Patienten mit Kopfschmerzen, Tortikollis, ausstrahlenden Schmerzen in die Gesichtsregion, Rückenmarkskompression oder neurologischen Zeichen sollten auf hochzervikale Instabilität untersucht werden, da diese eine absolute Kontraindikation vor allem für Manipulationen darstellt [6, 14]. Bei der hochzervikalen Instabilität handelt es sich um eine Pathologie, bei der das stabilisierende System nicht mehr in der Lage ist, die Segmente unter physiologischen Belastungen zu stabilisieren [3]. Bei Patienten mit Schmerzen in der Halswirbelsäule (HWS) ist es wichtig, hochzervikale Instabilitäten zuverlässig erkennen oder ausschließen zu können. Grundlage hierfür sind sowohl Kenntnisse über die Durchführung und Interpretation diverser Tests als auch über deren Validität und Reliabilität.

Ziel dieser Arbeit war es zu überprüfen, wie valide und reliabel Stabilitätstests bei Patienten mit hochzervikaler Instabilität sind. Die hier untersuchten Tests repräsentieren Stabilitätstests, die für die Beurteilung des Lig. transversum atlantis, der Ligg. alaria sowie der Membrana tectoria und Membrana atlantooccipitalis posterior herangezogen werden. Sie sollten immer in Abhängigkeit von der Patientenanamnese durchgeführt werden.

Methoden

Literaturrecherche

Die Literaturrecherche wurde in den Datenbanken PubMed, CINAHL und Cochrane Library durchgeführt. Die aus den Keywords und ihren Synonymen erstellten Gruppen umfassten die HWS, die oberen Kopfgelenke und Ligamente, die Instabilität, die klinischen Tests sowie die Gütekriterien.

Ein- und Ausschlusskriterien

In die Bewertung wurden nur Studien eingeschlossen, die mindestens einen klinischen ligamentären Stabilitätstest der oberen HWS auf Reliabilität und/oder Validität überprüften. Weiterhin sollten Werte, die die Reliabilität und Validität beschreiben, in der Studie dargestellt sein oder durch die Angaben in der Studie errechnet werden können. Davon abgesehen wurden auch Studien miteinbezogen, die anatomische bzw. biomechanische Erkenntnisse über die obere HWS lieferten. Studien, die sich mit der Darstellung ligamentärer Strukturen an der oberen HWS anhand bildgebender Verfahren beschäftigten oder die die klinischen Tests beschrieben, wurden ebenso verwendet.

Konnten diese Kriterien nicht erfüllt werden, wurden die Studien nicht in die Arbeit eingeschlossen. Außerdem wurden Dopplungen – Studien, die bereits bei anderen Suchanfragen gefunden wurden – bei der Literaturrecherche nicht mehr berücksichtigt.

Methodologische Analyse

Um die Qualität der Studien zu beurteilen, wurde ihr Evidenzlevel anhand der Evidenzratingskala für diagnostische Studien der American Society of Plastic Surgeons bestimmt [1]. Weiterhin wurden die Reliabilitätsstudien mit dem „quality appraisal tool for studies of reliability“ (QAREL) bewertet [8]. Die Validitätsstudien wurden anhand des „diagnostic study appraisal worksheet“ des Centre for Evidence-based Medicine (CEBM) der Universität Oxford beurteilt [4].

Inhaltliche Analyse

Die inhaltliche Analyse der Studien erfolgte mithilfe von Vergleichskriterien, die durch Recherchen in themenverwandter Literatur entstanden sind. Für die Analyse der demographischen Daten wurden die Probandenanzahl, das Alter, die Geschlechtsverteilung, aber auch die Erkrankung der Probanden beschrieben. Des Weiteren wurden die Ein- bzw. Ausschlusskriterien der Studien sowie die Gütekriterien, die die Studien untersuchten, bewertet. Außerdem wurden für die inhaltliche Analyse die Daten zur Beurteilung der Testvalidität vergleichend betrachtet. Die Validität beschreibt die Gültigkeit eines Tests und wird durch die Sensitivität und Spezifität dargestellt. Diese wurden anhand von richtig-positiven, falsch-positiven, richtig-negativen und falsch-negativen Ergebnissen berechnet. Die Sensitivität gibt an, inwieweit Kranke als richtig-positiv erkannt werden [5]. Die Spezifität beschreibt, inwieweit Gesunde als richtig-negativ erkannt werden [5].

Zusätzliche Beurteilungskriterien der Validität sind der positive Vorhersagewert (PPV) und der negative Vorhersagewert (NPV) sowie die negative Likelihood Ratio (LR−) und die positive Likelihood Ratio (LR+). Der PPV beschreibt den Anteil positiver Testergebnisse der Patienten, die tatsächlich krank sind. Der NPV gibt den Anteil der tatsächlich Gesunden an. Die LR+ und LR− geben die diagnostische Evidenz der Tests wieder [5].

Des Weiteren wurde die Genauigkeit der Tests berechnet, für die inhaltliche Analyse wurden die Intertester- und Intratester-Reliabilität beschrieben. Die Reliabilität gibt die Zuverlässigkeit der Tests an und wird durch den Kappakoeffizienten (κ) dargestellt. Dieser kann folgendermaßen interpretiert werden: κ-Werte < 0 stimmen schwach, 0–0,2 gering, 0,21–0,40 ausreichend, 0,41–0,60 mäßig und zwischen 0,61 und 0,8 erheblich überein. Werte >0,8 zeugen von einer sehr guten Übereinstimmung [7].

Das Konfidenzintervall (CI) wurde, falls angegeben, ebenfalls aufgenommen. Fanden sich in den Studien zusätzlich andere Angaben zur Reliabilität, wurden diese ebenfalls berücksichtigt.

Beschreibung der klinischen Stabilitätstests

Sharp-Purser Test

Der Sharp-Purser-Test überprüft die Integrität des Lig. transversum atlantis und wird im Sitzen durchgeführt. Der Untersucher umgreift mit einer Hand von vorne den Kopf des Patienten, während er mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand die Laminae des 2. Halswirbels fixiert. Der Kopf (C0) und C1 werden leicht flektiert und nach dorsal geführt. Kann während des Führens nach dorsal ein „Klickphänomen“ ausgelöst werden oder reduziert sich plötzlich das Beschwerdebild des Patienten, gilt der Test als positiv (Abb. 1, [10, 11, 15, 16]).

Abb. 1
figure 1

Sharp-Purser-Test: Lig. transversum atlantis. Beschreibung s. Text

Anterio-posteriorer Laxitätstest

Bei diesem Test wird die anterior-posteriore Stabilität der oberen HWS beim Patienten in Rückenlage geprüft. Hierbei wird der Kopf des Patienten angehoben, ohne diesen in eine Flexion zu bringen. Bewertet wird das Bewegungsausmaß zwischen Okziput, Atlas und Axis [10].

„Clunk test“

Der „clunk test“ überprüft die Stabilität des Lig. transversum atlantis. Der Patient befindet sich in Rückenlage mit leicht unterlagertem Hinterkopf. Der am Kopfende stehende Therapeut umfasst mit beiden Hohlhänden die Backenknochen des Patienten, während die beiden Mittelfinger auf den Arcus posterior des Atlas angelegt werden. Die Hände stabilisieren den Kopf, die Mittelfinger üben einen nach anterior gerichteten Druck aus, der ca. 1 min gehalten werden sollte. Können Symptome wie Übelkeit, Schweißausbruch, Herzrasen usw. ausgelöst werden oder wird bei der Gleitbewegung des Atlas das typische „Clunk“-Geräusch hörbar, gilt der Test als positiv (Abb. 2, [2, 10]).

Abb. 2
figure 2

„Clunk test“: Lig. transversum atlantis. Beschreibung s. Text

„Palate sign test“

Auch dieser Test überprüft die Integrität des Lig. transversum atlantis. Dabei befindet sich der Patient in Sitzposition. Während der Untersucher mit dem Zeigefinger die hintere Pharyngealwand abtastet, flektiert und extendiert er mit der anderen Hand den Kopf des Patienten. Dabei wird darauf geachtet, ob während der Bewegung Separationen zwischen Atlas und Axis entstehen [3].

„Anterior shear test“

Der „anterior shear test“ ist ein weiterer Test zur Beurteilung der Integrität des Lig. transversum atlantis und wird in Rückenlage durchgeführt. Der Untersucher befindet sich am Kopfende und positioniert beide Zeigefinger am Arcus posterior atlantis. Beide Daumen fixieren die Processi transversi des Axis, die restlichen Finger werden ans Okziput gelegt. Der Kopf (C0) und C1 werden von der Unterlage abgehoben, die restliche HWS bleibt auf der Unterlage. Können die typischen Symptome des Patienten provoziert werden, gilt der Test als positiv [13].

Distraktionstest

Der Distraktionstest überprüft die Integrität der Membrana tectoria. Der Patient befindet sich in Rückenlage, den Kopf leicht erhöht. Der am Kopfende stehende Untersucher fixiert mit einer Hand den Axis, die andere Hand umfasst das Okziput und übt eine Traktion des Kopfs aus. Kann während der Traktion eine vermehrte anteriore Translation des Axis festgestellt werden, fällt der Test positiv aus [13].

„Lateral displacement test“

Mit diesem Test werden die Ligg. alaria untersucht. Der Untersucher positioniert sich am Kopfende des auf dem Rücken liegenden Patienten. Der Zeigefinder der fixierenden Hand befindet sich auf der Lamina arcus des Axis, der Zeigefinger der anderen Hand auf der kontralateralen Seite des Arcus posterior atlantis und die Basis des Daumens an der lateralen Seite des Okziputs. Diese Hand führt eine laterale Shiftbewegung von C0 und C1 gegenüber C2 durch, dabei sollte bei intakten Ligg. alaria normalerweise keine Bewegung stattfinden [3].

Seitneigungsstresstest

Der Seitneigungsstresstest überprüft die Integrität des kontralateralen Lig. alares. Er kann im Sitzen oder auch im Liegen durchgeführt werden. Der Untersucher fixiert den Processus und die Lamina des Axis, um sowohl Seitneigung als auch Rotation zu verhindern. Durch leichten Druck auf den Kopf wird die atlantookzipitale Lateralflexion fazilitiert. Bei richtig fixiertem Axis darf keine Lateralflexion stattfinden. Dieser Test erfolgt in neutraler, flektierter und extendierter Kopfposition [12].

Rotationsstresstest

Mit dem Rotationsstresstest wird die Stabilität des kontralateralen Lig. alares überprüft. Er wird ebenfalls im Sitzen oder in Rückenlage ausgeführt. Der Axis wird an seinen Laminae über den Processus spinosus durch einen Mm.-lumbricales-Griff fixiert. Mit der anderen Hand wird der Kopf endgradig rotiert, ohne eine Lateralflexion zuzulassen. Normalerweise ist unter diesen Bedingungen eine Rotation von 20–40° möglich, beträgt sie >40°, gilt der Test als positiv [12, 14].

„Upper cervical flexion test“

Dieser Test untersucht die Bewegung zwischen Okziput, Atlas und Axis beim Patienten in Rückenlage. Der Untersucher steht am Kopfende und fixiert mit Daumen und Zeigefinger einer Hand den Axis. Die andere Hand legt er auf das Okziput, während seine Schulter mit der Stirn des Patienten Kontakt aufnimmt. Der Test gilt als positiv, wenn während der Durchführung einer leichten Flexionsbewegung des Kopfs die beschriebenen Symptome des Patienten ausgelöst werden können [3, 10].

„Passive intervertebral movement test“ (PIM-Test)

Mit diesen 4 PIM-Tests können die Ligg. alaria, das Lig. transversum, die Membrana tectoria und die Membrana atlantooccipitalis posterior beurteilt werden. Die Untersuchung wird im Sitzen durchgeführt, wobei der Kopf des Patienten an der Brust des Therapeuten fixiert wird.

Um die Ligg. alaria zu untersuchen, legt der Therapeut den Zeige- und Mittelfinger der unteren Hand auf die Lamina und den Processus transversus des Axis. Der Mittelfinger der anderen Hand wird unter die Massa lateralis des Atlas und der Zeigefinger unter den Processus mastoideus gelegt. Mit dieser Hand wird die Rotationsbewegung initiiert (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Passiver intervertebraler Bewegungstests (PIM-Test): Ligg. alaria. Beschreibung s. Text

Das Lig. transversum atlantis lässt sich testen, indem der Processus transversus des Axis von vorne kommend mit Zeige- und Mittelfinger fixiert wird. Der Daumen der gleichen Hand fixiert ebenfalls von vorne kommend, ohne einen Würgegriff anzuwenden, den Processus transversus der anderen Seite. Daumen und Zeigefinger der anderen Hand werden von dorsal auf die Massae laterales atlantis gelegt. Der Atlas wird nach ventral gedrückt, der Axis dagegen nach dorsal gehalten. Ist bei der Gleitbewegung eine vermehrte Translation zu tasten, gilt der Test als positiv (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Passiver intervertebraler Bewegungstests (PIM-Test): Lig. transversum atlantis. Beschreibung s. Text

Um die Membrana tectoria zu untersuchen, wird der Axis mit einem frontalen Griff fixiert. Daumen und Zeigefinger der anderen Hand werden an den unteren Teil des Okziputs gelegt und von den restlichen Fingern unterstützt; diese Hand führt einen nach ventral gerichteten Druck kombiniert mit einer Traktion aus. Der Test kann in unterschiedlichen Flexionspositionen des Kopfs durchgeführt werden und ist positiv, wenn eine vermehrte Translation zwischen Okziput, Atlas und Axis festgestellt wird (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Passiver intervertebraler Bewegungstests (PIM-Test): Membrana tectoria. Beschreibung s. Text

Die Membrana atlantooccipitalis posterior wird getestet, indem der Untersucher Daumen und Zeigefinger einer Hand an den Massae laterales atlantis anbringt, die einen nach unten gerichteten Druck ausüben. Die andere Hand hakt sich am Okziput ein und zieht dieses nach oben. Der Test wird mit variierenden Flexionspositionen wiederholt und ist positiv, wenn eine vermehrte Beweglichkeit zwischen Okziput und Atlas erfolgt (Abb. 6, [7]).

Abb. 6
figure 6

Passiver intervertebraler Bewegungstests (PIM-Test): Membrana atlantooccipitalis posterior. Beschreibung s. Text. Der Test kann in unterschiedlichen Flexionspositionen des Kopfs durchgeführt werden

Ergebnisse

Ergebnisse der Literaturrecherche

Die Suche in den Datenbanken ergab insgesamt 1874 Treffer. Nach manueller Selektion anhand des Titels und des Abstracts wurden 16 Studien ausgewählt. Diese wurden durch 12 Studien, die mittels eines unabhängigen „Handsearching“ ausgewählt wurden, ergänzt. Nach Überprüfung der Ein- und Ausschlusskriterien konnten 23 Studien aufgenommen werden, von denen 5 fragestellungsspezifisch waren (Tab. 1).

Tab. 1 Auflistung der fragestellungsspezifischen Studien

Ergebnisse der methodologischen Analyse

In Tab. 2 werden die Ergebnisse der methodologischen Analyse zusammengefasst.

Tab. 2 Zusammenfassung der methodologischen Analyse

Ergebnisse der inhaltlichen Analyse

Die demographischen Daten sowie die untersuchten Gütekriterien der einzelnen Studien sind in Tab. 3 dargestellt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der inhaltlichen Analyse zusammengefasst.

Tab. 3 Darstellung der demographischen Daten

Der Sharp-Purser-Test (Abb. 1) hatte bei rheumatoider Arthritis eine Spezifität von 96 % und eine Sensitivität von 69 %, wenn die Instabilität mit einem Atlas-Dens-Intervall (ADI) von > 3 mm definiert wurde [16]. Der NPV lag bei 90 %, der PPV bei 85 %, die LR+ bei 17,25 und die LR− bei 0,32. Bei einem ADI > 4 mm erhöhte sich die Sensitivität auf 88 %, sodass die Genauigkeit von 89 auf 94 % zunahm [16]. Die Studie von Stevens et al. [15] zeigte bei einem ADI > 3 mm eine Spezifität von 98 % und eine Sensitivität von 44 % [15]. Der NPV lag bei 76 %, der PPV bei 94 %. Die LR+ betrug 22, die LR− 0,57, der Test hatte damit eine Genauigkeit von 79 % [15].

Die Reliabilität des Sharp-Purser-Tests wurde an Kindern mit Down-Syndrom betrachtet [3]. Die Intertester-Reliabilität variierte je nach Untersucher mit einem κ-Wert zwischen 0,09 und 0,67 [3]. Prozentual ausgedrückt lag die Übereinstimmung zwischen 54,5 und 83,3 % [3]. Die Intratester-Reliabilität variierte je nach Untersucher zwischen einem κ-Wert von 0,29 und 0,67. Die prozentuale Übereinstimmung der Ergebnisse betrug 54,5–83,3 %.

Der „lateral displacement test“ und der „upper cervical flexion test“ wurden ebenfalls sowohl auf Intratester- als auch auf Intertester-Reliabilität hin untersucht. Die κ-Werte des „lateral displacement test“ für die Intertester-Reliabilität variierten je nach Untersucher zwischen − 0,64 und 0,45 [3]. In 18,2–72,7 % wurde eine Übereinstimmung der Ergebnisse festgestellt [3]. Für den „upper cervical flexion test“ variierte der κ-Wert für die Intertester-Reliabilität zwischen 0,5 und 1,0, was einer prozentualen Übereinstimmung der Ergebnisse von 75–100 % entspricht [3]. Der κ-Wert für die Intratester-Reliabilität des „lateral displacement test“ variierte je nach Untersucher zwischen 0,09 und 0,67, wobei die Ergebnisse zu 54,5–83,3 % übereinstimmten [3]. Für den „upper cervical flexion test“ lag der κ-Wert zwischen − 0,27 und 1,00, die Ergebnisse stimmten zu 63,6–100 % überein [3].

Der „clunk test“ (Abb. 2) zeigte bei rheumatoider Arthritis eine Spezifität von 93 % und eine Sensitivität von 10 % [10]. Der NPV betrug 76%, der PPV 33 %, die LR+ 1,43 und die LR− 0,97. Die Genauigkeit des „clunk test“ lag bei 72 % [10].

Der „palate sign test“ hatte eine Sensitivität von 26 % und eine Spezifität von 96 % [10]. Der NPV betrug 78 %, der PPV 71 %, die LR+ 6,5 und die LR− 0,66. Die Genauigkeit dieses Tests lag bei 79 % [10].

Der anterio-posteriore Laxitätstest zeigte eine Spezifität von 56 % und eine Sensitivität von 32 %, woraus ein NPV von 71 %, ein PPV von 19 %, eine LR+ von 0,73, eine LR− von 1,21 und eine 50 %ige Genauigkeit resultierten [10].

Der PIM-Test für das rechte Lig. alare (Abb. 3) erreichte eine 100 %ige Spezifität [7]. Die Sensitivität betrug 69 %. Es ergaben sich ein NPV von 80 % und ein PPV von 100 %. Die LR+ betrug 69, die LR− 0,31, die Genauigkeit 86 % [7]. Für das linke Lig. alare (Abb. 3) erbrachte der Test hinsichtlich der Spezifität mit 96 % einen ähnlichen Wert [7]. Die Sensitivität betrug 72 %, der NPV 81 %, der PPV 93 %, die LR+ 18, die LR− 0,29 und die Genauigkeit 85 %, [7]). Der PIM-Test des Lig. transversum atlantis (Abb. 4) zeigte eine Sensitivität von 65 % [7] und eine Spezifität von 99 %. Daraus ergaben sich ein NPV von 84 % und ein PPV von 97 %. Die LR+ betrug 65 und die LR− 0,35, die Genauigkeit belief sich auf 87 %, [7]). Der Test der Membrana tectoria (Abb. 5) kam auf eine Spezifität von 99%, eine Sensitivität von 94 %, einen NPV von 99% und einen PPV von 94 % sowie eine LR+ von 94 und eine LR− von 0,06, [7]). Der Test erreichte eine Genauigkeit von 98 % [7]. Für die Membrana atlantooccipitalis posterior (Abb. 6) waren die Werte mit einer Spezifität von 100 %, einer Sensitivität von 96 %, einem NPV von 99 % und einem PPV von 100 % ähnlich. Die LR+ betrug 96, die LR− 0,04, die Genauigkeit 99 % [7].

Die Intertester-Reliabilität für das rechte Lig. alare ergab κ = 0,71 (CI 0,58–0,83). In 13,9 % der Fälle waren sich die Untersucher nicht einig. Der Test des linken Lig. alare zeigte einen κ-Wert von  0,69 (CI 0,57–0,82). In 14,8 % kamen die Untersucher zu unterschiedlichen Ergebnissen [7]. Der Test des Lig. transversum atlantis zeigte einen κ-Wert von 0,69 (CI 0,55–0,83). In 13,1 % der Fälle gab es Unstimmigkeiten bei den Ergebnissen. Für die Membrana tectoria ergab sich ein κ-Wert von 0,93 (CI 0,83–1,03). Widersprüchliche Ergebnisse lagen zu 1,6 % vor [7]. Der Test der Membrana atlantooccipitalis posterior kam auf einen κ-Wert von 0,97 (CI 0,92–1,03). Insgesamt gab es in 0,8 % der Fälle unterschiedliche Ergebnisse. Diese bisher genannten Resultate von Kaale et al. [7] gelten dann, wenn die eigentliche 4-stufige Kategorisierung der bandhaften Verletzungen in 2 Stufen unterteilt wird, wobei zwischen einer leichten und einer schweren Verletzung der Strukturen unterschieden wird.

Konkrete Ergebnisse über die Validität bei einer 4-stufigen Kategorisierung liegen nicht vor. Allerdings wurde in der Studie von Kaale et al. [7] erwähnt, dass die Werte generell schlechter ausfallen. Weitere die Validität betreffende Messungen wurden für die ligamentären Tests unternommen, indem zwischen intakten und nichtintakten Ligamenten differenziert wurde. Dabei stieg die Sensitivität für das rechte Lig. alare von 69 auf 89 %, für das linke Lig. alare von 72 auf 85 % sowie für das Lig. transversum atlantis von 65 auf 95 % [7].

Für die Darstellung der Reliabilität der Ergebnisse bei einer Einteilung in eine 4-stufige Kategorie wurden zusätzlich zu den anderen Angaben der gewichtete κ-Wert (κw) und dessen CI errechnet [7]. Der κw bezieht die Ergebnisse mit ein, die sich nur um 1 Stufe unterscheiden. Für das rechte Lig. alare ergaben sich folgende Werte: κ= 0,45 (CI  0,35–0,57) und κw = 0,66 (CI 0,58–0,75). In 38,5 % der Fälle waren sich die Untersucher nicht einig [7]. Der Test des linken Lig. alare zeigte einen κ -Wert von 0,45 (CI 0,34–0,56) und einen κw -Wert von 0,62 (CI 0,52–0,72). Hier kamen die Untersucher in 38,8% der Fälle zu unterschiedlichen Ergebnissen [7]. Der Test des Lig. transversum atlantis hatte einen κ -Wert von 0,53 (CI 0,41–0,64) und einen κw -Wert von 0,69 (CI 0,60–0,78). In 32,8 % gab es Unstimmigkeiten in den Resultaten [7]. Für die Membrana tectoria ergab sich ein κ -Wert von 0,6 (CI  0,45–0,74) und ein κw -Wert von 0,72 (CI 0,6–0,84). Die Ergebnisse waren zu 18,5 % widersprüchlich [7]. Der Test der Membrana atlantooccipitalis posterior erzielte einen κ -Wert von 0,6 (CI 0,46–0,74) und einen κw -Wert von 0,78 (CI  0,68–0,87). Insgesamt gab es in 19 % der Fälle unterschiedliche Ergebnisse [7].

Sowohl für den „anterior shear test“ und den Distraktionstest als auch für den Seitneigungs- und Rotationsstresstest wurden lediglich Studien gefunden, die deren Konstruktvalidität überprüften [12, 13]. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Tests zur Darstellung von schlaffen Ligamenten angewandt werden können [12, 13]. Der „anterior shear test“ und der Distraktionstest führen beide zu einer Zunahme des ADI und können damit das Lig. transversum atlantis beurteilen [12]. Der Seitneigungs- wie auch der Rotationsstresstest haben eine Längenzunahme der Ligg. alaria zur Folge, womit sie geeignet sind, deren Stabilität zu überprüfen.

Diskussion

Insgesamt lässt sich festhalten, dass 4 der 5 fragestellungsspezifischen Studien mit einem Evidenzlevel I von recht guter Qualität sind. Die Studie von Kaale et al. [7] hat ein Evidenzlevel III, da sie nicht mit einem akzeptierten Referenzverfahren arbeitet. Hier wurden als Referenzstandard aufgrund der bestehenden Literatur funktionelle Röntgenbildaufnahmen sowie dynamische oder hochauflösende MRT-Bilder akzeptiert [12, 13]. Die PIM-Tests wurden allerdings mit einem Standard-MRT als Referenzverfahren validiert [7, 12, 13]. Dies sollte bei der Bewertung der Testergebnisse unbedingt berücksichtigt werden, da das Standard-MRT nicht als geeignetes Referenzverfahren angesehen wird. Dennoch können die Ergebnisse dieser Studie einen Hinweis auf die Validität und Reliabilität der PIM-Tests in der Diagnostik hochzervikaler Instabilität geben.

Bei der Bewertung der Qualität anhand der CEBM-Checkliste und QAREL gibt es in den Studien einige Punkte, die häufig nicht zur Zufriedenheit dargestellt wurden. So wurde die Verblindung in den Studien von Cattrysse et al. [3], Kaale et al. [7] sowie von Uitvlugt u. Indenbaum [16] nicht ausreichend beschrieben. Außerdem wurden in der Studie von Mathews [10] die Tests in ihrer Durchführung sowie in ihrer Interpretation nur unzureichend erklärt. Auch in der Beschreibung der getesteten Strukturen war sie ungenau. Weiterhin wurden in der Studie von Cattrysse et al. [3] die Untersucher bezüglich der Durchführung und Interpretation der Tests nicht geschult. Dies könnte ein möglicher Grund für das breite Ergebnisspektrum in dieser Studie sein. Bei dem Vergleich der demographischen Daten wurde deutlich, dass häufig weder das Geschlecht noch das Durchschnittsalter der Probanden in den Studien angegeben wurde (s. Tab. 3). Lediglich die Studie von Stevens et al. [15] beschrieb beide Aspekte. Dennoch wurde der Punkt in der Bewertung des Patientenspektrums sowohl bei QAREL als auch der CEBM-Checkliste immer gegeben, da die Rubrik „Erkrankung“ als wesentlichster Punkt angesehen wurde [15]. In dieser Hinsicht erfüllten die Studien die Anforderungen.

Fazit für die Praxis

  • Der „clunk test“ sowie der anterio-posteriore Laxitätstest sind zur Diagnostik hochzervikaler Instabilitäten nicht geeignet.

  • Bei Verdacht auf hochzervikale Instabilität sollte zuerst ein sensitiver Test, wie die PIM-Tests bei Schleudertraumata oder der Sharp-Purser-Test bei degenerativen Erkrankungen, angewendet werden. Sind die Tests negativ, kann eine ligamentär verursachte hochzervikale Instabilität mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Ist das Ergebnis positiv, sollte ein Test mit hoher Spezifität folgen, um dieses Ergebnis zu verifizieren oder zu falsifizieren. So ist die Wahrscheinlichkeit einer hochzervikalen Instabilität bei einem positiven Sharp-Purser-Test sehr hoch. Das Gleiche gilt für positive PIM-Tests bei der Unterteilung in leicht und schwer verletzte Strukturen. Auch der „palate sign test“ zeigt bei degenerativen Erkrankungen eine hohe Spezifität.

  • Der einzige reliable Test zur Diagnostik hochzervikaler Instabilitäten beim Down-Syndrom ist der „upper cervical flexion test“.

  • Diese Tests liefern eine zuverlässige Aussage darüber, welche Struktur betroffen ist. Somit können bildgebende Verfahren effizienter eingesetzt und Zuweisungen für die Radiologen klarer definiert werden.

  • Diese Tests sollten in Kursen und Schulen für Manualtherapeuten unterrichtet werden, da sie die wesentliche Grundlage für den Ausschluss von hochzervikalen Instabilitäten bieten.