahmen einer In-vitro-Studie bei rein axialer Stauchung mit 250 kp keine Spondylolysen entwickelten, traten in Verbindung mit einer Hyperlordosierung schon bei 200 kp Frakturen der Interartikularportion auf. Dieser Effekt wird laut Studienautoren möglicherweise durch zusätzliche Rotation noch verstärkt.
Erhöhte Spondylolyseraten unter Speer- und Diskuswerfern, Tennisspielern, Gewichthebern, Kunstturnern und Turmspringern legen den Verdacht nahe, dass Sportarten mit rezidivierenden Hyperlordosierungsbewegungen die Entwicklung einer Spondylolyse begünstigen [26]. Andererseits fanden sich in einer anderen Untersuchung unter Leistungsturnen nach 5 bis 6 Jahren nur geringe Zunahmen der Spondylolysehäufigkeit (9 %), unter Speerwerfern traten über einen Beobachtungszeitraum von 10 Jahren keine neuen Spondylolysen/-listhesen auf. Viele der von Spondylolysen betroffenen Sportler waren auch noch nach 20 Jahren beschwerdefrei [23].
Morbus Scheuermann
Während Morbus Scheuermann in der kaukasischen Normalbevölkerung in unter 10 % der Fälle zu finden ist, weisen laut einer Untersuchung aus dem Jahr 1986 40,5 % der Kanuten, Basketballer, Volleyballer, Judoka und Turner derartige Veränderungen auf [3]. Eine Verschlechterung der radiologischen Veränderungen fand sich bei 80 % der Sportler auch noch 5 Jahre nach abgelaufenem Erkrankung. Degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule treten um 10 bis 20 Jahre früher auf, was für die Autoren die Frage nach dem Ausschluss betroffener Sportler vom Leistungssport nahelegte. Auch eine Verlaufsbeobachtung von Zwillingsschwestern zeigte bei ursprünglich gleichartigen radiologischen Veränderungen Schmerzen und eine Zunahme der Kyphose bei dem sportlich aktiven Mädchen (täglich bis zu 2 h; [19]).
In der floriden Phase sollten Druck- und Stauchbelastungen vermieden werden
Junghanns [15] postulierte in diesem Zusammenhang, dass das Stadium der Erkrankung ausschlaggebend ist. In der floriden Phase sollten Druck- und Stauchbelastungen wie beim Rudern oder Turmspringen vermieden werden. Ein Ruderzug entspricht immerhin dem Anheben von 50 kp mit gebeugten Oberkörper. Gleiches gilt für repetitive Mikrotraumatisierungen, die etwa beim Judo, Turnen oder bei Kontaktsportarten auftreten. Auch von Sprungdisziplinen, Turnen und Radfahren wird in der floriden Phase abgeraten. Gewichtheben ist in allen Phasen des Erkrankungsverlaufs kontraproduktiv.
Skoliose
Skoliosen mit dem Cobb-Winkel über 15° finden sich bei etwa 0,5 % der kaukasischen Gesamtbevölkerung. Gehäuft treten derartige Veränderungen bei Turnern, Stabhochspringern, Speerwerfern, Basketballspielern, Ruderern und Schützen auf. Als Ursache wird die einseitige Rumpfbeanspruchung diskutiert. Eine Verlaufsuntersuchung ergab bei 75 % der 20 teilnehmenden Speerwerfer eine leichte Skoliosen mit einem Cobb-Winkel unter 15°, über den Beobachtungszeitraum von 10 Jahren trat keine Verschlechterung auf [23]. Obwohl Skoliosen bei Ruderern insgesamt gehäuft vorliegen, findet sich dieser Befund unter Riemen- und Skull-Ruderern mit gleicher Häufigkeit, womit die asymmetrische Belastung als alleinige Ursache widerlegt würde. Götze et al. [8] untersuchten die Korrelation von Auftreten und Ausprägung von Skoliosen mit der Intensität der betriebenen Sportarten, fand dabei aber keinen Zusammenhang. Laut Hopf et al. [12] sind bei Skoliosen mit dem Cobb-Winkel von 10–20° alle Sportarten uneingeschränkt durchführbar. Bei einem Cobb-Winkel von 21–40° sind grundsätzlich ebenso alle Sportarten denkbar, axiale Traumata bzw. Stauchungen sollten aber vermieden werden. Bei Skoliosen mit dem Cobb-Winkel ab 41° gelten dieselben Empfehlungen mit zusätzlicher Rücksichtnahme auf mögliche kardiopulmonale Beeinträchtigungen. Ein evtl. zu tragendes Mieder kann während des Trainings abgelegt werden.
Spondylodese
Im Zusammenhang mit Morbus Bechterew und Skoliosen ist auch die Sportfähigkeit nach erfolgter Spondylodese zu erwähnen. Gängigen Empfehlungen zufolge sollten nach erfolgter radiologischer Kontrolle 6–12 Monate postoperativ keine nennenswerten Einschränkungen den Sport betreffend bestehen, was individuell abhängig von der Restkrümmung und Länge der Spondylodese ist. Stauchungsbelastungen und erhöhte Sturzgefahr durch Fremdeinwirkung sollten jedoch gemieden werden. Zu bedenken ist auch die eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit, die die Möglichkeiten beim Turnen oder z. B. Delphinschwimmen deutlich negativ beeinflusst. Eine Nachuntersuchung von 10 Patienten nach einer dorsalen Aufrichtungsspondylodese bei Morbus Scheuermann (bei einem Ausgangs-Cobb-Winkel von mindestens 65°) zeigte nach durchschnittlich 9,6 Jahren postoperativ in 80 % der Fälle eine subjektiv bessere körperliche Leistungsfähigkeit, 9 der 10 Patienten waren nach wie vor sportlich aktiv (Gymnastik, Schwimmen, Radfahren, Leichtathletik), ein Patient betrieb Schwimmsport auf Leistungsniveau [6]. Die Vitalkapazität hatte im selben Zeitraum allerdings um etwa 10 % abgenommen.
Traumata
Auch rezidivierende Bagatelltraumata der Wirbelsäule sind als mögliche Schmerzauslöser nicht außer Acht zu lassen. Rund 10 % aller Distorsionen im Sport betreffen die Halswirbelsäule, meist die Segmente C5/6 und C6/7 [17]. Dies gilt v. a. für Kontaktsportarten wie Football, Rugby, Judo und Ringen, aber auch Turmspringen und Gymnastik. Osteochondrosen und Spondylarthrosen finden sich gehäuft bei Ringern, Judoka und Turnern, ein Zusammenhang mit den genannten rezidivierenden Traumata wird diskutiert. Distorsionen im Bereich der Lendenwirbelsäule kommen häufig beim Rudern, Trampolinspringen und Hochsprung vor [27].
Die jugendliche Wirbelsäule reagiert auf Traumata besonders empfindlich
Traumatische axiale Belastungen hingegen treten z. B. beim Eiskunstlaufen, Turnen, Fußball und Snowboarden auf. Wie schon erwähnt können diese zu Endplattenveränderungen der Wirbelkörper, bei zusätzlicher Flexion oder Extension auch zu Bandscheibendegenerationen oder -vorfällen führen. Vor allem die jugendliche Wirbelsäule reagiert auf Traumata sehr empfindlich [16].
Eine Untersuchung unter Ringern im Alter von 39 bis 62 Jahren zeigte in 25 % der Fälle alte, ausgeheilte Wirbelkörperfrakturen, fast alle litten aktuell an assoziierten Beschwerden [9].
Muskelläsionen
Verletzungen der Rumpfmuskulatur sind im Akutfall mitunter nur schwer von strukturellen Schädigungen der Wirbelsäule abzugrenzen. Plötzliches Beugen, Strecken oder Rotieren kann zu muskulären Verletzungen führen. Als Risikosportarten in diesem Zusammenhang werden in der Literatur Leichtathletik, Rudern, Skifahren oder Turnen erwähnt. Nicht übersehen werden sollte dabei eine etwaige Fraktur der Processi transversi bzw. der 12. Rippe. Neben einer Röntgenuntersuchung kann hierbei auch die Klinik differenzialdiagnostisch wertvolle Hinweise liefern: Bei einer Processus-transversus-Fraktur ist die Neigung nach ipsilateral sehr schmerzhaft, nach kontralateral tritt Besserung ein. Bei einer muskulären Läsion ist die Neigung nach kontralateral sehr schmerzhaft, die Neigung nach ipsilateral bringt Erleichterung.
Verletzungen der Bauchwandmuskulatur kommen einem pseudoperitonitischen Reizzustand gleich. Im Gegensatz zu einer echten Peritonitis kann sich der Betroffene allerdings kaum ohne Abstützen aus dem Liegen aufrichten.
Muskelkräftigung.
Eine gezielte Kräftigung der Rumpfmuskulatur ermöglicht die Stabilisation der Wirbelsäule, was sich v. a. beim Tragen von Lasten positiv auswirkt. Der M. quadratus lumborum ist an einer effizienten Bauchpresse mitbeteiligt, die insofern eine wichtige Rolle spielt, als erhöhter Druck im Bauchinnenraum die Wirbelsegmente leicht anhebt [10]. Gewichtheber beispielsweise setzen Pressatmung zur Stabilisierung bei Seit‑, Dreh- und Streckbewegungen ein und nutzen einen festen Ledergurt zur Erhöhung des Drucks im Bauchraum.
Wirbelsäulenbelastbarkeit
Bandscheiben verlieren im zirkadianen Verlauf an Höhe, was in der kaudalen Lendenwirbelsäule bis zu 11 % ausmacht. Ursachen sind Flüssigkeitsverlust und eine leicht verstärkte Vorwölbung des Anulus fibrosus [4]. Die Folge ist eine Körpergrößenabnahme gegen Abend von bis zu 2 cm. Dies führt zu einer Änderung des biomechanischen Verhaltens des Bewegungssegments, eine erhöhte Vulnerabilität wird demzufolge diskutiert [18]. Somit stellt sich die Frage, ob belastende Übungen für die Wirbelsäule abends noch ungünstigere Auswirkungen haben.
Die Belastbarkeit bzw. Sporttauglichkeit der individuellen Wirbelsäule zu bestimmen, ist trotz gründlicher Untersuchung und Einbeziehung radiologischer Befunde sehr schwierig. Veränderungen wie etwa Rundrücken, Skoliose, Spondylolyse, Spondylolisthese, asymmetrische Übergangswirbel oder auch nicht ausgeglichene Beinlängendifferenzen stellen vermutlich Risikofaktoren dar, die bei verstärkter Belastung Läsionen der Wirbelsäule wahrscheinlicher machen. Die Belastbarkeit der Bandscheiben sowie der Grund- und Deckplatten scheint jedenfalls von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu sein. So zeigt eine Untersuchung von Patienten mit Bandscheibenvorfällen, die sich bereits vor dem 19. Lebensjahr einer Mikrodiskektomie unterziehen mussten, meist eine familiäre Disposition [21].
Schlussfolgerungen
Ein Großteil aller Menschen hat im Laufe des Lebens mit Problemen im Bereich der Wirbelsäule zu tun. Sportassoziierte Beschwerden stellen dabei eine verschwindende Minderheit dar, dennoch sind vertebragene Beschwerden und mit der Zeit auch Veränderungen bei einigen Risikosportarten gehäuft zu beobachten.
Insgesamt überwiegen die positiven Effekte regelmäßiger körperlicher Betätigung die v. a. im Leistungssport auftretenden nennenswerten Wirbelsäulenveränderungen bei Weitem.
Fazit für die Praxis
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Rein axiale Belastungen führen kaum zu nachweisbaren Läsionen an der Wirbelsäule, in Kombination mit Flexion, Extension oder auch Rotation sind aber durchaus Schädigungen möglich.
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Die jugendliche Wirbelsäule reagiert besonders empfindlich auf singuläre und im Speziellen auch repetitive Belastungen.
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Sind Wirbelsäulenveränderungen wie Skoliosen, Morbus Scheuermann oder Spondylolysen bekannt, sollten Risikosportarten gemieden werden.
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Nennenswerte Läsionen der Wirbelsäule finden sich bei Sportlern ohne vorbestehenden Wirbelsäulenveränderungen in erster Linie im Leistungssport und sind im Breiten- bzw. Gesundheitssport deutlich seltener zu beobachten.
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Dieser Beitrag beinhaltet keine vom Autor durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Dieser Beitrag beruht auf einem Vortrag gehalten auf dem Kongress „Konservative Orthopädie im Fokus“ in Pörtschach im Juli 2017.
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Scheuer, R. Wirbelsäule und Sport. Manuelle Medizin 56, 61–66 (2018). https://doi.org/10.1007/s00337-017-0352-7
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